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BUNDESTAG/4916: Heute im Bundestag Nr. 117 - 04.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 117
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 04. März 2015, Redaktionsschluss: 14.50 Uhr

1. Noch keine Entwarnung bei Ebola
2. Länder: Mehr Geld für Hochwasserschutz
3. Anhörung zum Kleinanlegerschutz
4. Die Linke fordert neue Gesundheitsplanung
5. Grüne fordern Wechsel in der Agrarpolitik


1. Noch keine Entwarnung bei Ebola

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für den Kampf gegen die Ebola-Krise, Walter Lindner, hat vor einer nachlassenden Aufmerksamkeit für die Epidemie in Westafrika gewarnt: "Es gibt immer noch eine Realität, und die heißt Ebola", sagte Lindner am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Derzeit gebe es knapp 100 Neuinfizierte pro Woche in den betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone, wobei die Zahl von Woche zu Woche schwanke und von Land zu Land unterschiedlich hoch ausfalle. Liberia, das anfangs am stärksten betroffen gewesen sei, sei auf einem "sehr guten Weg". Hier seien derzeit nur noch zwei bis drei Neuinfektionen pro Woche zu beklagen. In Sierra Leone und Guinea liege die Zahl hingegen immer noch deutlich im zweistelligen Bereich. Lindner sprach von einer "Sisyphusarbeit", die Zahl der Neuansteckungen auf null zu bringen. Er verwies unter anderem auf die Gefahr, dass sich nach Monaten der Anspannung in den betroffenen Ländern mit dem Rückgang der Infektionen wieder alte Verhaltensweisen einschleifen könnten - etwa die traditionellen Riten bei einer Erdbestattung - , die zur erneuten Verbreitung beitragen könnten. "Solange wir nicht bei null sind, kann vieles, was wir bisher erreicht haben, wieder zunichte gemacht werden", sagte Lindner. Es müsse weiterhin darum gehen, Kranke mit dem Verdacht auf Infektionen wie auch ihr Umfeld konsequent zu identifizieren, zu isolieren und zu beobachten.

Nach jüngsten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO haben sich seit Ausbruch von Ebola vor einem Jahr im Südosten Guineas knapp 23.700 Menschen in Westafrika infiziert, davon überlebten 9.600 die Krankheit nicht, darunter waren knapp 500 Helfer und medizinisches Personal. Innerhalb der letzten 21 Tage gab es den Angaben zufolge noch knapp 400 Neuinfektionen.

Vertreter aus allen Fraktionen erkundigten sich nach den Lehren und Konsequenzen, der im Februar 2014 ausgebrochenen Epidemie, deren Ausmaß und Gefährlichkeit von der internationalen Gemeinschaft lange unterschätzt worden war. Vertreter der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fragten unter anderem nach der zukünftigen Rolle der WHO und nach einer Stärkung der Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern. Die CDU/CSU-Fraktion thematisierte unter anderem den Stand der Impfforschung und das Problem der Stigmatisierung von Ebola-Überlebenden und Waisenkindern. Ein Vertreter der SPD-Fraktion fragte nach konkreten Summen für den Wiederaufbau in den betroffenen Ländern.

Zum letzten Punkt verwies Lindner auf die Frühjahrstagung der Weltbank Ende April, bei der die betroffenen Länder gehalten seien, belastbare Zahlen etwa zu ihren Ernteeinbußen sowie Entwicklungspläne vorzulegen. In der Frage eines Ebola-Gegenmittels sprach Lindner von "drei bis vier erfolgsversprechenden" Forschungsansätzen. Es sei allerdings im Augenblick nicht davon auszugehen, dass ein Impfstoff bereits in den nächsten Monaten vorliegen könnte.

