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BUNDESTAG/3228: Heute im Bundestag Nr. 233 - 09.05.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 233
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 9. Mai 2012 Redaktionsschluss: 16:40 Uhr

1.‍ ‍Kontroverse um Grünen-Vorstoß zu Cannabis-Medikamenten
2.‍ ‍SPD und Grüne gegen Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 in Weißrussland
3.‍ ‍Linksfraktion will Managergehälter begrenzen



1. Kontroverse um Grünen-Vorstoß zu Cannabis-Medikamenten

Ausschuss für Gesundheit (Anhörung)

Berlin: (hib/MPI) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält von Patienten und Ärzten Unterstützung für ihren Antrag (17/6127), Hürden beim Zugang zu Cannabis-Medikamenten abzubauen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lehnte Vorschläge zur leichteren Kostenerstattung solcher Medikamente in einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Mittwoch hingegen ab. Die Bundesärztekammer (BÄK) warnte vor einer Legalisierung von Therapien, die auf im Eigenanbau erzeugtem Cannabis beruhen. Diese könnten "Patienten ernsthaft gefährden", sagte Lukas Radbruch, Facharzt für Anästhesiologie und Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.

Die Abgeordneten verlangen in ihrem Antrag von der Bundesregierung unter anderem die Vorlage eines Gesetzentwurfes, um betäubungsmittelrechtliche Strafverfahren bei Patienten zu vermeiden, "wenn sie Cannabis auf der Basis einer ärztlichen Empfehlung besitzen, anbauen oder sich verschaffen". Ferner fordern sie, ein Verfahren zu entwickeln, nach dem ärztliche Empfehlungen für die Verwendung von Cannabis-Medikamenten anhand einer Liste von Indikationen aufgestellt und nachgewiesen werden können. Zur Begründung heißt es, wissenschaftliche Untersuchungen belegten, dass Cannabis bei schweren Erkrankungen wie HIV, Multipler Sklerose, chronischen Schmerzen, Epilepsie und Krebs Linderung bewirken kann. Professor Radebruch befürwortete, den ärztlich verordneten Einsatz von Cannabis-Medikamente nicht auf in der Regel tödliche Erkrankungen zu begrenzen, sondern auf chronische Krankheiten auszuweiten, wenn so die Lebensqualität der Patienten verbessert werden könne.

Stephan Simon vom GKV-Spitzenverband sagte in der Anhörung, er lehne eine Indikationsliste ab, da für viele dieser Krankheiten Behandlungsalternativen vorhanden seien. Dagegen bezeichnete der Einzelsachverständige Professor Friedemann Paul, Leiter der Hochschulambulanz für Neuroimmunologie an der Berliner Charité, eine Indikationsliste als "absolut sinnvoll". Die Vertreter der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) und des Berufsverbandes der Ärzte und Psychiologischen Psychotherapeuthen in der Schmerz- und Palliativmedizin (BVSD) wiesen darauf hin, dass Cannabinode bei verschiedenen Krankheiten einen therapeutischen Nutzen besäßen.

Mehrere Sachverständige machten auf die schwierige Rechtssituation von Patienten aufmerksam, die auf Cannabis basierende Medikamente benötigten. Georg Wurth vom Deutschen Hanf Verband und Gabriele Gebhardt von der Patientenvereinigung Selbshilfenetzwerk Cannabis als Medizin (SCM) erläuterten, zwar könnten Patienten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BFArM) Anträge zur therapeutischen Verwendung von Cannabis stellen. Das BfArM habe allerdings nur in rund 60 Fällen eine Erlaubnis zum Bezug von Cannabisblüten oder eines -extrakts durch eine Apotheke erteilt. Die monatlichen Therapiekosten in Höhe von bis zu 1.500 Euro müssten die Patienten selbst tragen. "Das können sich die meisten nicht leisten", betonte Gebhardt in der Sitzung.

