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BUNDESTAG/5117: Heute im Bundestag Nr. 318 - 17.06.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 318
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Juni 2015, Redaktionsschluss: 16.40 Uhr

1. Positive Resonanz auf Opferrechtsreform
2. Rechtsstellung des Syndikusanwalts
3. Linke fordert bessere Hospizversorgung
4. Nutzung von Techniken zur Verschlüsselung


1. Positive Resonanz auf Opferrechtsreform

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/SCR) Der Entwurf des 3. Opferrechtsreformgesetzes der Bundesregierung (18/4621) ist bei einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz auf ein überwiegend positives Echo gestoßen. Insbesondere die geplante Einführung einer psychosozialen Begleitung von Opfern traf am Mittwochnachmittag auf generelle Zustimmung der sieben geladenen Sachverständigen. Bei der psychosozialen Begleitung handelt es sich um ein Angebot, bei dem Opfer in einem Strafverfahren unter anderem über Abläufe des Verfahrens informiert und während der Verhandlungen betreut werden.

Christina Clemm, Rechtsanwältin aus Berlin, betonte, dass aus ihrer Sicht als Nebenklagevertreterin eine Stärkung der Opferrechte im Strafprozess wichtig und deswegen auch eine psychosoziale Begleitung im Strafprozess notwendig sei. Allerdings sei aus ihrer Perspektive als Strafverteidigerin auch darauf zu achten, dass eine Stärkung der Opferrechte nicht zu Lasten der Beschuldigtenrechte im Strafprozess führe.

Friesa Fastie aus Berlin betonte, dass bei der Einführung der psychosozialen Begleitung darauf geachtet werden müsse, die Aufgaben eben jener klar zu definieren. Es handele sich nicht um eine Rechtsberatung oder Therapie. So dürfte der Begleiter mit dem Opfer nicht über den eigentlichen Sachverhalt sprechen, um eine Beeinflussung auszuschließen. Dazu müssten eine ausreichende berufliche Qualifikation verlangt und idealerweise bundeseinheitliche Standards etabliert werden, auch wenn eigentlich die Länder dafür zuständig seien.

Auch Rita Haverkamp, Rechtswissenschaftlerin von der Eberhard Karls Universität Tübingen, sprach sich für eine klare Definition der Aufgaben aus. Die Begleitung als solches sei ein "wichtiger Baustein zur Verbesserung des Opferschutzes".

Für eine explizite Nennung von Mindeststandards für die psychosoziale Begleitung im Gesetzestext sprach sich Holger-C. Rohne im Namen des Deutschen Anwaltsvereins aus. Rohne betonte ebenfalls die Notwendigkeit, die Begleitung klar von der rechtlichen Beratung abzugrenzen.

Oberstaatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt von der Staatsanwaltschaft Flensburg berichtete von den positiven Erfahrungen mit der psychosozialen Begleitung, die sie in Schleswig-Holstein mit entwickelt habe. Sie regte Nachbesserungen im Gesetzestext an, um klarzustellen, dass es nicht Aufgabe der Begleitung sei, die Aussagefähigkeit eines Opfers herzustellen, sondern dafür zu sorgen, dass der Zeuge ohne "Schaden", etwa eine Retraumatisierung, durch den Prozess kommt. Ein begleiteter Zeuge sei allerdings in der Regel auch ein "besserer Zeuge", sagte Stahlmann-Liebelt. Die Begleitung müsse aber transparent erfolgen.

Olaf Witt, Richter am Landgericht Stralsund, konnte ebenfalls auf positive Erfahrungen mit der psychosozialen Begleitung in Mecklenburg-Vorpommern verweisen. Die Zeugen würden nach einer harten Befragung von den Begleitern "aufgefangen". Es sei aber nicht Ziel der Begleitung, die Zeugen für eine Aussage zu coachen. Eine Einschränkung von Beschuldigtenrechten sei nicht zu befürchten.

Roswitha Müller-Piepenkötter, Bundesvorsitzende der Opferschutzorganisation Weißer Ring, mahnte Nachbesserungen im Bereich des Täter-Opfer-Ausgleiches an. Hier sei die grundlegende Richtlinie der Europäischen Union noch nicht umgesetzt worden. Sie sprach sich zudem dafür aus, dass es bei der psychosozialen Begleitung eine freie Wahl durch das Opfer selbst und nicht durch einen Richter geben sollte.

Viele der Sachverständigen mahnten zudem an, dass die bisherige Opferrechtsgesetzgebung evaluiert werden müssen, um Erkenntnisse über Wirkung und Nützlichkeit zu erlangen. Auch eine mögliche kostenlose rechtliche Beratung, bevor ein Opfer eine Anzeige bei der Polizei aufgibt, stieß überwiegend auf ein positives Echo.

