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BUNDESTAG/3898: Heute im Bundestag Nr. 298 - 05.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 298
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 5. Juni 2013 Redaktionsschluss: 14:20 Uhr

1. Einführung einer Vermögensabgabe abgelehnt
2. Niebel und Westerwelle bekräftigen deutsche Unterstützung für Afghanistan auch nach dem Truppenabzug 2014
3. Grünes Licht für vertrauliche Geburt
4. Koalitionsfraktionen fordern Stärkung der Freien Berufe



1. Einführung einer Vermögensabgabe abgelehnt

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP haben einen Vorstoß der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung einer Vermögensabgabe zurückgewiesen. Die Fraktion hatte in einem Gesetzentwurf (17/10770) die Einführung der Abgabe verlangt, da die Finanz- und Wirtschaftskrise tiefe Spuren in den öffentlichen Haushalten hinterlassen habe. Die Kosten zur Bewältigung würden auf rund 100 Milliarden Euro geschätzt. Daher müsse es eine einmalige Vermögensabgabe geben, die von den reichsten 0,5 Prozent der Bevölkerung erhoben werden solle, erklärte die Fraktion in der Sitzung. Der Gesetzentwurf wurde mit Koalitionsmehrheit abgelehnt. Die SPD-Fraktion und die Fraktion Die Linke enthielten sich, während die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dafür stimmte.

Wie die Fraktion in ihrem Gesetzentwurf schreibt, soll die Vermögensabgabe 1,5 Prozent des Vermögens betragen und über einen Zeitraum von zehn Jahren erhoben werden. Zahlungspflichtig sind Personen mit Wohnsitz in Deutschland und mit einem Nettovermögen von über einer Million Euro. Für Kinder soll es einen zusätzlichen Freibetrag von 250.000 Euro geben.

Die Fraktion verweist zur Begründung der Vermögensabgabe auf den Anstieg der Staatsverschuldung in den letzten Jahren um mehr als 400 Milliarden auf nunmehr zwei Billionen Euro. Der Bund habe Garantien im Umfang von über 150 Milliarden Euro zugunsten maroder Banken bereitstellen müssen, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Hinzu seien milliardenschwere Konjunkturpakete gekommen, um den Absturz der Wirtschaft zu bremsen. "Bislang dauert die Krise unverändert an, und die Schätzungen für die Kosten der Krise steigen noch immer", stellt die Fraktion fest. "Diese Lasten sollten nicht durch alle Steuerzahler, durch die Schwächsten über Sozialkürzungen oder künftige Generationen über zusätzliche Verschuldung getragen werden. Gerecht ist, dass diejenigen die Lasten tragen, die am meisten leisten können."

Zur Ausgestaltung ihres Gesetzentwurfs schreibt die Fraktion, durch die hohen Freibeträge sei garantiert, dass nur der reichste Teil der Bevölkerung von der Vermögensabgabe betroffen sei. Geldvermögen, das zur Altersvorsorge angespart wurde, soll durch einen besonderen Freibetrag geschützt werden. Auch besonders gebundenes Betriebsvermögen soll durch einen Freibetrag von fünf Millionen Euro "aus Gründen der Gemeinwohlbindung der Unternehmen, der Arbeitsplatz- und Liquiditätserhaltung" geschützt werden.

Die CDU/CSU-Fraktion lehnte den Entwurf strikt ab. Ein Sprecher sagte, man befinde sich damit in bester Gesellschaft mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), der sich im Prinzip ebenfalls gegen eine Vermögensabgabe ausgesprochen habe. Dies wurde von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aber zurückgewiesen. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion warnte vor Wettbewerbsverzerrungen zugunsten großer DAX-Konzerne, die im Gegensatz zu Familienunternehmen die Abgabe nicht zu zahlen hätten.

Ein Sprecher der SPD-Fraktion warf der Union vor, Angst zu verbreiten. Die SPD-Fraktion setzte sich für eine Reaktivierung der Vermögensbesteuerung ein. Dabei werde man einen rechtlich sicheren Weg gehen. Das Aufkommen aus der Vermögensbesteuerung solle wie schon bei der inzwischen nicht mehr erhobenen Vermögensteuer den Ländern zustehen.

