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BUNDESTAG/4897: Heute im Bundestag Nr. 098 - 25.02.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 098
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 25. Februar 2015, Redaktionsschluss: 14.15 Uhr

1. Flüchtlinge sollen Konto eröffnen
2. Abgeordnete für Masern-Impfschutz
3. Benachteiligte Jugendliche gefördert
4. Fragile Lage in Zentralafrika
5. Versalzung von Weser und Werra stoppen


1. Flüchtlinge sollen Konto eröffnen

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Alle Fraktionen sind sich einig, dass Flüchtlinge und Asylbewerber die Möglichkeit haben sollen, ein Bankkonto zu eröffnen. Dies wurde in der Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch bei der Beratung des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/905) mit dem Titel "Kontoeröffnungen für Flüchtlinge ermöglichen" deutlich.

Ein Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verwies darauf, dass ausländische Staatsangehörige, deren Aufenthalt in Deutschland geduldet sei, kein Konto eröffnen könnten, da sie meist nur im Besitz einer Duldungsbescheinigung seien. Die wenigsten Geduldeten könnten ihre Identität durch einen gültigen amtlichen Ausweis mit Lichtbild belegen, wie es das Geldwäschegesetz (GWG) verlange. Daher müssten Anträge auf Kontoeröffnungen von den Banken abgelehnt werden. In dem Antrag heißt es: "Die Folgen eines Lebens ohne Konto sind dramatisch, denn für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist die Existenz eines Kontos notwendig." Die Fraktion verlangt den Erlass einer Rechtsverordnung, dass Duldungsbescheinigungen "geeignete Dokumente zur Überprüfung der Identität im Sinne des GWG sind".

Die Fraktion Die Linke begrüßte den Antrag und wies darauf hin, dass es bereits eine EU-Richtlinie gebe, die den Forderungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen entspreche. Diese Richtlinie müsse in nationales Recht umgesetzt werden. Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion erklärte: "Das Schicksal der Flüchtlinge berührt uns alle." Er kündigte eine zeitnahe Lösung an, so dass die Betroffenen ein "Jedermann-Konto" bei der Bank bekommen könnten. Das Thema liege der CDU/CSU-Fraktion am Herzen. Die SPD-Fraktion sprach sich ebenfalls für Änderungen aus. Ein Konto sei für die Menschen von grundlegender Bedeutung. Die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten müssten geschaffen werden. Der Sprecher der SPD-Fraktion wies jedoch darauf hin, dass der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgeschlagene Lösungsweg aus rechtlichen Gründen nicht funktioniere. Daher werde man den Antrag ablehnen. Neben Bündnis 90/Die Grünen votierte auch die Linksfraktion für den Antrag, der mit Koalitionsmehrheit abgelehnt wurde.

Ein Vertreter der Bundesregierung erläuterte, dass ein Referentenentwurf für ein Zahlungskontengesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie vor der Sommerpause vorgelegt werden solle. Der Kabinettsbeschluss sei für September vorgesehen. Für die Umsetzung der Richtlinie sei bis Herbst 2016 Zeit. Für die Betroffenen seien inzwischen unbürokratische Lösungen in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und dem deutschen Sparkassen- und Giroverband entwickelt worden. Die Oppositionsfraktionen regten eine Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens an.

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2. Abgeordnete für Masern-Impfschutz

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat sich am Mittwoch auch ausführlich mit der aktuellen Masern-Epidemie in Berlin befasst. In der Beratung erklärten Gesundheitspolitiker, eine hohe "Durchimpfungsrate" sei von elementarer Bedeutung im Kampf gegen die Krankheit. Angesichts der kontroversen öffentlichen Debatte über eine mögliche Impfpflicht plädierten mehrere Abgeordnete dafür, die Informationskampagnen zum Thema Masern auszuweiten und die Nutzung öffentlicher Einrichtungen wie etwa Kitas gegebenenfalls vom Nachweis einer Schutzimpfung oder Impfberatung abhängig zu machen.