Wegen der erheblichen Kosten für eine Behandlung bleibe vielen bedürftigen Patienten selbst mit Ausnahmegenehmigung nichts anderes übrig, als Cannabis illegal zu besorgen. Patienten, deren Schmerzen erwiesenermaßen gelindert werden könnten, "haben im Prinzip keine Chance, legal an Cannabis zu kommen", sagte Wurth. Sie gerieten unweigerlich mit dem Betäubungsmittelgesetz in Konflikt. Viele Patienten seien in der Folge bereits zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt worden. Der Einzelsachverständige Professor Lorenz Böllinger betonte, gäbe es mehr Kostenerstattung, würde der illegale Cannabis-Konsum aus medizinischen Gründen deutlich sinken.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) machte deutlich, dass Cannabioide "eine wissenschaftlich hochinteressante, innovative Stoffgruppe sind, die ein medizinisch sinnvolles Potenzial für neue Entwicklungen bieten". Auf die Zulassung weiterer Cannabis-Medikamente angesprochen, sagte die BPI-Vertreterin Heike Niermann, in diesem Bereiche werde "in den nächsten Jahren noch viel stattfinden". Dies gelte etwa für die Behandlung von Tumorschmerzen oder Diabetes.

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2. SPD und Grüne gegen Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 in Weißrussland

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/BOB) SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sich dagegen ausgesprochen, 2014 die Eishockey-Weltmeisterschaft in Weißrussland austragen zu lassen. Die beiden Fraktion haben dazu einen Antrag (17/9557) eingebracht. In Weißrussland würden grundlegende demokratische Freiheiten und Menschenrechte "mit Füßen getreten". Das Regime wende zunehmend diktatorische und willkürliche Methoden zur Unterdrückung von Opposition und Zivilgesellschaft an, heißt es zur Begründung. Seit der brutalen Niederschlagung der Proteste gegen de Fälschung der Präsidentenwahlen Ende 2010 verfolge das Regime in Weißrussland jegliche Opposition mit "unerbittlicher Härte". Hunderte Demonstranten seien verhaftet worden, die wichtigsten Oppositionellen in Schauprozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Inhaftierten berichteten über Misshandlungen und Folter, um Bezichtigungen und Schuldeingeständnisse zu erpressen. SPD und Grüne sind deshalb der Ansicht, dass das Regime das mit der Weltmeisterschaft verbundene internationale Prestige nicht verdient hat.

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3. Linksfraktion will Managergehälter begrenzen

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mangerbezügen soll eingeschränkt werden. Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (17/9552), der an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht, den Betriebsausgabenabzug für die jeweiligen Gesamtbezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder auf das 20-fache des unteren Facharbeiterlohns der Branche zu beschränken. Bisher können diese Gehälter unbegrenzt als Betriebsausgaben abgezogen werden. "Sie vermindern somit den zu versteuernden Gewinn und führen daher für die Vergütungen zahlenden Unternehmen zu geringeren Steuerzahlungen", schreibt die Fraktion. Ein Begrenzung des Abzugs von Betriebsausgaben sei im Steuerrecht auch nicht ungewöhnlich und könne überdies zu einer Reduzierung der Managergehälter führen, wird der Vorstoß begründet.

Nach Angaben der Linksfraktion haben die Vorstandsbezüge der DAX-Konzerne 2011 einen neuen Allzeitrekordwert erreicht. Das Gerechtigkeitsempfinden zahlreicher Bürger werde nicht nur durch das massive Wachstum dieser Bezüge, sondern auch durch die immer größere Abkoppelung dieser Bezüge von den durchschnittlichen Gehältern verletzt. Die Höhe der Managerbezüge könne auch nicht "aus Begabung, Ausbildung, Qualität der Arbeit, Verantwortung und Engagement der Vorstandsmitglieder abgeleitet werden". Die Fraktion zitiert eine Untersuchung, nach der das Verhältnis der durchschnittlichen Pro-Kopf-Gehälter zwischen Vorstandsmitgliedern und normalen Beschäftigten seit 1987 vom 14- auf das 49-fache gestiegen sei. Absoluter Top-Verdiener war nach Angaben der Linksfraktion der Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns, der 17,5 Millionen Euro verdient habe.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 233 - 9. Mai 2012 - 16:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2012