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INNEN/2816: Auszüge aus dem Statement von Anton Hofreiter zu Bahnstreik, BND-Affäre, Flüchtlinge ...


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 5. Mai 2015

Auszüge aus dem Statement von Anton Hofreiter


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Folgenden erhalten Sie Auszüge aus dem heutigen Statement von Anton Hofreiter zu den Themen Bahnstreik, BND-Affäre, Flüchtlinge, Griechenland.

Bahnstreik

Ich kann jeden verstehen, der genervt ist, wenn er heute am Bahnsteig steht und feststellt, dass die GDL bereits wieder streikt, dass es bereits der achte Streik ist. Aber man muss ganz klar sagen: Streikrecht ist ein wichtiges Grundrecht. Und es ist eine Selbstverständlichkeit, dass das Streikrecht möglich ist. Das Problem an dieser Auseinandersetzung ist: Es handelt sich nicht nur um zwei Beteiligte, nämlich um die GDL und die Bahn, sondern es sind vier Beteiligte. Es sind beteiligt: die Bahn, die GDL, eine zweite Gewerkschaft, die EVG, und besonders unrühmlich: die Bundesregierung.

Die Bundesregierung wirkt in diesem Konflikt als Brandbeschleuniger. Die Bundesregierung hat das Tarifeinheitsgesetz erlassen mit Hilfe der Großen Koalition im Deutschen Bundestag. Herr Geißler hat da Recht: Das Tarifeinheitsgesetz muss weg. Denn das Tarifeinheitsgesetz bewirkt das Gegenteil von dem, was man erwartet. Die GDL und die kleineren Gewerkschaften sollen mit Hilfe des Tarifeinheitsgesetzes ausgeschaltet werden. Selbstverständlich kämpfen die kleineren Gewerkschaften jetzt um ihr Überleben.

Die Große Koalition und insbesondere die Vertreter der CDU/CSU sollen aufhören zu jammern und darüber zu weinen, dass gestreikt wird. Sie sollen aufhören, das Streikrecht einzuschränken. Sie sollen aufhören, zu fordern, dass es eine Zwangsschlichtung gibt. Die Vertreter der CDU/CSU verlassen damit den Boden der Sozialen Marktwirtschaft, denn das Streikrecht gehört ganz klar zur Sozialen Marktwirtschaft.

BND-Affäre

Die BND-Affäre ist absolut abenteuerlich. Es scheinen abenteuerliche Zustände im Kanzleramt zu herrschen. Es ist von der Bundesregierung zu erwarten, dass sie endlich für Aufklärung sorgt.

Die BND-Affäre ist längst eine Affäre Merkel. Ich möchte von der Kanzlerin wissen, ob sie eigentlich die Öffentlichkeit hinters Licht geführt hat, als sie erklärt hat: Ausspähen unter Freunden geht gar nicht. Ich möchte von der Kanzlerin wissen, was wusste sie über die Aktionen der BDN, was wusste sie über ihr Kanzleramt. Ich möchte vom Kanzleramt wissen, seit wann die über was Bescheid wissen. Und ich möchte vom Kanzleramt wissen, wer wurde alles ausspioniert und wie groß ist die Affäre wirklich.

Bei Frau Merkel muss man ganz klar sagen: Ihre Taktik, sich immer bei allem rauszuhalten, immer so zu tun, als wenn sie mit den Problemen ihrer jeweiligen Regierung nichts zu tun habe, diese Taktik geht spätestens bei Geheimdienstaffären nicht mehr auf, denn der Geheimdienst gehört direkt zum Geschäftsbereich des Kanzleramts. Frau Merkel ist Chefin des Kanzleramts, und sie ist Chefin des Kanzleramts seit 2005. Deshalb ist diese Affäre ganz klar eine Affäre Merkel. Sie kann es nicht immer nur auf Untergebene abschieben. Wir erwarten von Frau Merkel jetzt eine vollständige Aufklärung. Wir erwarten von ihr, dass sie nicht weiter herumlaviert, sondern ganz klar sagt, was Sache ist, und entsprechende Konsequenzen zieht.

Flüchtlinge

Die Bundesregierung muss endlich verstehen, dass die Flüchtlingsfrage keine kleine randständige Frage ist. Denn weltweit es sind so viele Flüchtlinge wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr auf der Flucht. Und zwar insbesondere in der Umgebung von Europa, in Afrika, im Nahen Osten. Die Menschen fliehen vor Krieg, sie fliehen vor Bürgerkrieg, sie fliehen vor Vergewaltigungen und vor schwersten Menschenrechtsverletzungen.

Die Bundesregierung muss den Kommunen eine zuverlässige Finanzierung sicherstellen, dass die Flüchtlinge schnell integriert werden können und dass die Flüchtlinge entsprechend vernünftig untergebracht werden können.

Auch ist es zu begrüßen, dass jetzt zwei zusätzliche Schiffe ins Mittelmeer entsandt worden sind. Aber die Seenotrettung muss über die direkten europäischen Küsten hin ausgedehnt werden. Wir brauchen wieder ein Programm wie Mare Nostrum. Da geht es uns nicht um den Namen Mare Nostrum oder Triton, sondern es geht ums Einsatzgebiet. Das Problem an Triton ist, dass es erstens versucht, die Flüchtlinge abzuwehren, und zweitens das Einsatzgebiet nur direkt vor den europäischen Küsten ist. Dabei ertrinken die meisten Flüchtlinge direkt vor der libyschen oder afrikanischen Küste oder im offenen Meer. Das heißt, wir brauchen ein Seenotrettungsprogramm, das das gesamte Mittelmeer umfasst und nicht nur die europäischen Küsten.

Griechenland

Es ist mal wieder der IWF, der eine unangenehme Wahrheit ausspricht. Er spricht aus, dass die bisherigen Rettungsprogramme gescheitert sind. Er verlangt deshalb von den europäischen Staaten einen Schuldenschnitt gegenüber Griechenland. Es steht eindeutig fest: Wir brauchen eine neue Art der Rettung Griechenlands. Die letzten fünf Jahre haben gezeigt: nur mit Austeritätsprogrammen und nur mit Ausquetschen kann man kein Land aus der Krise führen. Deshalb ist ganz klar: Es braucht eine weitere Griechenlandrettung. Griechenland muss im Euro bleiben. Aber die Programme müssen sich so verändern, dass sie auch die Chance auf Erfolg haben, dass Griechenland wieder ein wohlhabendes Land wird, dass Griechenland ein Land wird, das wieder auf eigenen Füßen stehen kann.

Das fahrlässige Gerede von Teilen der CDU, der AfD und jetzt auch der FDP über einen Austritt Griechenlands aus dem Euro ist absolut unverantwortlich. Dieses Gerede über den Austritt Griechenlands aus dem Euro ist ein Wirtschaftszerstörungsprogramm. Solange nämlich unklar ist, ob Griechenland dauerhaft im Euro bleibt oder nicht, investiert niemand in Griechenland. Und Griechenland braucht eine funktionierende Regierung. Griechenland braucht eine funktionierende Steuerverwaltung. Aber Griechenland braucht auch eine Sicherheit, dass es im Euro bleibt, dass wieder investiert wird und dass damit die Chance besteht, dass die Arbeitslosigkeit zurückgeht und dass Griechenland wieder auf eigenen Beinen stehen kann.


Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 5. Mai 2015
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2015

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