Wie die Parlamentarische Gesundheits-Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) im Ausschuss sagte, sollten möglichst alle Kinder einen altersgerechten Impfschutz erhalten. Das Ziel im Fall der Masern bestehe darin, die hochansteckende Viruserkrankung global auszurotten. Allerdings seien Schutzimpfungen in Deutschland freiwillig, die Entscheidung dafür oder dagegen falle jeweils eigenverantwortlich. Es bestünden Hürden, was eine Impfpflicht angehe. So müsse zuvor geprüft werden, ob die Impfziele nicht auch anders erreicht werden könnten. Falls mit der Freiwilligkeit die angestrebten Ziele jedoch nicht erreicht würden, müssten auch verpflichtende Regelungen in Betracht gezogen werden, dies sei kein Tabu.

Viele Menschen gingen sehr nachlässig mit ihrem Impfstatus um, beklagte Fischbach. Hinzu komme in vielen Fällen eine unberechtigte Sorge und Skepsis gegenüber Impfungen. Sinnvoll sei daher eine verstärkte ärztliche Impfberatung, was auch Bestandteil des Präventionsgesetzes sei, das demnächst im Bundestag beraten werden soll. So soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass Eltern vor der Aufnahme ihrer Kinder in eine Kita den Nachweis über eine ärztliche Impfberatung vorlegen müssen.

Masern sind nicht nur eine Kinderkrankheit, mit den Viren können sich Menschen jeden Alters infizieren. Viele Kleinkinder werden im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen mit einer Dreifachimmunisierung (Mumps, Masern, Röteln - MMR-Impfung) geschützt. Ein wirksamer Langzeitschutz erfordert zwei Impfungen. Aber auch unter Kinder- und Hausärzten sowie Hebammen gehen die Meinungen über den Sinn von Impfungen und mögliche Impfrisiken auseinander.

Allein in Berlin wurden zuletzt mehr als 500 Fälle von Masern registriert, ein Kleinkind starb offenbar an den Folgen der Virusinfektion, eine Schule wurde vorübergehend geschlossen. Masern werden durch Tröpfcheninfektion (etwa beim Husten oder Niesen) sehr leicht verbreitet.

Die Gesundheitspolitiker machten im Ausschuss deutlich, dass auch viele junge Erwachsene nicht gegen Masern geimpft sind und erinnerten an die Aktualisierung des Impfstatus. Zudem reisten die Menschen heute mehr als früher und übertrügen ansteckende Krankheiten über weite Entfernungen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet aktuelle Informationen über Masern und einen Impfcheck. Die Plakatwerbung zur Masern-Aufklärung soll fortgeführt werden.

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3. Benachteiligte Jugendliche gefördert

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Berlin: (hib/CHE) Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und von Bündnis 90/Die Grünen hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Mittwochvormittag zahlreichen Änderungen in den Sozialgesetzbüchern (SGB V, VI und VII) sowie einem vereinfachten Meldeverfahren in der sozialen Sicherung (SGB IV) zugestimmt. Der Entwurf für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (18/3699) wurde in geänderter Fassung damit auf den Weg gebracht und wird am Donnerstag in Dritter Lesung vom Bundestag debattiert. Die Fraktion Die Linke enthielt sich bei der Abstimmung im Ausschuss.

Der wegen seiner Komplexität auch Omnibus-Gesetz genannte Entwurf sieht neben verbesserten Meldeverfahren unter anderem auch Regelungen zur sogenannten Assistierten Ausbildung vor - einer zusätzlichen Förderung während der Ausbildungszeit. Damit sollen sozial benachteiligte Jugendliche, solche mit Lernbeeinträchtigungen, aber auch Jugendliche, die aufgrund bestimmter Lebensumstände nicht in der Lage sind, eine betriebliche Ausbildung zu machen, unterstützt werden. Die Zielgruppe wurde damit gegenüber dem Ursprungsentwurf noch einmal erweitert, was alle Fraktionen ausdrücklich begrüßten. Geregelt wird unter anderem auch die kostenlose Abgabe der "Pille danach" an Frauen unter 20 Jahren, der Unfallversicherungsschutz von Ebola-Helfern als auch die Einkommensanrechnung bei Waisenrenten an volljährige Waisen. Verschoben wird das Projekt, die Wahl der Selbstverwaltungsorgane der gesetzlichen Sozialversicherungsträger auf Online-Wahl umzustellen. Dies sollte ursprünglich schon bei der nächsten Sozialwahl 2017 realisiert werden und wird nun auf die Wahl 2023 verschoben.