Zur Verhinderung solcher Epidemien müsse auf unterschiedlichster Ebene gefragt werden, was sich bei Prävention, Aufklärung, Koordination und Instrumenten der Krisenreaktion künftig besser machen ließe, sagte Lindner. Dies beginne in Entwicklungsländern selbst, betreffe auch Geberländer wie Deutschland sowie die EU und reiche bis zur globalen Ebene von Vereinten Nationen und WHO. Lindner verwies auf eine "selbstkritische" Bestandsaufnahme und einen Reformprozess innerhalb der WHO sowie unter anderem auch auf eine Initiative der Bundesregierung zur Verbesserung der globalen Sicherheitsarchitektur. So gebe es etwa die Einrichtung eines Beratergremiums beim UN-Generalsekretär, das Schlussfolgerungen aus der Ebola-Krise ziehen soll, und den Aufbau von sogenannten "Weißhelmen", also einem internationalen Einsatzkontingent von Ärzten und medizinischem Personal, das schnell einsatzbereit sein soll und in Krisengebiete verlegt werden könnte.

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2. Länder: Mehr Geld für Hochwasserschutz

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesländer haben am Mittwoch im Umweltausschuss eine stärkere finanzielle Beteiligung der Bundesregierung am Nationalen Hochwasserschutzprogramm gefordert. In einem öffentlichen Fachgespräch bezeichneten Vertreter der Landesregierungen den bisherigen Finanzierungsanteil des Bundes in Höhe von 1,2 Milliarden Euro als zu gering, um die beschlossenen Maßnahmen für Deichrückverlegungen und die Ausweitung der Wasserrückhalteflächen (Retentionsräume) umsetzen zu können.

Für das im Oktober 2014 von den Umweltministern der Bundesländer beschlossene Programm sind bisher insgesamt 5,4 Milliarden Euro veranschlagt. Erstmals listet es bundesweit vordringliche Maßnahmen für den Hochwasserschutz auf.

"Wir brauchen Unterstützung, um die vorgesehenen Maßnahmen bis 2025 abschließen zu können", mahnte unter anderem der Umweltminister Nordrhein-Westfalens, Johannes Remmel. Sein Bundesland habe in den vergangenen zehn Jahren rund 50 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert, um Deiche zu sanieren und rückzuverlegen sowie Rückhalteräume zu schaffen. Jedoch fehle es oft an Geld und Personal, betonte der Minister. Das Nationale Hochwasserschutzprogramm bezeichnete er als das erste "nationale Klimaanpassungsprogramm von bedeutender Tragweite". Der Gesetzgeber sollte seinem "Herzen einen Stoß geben" und es mit den erforderlichen Mitteln ausstatten.

Auch nach Ansicht von Thomas Griese, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Umweltministerium, ist Hochwasserschutz eine "nationale Aufgabe". Daher müsse für das Programm die gleiche Finanzierungsquote gelten wie für die Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz (GAK). Dies würde bedeuten, dass der Bund sich mit 70 Prozent beteiligen müsste und die Länder mit 30 Prozent. Griese verwies darauf, dass im Nationalen Hochwasserschutzprogramm nur die wichtigsten, national besonders bedeutsamen Maßnahmen beschlossen worden seien. Viele weitere wichtige Maßnahmen blieben jedoch weiter Sache der Länder. Eine stärkere Beteiligung des Bundes am Programm "würde für uns auch bedeuten, dass wir mit unseren Landesaufgaben schneller vorankommen würden", betonte Griese.

"Die Elbe-Retentionsräume kommen auch allen Unterliegern zugute", stellte Ulrich Kraus vom Umweltministerium in Sachsen klar. Die Förderung sei daher eine nationale Aufgabe, die entsprechend zu dotieren sei. Staatssekretärin Anne-Marie Keding (Sachsen-Anhalt) ergänzte: "Hochwasserschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Jedes investierte Geld ist besser in die Vorsorge investiert als in die Schadensbeseitigung."

Keding verwies darüber hinaus auf das Problem der Verfügbarkeit von Flächen. Sie forderte den Bund auf, eigene Flächen als Ausgleichsflächen für den Hochwasserschutz zur Verfügung zu stellen. Auch NRW-Umweltminister Remmel betonte: "Ohne Flächen können wir nicht bauen." Daher sei ein umfangreiches Flächen- und Bodenmanagement wichtig, um Hochwasserschutzmaßnahmen umsetzen zu können.

