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BUNDESTAG/4311: Heute im Bundestag Nr. 175 - 02.04.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 175
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 2. April 2014 Redaktionsschluss: 18:15 Uhr

1. Experten: ZDF-Urteil ist ambitioniert
2. "Initialzündung für den Netzausbau"



1. Experten: ZDF-Urteil ist ambitioniert

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Die Rechtswissenschaftler Karl-Eberhard Hain und Christian von Coelln von der Universität Köln haben die zeitliche Vorgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts über den ZDF-Staatsvertrag als "sehr ambitioniert" bezeichnet. Die Auflage, bis zum Sommer nächsten Jahres einen neuen Staatsvertrag zwischen den 16 Bundesländern auszuhandeln, sei ungewöhnlich knapp bemessen, befanden die beiden Experten am Mittwoch Nachmittag vor dem Kultur- und Medienausschuss. Dieser hatte Hain und von Coelln geladen, um sich über die Auswirkungen des Karlsruher Richterspruch informieren zu lassen. Es sei zudem "rigide", wenn das Gericht mit einer Vollstreckung des Urteils drohe, wenn diese Vorgabe nicht eingehalten werde, sagte von Coelln. Karl-Eberhard Hain hatte die Länder Hamburg und Rheinland-Pfalz, die gegen den Staatsvertrag einen Normenkontrollantrag gestellt hatten, beraten. Christian von Coelln hatte hingegen Sachsen, Bayern, Hessen und das Saarland als Prozessbevollmächtigter vor dem Verfassungsgericht vertreten.

Einig waren sich die beiden Experten in der Bewertung des Urteils. Dieses habe die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jetzt auch höchstrichterlich bestätigt. Das ZDF-Urteil müsse auch auf die ARD übertragen werde. Hain und von Coelln verwiesen zudem übereinstimmend darauf, dass das Urteil die Politik vor eine schwierige Aufgabe stelle. Die Vorgabe, dass die Fernsehgremien nur noch bis zu einem Drittel mit Staatsvertretern und staatsnahen Vertretern besetzt werden dürfen, werfe die Frage nach dem konkreten Personenkreis auf. Letztlich seien Regierungsvertreter ebenso davon betroffen wie gewählte Parlamentarier und Funktionsträger der Parteien ab Bezirksebene. Bei Vertretern der CDU/CSU-Fraktion brachte dies Unmut auf. Es müsse doch ein Unterschied zwischen gewählten Volksvertretern und Regierungsmitgliedern bestehen. Hain und Coelln waren sich hingegen einig in der Einschätzung, dass das Urteil an dieser Stelle keinen Unterschied macht.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßte das Urteil ausdrücklich als "gut". Es ermögliche dem ZDF, die durch die "Causa Brender" verloren gegangene Glaubwürdigkeit wieder herzustellen. Aus der SPD-Fraktion wurde angemahnt, dass das Urteil nicht dazu dienen dürfe, Politikern allgemein ein Negativ-Image auszustellen. Allerdings wäre eine Änderung der Gremienbesetzung ohne Urteil aus Karlsruhe besser gewesen. Hessens damaliger Ministerpräsident Roland Koch (CDU), Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat, hatte im Jahr 2009 seine Ablehnung für eine Vertragsverlängerung von Chefredakteur Nikolaus Brender vorab öffentlich erklärt. Dies war der Auslöser für die Normenkontrollklage gewesen.

Das Karlsruher Urteil biete der Politik aber auch Gestaltungsspielraum, führten Hain und von Coelln aus. Bei der Umsetzung der Vorgabe, dass alle relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen und auch Minderheiten in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertreten sein müssen, habe die Politik gewisse Freiheiten. Klar sei, dass die "Zeit der Erbhöfe" in den Gremien abgelaufen sei. Zudem stelle sich durch das Urteil verstärkt die Frage, ob neben den christlichen und jüdischen Religionsgemeinschaften in Zukunft nicht auch die islamischen vertreten sein müssen, sagte Hain.

Auswirkungen auf die Deutsche Welle, für das im Gegensatz zu den übrigen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten der Bund verantwortlich ist, werden hingegen von den Experten nicht gesehen. Das Deutsche-Welle-Gesetz entspreche schon jetzt weitestgehend den Vorgaben des Urteils, befand von Coelln. Kultur-Staatsministerin Monika Grütters (CDU) verwies vor dem Ausschuss darauf, dass die Politik im Fall des deutschen Auslandssenders in jedem Fall seiner Kontrollaufsicht auch personell nachkommen müssen, weil dieser aus Steuergeldern und nicht aus den Rundfunkgebühren finanziert werde.