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2. Rechtsstellung des Syndikusanwalts

Recht/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HAU) Die Bundesregierung will die Rechtsstellung des Syndikusanwalts gesetzlich regeln. Das sieht ein Gesetzentwurf (18/5201) vor, der am Freitag in erster Lesung durch den Bundestag beraten wird. Syndikusanwälte - also Anwälte, die einem "nichtanwaltlichen" Arbeitgeber, wie etwa einem Unternehmen, einem Verband oder einer berufsständischen Körperschaft im Rahmen eines dauerhaften Beschäftigungsverhältnisses zur Verfügung stehen - sollen der Vorlage nach statusrechtlich einem Rechtsanwalt gleichgestellt werden. Gleichzeitig sieht der Entwurf jedoch auch Einschränkungen vor. So soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung die Tätigkeit der Syndikusanwälte grundsätzlich auf die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränkt sein.

Außerdem soll für Syndikusanwälte ein Vertretungsverbot für den Arbeitgeber in Fällen des zivil- und arbeitsrechtlichen Anwaltszwangs sowie ein weiteres Vertretungsverbot in Straf- und Bußgeldverfahren gelten. Ebenfalls ausgeschlossen sein sollen sie vom strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrecht und dem Beschlagnahmeverbot. Damit, so erläutert die Bundesregierung, solle zum einen ermöglicht werden, dass Syndikusanwälte wie bisher- unter bestimmten Voraussetzungen auch rückwirkend - von der Rentenversicherungspflicht befreit werden und in den anwaltlichen Versorgungssystemen verbleiben können. Zudem würden so bestehende Rechtsunsicherheiten, etwa in der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit praktischer Erfahrungen aus der Syndikustätigkeit bei der Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung beseitigt.

Eine gesetzliche Klarstellung sei nötig geworden, schreibt die Bundesregierung in der Begründung, da der Syndikusanwalt berufsrechtlich keinen festen Status habe. Problematisch sei die Situation auch durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 geworden, in der das Gericht festgelegt habe, dass für Syndikusanwälte eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten einer Versorgung in den berufsständischen Versorgungswerken nicht möglich sei. Für die geschätzt 40.000 betroffenen Syndikusanwälte habe diese Entscheidung Folgen für die Alterssicherung gehabt, schreibt die Regierung.

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3. Linke fordert bessere Hospizversorgung

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Hospizversorgung in Deutschland muss nach Ansicht der Fraktion Die Linke grundlegend verbessert werden. In einem Antrag (18/5202) an den Bundestag heißt es, ein würdevolles Sterben sei hierzulande nicht überall möglich. Es fehle an einer "gesamtgesellschaftlichen und flächendeckenden Hospizkultur" wie auch an palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Angeboten.

Mehr als 90 Prozent der Sterbenden erlebten einen längeren Zeitraum "als multimorbide, chronisch Kranke oder hochbetagte Pflegebedürftige". In dieser unsicheren Lebensphase entstünden Angst vor Einsamkeit, Abhängigkeit und Fremdbestimmung. Zudem sei die Befürchtung groß, unerträgliche Schmerzen unbehandelt ertragen zu müssen, heißt es in dem Antrag weiter.

Die Abgeordneten fordern, den Rechtsanspruch auf allgemeine Palliativversorgung gesetzlich so auszugestalten, das jeder Bürger diesen unabhängig von der Art der Erkrankung, Behinderung, vom Lebensort, der Wohnform sowie der Versicherungsart in Anspruch nehmen kann. Zudem müsse der flächendeckende, barrierefreie Ausbau von Hospizangeboten insbesondere im ländlichen Raum sowie im ambulanten Bereich gefördert werden. Die Qualität der Palliativversorgung und Sterbebegleitung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen müsse verbessert werden. Gemeinsam mit Gesundheitsexperten, Wissenschaftlern und Betroffenen sollte zudem eine nationale Palliativstrategie erarbeitet werden.

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4. Nutzung von Techniken zur Verschlüsselung

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Nutzung von Verschlüsselungstechniken durch Terroristen und Kriminelle ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/5144) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5013). Wie die Bundesregierung darin ausführt, ist in vielen Phänomen- und Kriminalitätsbereichen wie beispielsweise im islamistischen Terrorismus das Streben nach einer abgeschirmten Übermittlung von Informationen prägendes Wesensmerkmal im Kommunikationsverhalten. Eine besondere Bedeutung werde von den handelnden Akteuren hierbei der Verschlüsselung der Kommunikationsinhalte sowie der Verschleierung ihrer Identität zugemessen. Ziel sei es jeweils, die staatlichen Aufklärungs- und Bekämpfungsmaßnahmen ins Leere laufen zu lassen. Dies stelle für Sicherheitsbehörden eine Herausforderung dar. Ermittlungsverfahren würden dadurch erschwert, wenn nicht sogar verhindert.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 318 - 17. Juni 2015 - 16.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2015

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