Peter Fuhrmann vom Umweltministerium in Baden-Württemberg forderte den Verzicht auf eine Befristung des Programms. Weil die Umsetzung der Maßnahmen oft sehr lange Zeiträume erfordere, komme einer langfristigen Planungssicherheit eine große Bedeutung zu. Auch Staatsekretärin Caroline Schilde (Brandenburg) konstatierte, durch die Einjährigkeit der GAK-Mittel gebe es "große Probleme, die mehrjährigen Programme und Projekte umsetzen zu können". Professor Martin Grambow, Abteilungsleiter im Bayrischen Umweltministerium, sprach von einem Zeitfenster von zehn bis 20 Jahren für die Umsetzung der Maßnahmen. "Dafür brauchen wir eine konstante und verlässliche Hilfe."

Mehrere Vertreter der Landesregierungen kritisierten zudem, dass der Bund sich an der Beseitigung von vorhandenen Schwachstellen, also der Erhöhung und Verstärkung von Deichen, nicht beteiligen will. "Wir brauchen für die Sanierung der Deiche am Rhein allein 290 Millionen Euro", betonte Umweltminister Remmel. "Das können wir aus eigener Kraft nicht finanzieren." Matthias Löw vom hessischen Umweltministerium sagte, die Herausnahme der Schwachstellenbeseitigung aus dem Programm bereite seinem Bundesland große Probleme. "Das verzögert den Start für die Inanspruchnahme des Nationalen Hochwasserschutzprogramms mindestens bis 2017."

Einig waren sich alle Teilnehmer in ihrem Urteil, dass Investitionen in den Hochwasserschutz sinnvoll und notwendig sind. "Jede Investition hat sich gerechnet", betonte etwa Martin Grambow (Bayern). Peter Horn vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz urteilte, die Schutzmaßnahmen, die sein Land in der Vergangenheit ergriffen habe, hätten sich bewährt. So hätten sich die Schäden beim letzten Elbe-Hochwasser 2013 im Gegensatz zu 2002 in Grenzen gehalten.

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3. Anhörung zum Kleinanlegerschutz

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zum Kleinanlegerschutz beschlossen. Sie soll am Montag, den 16. März 2015, stattfinden. Außerdem beschloss das Gremium, die Gesellschaft für deutsche Sprache in die weitere Ausformulierung des Entwurfs des Kleinanlegerschutzgesetzes (18/3994) einzubeziehen. Damit soll erreicht werden, dass der Gesetzestext allgemeinverständlicher wird.

In der Debatte des Ausschusses über das Gesetz teilte die Bundesregierung mit, dass sie die Vorschläge des Bundesrates zu Gunsten von Bürgerenergiegenossenschaften für nicht mit dem Europarecht vereinbar hält. Die Länder wollen erreichen, dass diese Genossenschaften von den im Kleinanlegerschutzgesetz vorgesehenen umfangreichen Informationspflichten ausgenommen werden. Das ist nach Angaben der Regierung nicht möglich, weil das EU-Recht keine Unterschiede zwischen der Rechtsform von Kapitalanlagegesellschaften zulässt. Eine Lösungsmöglichkeit könnte darin bestehen, dass die Prospektpflichten für bestimmte Geldanlagen, zum Beispiel in erneuerbare Energieerzeugung, von Prospektpflichten ausgenommen werden. Die Linksfraktion sprach sich in diesem Zusammenhang für eine "Prospektpflicht light" aus, was allerdings der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht gefiel. Die verlangte mehr Transparenz bei Finanzprodukten.

Auch die SPD-Fraktion sprach sich für Lösungen für Genossenschaften auch im Wohnungsbau und für neue Finanzierungsmodelle wie die Schwarmfinanzierung aus. Die CDU/CSU-Fraktion lehnte den Vorschlag der Linksfraktion, eine inhaltliche Prüfung von Finanzangeboten durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vornehmen zu lassen, ab. Eine "Ampel" für Finanzangebote würde eine Sicherheit suggerieren, die die BaFin nicht leisten könne.