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2. "Initialzündung für den Netzausbau"

Ausschuss Digitale Agenda

Berlin: (hib/HAU) Die vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt (CSU), ins Leben gerufene Netzallianz Digitales Deutschland soll die Initialzündung für den Netzausbau in Deutschland sein. Das sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Dorothee Bär (CSU), am Mittwoch vor dem Ausschuss Digitale Agenda. Ihrem Ministerium, so Bär, sei zwar die Aufgabe erteilt worden, das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel zu erreichen, bis 2018 flächendeckend eine Internet-Datenübertragungsrate von 50 Megabit pro Sekunden anzubieten. Geld sei dafür im Haushalt bislang jedoch noch nicht bereit gestellt worden, fügte sie hinzu. Der Minister habe sich daher bemüht, "nicht nur die investitionswilligen sondern auch die innovationswilligen Unternehmen an einen Tisch zu bringen". Erste Ergebnisse des Treffens, das Anfang März stattfand, stimmten zuversichtlich, sagte die Staatssekretärin.

Bär machte deutlich, dass die Unternehmen auch bereit seien, in den ländlichen Raum zu investieren. "So wollen sich nicht nur die Rosinen rauspicken, wie das in den letzten Jahren durchaus passiert ist", sagte sie. Innerhalb der Netzallianz sei man sich zugleich einig, dass eine flächendeckende Versorgung bis 2018 nur mit einem Technologie-Mix zu erreichen sei. Das sei eine Frage der Kosten, so Bär. "Wir werden nicht sofort im Bundeshaushalt 80 Milliarden Euro zur Verfügung stellen können, um auch die letzte Almhütte mit Glasfaserkabeln auszustatten", machte sie deutlich.

Was die Formulierung "flächendeckend" betrifft, so stellte die Staatssekretärin klar, dass es sich "nicht um 95 Prozent sondern um 100 Prozent" handle. Um im ländlichen Raum voranzukommen, kündigte sie an, verstärkt auf den Mobilfunk zu setzen und ihn mit zusätzlichen Frequenzen auszustatten, die ab 2015 vergeben würden.

Mit der Netzallianz sei ein guter Impuls gesetzt worden, lobte der Vertreter der Unionsfraktion den Vorstoß des Infrastrukturministers und kündigte ein Eckpunktepapier seiner Fraktion zu dem Thema an. Der Unionsvertreter warnte zugleich die Länder davor, "aus falschen Egoismen die Frequenzen zu blockieren". Vielmehr seien die Länder in einer Mitverantwortung. Ein großer Erfolg ist aus Sicht der Unionsfraktion, dass es Minister Dobrindt gelungen sei, die Zusage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu erhalten, dass die bei der Vergabe freigewordener Frequenzen eingenommenen Mittel "zu 100 Prozent in den Netzausbau gehen".

Eine große Verantwortung bei den Kommunen sieht auch die SPD-Fraktion. Viele der bisherigen Bundesprogramme im Bereich des Netzausbaus seien jedoch "bürokratische Monster" gewesen, die die Kommunen überfordert hätten, wurde zu bedenken gegeben. Die Netzallianz ist aus Sicht der Sozialdemokraten eine sehr sinnvolle Einrichtung. Noch besser wäre es jedoch gewesen, man hätte auch die Parlamentarier eingebunden, sagte ein SPD-Vertreter. Einer solchen Einbindung stehe sie sehr offen gegenüber, erwiderte Staatssekretärin Bär. Auch wenn die Abgeordneten - anders als die Unternehmen - "nicht mit Geld kommen", könnten sie doch die Haushaltsberatungen "positiv begleiten". Auf Nachfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen machte Bär deutlich, dass nicht Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sondern die Bundeskanzlerin die Zweckbindung der Einnahmen aus der Vergabe der Frequenzen zugesagt habe. "Ich hoffe auf die alte These: Ober sticht Unter", sagte die Staatssekretärin und kündigte an, sich für eine Mittelbindung von 100 Prozent der Einnahmen für den Netzausbau einzusetzen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 175 - 2. April 2014 - 18:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2014