Die CDU/CSU-Fraktion hob in der Diskussion die zentrale Bedeutung der dualen Ausbildung in Deutschland hervor. Deshalb sei es auch richtig, die Möglichkeiten der Assistierten Ausbildung auf die betriebliche Ausbildung zu begrenzen und nicht auch die vollschulischen Ausbildungsberufe in die Förderung mit einzubeziehen. Dem widersprachen die Grünen. Sie gaben zu bedenken, dass ein Drittel der Jugendlichen nicht in einem Betrieb ausgebildet wird und es aber auch unter diesen Jugendlichen einen Förderbedarf gebe. Die Linke zweifelte am Erfolg der Assistierten Ausbildung. Dadurch würden weitere unübersichtliche Parallelstrukturen bei der Förderung des Übergangs von Schule und Beruf geschaffen, so die Kritik. Die SPD-Fraktion bezeichnete es als beeindruckend, was mit diesem umfangreichen Entwurf geleistet wurde. Immerhin gehe es bei der Reform der Meldeverfahren um 400 Millionen Verfahren jährlich und es sei längst überfällig gewesen, hier zu einer Entlastung gerade der kleineren Unternehmen zu kommen, hieß es aus der Fraktion.

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4. Fragile Lage in Zentralafrika

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die Lage in der Zentralafrikanischen Republik (ZRA) ist laut Thomas Silberhorn (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), "außerordentlich fragil". Die humanitäre Situation sei "katastrophal", knapp die Hälfte der Bevölkerung, rund 2,5 Millionen Menschen, seien auf unmittelbare Hilfe angewiesen. Etwa 850.000 Menschen seien innerhalb des Landes oder in die Nachbarländer Tschad, Kamerun und Demokratische Republik geflohen, sagte Silberhorn am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Auslöser der humanitären Krise in dem zentralafrikanischen Land war der Sturz des - einst selbst durch einen Staatsstreich ins Amt gelangten - Präsidenten François Bozizé durch die überwiegend muslimische Rebellenkoalition "Séléka" im Jahr 2013. Seither eskaliert die Gewalt zwischen Christen und Muslimen.

Deutschland engagiert sich unter anderem durch eine Beteiligung am Treuhandfonds "Bêkou" mit fünf Millionen Euro, sagte Silberhorn. Zu den Gründungsmitgliedern des Fonds gehörten Frankreich, die Niederlande und die EU-Kommission, die Mittel in Höhe von insgesamt 74 Millionen Euro sollen vor allem dem Wiederaufbau staatlicher Strukturen, der Gesundheitsversorgung, der Ernährungssicherung und der Rückkehr der Menschen in ihre Dörfer und Städte dienen. Über sechs Vorhaben des Fonds sei man derzeit im Gespräch mit der zentralafrikanischen Übergangsregierung. Die konkrete Umsetzung sei noch in Vorbereitung, sagte eine Vertreterin des BMZ. "Es geht voran, aber es geht langsam voran."

Eine Vertreterin des Auswärtigen Amtes legte zudem dar, dass im vergangenen Jahr rund 6,9 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in der ZRA bereitgestellt worden seien, mit denen Hilfsorganisationen vor Ort wie Ärzte ohne Grenzen, das Flüchtlingshilfswerk UNHCR und kirchliche Hilfsorganisationen unterstützt worden seien.

