Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/5005: Heute im Bundestag Nr. 206 - 22.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 206
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2015, Redaktionsschluss: 11.55 Uhr

1. Einführung des Ersatz-Personalausweises
2. Plädoyers für Digitale Bildung


1. Einführung des Ersatz-Personalausweises

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat den Weg für die Einführung eines Ersatz-Personalausweises frei gemacht. Mit den Stimmen der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion verabschiedete das Gremium am Mittwochvormittag entsprechende Gesetzentwürfe der schwarz-roten Regierungskoalition (18/3831, 18/4280) in modifizierter Fassung. Keine Mehrheit fand ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, auf Grundlage einer Evaluierung des Gesetzes zwei Jahre nach dessen Inkrafttreten erneut über die Neuregelung zu entscheiden.

Mit der Einführung des Ersatzpersonalausweises sollen nach dem Willen der Regierungskoalition Ausreisen insbesondere von Dschihadisten effektiv verhindert werden können. In den wortgleichen Vorlagen verweist sie auf Fälle, in denen Personen "entgegen einer verfügten räumlichen Beschränkung und trotz Entzugs des Reisepasses" unmittelbar aus Deutschland oder aus anderen Schengenstaaten in Drittstaaten ausgereist sind, bei denen der Personalausweis als Reisedokument ausreicht. "Insbesondere Personen aus dem gewaltbereiten islamistisch-dschihadistischen Bereich unternehmen ihre Ausreiseversuche unter anderem über die grenzkontrollfreien Binnengrenzen, um dann den Schengenraum in Richtung eines Drittstaates (zum Beispiel Türkei) zu verlassen", heißt es in der Begründung. Von dort erfolge die Weiterreise gegebenenfalls über die sogenannte "Grüne Grenze" in Krisen- und Kriegsgebiete wie Syrien und Irak.

Wie die Regierungskoalition weiter ausführt, besteht sowohl im Inland als auch für deutsche Einrichtungen im Ausland "eine hohe abstrakte Gefährdung durch den islamisch-dschihadistischen Terrorismus", die sich "jederzeit in Form von Anschlägen unterschiedlicher Dimensionen und Intensität realisieren" könne. Ein zentrales Problem stellten Reisen radikalisierter Personen in Krisenregionen wie Syrien und Irak dar. Von Rückkehrern mit Kampferfahrung und Kontakten zu dschihadistischen Gruppen gehe dabei eine besondere Gefahr aus.

Den Vorlagen zufolge ist zur "Unterbindung der Reise der Betroffenen" eine Entziehung des Passes möglich, während eine solche Regelung in Bezug auf den Personalausweis fehlt. Künftig soll auch "die Entziehung des Personalausweises sowie die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises erfolgen können, um dadurch Reisen dieser Personen möglichst zu verhindern". Die Ausgestaltung des Ersatz-Personalausweises und der darin eingebrachte Vermerk, dass er nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt, ermöglichten es den für die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs zuständigen Behörden aller Schengenstaaten, die Ausreisebeschränkung festzustellen und entsprechende Maßnahmen zu treffen.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte im Ausschuss, man müsse die Reisebewegungen von Dschihadisten erschweren beziehungsweise unterbinden. Mit einem Personalausweis sei die Krisenregion aber problemlos zu erreichen. Daher sei das Gesetz erforderlich. Dabei handele es sich um einen wichtigen Baustein im Kampf gegen die Dschihadisten.

Die SPD-Fraktion bewertete die Neuregelung als wichtiges Instrument, um eine Ausreise von Dschihadisten zu verhindern. Dazu müsse man die Möglichkeit haben, neben dem Reisepass auch den Personalausweis zu entziehen.

Die Fraktion Die Linke kritisierte das Gesetzesvorhaben dagegen als rechtstaatlich "äußerst problematisch". Sie verwies darauf, dass der Entzug des Personalausweises, der in vielen Situationen benötigt werde, stigmatisierende Folgen haben könne.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bekräftigte, den "völlig ungeeigneten" Gesetzentwurf insgesamt kritisch zu sehen. Das Gesetz müsse zumindest evaluiert und auf zwei Jahre befristet werden.

Mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit nahm der Ausschuss einen Änderungsantrag der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion an. Damit soll unter anderem ermöglicht werden, dass die Versagung beziehungsweise Entziehung des Personalausweises im Melderegister gespeichert werden darf.

*

2. Plädoyers für Digitale Bildung

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (Fachgespräch)

Berlin: (hib/ROL) Deutschland hat in der digitalen Bildung großen Nachholbedarf. Das war der einhellige Tenor der Sachverständigen, die am Mittwochvormittag vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung über das Thema der digitalen Bildung an Schulen diskutierten. Grundlage des Fachgesprächs war der Antrag der CDU/CSU und SPD "Durch Stärkung der Digitalen Bildung Medienkompetenz fördern und digitale Spaltung überwinden" (18/4422) und die Unterrichtung der Bundesregierung zur "IT-Sicherheit - Selbstbestimmt und sicher in der digitalen Welt 2015-2010" (18/4304).

Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn, betonte, dass es bei der digitalen Bildung nicht nur um die Bereitstellung der technischen Infrastruktur an Schulen gehe, sondern vor allem um die Erstellung von Curricula. Sie sollten Schulentwicklungsmaßnahmen beinhalten, die die Kompetenz der Lehrer erhöhen. Immer wieder wurde in dem Fachgespräch betont, dass viele Lehrer den elektronischen Medien an sich nach wie vor kritisch gegenüber stünden. Deshalb betonte Eickelmann: "Es geht nicht um Quantität sondern um Qualität."

Richard Heinen von der Universität Duisburg Essen, Fachbereich Bildungswissenschaft, hob hervor, dass sich die Bedeutung von Wissen verändert habe. Ziel sei nicht mehr, einen vorgegebenen Wissenskanon zu beherrschen, sondern zu lernen, Wissen im Bedarfsfall verfügbar zu haben und es dann im jeweiligen Kontext nutzbar zu machen. Digitale Medien könnten dabei unterstützen. Grundsätzlich gehe es aber auch darum, das Verständnis von schulischen Lernen zu überdenken und Schulen auf aktuelle gesellschaftliche Anforderungen auszurichten. Außerdem forderte er, gesetzliche Grundlagen für sicheren und offenen Internetzugang zu schaffen, die Nutzung privater Geräte grundsätzlich zu ermöglichen und IT-Personal für Schulen aufzubauen.

Wie auch Richard Heinen setzte sich auch Uwe Lübking, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, für den flächendeckenden Ausbau von Breitband an den Schulen ein. Lübking kritisierte zudem, dass es den Ländern bei der digitalen Bildung an Bildungsplänen fehle. Da müsste dringend nachgebessert werden.

Professor Jörg Müller-Lietzkow machte auf den grundsätzlichen Bund-Länder-Konflikt aufmerksam, der sich anbahnen könnte, wenn der Bund sich nun vermehrt der digitalen Bildung in den Schulen annehme. Der Bereich Schule sei nun mal Ländersache. Grundsätzlich begrüßte Lietzkow - wie alle Sachverständigen - im Grundsatz den vorgelegten Antrag der Koalition und das wachsende Augenmerk der Politik auf dieses Thema.

Daniel Seitz, Geschäftsführender Gesellschafter mediale pfade.de - Agentur für Medienbildung, merkte an, dass man bei dem Thema digitale Bildung nicht das Thema Bildungsgerechtigkeit vergessen dürfe. Die Medienkompetenz der Schüler müsse gefördert werden und die zunehmende digitale Spaltung überwunden werden. Es ginge immer darum, einen selbstbestimmten und souveränen Umgang mit Medien zu fördern, und nicht nur mit den Medien sondern auch über sie zu lernen.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 206 - 22. April 2015 - 11.55 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang