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RECHT/719: Deutschland braucht ein Unternehmensstrafrecht


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 13. Juni 2013

Deutschland braucht ein Unternehmensstrafrecht



Anlässlich der heutigen Vorstellung eines Konzepts zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts auf der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister erklären Ingrid Hönlinger, Obfrau im Rechtsausschuss, und Jerzy Montag, Sprecher für Rechtspolitik:

Deutschland braucht ein echtes Unternehmensstrafrecht. Die bisherigen Regeln reichen nicht aus, Wirtschaftskriminalität aus Unternehmen heraus wirksam zu bekämpfen. Kriminelles Unrecht, das von Unternehmen mit Einverständnis oder organisierter Unkenntnis der sie führenden Personen ausgeht, muss anders geahndet werden als bloße Übertretungen von Ordnungsregeln. Nur ein Strafurteil kann den hohen Unwert von Taten in diesem Bereich zum Ausdruck bringen. Ein Unternehmensstrafrecht kann auch, was gewollt und notwendig ist, eine hohe präventive Wirkung entfalten, weil ein Strafurteil als sozialethisches Unwerturteil einen großen Reputationsverlust für das Unternehmen bedeutet.

Gerade große Unternehmen haben ausgesprochen komplexe Organisationsstrukturen, die es im Einzelfall erheblich erschweren, individuelle Täterinnen und Täter auszumachen. Ein Unternehmensstrafrecht schafft hier Abhilfe. Auch Beihilfe zur Steuerhinterziehung könnte so effektiver belangt werden. Wenn deutsche Banken organisiert und als Unternehmensstrategie ihre Kunden bei der Steuerflucht unterstützen, könnten sie als Unternehmen angeklagt und verurteilt werden.

Ein solches Unternehmensstrafrecht kann nur streng rechtsstaatlich entwickelt und verwirklicht werden. Es wäre kein Schuldstrafrecht im klassischen Sinne, sondern ein Recht der strafrechtlich relevanten Zurechnung menschlicher Handlungen zum jeweiligen Unternehmen.

Ein Gesetz zur Unternehmensstrafbarkeit muss klarstellen, für welche Delikte es gelten soll und wie die Prozessordnung an dieses neue Strafrecht anzupassen ist. Die heute vorgestellten Eckpunkte aus dem NRW-Justizministerium sind deshalb nicht mehr als ein erster Anstoß zur notwendigen Debatte.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 13. Juni 2013, Nr. 0459/13
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2013