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BUNDESTAG/4432: Heute im Bundestag Nr. 297 - 04.06.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 297
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 04. Juni 2014, Redaktionsschluss: 12.05 Uhr

1. Forderungen zum EU-Staatsanwalt
2. Helmholtz-Präsident zieht positive Bilanz



1. Forderungen zum EU-Staatsanwalt

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz/

Berlin: (hib/KOS) Der Rechtsausschuss begrüßt im Grundsatz den Plan der Brüsseler Kommission zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft. In einem am Mittwoch einstimmig verabschiedeten Antrag mit der Nummer 18(6)27 betont das Gremium jedoch, die neue EU-Instanz müsse "unter Beachtung hoher rechtsstaatlicher Anforderungen" ermitteln und eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden der EU-Länder gewährleisten. Die Parlamentarier appellieren in ihrem Beschluss an die Regierung, bei den weiteren Beratungen in Brüssel eine Reihe konkreter Forderungen durchzusetzen, etwa zur parlamentarischen Kontrolle der Einrichtung, zur Abstimmung der Zuständigkeiten zwischen EU-Staatsanwalt und nationalen Ermittlungsbehörden oder zu den Rechten von Beschuldigten.

Die neue Staatsanwaltschaft soll Subventionsbetrug zu Lasten der EU bekämpfen, doch ist später eine Ausweitung der Befugnisse auf grenzübergreifende Kriminalität möglich. Die Ermittlungsinstanz soll dezentral aufgebaut werden. Der Staatsanwalt und seine Stellvertreter, die nach bislang kursierenden Zahlen rund 250 Mitarbeiter erhalten sollen, werden nach dem Modell der Kommission von "Abgeordneten Europäischen Staatsanwälten" unterstützt, die in jedem EU-Land für die operative Tätigkeit ernannt werden. Anklage erhoben werden soll vor nationalen Gerichten.

Der Beschluss des Ausschusses listet zahlreiche offene Fragen auf, die noch zu klären seien. Die Staatsanwaltschaft müsse die "erforderliche Unabhängigkeit besitzen", nötig sei aber ebenso ein "ausreichendes Maß an parlamentarischer Kontrolle" durch die EU-Volksvertretung wie durch die nationalen Parlamente. Der Antrag plädiert für eine Wahl des Staatsanwalts durch das EU-Abgeordnetenhaus.

Bei den Ermittlungen der neuen EU-Instanz müssten die Rechte von Beschuldigten auf einem "hohen Mindeststandard" garantiert sein. Im Antrag werden dabei etwa das Recht auf Akteneinsicht, auf Aussageverweigerung und auf Zeugnisverweigerung oder die Unschuldsvermutung und der Anspruch auf Prozesskostenhilfe erwähnt. Auch müsse jenes nationale Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfindet, "prüfen dürfen, ob die Beweiserhebung nach rechtsstaatlichen Grundsätzen erfolgt ist". Zudem hat sich aus Sicht des Ausschusses der EU-Staatsanwalt am rechtsstaatlich essentiellen Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht nur zu "orientieren", die neue Behörde müsse daran vielmehr "gebunden" sein.

Was soll geschehen, fragen die Bundestagsabgeordneten, wenn eine Weisung des EU-Staatsanwalts mit nationalem Recht kollidiert? Der Antrag fordert, die Zuständigkeiten zwischen dem EU-Staatsanwalt und nationalen Ermittlungsinstanzen präzise zu definieren. Bei konkreten Maßnahmen müsse vermieden werden, "eine unklare Gemengelage von europäischen und einzelstaatlichen Regelungen zu schaffen". Nach Meinung des Ausschusses soll der EU-Staatsanwalt nicht die Möglichkeit erhalten, operative Ermittlungen vor Ort in den einzelnen Ländern selbst zu leiten. Die Parlamentarier bemängeln, dass noch nicht geklärt sei, auf welcher rechtlichen Grundlage innerhalb der Staatsanwaltschaft grenzüberschreitend ermittelt werden soll.

