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BUNDESTAG/4256: Heute im Bundestag Nr. 121 - 12.03.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 121
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 12. März 2014 Redaktionsschluss: 13:15 Uhr

1. Entschädigung für Flugpassagiere
2. 80 Nationen beim EU-Afrika-Gipfel
3. Wissenschaftliche Beratung der Politik



1. Entschädigung für Flugpassagiere

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Berlin: (hib/KOS) Fraktionsübergreifend auf Widerstand stießen im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Pläne der EU-Kommission, Passagieren bei Flügen innerhalb der EU erst im Fall von mindestens fünfstündigen und nicht wie bislang schon nach dreistündigen Verspätungen das Recht auf Entschädigung zuzugestehen. Bei der Beratung entsprechender Brüsseler Dokumente unter den Aktenzeichen KOM(2013)130 und Ratsdok.-Nr. 7615/13 bezeichneten Sprecher von SPD, Linken und Grünen am Mittwoch dieses Vorhaben als "massive Verschlechterung" für Verbraucher. Auch seitens der Unionsfraktion wurden solche Vorbehalte laut, aus deren Sicht die schwierige Durchsetzung der Fluggastrechte gegenüber den Airlines die "Hauptbaustelle" des EU-Projekts ist.

Die Pläne zur Neuregelung der Passagierrechte bei Flugverspätungen oder bei der Annullierung von Verbindungen werden derzeit zwischen der Brüsseler Kommission, dem EU-Ministerrat als dem Organ der Regierungen, dem EU-Parlament und den nationalen Volksvertretungen strittig diskutiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs haben Fluggäste Anspruch auf Ausgleichszahlungen bis zu 600 Euro, wenn sich ein Flug um mindestens drei Stunden verzögert. Die Brüsseler Kommission strebt nun eine Verspätung von fünf Stunden bei Flügen innerhalb der EU als Voraussetzung für das Recht von Passagieren auf finanzielle Kompensation an, bei längeren Strecken außerhalb der EU sollen je nach Entfernung Fristen von neun und zwölf Stunden gelten. Die Kommission rechtfertigt diese Erleichterung für Airlines mit dem Hinweis auf zusätzliche Belastungen, die den Fluglinien anderweitig entstünden - etwa durch die Pflicht, Betreuungsleistungen wie Essen und Trinken am Airport schon bei zweistündigen Verspätungen zu gewährleisten, oder durch die Auflage, anders als bisher Passagieren auch dann den gebuchten Rückflug zu garantieren, wenn sie zuvor den Hinflug nicht angetreten haben.

Teile des Brüsseler Vorhabens stießen im Ausschuss auf Zustimmung. Dazu gehören etwa die Ausdehnung von Betreuungsleistungen am Airport oder eine bessere Durchsetzung von Fluggastrechten gegenüber Fluglinien, beispielsweise durch die Einrichtung von Schlichtungsstellen in allen EU-Staaten. Begrüßt wurde im Prinzip auch die engere Definition der "außergewöhnlichen Umstände", die etwa im Fall von schlechtem Wetter oder von Streiks die Airlines von Entschädigungszahlungen entbinden,. Allerdings wurde in der Debatte kritisiert, dass "technische Mängel" an Flugzeugen als Grund für die Freistellung von Ausgleichsleistungen unklar gefasst seien und deshalb sehr weitgehend interpretiert werden könnten.

Im Blick auf den zentralen Punkt der Verspätungsdauer als Voraussetzung für Kompensationszahlungen an Passagiere weisen aus Sicht der Fraktionen die jüngst vom EU-Parlament erhobenen Forderungen im Kern in die "richtige Richtung". Nach dem Willen der EU-Abgeordneten sollen Passagiere im Fall eines dreistündigen Verzugs bei Flügen bis 1500 Kilometer Entfernung Anspruch auf 300 Euro und bei Strecken bis 3500 Kilometer auf 400 Euro haben, bei Linien über 3500 Kilometer sollen es bei siebenstündigen Verzögerungen 600 Euro sein. Wird eine Verbindung ganz gestrichen, müssen nach den Plänen der EU-Kommission die Fluggesellschaften nur bis zu drei Übernachtungen finanzieren oder pro Nacht 100 Euro zahlen. Die Vorschläge des EU-Parlaments sehen hingegen großzügigere Regelungen für Passagiere vor.

Seitens der Regierung hieß es im Ausschuss, Berlin wolle den Schutz der Fluggastrechte auf einem "insgesamt hohen Niveau" halten. Deutschland befinde sich im EU-Ministerrat jedoch in einer schwierigen Verhandlungsposition, da das Vorhaben der Kommission bei den Mitgliedsstaaten eine breite Unterstützung finde.

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2. 80 Nationen beim EU-Afrika-Gipfel

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Der vierte EU-Afrika-Gipfel Anfang April legt die Schwerpunkte auf die Entwicklung von Wohlstand und die Friedens- und Sicherheitspolitik. Unter der Überschrift "Investing in People, Prosperity and Peace" werden am 2. und 3. April Staats- und Regierungschefs und Vertreter von rund 80 Nationen in Brüssel unter anderem auch über das zukünftige Profil der gemeinsamen EU-Afrika-Strategie beraten, sagte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Erwartet würden zwar keine "dramatischen Durchbrüche", allerdings Signale für mehr Entschlossenheit bei konkreten Punkten der Zusammenarbeit, die durch separate Abschlusserklärungen des Gipfels zu den Bereichen Migration, Landwirtschaft und Ernährungssicherung, Klimaschutz und bei der Fortschreibung der Millenniums- und Nachhaltigkeitsziele in einer Post-2015-Entwicklungsagenda zum Ausdruck kommen könnten.