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5. Versalzung von Weser und Werra stoppen

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Fachgespräch)

Berlin: (hib/JOH) Das Problem der hohen Salzbelastung der Flüsse Weser und Werra kann nach Auffassung von Regierungsvertretern aus den sieben Anrainerländern nur mit einem gemeinsamen Bewirtschaftungs- und Maßnahmenplan gelöst werden. "Ziel muss es sein, bis 2027 einen guten ökologischen Zustand zu erreichen", betonte unter anderem die Staatsrätin beim Bremer Umweltsenator, Gabriele Friderich, am Mittwochmittag in einem öffentlichen Fachgespräch des Umweltausschusses. Sie zeigte sich optimistisch, "dass wir das gemeinsam erreichen". Nach Angaben von Staatssekretär Olaf Möller vom thüringischen Umweltministerium wolle die Flussgebietsgemeinschaft Weser bis Mitte März 2015 einen detaillierten Bewirtschaftungsplan für beide Flüsse zu beschließen. Ziel Thüringens sei es, betonte Möller, die hohe Salzbelastung zu reduzieren, die Versenkung von Salzabwässern in den Untergrund bald zu beenden und zugleich die Arbeitsplätze in der Kali-Bergbau-Region zu sichern.

Salzhaltige Abwässer aus der Kaliproduktion der Kali und Salz AG (K+S) werden seit 90 Jahren in Weser und Werra eingeleitet oder zum Teil in tiefliegende Schichten gepresst. Die daraus resultierenden Salzbelastungen sollen künftig stark reduziert oder beendet werden, auch um die Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie einhalten zu können. "Die Wasserrahmenrichtlinie zwingt uns praktisch zum Handeln", betonte der Staatsekretär im Umweltministerium von Nordrhein-Westfalen, Peter Knitsch. "Sie führt dazu, dass man sich zum ersten Mal ernsthaft mit Lösungsmöglichkeiten beschäftigt." Dies sei jedoch "keine triviale Aufgabe", da das Umweltproblem über viele Jahrzehnte angewachsen sei, fügte er hinzu. Darauf wies auch Staatsekretärin Beatrix Tappeser vom hessischen Umweltministerium hin: "Seit 1925 sind mehr als eine Milliarde Kubikmeter Salzabwässer in den Untergrund versenkt worden. Selbst wenn wir heute verfügen würden, dass K+S die Produktion einstellt, würde durch die diffusen Einträge und die Haldenabwässer kein guter Zustand und keine Garantie für die Wass erqualität von Weser und Werra erreicht werden." Tappeser forderte deshalb weitere, "intensive Gespräche" über einen gemeinsamen Bewirtschaftsplan. "Hier sind wir aber auf der Zielgeraden", urteilte die Staatsekretärin.

Tappeser verteidigte den vom hessischen Umweltministerium im September 2014 gemeinsam mit K+S vorgestellten Vier-Phasen-Plan. Das umstrittene Maßnahmenpaket sieht unter anderem die Einleitung der K+S-Abwässer in die Oberweser vor. Hierfür soll eine Fernleitung gebaut werden. Außerdem soll die Genehmigung zur Versenkung eines Teils der Abwässer bis Ende 2021 verlängert werden.

Der Plan wolle, so Tapperser, "eine langfristige Lösung für eine lange aufgebaute Problematik" erreichen. Kurzfristige Lösungen gebe es nicht. Weil es nicht anders gehe, müsse von verminderten Umweltzielen im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie Gebrauch gemacht werden. "Alle vorgeschlagenen Maßnahmen sind nur im Zusammenhang mit dem Ziel des Grundwasserschutzes und des Schutzes der Oberflächengewässer zu betrachten", unterstrich Tappeser. K+S habe außerdem zugesagt, dass es an einer Abdeckung der riesigen Halden arbeiten wolle. Dies sei ein "großer Erfolg". Allerdings sei es technisch nur möglich, 60 Prozent der Salzberge abzudecken, da diese sehr hoch und sehr steil seien.

Staatssekretärin Almut Kottwitz vom niedersächsischen Umweltministerium betonte, der Landesregierung sei es wichtig, die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie einzuhalten. "Wir müssen der EU-Kommission konkrete Ziele nennen und sagen, wann wir sie wie erreichen können." An den Bund appellierte Kottwitz, die Bundesländer bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu unterstützen, um alternative Verfahren und Technologien, wie etwa das Verdampfungsverfahren, erproben und entwickeln zu können.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 098 - 25. Februar 2015 - 14.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2015

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