Die FDP-Fraktion sprach von erheblichen verfassungsrechtlichen Zweifeln bei der Vermögensabgabe. Auch könne angesichts der höchsten Steuereinnahmen der Geschichte nicht mit Notzeiten argumentiert werden. Die Abgabe sei auch nicht mit dem steuerlichen Leistungsprinzip vereinbar, sagte ein Sprecher der FDP-Fraktion, der der SPD-Fraktion vorwarf, nicht konkret zu sagen, wie sie sich die Vermögensteuer vorstelle.

Die Linksfraktion warf der FDP-Fraktion vor, Vermögen schonen zu wollen. Aber die gesellschaftliche Debatte habe sich verändert. Es gebe eine "wahnsinnige Vermögenskonzentration". Und starke Schultern könnten mehr tragen als schwache. Der Vorstoß der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gehe in die richtige Richtung. Gebraucht werde aber auch eine Vermögensteuer.

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2. Niebel und Westerwelle bekräftigen deutsche Unterstützung für Afghanistan auch nach dem Truppenabzug 2014

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung hat ihre Pläne bekräftigt, sich auch nach dem geplanten Truppenabzug 2014 in Afghanistan zu engagieren. Das wurde am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung deutlich, in dem Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) zur Perspektive des Landes Stellung nahmen. Westerwelle sprach von einem "gegenseitigen Versprechen" zwischen internationaler Gemeinschaft und Afghanistan: "Wir sind bereit, uns auch weiterhin zu engagieren", zugleich aber müsse der innerafghanische Reformprozess fortgesetzt, die Akzeptanz für Menschenrechte und zivilgesellschaftliche Standards erhöht werden. Insbesondere sorge ihn die Situation von Frauen, deren Rechte nach dem Truppenabzug gefährdet sein könnten: "Wir stoßen hier auf ein Wertegerüst, das uns fremd ist."

Positiv bewertete Westerwelle, dass afghanische Sicherheitskräfte mittlerweile die Verantwortung für nahezu 90 Prozent der Bevölkerung übernommen hätten. Auch die Einbeziehung der Nachbarländer Afghanistans in den Transformationsprozess sei auf "einem guten Weg". Westerwelle kündigte an, zügig das Gespräch mit der neugewählten pakistanischen Regierung zu suchen.

Sein Kabinettskollege Niebel bezifferte die zivile Hilfe aus Deutschland für Wiederaufbau und Entwicklung in Afghanistan auf jährlich bis zu 430 Millionen Euro, davon 250 Millionen Euro aus dem Etat seines Hauses und 180 Millionen Euro vom Auswärtigen Amt. Die Bundesregierung habe den politischen Willen bekundet, diese Hilfe auf zehn Jahre "auf ungefähr gleichem Niveau" bereitzustellen. Zugleich sei klar, dass die Mittelvergabe an sichtbare Reformfortschritte in Afghanistan geknüpft sei, betonte Niebel. Er verwies auf ein Gebertreffen im Juli, bei dem geprüft werden soll, ob und inwieweit die afghanische Regierung Verpflichtungen erfülle. Als "wichtig" für die Zeit nach 2014 nannte Niebel zudem eine "Evakuierungskomponente" für internationale Kräfte und Ortskräfte der Entwicklungszusammenarbeit. "In Extremsituationen müssen wir unter dem Schutz der Streitkräfte stehen", sagte Niebel. Er verwies unter anderem auf die Ankündigung der Bundesregierung, nach dem Truppenabzug 600 bis 800 Bundeswehrsoldaten im Rahmen einer dann neuen Unterstützungs- und Ausbildungsmission zu stellen.

Beide Minister sicherten zu, afghanische Ortskräfte nach Abzug der ISAF-Truppen nicht im Stich zu lassen. Westerwelle sprach von einer "komplizierten Abwägungsfrage", einerseits gelte es die Ortskräfte vor einer möglichen Gefährdung zu schützen, andererseits dürfe es nicht zu einer massenhaften Abwanderung von Verantwortungsträgern ins Ausland kommen. Auch Niebel warnte vor einem "Brain-Drain".

