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BUNDESTAG/3950: Heute im Bundestag Nr. 350 - 24.06.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 350
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 24. Juni 2013 Redaktionsschluss: 17:00 Uhr

1. Mordfall Heilbronn: Ehemaliger Quellenführer widerspricht der V-Frau "Krokus"
2. Bundesregierung plant keine Modifizierung der Luftverkehrssteuer
3. Grüne fragen nach Grundlagen für neu gegründeten Club der Energiewendestaaten
4. Gesundheit in der Nutztierzucht



1. Mordfall Heilbronn: Ehemaliger Quellenführer widerspricht der V-Frau "Krokus"

2. Untersuchungsausschuss (Rechtsterrorismus)

Berlin: (hib/KOS) Der ehemalige Quellenführer der V-Frau "Krokus" hat kategorisch bestritten, von dieser Informantin nach dem Attentat vom April 2007 in Heilbronn, bei dem die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen und ein Kollege schwer verletzt wurde, Hinweise auf rechtsextremistische Hintergründe dieses Anschlags erhalten zu haben. Vor dem Untersuchungsausschuss, der Fehlgriffe und Pannen bei den Ermittlungen zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelasteten Mordserie durchleuchten soll, beantwortete der unter dem Tarnnamen Rainer Oettinger auftretende Ex-Beamte des baden-württembergischen Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) eine entsprechende Frage des Gremiumsvorsitzenden Sebastian Edathy (SPD) am Montagnachmittag mit einem "klaren und eindeutigen Nein". Er habe mit "Krokus" ohnehin erst seit Juli 2007 in Kontakt gestanden, so der Zeuge.

Petra S. alias "Krokus" und ihr Lebensgefährte überschütten seit längerem den Untersuchungsausschuss, Sicherheitsbehörden und Medien mit Mails, in denen sie eine brisante Version verbreiten. Danach will "Krokus" nach dem Attentat von Heilbronn, das erst seit dem Auffliegen des NSU im November 2011 dem NSU zugerechnet wird, von einer als rechtsextrem eingestuften Friseurin erfahren haben, Rechtsextremisten würden mit Hilfe einer Klinikschwester recherchieren, wie es um den mit schweren Verletzungen im Krankenhaus liegenden Polizisten stehe und ob der noch etwas über die Tat wisse. Falls ja, werde beratschlagt, ob man etwas unternehmen solle. Über das Gespräch im Friseursalon will die V-Frau seinerzeit ihren Quellenführer unterrichtet haben. Der Polizist konnte sich im Übrigen nach dem Aufwachen aus dem Koma an nichts mehr erinnern. "Krokus" hat nach ihren Angaben auch 2006 bei einer Party im Kreis Schwäbisch-Hall eine "Mandy" getroffen, bei der es sich um Beate Zschäpe gehandelt habe, die neben Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zum NSU-Trio gehört hat.

Oettinger sagte vor dem Ausschuss, ihn hätte es damals "elektrisiert und fasziniert", wenn er die Information über das Gespräch bei der Friseurin erhalten hätte, die "Krokus" ihm übermittelt haben will: "Ich hätte große Ohren bekommen" - allein schon deshalb, weil ein Polizeikollege möglicherweise gefährdet gewesen wäre. Mit einer Nachricht dieser Art, die aber "nicht mal ansatzweise" existiert habe, wäre er mit Sicherheit sofort in die LfV-Zentrale gerufen worden, so der Ex-Geheimdienstler.

Nach Angaben des Ruheständlers wurde "Krokus" vom Juli 2007 bis Februar 2011 vom LfV als V-Frau geführt, arbeitete aber zuvor schon mit dem polizeilichen Staatsschutz zusammen. Der 60jährige bestätigte Medienberichte, wonach Petra S. während ihrer Informantentätigkeit vom Geheimdienst als "quellenehrlich" und "zuverlässig" eingestuft wurde. Sie sei jedoch "keine Superquelle" gewesen, da sie, die selbst nicht rechtsextrem sei, nur einen geringen Zugang zu Erkenntnissen aus dieser Szene gehabt habe. Oettinger: "Die Kooperation lief auf niedrigster Ebene, sie war eine einfache Auskunftsperson." Zum Schluss ihrer Zeit als Informantin habe sich bei ihr eine Veränderung in der Persönlichkeitsstruktur eingestellt, nachdem sie unter den Einfluss ihres neuen Lebensgefährten geraten sei.

Auf Drängen des Stuttgarter Innenministeriums, das durch einen öffentlichen Auftritt Oettingers dessen Leben gefährdet sah, wurde das Gesicht des ehemaligen Geheimdienstlers von einem Maskenbildner verfremdet. Zudem trat der Zeuge hinter einem Sichtschutz auf, so dass er von den Journalisten und vom Publikum nicht gesehen werden konnte. FDP-Obmann Hartfrid Wolff sprach von einer "grotesken Situation", Wolfgang Wieland (Grüne) von einem "absurden Staatstheater". Mehrere Obleute kritisierten, dass die Polizei den ehemaligen V-Mann-Führer nicht zum Mordfall Heilbronn vernommen habe.

