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BUNDESTAG/4792: Heute im Bundestag Nr. 657 - 17.12.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 657
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Dezember 2014, Redaktionsschluss: 19.00 Uhr

1. Uneinigkeit über Strafrechtsreform
2. Bartels soll Königshaus nachfolgen
3. Standards bei Sicherheitsabkommen
4. Grüne für Regulieren von Sicherheitsfirmen
5. Bericht über CIA-Verhörprogramm
6. Mitarbeiter mit rechtsextremer Ansicht



1. Uneinigkeit über Strafrechtsreform

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/JBB) Auf große Zustimmung stieß die Empfehlung des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, die Kompetenzen des Generalbundesanwaltes zu erweitern und ihn bei Verdacht auf seine Zuständigkeit frühzeitiger ermitteln zu lassen. Darin waren sich die eingeladenen Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch einig. Umstritten war jedoch der Plan der Bundesregierung, in Paragraf 46 des Strafgesetzbuches bei der Strafzumessung das Vorliegen menschenverachtender Motive strafschärfend zu berücksichtigen und um zusätzliche Motivationsmerkmale von Tätern zu erweitern. Nach Ansicht vieler Sachverständiger werde das in der Praxis schon getan. Beide Vorgaben sind Inhalt eines Gesetzentwurfs (18/3007) der Bundesregierung, mit dem diese die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages für den Bereich der Justiz auf Bundesebene umsetzen will. Die sieben eingeladenen Experten nahmen zu dem Gesetzentwurf Stellung, ebenso wie zu einem Antrag (18/3150) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in dem die Fraktion fordert, den Straftatbestand der Volksverhetzung zu überarbeiten.

Ulrich Franke vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe sagte, bei den Ermittlungen zu den Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrundes habe man es versäumt, die einzelnen Punkte miteinander zu verbinden. Unter diesem Gesichtspunkt sei es "ausdrücklich zu begrüßen", die Kompetenzen des Generalbundesanwalts zu erweitern. Hingegen sei es "nicht glücklich, weder erforderlich oder zweckmäßig", den Paragraf 46 zu verändern. Die menschenverachtenden Motive der Täter würden schon berücksichtigt und seien auch schon im Gesetzestext vermerkt. Sein Kollege Ralf Wehowsky, ebenfalls vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe, sagte hingegen, die vorgeschlagene Erweiterung des Wortlautes führe zu einer weiteren Klarstellung. Sie sei für eine konsequente Verfolgung von Vorurteilskriminalität hilfreich. Jürgen Konrad von der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wies darauf hin, dass es durchaus eine Verbesserung sei, wenn die Ermittler die ausdrücklich aufgeführten und aufgelisteten Motivationsmerkmale der Täter wie bei einer Checkliste abhaken könnten. Damit befasse man sich intensiver mit dem Fall.

Henning Rosenau von der Universität Augsburg stimmte dem Regierungsentwurf insgesamt zu. Rolf-Uwe Kurz von der Staatsanwaltschaft Potsdam sagte, die erweiterten Kompetenzen des Generalbundesanwalts loteten die Grenzen der Verfassungskonformität aus, seien aber aus verfahrens-ökonomischen Aspekten zu begrüßen. Er warnte davor, durch die geplanten Änderungen im Paragraf 46 des Strafgesetzbuches andere Tatmotive abzuwerten. Der Dortmunder Rechtsanwalt Ralf Neuhaus befand, es sei ein "grober Irrweg" bei der Berücksichtigung der Motive am Ende des Ermittlungsverfahrens anzusetzen. Vielmehr müsse dies am Beginn des Ermittlungsverfahrens geschehen. Der Entwurf der Regierung sei hier nur "Symbolpolitik". Neuhaus befürwortete hingegen den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Hier gebe es Präzisierungsbedarf. Sebastian Scharmer, Rechtsanwalt aus Berlin, stimmte ihm da zu. Der Regierungsentwurf sei teils Symbolik, teils Kosmetik, sagte Scharmer. Die wesentlichen Vorgaben der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses würden nicht umgesetzt.