Thomas Silberhorn (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sprach mit Blick auf den Gipfel von der Gelegenheit, Afrika nicht nur als "Krisenherd", sondern als "Chancenkontinent" zu begreifen. Aus Sicht der Bundesregierung lägen die Prioritäten bei der Zusammenarbeit unter anderem in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit, Bildung, Erneuerbare Energien und in der Friedens- und Sicherheitspolitik etwa im Umgang mit fragilen Staaten.

Vertreter der Opposition kritisierten unter anderem die Wirtschaftsabkommen der EU mit Afrika (Economic Partnership Agreement, EPA). Brüssel übe bei solchen Verhandlungen Druck auf die Partnerländer mit der Drohung aus, Entwicklungsmittel oder Vorteile im Handel mit Europa zu entziehen, argumentierten Vertreter der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Silberhorn und Vertreter der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD betonten demgegenüber den Wunsch einer "Partnerschaft auf Augenhöhe", die sich unter anderem in dem Ziel ausdrücke, Wertschöpfung etwa bei der Rohstoffgewinnung vor Ort zu belassen und so eine selbsttragende Entwicklung zu ermöglichen. Silberhorn verwies in diesem Zusammenhang auf den Plan von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), "grüne Zentren" als Pilotprojekte in Afrika einzurichten, bei denen moderne landwirtschaftliche Techniken vermittelt werden sollen, um Produktivität zu erhöhen und Ernteverluste zu vermeiden.

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3. Wissenschaftliche Beratung der Politik

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) "Wir betreiben wissenschaftliche Politikberatung", fasste der Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), Prof. Armin Grunwald, die Aufgabenbreite in seinem Statement vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag im Berliner Paul-Löbe-Haus zusammen. Das TAB will mit seinen Gutachten Grundlagen zum politischen Handeln schaffen. "Die Politiker sollen durch das TAB so unterstützt werden, dass sie nicht plötzlich vor wissenschaftliche Fragen gestellt werden, auf die sie nicht vorbereitet sind", sagte Grunwald. Seit der Einsetzung des TAB durch den Deutschen Bundestag im Jahr 1989 habe das TAB etwa 170 Studien zu verschiedenen Themen bearbeitet. Dazu gehören Gutachten zur Nanotechnologie, zu behindertenkompensierenden Technologien, zu elektronischen Petitionen, zur Forschung der Welternährung und zu den Folgen von großflächigem Stromausfall. Das TAB verfügt einschließlich der Vergabe externer Gutachten und nebst seiner Partner über ein Jahresbudget von rund zwei Millionen Euro. Konsortialpartner sind das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) und das VDI/VDE Innovation und Technik GmbH.

Grunwald betonte, dass das TAB ein Instrument des Parlamentes sei. So werde die Stellung des Parlamentes gegenüber der Regierung gestärkt. Grundsätzlich arbeite das TAB wissenschaftlich unabhängig. Eine wichtige Aufgabe des TAB sei es zudem, aus der Vielfalt der Expertisen für die Politik "Ordnung zu schaffen", sagte der Philosophie- und Physikprofessor. Alle Ausschüsse und Fraktionen hätten für Themen, die das TAB bearbeiten soll, ein Vorschlagsrecht. Die Themenauswahl treffe aber schließlich der Forschungsausschuss, wie Grunwald betonte.

Aber auch die verschiedenen Konsortialpartner stellen dem Ausschuss ihre Arbeit vor. Simone Ehrenberg-Silies (VDI/VDE) verglich die Tätigkeit ihres Unternehmens, das sich mit Horizon-Scanning beschäftigt, mit der Arbeit von Astronomen: "Wir schauen in den Himmel und suchen nach den Sternen." Das Unternehmen versuche, Trends zu analysieren, bevor sie als solche überhaupt erkannt worden seien. Dazu screene das Institut Artikel und Blogs nach bestimmten Methoden und suche nach Konvergenzen. Diese "diffusen" Signale würde das Unternehmen dann in den Kontext gesellschaftlicher Debatten einordnen.

Das IZT, das für Diskursanalysen und gesellschaftlichen Dialog zuständig ist, erstellt seit mehr als 30 Jahren Zukunftsstudien, die Handlungsoptionen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufzeigen, betonte Prof. Michael Opielka vor dem Ausschuss. "Uns treibt die Frage um, was könnte Zukunft sein? Gibt es Dinge, die wir noch gar nicht kennen, die aber dennoch schon in unserer Gesellschaft angelegt sind?", spitzte Opielka zu. Das IZT schaffe so Leitperspektiven für innovationsorientierte Zukunftsforschung und nachhaltige Entwicklung.

Ziel der Arbeit des UFZ sei es, die Balance zwischen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung und langfristigem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu untersuchen. Dabei arbeite das UFZ mit einem integrierten und interdisziplinären Forschungsansatz. Kernthemen seien Landnutzung und Bioenergie,Wasser und Boden und Chemikalien in der Umwelt, wie es im Handout heißt, das von Prof. Bernd Hansjürgens vom UFZ mit verfasst wurde.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 121 - 12. März 2014 - 13:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2014