Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → DIE LINKE

INNEN/4093: Nach BGH-Urteil komplett auf Abschiebehaft verzichten


Presseerklärung - die Linke im Bundestag vom 23. Juli 2014

Ulla Jelpke: Nach BGH-Urteil komplett auf Abschiebehaft verzichten



"Die große Mehrheit der Abschiebehaft-Anordnungen in Deutschland ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (Az.: V ZB 31/14) rechtswidrig ergangen. Zu der noch unveröffentlichten Entscheidung, die der Fraktion DIE LINKE vorliegt", erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke:

"Seit Inkrafttreten der Verordnung im Juni 2013 sind in Deutschland Tausende von Flüchtlingen zu Unrecht eingesperrt worden. Das war ein permanenter Rechtsbruch an den Schwächsten in dieser Gesellschaft. Alle aufgrund der Verordnung eingesperrten Flüchtlinge müssen jetzt entlassen werden - und zwar sofort. Ich erwarte außerdem, dass alle zu Unrecht Inhaftierten eine Entschädigung erhalten, auch wenn sie mittlerweile in ihre Heimatländer abgeschoben wurden.

Die BGH-Entscheidung bezieht sich auf die sogenannten Dublin-Fälle, also Flüchtlinge, die zuständigkeitshalber in einen anderen EU-Staat abgeschoben werden sollen. Dublin-Fälle machen nach Schätzungen von Anwälten 60 bis 80 Prozent aller Abschiebehäftlinge aus. Und von diesen sitzt nach dem Urteil des BGH die Mehrheit zu Unrecht ein.

Die Dublin-III-Verordnung der Europäischen Union erlaubt die Inhaftierung nur beim Vorliegen einer dringenden Fluchtgefahr. Dafür werden klare, objektiv gesetzlich festgelegte Kriterien verlangt. Genau daran mangelt es aber im deutschen Aufenthaltsrecht. Der BGH hält daher fest, 'dass nach der gegenwärtigen Gesetzeslage die Haft zur Sicherung von Überstellungsverfahren nach Artikel 28 Dublin-III-Verordnung nicht auf Fluchtgefahr bzw. einer Entziehungsabsicht des Betroffenen gestützt werden kann.' Das Urteil beschränkt sich nicht auf den Einzelfall - Kläger war ein Pakistani, der nach Ungarn überstellt werden sollte - sondern erklärt jegliche Inhaftierung wegen vermeintlicher Fluchtgefahr für rechtswidrig. Ausnahmen seien lediglich möglich, wenn die Betroffenen untertauchen.

Der falsche Weg wäre es jetzt, in aller Hast eine Rechtsgrundlage nachzuschieben. Stattdessen sollte die Bundesregierung einfach mal innehalten und sich vor Augen führen: Asylsuchende sind keine Verbrecher, die man einsperren muss. Sie verdienen ein faires Verfahren. Abschiebehaft ist nicht nur rechtlich, sondern auch humanitär ein Desaster."

*

Quelle:
Presseerklärungen - DIE LINKE. im Bundestag
vom 23. Juli 2014
Deutscher Bundestag
Fraktion DIE LINKE.
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: 030/227 52800, Telefax: 030/227 56801
E-Mail: pressesprecher@linksfraktion.de
Internet: www.linksfraktion.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2014