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2. Bartels soll Königshaus nachfolgen

Verteidigung/Wahlvorschlag

Berlin: (hib/AW) Der SPD-Abgeordnete Hans-Peter Bartels soll zum neuen Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags gewählt werden und im Mai 2015 die Nachfolge von Hellmut Königshaus antreten. Dies geht aus dem gemeinsamen Wahlvorschlag der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion (18/3547) hervor. Der 53-jährige Sozialdemokrat Bartels zog 1998 erstmals in den Bundestag ein und leitet seit Beginn der Legislaturperiode den Verteidigungsausschuss. Der frühere FDP-Parlamentarier Königshaus hatte das Amt des Wehrbeauftragten im Mai 2000 angetreten. Im kommenden Jahr endet seine Amtszeit regulär nach fünf Jahren.

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3. Standards bei Sicherheitsabkommen

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen keine "Sicherheitsabkommen und andere zwischenstaatliche Abkommen im Bereich der Sicherheitszusammenarbeit" mit Staaten abschließen, in denen Krieg oder Bürgerkrieg herrscht oder die "proliferationsverdächtig sind". In einem Antrag (18/3553) fordert die Fraktion die Regierung zudem auf, die Vertragsstaaten solcher Abkommen zur Einhaltung menschenrechtlicher Standards sowie zur Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien zu verpflichten. Ferner soll die Regierung laut Vorlage unter anderem bei der Ausbildungsunterstützung "Schwerpunkte auf Menschenrechts- und Rechtsstaatsausbildung", Korruptions- und Geldwäschebekämpfung sowie Ermittlungstechniken zur Aufklärung von Straftaten legen.

Zur Begründung verweist die Fraktion darauf, dass die Bundesrepublik derzeit Sicherheitsabkommen mit 24 Staaten geschlossen habe. Mit Ägypten, Bosnien-Herzegowina, Indonesien, Kasachstan, Marokko, Mexiko, Montenegro, Oman, Russland, Serbien, Tadschikistan und Tunesien verhandele sie über den Abschluss solcher Abkommen beziehungsweise über Änderungen zu bereits bestehenden Sicherheitsabkommen. Unter all diesen Ländern seien eine Reihe, "in denen mit

staatlicher Beteiligung systematische Menschenrechtsverletzungen wie Folterungen, willkürliche Verhaftungen und das Verschwindenlassen von Personen stattfinden, zudem Oppositionsbewegungen unterdrückt werden und die Todesstrafe verhängt wird".

Als Grundlage für Sicherheitsabkommen diene ein mit verschiedenen Ressorts abgestimmter Standardentwurf, der "keinerlei Anforderungen oder Bedingungen im Hinblick auf Menschenrechte oder rechtsstaatliche Prinzipien" enthalte. Dabei sei es dringend geboten klarzustellen, "ob und unter welchen Voraussetzungen Deutschland Sicherheitsabkommen mit Staaten schließen sollte, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden".

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4. Grüne für Regulieren von Sicherheitsfirmen

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen gesetzlichen Rahmen für die Tätigkeit privater Sicherheitsfirmen im In- und Ausland schaffen. Dabei soll sie unter anderem eine Registrierungspflicht für solche Firmen einführen und ein Zulassungsverfahren entwickeln, "dass die Aufnahme von unternehmerischer Tätigkeit im Sicherheitsbereich an klare Voraussetzungen bindet", wie aus einem Antrag der Fraktion (18/3555) hervorgeht. Danach soll sich die Regierung unter anderem für einheitliche Regulierungs- und Zertifizierungsregelungen auf EU-Ebene einsetzen, die unter anderem Normen und Standards für Gründungen von Sicherheitsdienstleistern sowie eine Dokumentierung der Qualifikation der Mitarbeiter beinhalten. Auch wird die Regierung in der Vorlage aufgefordert, sich für eine UN-Konvention zur Regulierung privater Sicherheitsfirmen einzusetzen.

