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BUNDESTAG/5699: Heute im Bundestag Nr. 213 - 14.04.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 213
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 14. April 2016, Redaktionsschluss: 15.21 Uhr

1. Keine Massenüberwachung durch Verfassungsschutz
2. Bundestag soll Vetorecht erhalten
3. Linke: Regionalisierungsmittel erhöhen
4. Bundesverkehrswegeplan zurückziehen
5. Regierung soll Bundesnetzplan vorlegen


1. Keine Massenüberwachung durch Verfassungsschutz

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin (hib/wid) - Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nutzt die Spionagesoftware XKeyscore nach Angaben des zuständigen Referatsgruppenleiters ausschließlich zur Auswertung individueller Ermittlungsergebnisse. "Von einer anlasslosen und flächendeckenden Massenüberwachung kann für den Verfassungsschutz keine Rede sein", betonte der Zeuge André Treuenfels am Donnerstag vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Der heute 47-jährige Jurist ist seit 1999 bei der Kölner Behörde tätig. Seit 2012 leitet er eine Referatsgruppe in der für Abhörmaßnahmen zuständigen Abteilung 3.

XKeyscore ist eine hoch leistungsfähige Software zur Verknüpfung und Analyse erfasster Telekommunikationsdaten. Beim Bundesnachrichtendienst (BND) ist das von der amerikanischen National Security Agency (NSA) entwickelte System seit 2007 im Einsatz. Treuenfels berichtete dem Ausschuss, wie er zusammen mit anderen ranghohen Verfassungsschützern im Herbst 2011 der von BND und NSA gemeinsam betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling einen Besuch abstattete, um sich das System dort vorführen zu lassen. Er habe dann im Laufe des Jahres 2012 an mehreren Besprechungen mit NSA-Vertretern teilgenommen, um die Bedingungen zu erörtern, unter denen die Amerikaner bereit waren, dem Verfassungsschutz XKeyscore zu überlassen. Seit Herbst 2012 habe eine "Arbeitsgruppe Poseidon" die Einführung des Systems vorbereitet.

Treuenfels bestätigte die Angaben anderer Zeugen, dass seine Behörde lediglich die Analysefunktion des Systems nutze, das auf einem nach außen vollständig abgeschotteten Computer in Berlin installiert sei und nach wie vor auf Probe laufe. Das Rohmaterial werde von der Abhöranlage "Perseus" in Köln erfasst. Dort speisten die zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden gesetzlich verpflichteten Telekom-Anbieter die Daten jener Zielpersonen ein, für die der Verfassungsschutz in einem aufwendigen Verfahren eine Abhörgenehmigung erwirkt habe. Allerdings sei "Perseus" der "unglaublich dynamischen" technischen Entwicklung auf dem Telekom-Sektor nur bedingt gewachsen. Um mit jeder Neuerung Schritt halten zu können, müsste das System ständig nachgerüstet werden. Das wäre teuer und mühevoll, sagte Treuenfels.

Hier biete XKeyscore eine Lösung: "Es versetzt den Verfassungsschutz in die Lage, die eigenen technischen und analytischen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und bislang nicht auswertbare Telekommunikationsdaten auswerten und nutzen zu können." Aus eigener Kraft ein solches System zu entwickeln, hätte personelle, fachliche und finanzielle Ressourcen erfordert, über die der Verfassungsschutz nicht ohne weiteres verfüge. Das Angebot der NSA sei daher willkommen gewesen. Diese habe ihrerseits ein nachvollziehbares Motiv, deutsche Sicherheitsbehörden in die Lage zu versetzen, terroristische Aktivitäten, die sich schließlich auch gegen US-Ziele richten könnten, effizienter vorbeugend aufzuklären: "Amerikanische Sicherheitsinteressen sind überall betroffen", sagte Treuenfels. "Ich glaube, dass die Amerikaner überhaupt ein Interesse haben, auch Verbündete zu ertüchtigen." In den Gesprächen mit der NSA habe die deutsche Seite "nochmals deutlicher gemacht, dass deutsche Gesetze einzuhalten sind", fügte der Zeuge hinzu.

Der Verfassungsschutz betreibe prinzipiell keine Massenüberwachung, sondern Aufklärung in streng definierten und kontrollierten Einzelfällen, betonte Treuenfels. Dies ergebe sich schon aus den Zahlen: In der zweiten Jahreshälfte 2014 seien lediglich 345 Haupt- und 308 Nebenbetroffene überwacht worden.