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2. Bundesregierung plant keine Modifizierung der Luftverkehrssteuer

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Im Bundesfinanzministerium (BMF) gibt es derzeit keine Pläne für eine Modifizierung der Luftverkehrssteuer. Das machte der Parlamentarische Staatssekretär im BMF, Hartmut Koschyk (CSU), am Montag vor dem Petitionsausschuss deutlich. Die Steuer sei als Mittel zur Haushaltskonsolidierung Anfang 2011 eingeführt worden. Nicht zuletzt angesichts der gestiegenen Ausgaben als Folge der Hochwasserkatastrophe seien auch bei den Haushaltsplanungen für 2014 "die Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer unverzichtbar", betonte Koschyk.

Damit erteilte der Staatssekretär der in einer Petition des Präsidenten der Pilotengewerkschaft Cockpit, Ilja Schulz, erhobenen Forderung nach Abschaffung der Steuer eine Absage. Schulz hatte seine - gemeinsam von allen im Luftverkehr beteiligten Gewerkschaften sowie den Luftfahrtunternehmen - mitgetragene Petition unter anderem damit begründet, dass aufgrund des nationalen Alleingangs diese Steuer zu massiven Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten von deutschen Fluggesellschaften und Flughäfen führe und dem Wirtschaftsstandort Deutschland schade.

Fluggesellschaften seien seit 2011 gezwungen, Ticketsteuern pro Passagier zu entrichten, erläuterte Schulz. Dies führe zu Ausweichbewegungen von Passagieren und damit zur Verdrängung deutscher Fluggesellschaften in grenznahen Regionen. Knapp 60 Prozent der Steuer, so der Petent weiter, müssten von sechs deutschen Fluggesellschaften aufgebracht werden, während über 100 ausländische Fluggesellschaften lediglich 40 Prozent der Steuer zu erbringen hätten. Zudem würden Umweltschutzbemühungen behindert, indem den Fluggesellschaften wichtiges Kapital, welches für die Investitionen in leisere und verbrauchsärmere Flugzeuge notwendig ist, entzogen werde.

Was die Aufteilung der Steuerlast angeht, so seien die Aussagen des Petenten unzutreffend, entgegnete Staatssekretär Koschyk. Zum einen sei die Summe von 60 Prozent - also 600 Millionen Euro - zu hoch gegriffen. Die Steuerlast für alle 165 registrierten Unternehmen mit Firmensitz in Deutschland habe sich im Bezugsjahr 2011 auf rund 527 Millionen Euro belaufen. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft habe zudem bestätigt, dass es sich um sechs Unternehmensgruppen handle, hinter denen 14 Luftverkehrsunternehmen stünden, von denen wiederum fast 50 Prozent ausländische Unternehmen seien. Zudem sei - trotz Steuer - bei dem Passagieraufkommen im Jahr 2011 und 2012 eine steigende Tendenz zu verzeichnen.

Auf die Frage aus dem Kreis der Abgeordneten, ob nicht eine Kerosinabgabe der bessere Weg sei, entgegnete Petent Schulz, diese hätte die gleichen negativen Folgen wie die Luftverkehrssteuer. Der Finanzstaatssekretär Koschyk sagte, er habe seitens der Luftverkehrsunternehmen keine Aussagen vernommen, "dass man dort lieber eine Kerosinbesteuerung hätte". Eine solche Steuer, so der Ministeriumsvertreter, hätte zu wirklichen Ausweichbewegungen geführt.

Cockpit-Präsident Schulz machte zudem deutlich, dass die Pilotenvereinigung nichts gegen ein Abgabensystem mit dem Ziel einer ökologischen Lenkungswirkung habe. "Das darf aber nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen", schränkte er ein. "Wir übernehmen Verantwortung für die Umwelt, aber auch für die Arbeitsplätze." Es dürfe daher "keine Alleingänge in Deutschland und der EU geben". Was die Arbeitsplätze angeht, so verwies Schulz auf sechs Airlines, die "vom Markt verschwunden sind". Folge davon seien 550 verlorengegangene Arbeitsplätze für Piloten. Die Arbeitslosenquote bei Piloten liege inzwischen bei mehr als 15 Prozent und sei damit "doppelt so hoch wie der bundesdeutsche Durchschnitt über alle Berufe".

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3. Grüne fragen nach Grundlagen für neu gegründeten Club der Energiewendestaaten

Umwelt/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AS) Der "Club der Energiewendestaaten" steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage (17/14038) der Fraktion Bündnis90/Die Grünen. Der Zusammenschluss von zehn Staaten war im Juni 2013 auf Einladung von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) gegründet worden, um den Ausbau erneuerbarer Energien weltweit voranzubringen. Die Grünen fragen, ob es neben dem Gründungskommuniqué eine konzeptionelle Grundlage für den Energiewendeclub gibt und welchen Mehrwert die Bundesregierung darin im Gegensatz zu bereits bestehenden Institutionen sieht.

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4. Gesundheit in der Nutztierzucht

Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/EIS) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen interessiert sich in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung für den Stellenwert von Lebensleistung und Gesundheit in der Nutztierzucht (17/13989). Die Fraktion möchte unter anderem wissen, wie sich die Klauengesundheit bei Milchkühen seit 1970 entwickelt hat, ob das nur auf die Zahl der Ferkel ausgerichtete Zuchtziel bei Schweinen beendet werden muss und welche Schlussfolgerungen aus Hinweisen gezogen werden, dass Hochleistungsputen, die mit Schmerzmitteln behandelt werden, mehr gehen und stehen als Tiere ohne Schmerzmittelgaben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 350 - 24. Juni 2013 - 17:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2013