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4. Die Linke fordert neue Gesundheitsplanung

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Fraktion Die Linke fordert eine umfassend erneuerte Bedarfsplanung in der medizinischen Versorgung. In einem Antrag (18/4187) an den Bundestag sprechen sich die Abgeordneten dafür aus, die ambulante und stationäre Versorgung von Patienten besser aufeinander abzustimmen. Die Möglichkeiten für Krankenhäuser, ambulante Behandlungsangebote zu machen, seien weiterhin sehr eingeschränkt.

Durch die Sektorentrennung entstünden schlecht abgestimmte Versorgungsbereiche und damit Doppelstrukturen, Reibungsverluste und unnötige Kosten. Ressourcen für eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung blieben so ungenutzt. In unterversorgten Gebieten müssten Kliniken grundsätzlich ambulant behandeln dürfen, fordert Die Linke. Im Versorgungsstärkungsgesetz der Regierung würden die Krankenhäuser nur halbherzig in die ambulante Versorgung einbezogen.

An der Ungleichverteilung der niedergelassenen Ärzte habe sich durch das 2012 in Kraft getretene GKV-Versorgungsstrukturgesetz kaum etwas verbessert, heißt es in dem Antrag weiter. Nötig sei der Abbau von Arztsitzen in überdurchschnittlich versorgten Regionen. Zudem müssten sich die Arbeitsbedingungen von Landärzten deutlich verbessern. Ärzte auf dem Land seien heute immer noch vielfach Einzelkämpfer mit Dienstbereitschaft rund um die Uhr. Das entspreche nicht mehr den modernen Berufsvorstellungen und Lebensentwürfen junger Mediziner.

Die Linke fordert, die Bedarfsplanung weiterzuentwickeln und sektorenübergreifend zu organisieren, neue Modelle wie fahrende, barrierefreie Praxen und Shuttle-Services zu erproben, die Allgemeinmedizin systematisch aufzuwerten und Hausärzte besser zu bezahlen. Zudem sollten Regionalbudgets erprobt werden, bei denen anhand des Versorgungsbedarfs in einer Region finanzielle Mittel zugewiesen werden.

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5. Grüne fordern Wechsel in der Agrarpolitik

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Mit einem Sofortmaßnahmenpaket will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Richtungswechsel in der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik hin zu einer bäuerlich-ökologischen Landwirtschaft einleiten. Das fordert die Fraktion in einem Antrag (18/4191), der voraussichtlich am Freitag im Bundestag beraten wird. Ziel ist die sogenannte Agrarwende, die durch Änderungen der agrarpolitischen Rahmenbedingungen erreicht werden soll. Das betrifft unter anderem die Forderung, die Direktzahlungen der Europäischen Union an die Landwirte neu umzuverteilen. Danach sollen die Förderzahlungen auf 150.000 Euro pro Betrieb gedeckelt werden. Das Geld, das dadurch zur Verfügung steht, soll zugunsten kleiner Betriebe sowie von Agrarumwelt- und Tierschutzprogrammen umgeschichtet werden. Des Weiteren fordern die Grünen, dass Bestandsobergrenzen für Tierhaltungsanlagen im Baugesetz festgeschrieben und das Düngegesetz verschärft werden, um die Nitratbelastung des Grundwassers durch auf Feldern ausgebrachte Gülle zu reduzieren. Außerdem soll der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung reduziert werden. Das soll unter anderem durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes, des Tierschutzgesetzes und des Arzneimittelgesetzes gelingen. Eine weitere Forderung lautet, ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen (GVO) bundeseinheitlich durchzusetzen und sich auf EU-Ebene für die Kennzeichnung von mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefütterten Tieren einzusetzen. In Kindertagesstätten und in Schulen so ll zudem die Verpflegung gefördert und verbessert werden. Darüber hinaus sollen die Verbraucher mehr Informationsrechte mithilfe des Verbraucherinformationsgesetzes erhalten und von einer transparenten Kennzeichnung von Lebensmitteln im Zuge der Verhandlungen von Freihandelsabkommen profitieren. Bei allen Forderungen soll die Entwicklungspolitik nicht aus den Augen verloren werden, die die Unterstützung der regionalen örtlichen Landwirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern zum Ziel haben muss.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 117 - 4. März 2015 - 14.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2015

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