Zur Begründung schreiben die Abgeordneten, die Wahrung der Inneren Sicherheit diene dem Schutz von Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat, denn nur der Staat sei umfassend an Recht und Gesetz gebunden und verfüge über ein Gewaltmonopol. Die Aufrechterhaltung der Sicherheit gehöre daher "zu den primären Schutzpflichten der öffentlichen Hand". Die Privatisierung im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit schreite jedoch seit Jahren voran. Dies zeige sich deutlich in der ständig wachsenden Zahl privater Sicherheitsfirmen, in der Ausdifferenzierung ihres Tätigkeitsfeldes sowie der Anzahl des beschäftigten Personals. Werde dieser Bereich nicht kontrolliert, könne das Gewaltmonopol des Staates erodieren. Der zunehmende Rückgriff von privater, aber auch öffentlicher Seite auf private Sicherheitsunternehmen mache es zudem notwendig, sicherzustellen, dass sowohl die Gewerbetreibenden als auch das eingesetzte Personal Mindeststandards an persönlicher Geeignetheit, Zuverlässigkeit und Sachkunde erfüllen. Durch ein mehrstufiges Lizenzierungs- und Zertifizierungsverfahren sei es möglich, "klare Regelungen für die Sicherheitsbranche aufzustellen und einer Erosion des staatlichen Gewaltmonopols entgegen zu wirken".

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5. Bericht über CIA-Verhörprogramm

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Der Bundestag soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die zuständigen Stellen in den USA ersuchen, ihm den Bericht des Geheimdienstausschusses des USSenats "über das Inhaftierungs- und Verhörprogramm der CIA vollständig und ungeschwärzt zu übermitteln". Zugleich soll das Parlament versichern, dass es "etwaige Maßgaben der USA zur Geheimhaltung beachten wird, wie aus einem Antrag der Fraktion (18/3558) hervorgeht. Darin wird Folter verurteilt und die vom Geheimdienstausschuss des Senats "durchgeführte Aufklärung der Foltervorwürfe gegen die CIA" begrüßt.

In der Begründung schreibt die Fraktion, der US-Geheimdienst CIA habe zwischen 2002 und 2009 terrorverdächtige Menschen gefoltert. Auskunft über die konkrete Folterpraxis der CIA gebe der am 8. Dezember 2014 veröffentlichte Bericht des Geheimdienstausschusses, der mehr als 6.000 Seiten umfasse. Öffentlich sei jedoch nur eine 499 Seiten umfassende Zusammenfassung, in der zudem viele Stellen durch Schwärzungen unleserlich gemacht worden seien. Auch aus dem lesbaren Teil würden "zahlreiche Taten von Angehörigen der CIA deutlich". Einige dieser Taten hätten einen direkten Zusammenhang zur Bundesrepublik Deutschland.

"Erwähnt ist beispielsweise der Fall des deutschen Staatsbürgers Khaled El Masri", heißt es in der Vorlage weiter. Darüber hinaus gelt es als wahrscheinlich, "dass vom Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland Unterstützungshandlungen ausgingen", etwa "die Zwischenlandung von Flugzeugen, in denen sich rechtswidrig festgenommene oder verschleppte Menschen befanden, um sie Verhören der CIA zuzuführen, im Verlauf derer sie gefoltert wurden". Zugleich unterstreicht die Fraktion den Willen, "dass zumindest jene Taten, die einen direkten Zusammenhang zur Bundesrepublik Deutschland haben, aufgeklärt werden".

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6. Mitarbeiter mit rechtsextremer Ansicht

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Um einen seit 1985 in der höheren Verwaltung des Bundes eingestellten Juristen geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3497). Darin schreibt die Fraktion, der Jurist sei im Jahr 2007 als Regierungsbeamter im damaligen Verkehrs- und Bauministerium beurlaubt worden, "nachdem seine Verstrickungen in die rechte Szene bekannt" geworden seien. Im Dezember 2007 solle er beurlaubt und dem Eisenbahn-Bundesamt zugeordnet worden sein; seine "Aktivitäten in der rechten Szene" habe er fortgeführt. Im Jahr 2014 sei er als Vertreter des Bundes bei den Verhandlungen mit der Bahn zu der "Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung" eingesetzt gewesen. Wissen wollen die Abgeordneten unter anderem, wie die Bundesregierung dazu steht, "dass ein Mitarbeiter mit rechtsradikalen und verfassungsfeindlichen Ansichten, der deswegen bereits beurlaubt und versetzt wurde, als leitender Beamter eines Bundesamtes tätig ist und den Bund bei Verhandlungen vertritt".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 657 - 17. Dezember 2014 - 19.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2014


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