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3. Grünes Licht für vertrauliche Geburt

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Der Familienausschuss hat den Weg frei gemacht für die so genannte vertrauliche Geburt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen verabschiedete der Ausschuss den entsprechenden Gesetzentwurf (17/12814, 17/13062) in einer noch einmal geänderten Fassung. Der Gesetzentwurf war identisch von der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion in den Bundestag und von der Bundesregierung über den Bundesrat eingebracht worden. Die Oppositionsfraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen begrüßten zwar prinzipiell die gesetzliche Regelung für eine vertrauliche Geburt, enthielten sich aber der Stimme. Sie kritisierten, dass der Gesetzentwurf keine konkreten Regelungen und Auflagen zu den sogenannten Babyklappen beinhaltet, die vorerst weiterhin geduldet werden sollen.

Das Gesetz soll es Frauen ermöglichen, ihre Kinder in Notlagen vertraulich zur Welt zu bringen. Zudem sieht es den Ausbau von umfassenden und ergebnisoffenen Beratungen für schwangere Frauen vor, um ihnen doch die Chancen für ein Leben mit ihrem Kind zu ermöglichen. Erst nach diesen Beratungen soll den Frauen die vertrauliche Geburt angeboten werden. Die Kosten für die Geburt sowie der Vor- und Nachsorge soll der Bund entsprechend der Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse übernehmen.

Ziel des Gesetzes ist es, die Zahl der nach der Geburt ausgesetzten oder getöteten Kinder zu verringern. In Deutschland werden nach einer Studie des Deutschen Jugendinstituts jährlich etwa 20 bis 35 Kinder nach der Geburt ausgesetzt oder getötet. Eine offizielle Statistik existiere nicht, es müsse von einer erheblichen Dunkelziffer ausgegangen werden. Die vertrauliche Geburt soll zudem eine Alternative zu den Babyklappen bieten. Zwischen 1999 und 2010 seien nahezu 1.000 Kinder anonym geboren, in eine Babyklappe gelegt oder anderweitig anonym übergeben worden.

Konkret sieht der Gesetzentwurf vor, dass die schwangere Frau ihr Kind unter Angabe eines Pseudonyms entbinden kann. Ihre richtigen Personaldaten sollen zwar vertraulich aufgenommen, aber bis zum 16. Lebensjahres versiegelt aufbewahrt werden. Das Kind soll in aller Regel zur Adoption freigegeben werden. Bei Vollendung des 16. Lebensjahres soll das Kind dann erfahren dürfen, wer seine leibliche Mutter ist, wenn diese dagegen keinen Einspruch einlegt. In diesem Fall soll ein Familiengericht entscheiden, ob die Identität der Mutter weiterhin vertraulich bleiben soll, weil Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange der Mutter befürchtet werden müssen.

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4. Koalitionsfraktionen fordern Stärkung der Freien Berufe

Wirtschaft und Technologie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP haben ein klares Bekenntnis zur Bedeutung der freien Berufe in der modernen Dienstleistungsgesellschaft abgelegt. In einem Antrag (17/13714), der am Freitag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht, heißt es, die Freien Berufe würden für eine "große Breite und Vielfalt beruflicher Tätigkeiten sowie für eine Kultur von Unternehmertum und Leistungsbereitschaft" stehen: "Damit verkörpern sie in besonderer Weise die Ideale des selbstständigen Mittelstandes."

Die Fraktionen wiesen darauf hin, dass die Zahl der Freiberufler mit 1,2 Millionen einen neuen Höchststand erreicht habe und dass sie 370 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt besteuern würden. Das seien 10,1 Prozent. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten habe sich seit 1991 fast verdreifacht und betrage rund 2,9 Millionen. CDU/CSU- und FDP-Fraktion verweisen auf verschiedene Maßnahmen der Bundesregierung für Freiberufler, darunter die Entlastungen beim Bürokratieabbau, wo es eine nachweislich dauerhafte Entlastung um 12 Milliarden Euro jährlich im Vergleich zu 2006 gegeben habe.

Zu den Forderungen der Fraktionen gehört die Fortsetzung des Bürokratieabbaus. Außerdem soll sich die Regierung für die Wahrung des hohen Bildungs- und Ausbildungsniveaus einsetzen und prüfen, welche weiteren Maßnahmen zur Fachkräftemobilisierung ergriffen werden können. Gefordert wird auch, daran festzuhalten, dass die freien Berufe nicht der Gewerbesteuer unterliegen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 298 - 5. Juni 2013 - 14:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2013