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2. Bundestag soll Vetorecht erhalten

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Der Deutsche Bundestag soll ein Veto gegen die sogenannte Ministererlaubnis bei Unternehmensfusionen erhalten. Diese Forderung erhebt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/8078), in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Außerdem soll der Wirtschaftsminister die Ministererlaubnis, mit der ein gegensätzliches Votum des Bundeskartellamtes aufgehoben wird, detailliert begründen müssen.

In der Begründung ihres Antrages bezeichnet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Ministererlaubnis als "Fremdkörper in der wettbewerbsrechtlichen Konzeption" des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. In ihrer Ausgestaltung sei die Ministererlaubnis intransparent und missbrauchsanfällig. Dem Minister werde es ermöglicht, die Fusion zweier Unternehmen zu genehmigen, die vom Bundeskartellamt untersagt worden sei. Dabei habe der Minister großen Spielraum und könne die Erlaubnis auch im Alleingang erteilen. Das mache das Instrument "anfällig für die Durchsetzung von Klientelinteressen oder bestimmter Vorstellungen von Industriepolitik". Das aktuelle Ministererlaubnisverfahren zum Zusammenschluss von Edeka und Kaiser's Tengelmann offenbare die Schwächen des Verfahrens. So habe der Minister zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens seine Entscheidung erläutert, kritisieren die Abgeordneten.

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3. Linke: Regionalisierungsmittel erhöhen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (18/8074) eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Deshalb soll die Bundesregierung "umgehend" einen Gesetzentwurf zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes vorlegen, mit dem die Mittel rückwirkend zum 1. Januar 2016 um 500 Millionen Euro auf 8,5 Milliarden Euro erhöht werden und die jährliche Steigerungsrate auf zwei Prozent festgelegt wird. Damit soll vor allem eine Benachteiligung Ostdeutschlands und drohende Streckenstilllegungen verhindert werden.

Die Entwicklung des SPNV seit der Bahnreform sei überwiegend eine Erfolgsgeschichte, schreibt die Fraktion in der Begründung. Diese werde bedroht durch den ungelösten Streit zwischen Bund und Ländern über die Fortgeltung des Regionalisierungsgesetzes, aus dem die Länder den SPNV finanzieren. Deshalb würden bereits Streckenstilllegungen drohen.

Die Bundesländer hätten anhand eines Gutachtens nachgewiesen, dass die bisherige Finanzmittelausstattung von zuletzt knapp 7,3 Milliarden Euro im Jahr 2014 mit einer bis dahin jährlichen Steigerung von nur 1,5 Prozent bei weitem nicht mehr ausreichend sei. Deshalb sei eine Anhebung auf 8,5 Milliarden Euro pro Jahr und ab 2016 eine jährliche Steigerung um zwei Prozent pro Jahr erforderlich, heißt es in dem Antrag, der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird.

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4. Bundesverkehrswegeplan zurückziehen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung soll den Bundesverkehrswegeplan 2030 zurückziehen. Dies fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/8075), der am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten wird.

Stattdessen soll die Bundesregierung einen Entwurf für einen alternativen Bundesmobilitätsplan erarbeiten. Dieser müsse die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele der Bundesrepublik zur Grundlage haben und die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung durch einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs befriedigen.

Als übergeordnete Zielsetzung solle ein Ende des Verkehrswachstums und die deutliche Verkehrsverlagerung von der Straße und aus der Luft auf die Schiene und auf die Wasserstraßen gelten, heißt es in dem Antrag.

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5. Regierung soll Bundesnetzplan vorlegen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Der Bundesverkehrswegeplan soll zum Bundesnetzplan weiter entwickelt werden. Dies fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/8083).

Deshalb soll die Bundesregierung die "erheblichen Zweifel" an der Plausibilität und Vergleichbarkeit des Nutzen-Kosten-Verhältnisses als zentralem Bewertungskriterium ernst nehmen und Straßenneubau- und Ausbauprojekte erneut überprüfen und bis zum Beschluss eines zum Bundesnetzplan weiterentwickelten Bundesverkehrswegeplans keine weiteren Neubauprojekte beginnen, um den Handlungsspielraum nicht weiter einzuschränken.

Weiter soll die Regierung im Grundsatz "Erhalt vor Neubau" konsequent durchsetzen, indem die einzusetzenden Mittel für den Erhalt eng am Vermögensverlust der Verkehrswege orientiert werden sowie bei einer Neubewertung der Schienenvorhaben ein zusätzliches "Deutschland-Takt-Kriterium" einführen.

Die Fraktion fordert unter anderem weiter, eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, wenn sich im Laufe des Aufstellungsprozesses Planänderungen ergeben sollten, die zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen nach sich ziehen könnten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 213 - 14. April 2016 - 15.21 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2016

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