Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3166: Heute im Bundestag Nr. 171 - 29.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 171
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 29. März 2012 Redaktionsschluss: 14:15 Uhr

1. Ausschuss verschiebt Zeugenvernehmung
2. Grüne fordern Verzicht auf Betreuungsgeld
3. Grüne wollen Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung
4. Grünen-Fraktion wirbt für EU-Datenschutzreform



1. Ausschuss verschiebt Zeugenvernehmung

1. Untersuchungsausschuss (Gorleben)

Berlin: (hib/JR) Der Gorleben-Untersuchungsausschuss hat am Donnerstagvormittag mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsabgeordneten die Vernehmung des Zeugen Dr. Paul Krull vertagt. "Eigentlich war eine Lesepause beschlossen worden", sagte CDU-Obmann Reinhard Grindel, und die sei auch berechtigt. "Wir können ihn heute nicht vernehmen, weil wir noch nicht alle Akten kennen." Ihm widersprach SPD-Obfrau Ute Vogt: "Die beantragte Lesepause ist überflüssig."

Der Gorleben-Ausschuss geht der Frage nach, ob es bei der Entscheidung der Bundesregierung, sich bei der Suche nach einem atomaren Endlager auf den Standort Gorleben zu beschränken, zu politischen Einflussnahmen oder Manipulationen gekommen ist. Paul Krull selbst ist Geologe. Er hat für die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Studien erstellt, die für die Standortbewertung Gorlebens von Relevanz sind.

Ursprünglich war seine Vernehmung für den Donnerstag vorgesehen gewesen. Dann aber erhielten die Abgeordneten aus Bundesministerien Akten, über deren Relevanz für die Zeugenbefragung Krulls sich die Fraktionen uneins zeigen.

Die Abgeordneten der Opposition hatten Paragraph 8 des Untersuchungsausschussgesetzes (PUAG) bemüht, um die Sitzung am Donnerstag kurzfristig zu realisieren. Absatz 2 des Paragraphen schreibt vor, dass die Ausschussvorsitzende zur Einberufung einer Sitzung zum nächstmöglichen Termin innerhalb des Zeitplanes verpflichtet ist, wenn dies von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses unter Angabe der Tagesordnung verlangt wird. Allerdings verschob dann der Ausschuss - bei Anwesenheit Krulls - die Vernehmung auf voraussichtlich Ende April.

"Was Sie hier veranstalten, ist Zeitdiebstahl und Show", warf Grindel der Opposition vor. Vogt entgegnete: "Sie rufen eine willkürliche Verschiebung hervor", und mutmaßte, dies geschehe, um den Zeitraum einer Vernehmung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Ausschuss möglichst nach hinten zu setzen.

*

2. Grüne fordern Verzicht auf Betreuungsgeld

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen spricht sich erneut gegen das geplante Betreuungsgeld aus. In einem Antrag (17/9165) fordert sie die Bundesregierung auf, stattdessen in den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung zu investieren. Das Ziel müsse es sein, allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Umfeld gleiche Bildungschancen für das künftige Leben zu ermöglichen. Nach Angaben der Fraktion wird das von der Regierungskoalition geplante Betreuungsgeld jährliche Kosten zwischen 1,4 und zwei Milliarden Euro verursachen.

Aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen wird mit einem Betreuungsgeld für bildungsferne und einkommensschwache Eltern ein starker Anreiz geboten, auf einen Kinderbetreuungsplatz zu verzichten und stattdessen die Geldleistung in Anspruch zu nehmen. Dies stehe aber im Widerspruch zu dem Ziel, Berufs- und Familienleben besser in Einklang zu bringen. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten deutlich gezeigt, dass mit einem Betreuungsgeld Mütter eher zu Hause bleiben und somit ihr Wiedereinstieg in den Beruf erschwert wird. Die Fraktion meldet zudem verfassungsrechtliche Bedenken an. Zwei unabhängige juristische Gutachten seien zu dem Schluss gekommen, dass die Einführung eines Betreuungsgeldes dem Ziel der tatsächlichen Gleichberechtigung zuwiderläuft und deshalb verfassungswidrig ist.

*

3. Grüne wollen Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Einführung eines pauschalierenden psychiatrischen Entgeltsystems soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen "für die qualitative Weiterentwicklung der Versorgung genutzt werden". Die Finanzierung und Organisation sowie der Aufbau der Angebotsformen müssten sich mehr als heute am individuellen Behandlungs- und Unterstützungsbedarf psychisch kranker Menschen orientieren, heißt es in einem Antrag der Fraktion (17/9169), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Ziel müsse ein bedarfsgerechtes, regionales psychiatrisch-psychotherapeutisches und psychosoziales Versorgungssystem sein, das "patientenzentrierte und lebensweltbezogene Behandlungsformen ermöglicht".

Die Bundesregierung soll dem Antrag zufolge den Gesetzentwurf zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen in einer Reihe von Punkten ändern beziehungsweise ergänzen. So soll laut Vorlage etwa im Verfahren zur Einführung eines neuen Entgeltsystems den fachspezifischen Anforderungen und regionalen Besonderheiten der Kinder- und Jugendpsychiatrie Rechnung getragen werden. Ferner plädiert die Fraktion dafür, zur Sicherstellung einer flächendeckenden psychiatrischen Versorgung für die Nichtbeteiligung an der regionalen Pflichtversorgung je Berechnungs- und Belegungstag einen Abschlag zu vereinbaren. Auch will sie unter anderem die Entwicklung der Personal- und Sachkosten bei der jährlichen Fortschreibung der Leistungsentgelte berücksichtigt wissen.

*

4. Grünen-Fraktion wirbt für EU-Datenschutzreform

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf eine Unterstützung der EU-Datenschutzreform. In einem Antrag (17/9166), der am Freitag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, begrüßt die Fraktion die Initiative der Europäischen Kommission für eine umfassende Modernisierung des europäischen Datenschutzrechts. Weil die Datenströme "heute mehr denn je grenzüberschreitend verlaufen", seien neben nationalen sowie verbindlichen internationalen Regelwerken starke supranationale Regelungen auch auf EU-Ebene unabdingbar. Allein mit deutschem Datenschutzrecht könne "kein wirksamer Schutz vor staatlicher Überwachung und global aufgestellten und agierenden Unternehmen bewirkt werden".

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, "sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass auf europäischer Ebene eine Datenschutzreform mit dem höchstmöglichen Datenschutzniveau zustande kommt". Zugleich soll sie nach dem Willen der Grünen-Fraktion sicherstellen, dass die Datenschutz-Grundverordnung die Rechtspositionen der Bürger wahrt, und sich dafür einsetzen, dass durch die Reform keinerlei Absenkung des in Deutschland erreichten Datenschutzniveaus erfolgt. Auch soll die Bundesregierung der Vorlage zufolge unter anderem dafür eintreten, "dass die durch europäisches Datenschutzrecht geschützten personenbezogenen Daten angemessen gegen Zugriffe staatlicher Stellen von Drittstaaten geschützt werden".

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 171 - 29. März 2012 - 14:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2012