Ergänzungsbedürftig sind nach Meinung des Gremiums jene Passagen im Vorschlag der Brüsseler Kommission, die sich mit der Einstellung von Ermittlungen befassen, wozu auch die Beendigung eines Verfahrens durch Zahlung einer Geldauflage im Rahmen eines "Vergleichs" gehört. Der Ausschuss verlangt, den EU-Staatsanwalt zu verpflichten, Beschuldigte über die Einstellung von Ermittlungen zu unterrichten. Noch nicht geregelt ist laut Antrag, ob die Einstellung eines Strafverfahrens durch den EU-Staatsanwalt auch die nationalen Ermittlungsbehörden bindet und diese dann ihrerseits ebenfalls keine Ermittlungen mehr führen dürfen.

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2. Helmholtz-Präsident zieht positive Bilanz

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/

Berlin: (hib/ROL) "Das deutsche Wissenschafts- und Forschungssystem war seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie so gut ausbalanciert wie derzeit", sagte der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, Professor Jürgen Mlynek, vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag im Berliner Paul-Löbe-Haus. Die Bundesrepublik Deutschland gäbe knapp drei Prozent des Bruttoinlandsprodukt für Wissenschaft und Forschung aus, 70 Prozent davon kämen aus dem privaten Bereich, 30 Prozent aus dem öffentlichen Sektor. Etwas über 50 Prozent der Mittel flößen an Universitäten, knapp 50 Prozent gingen an außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie die Helmholtz Gemeinschaft.

Gleichwohl machte der Präsident gleich zu Beginn der Sitzung deutlich, dass trotz der guten Position im Wissenschafts- und Forschungssystem Deutschland sich weiterhin strategisch klug positionieren müsste. Vor allem Südkorea sei auf dem Vormarsch. Das technologie- und wissenschaftsbasierte Land sei mit seiner Mischung aus "brutaler Verhandlungsführung" und hochentwickelter Ingenieurskunst ein ernst zu nehmender Konkurrent für Deutschland. "Südkorea ist hungrig und konzentriert sich auf seine Ziele", sagte Mlynek. Das Land wolle vom "Fast Follower zum Top Player" werden. Passend dazu fragte der Vertreter der CDU/CSU Fraktion - der erst kürzlich ein Zentrum der Helmholtz-Gemeinschaft in München besucht hatte und sich grundsätzlich sehr beeindruckt zeigte -, wie es um die IT-Sicherheit der Helmholtz-Gemeinschaft stehe.

Der Vertreter der Linken bemerkte, dass Südkorea seinen einheimischen Nachwuchs stärker fördere als Deutschland und dadurch Vorteile habe. Diese Position teilte Mlynek nur in Teilen. Denn auch Deutschland gelinge es, seinen wissenschaftlichen Nachwuchs gut auszubilden und auch nach Stationen im Ausland wieder in die Heimat zurück zu holen.

Gerade die Helmholtz-Gemeinschaft, die rund 37.000 Mitarbeiter beschäftigt - darunter knapp 7000 Doktoranden -, biete im Vergleich zu anderen Einrichtungen relativ viele Stellen an, die nicht nur auf ein halbes oder ein Jahr befristet seien, was für die Attraktivität eines Arbeitgebers wichtig sei. Das Thema Befristung hatte auch der Vertreter der Grünen angesprochen, der auch wissen wollte, ob die Finanzarchitektur des Bundes sinnvoll sei, zusätzliche sechs Milliarden für Kitas, Schulen und Hochschulen plus drei Milliarden für Forschung auszugeben.

Die Helmholtz-Gemeinschaft, die über ein Budget von 3,8 Milliarden Euro im Jahr verfügt, wird durch den Pakt für Forschung und Innovation, der künftig von fünf auf drei Prozent sinken wird, Einbußen hinnehmen müssen. Damit könne man aber dennoch gut leben war das Signal des Präsidenten an die Ausschussabgeordneten. Der Vertreter der SPD hatte gefragt, ob diese Senkung nicht ein "schmerzlicher Einschnitt" sei.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 297 - 4. Juni 2014 - 12.05 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2014