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BUNDESTAG/5769: Heute im Bundestag Nr. 283 - 12.05.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 283
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 12. Mai 2016, Redaktionsschluss: 16.01 Uhr

1. Snowden-Affäre überraschte Verfassungsschutz
2. Linke will direktdemokratische Elemente
3. Analyse der Heilmittelerbringer-Branche
4. Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe
5. Neun Liegenschaften im Saarland verkauft
6. Rechtsextreme Veranstaltungen


1. Snowden-Affäre überraschte Verfassungsschutz

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin (hib/wid) Das Bundesamt für Verfassungsschutz war nach den Worten eines zuständigen Mitarbeiters von den Enthüllungen des US-Geheimdienstdissidenten Edward Snowden nicht weniger überrascht als die deutsche Öffentlichkeit. Ein großes Problem sei gewesen, dass seine Behörde die Mitteilungen Snowdens über amerikanische Spionage-Umtriebe in Deutschland nur "sehr häppchenweise im Zwei-Wochen-Rhythmus" der Presse habe entnehmen können: "Zu unserem Leidwesen waren wir nicht in der Lage, die Dinge auf Authentizität zu überprüfen", sagte der Zeuge Frank Wingerath am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Der heute 53-jährige Soziologe ist seit 1999 beim Verfassungsschutz in Köln tätig und seit November 2010 Referatsgruppenleiter in der für Spionageabwehr zuständigen Abteilung 4.

Sofort nach Bekanntwerden der ersten Snowden-Enthüllungen im Sommer 2013 habe seine Behörde eine 19-köpfige "Sonderauswertungsgruppe" gebildet, um den Vorwürfen nachzugehen. Leiter der Gruppe sei er selbst gewesen, sagte Wingerath. Von einem Tag auf den anderen seien damals mindestens 20 "umfangreiche" Anfragen "aus dem parlamentarischen Raum" über den Verfassungsschutz hereingebrochen. Der Druck sei enorm gewesen, "zeitnah" und "umfassend" Klarheit zu schaffen: "Unser Informationsstand war aber sehr gering." Auch Versuche, Unterstützung von außen zu gewinnen, seien erfolglos geblieben.

So habe Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen im Herbst 2013 die US-Seite gebeten, Spezialisten des Bundesamtes aufs Dach der amerikanischen Botschaft in Berlin zu lassen, um den Verdacht auszuräumen, dass von dort aus das Kanzleramt abgehört wurde: "Das wurde abgelehnt." Im Januar 2014 sei Maaßen dann an das Nachrichtenmagazin "Spiegel" mit dem Ersuchen herangetreten, dem Verfassungsschutz die Snowden-Dokumente zur Einsichtnahme zu überlassen. Auch dieser Wunsch blieb unerfüllt: "Unser großes Problem war, dass uns die Dokumente selber nicht vorlagen, und wir ausschnitthaft wahrnehmen mussten, was meistens im 'Spiegel' stand."

Die Sonderauswertungsgruppe, die ihre Tätigkeit im Frühjahr 2015 mit einem Abschlussbericht beendete, war nach Wingeraths Worten in fünf Arbeitsbereiche gegliedert. Die Sektion "Berichtswesen" habe sich mit der Beantwortung der parlamentarischen Anfragen befasst, eine weitere die Vorwürfe Snowdens auf ihre technische Plausibilität hin betrachtet. Es habe Arbeitsbereiche für Rechtsfragen gegeben, für die Behandlung internationaler Kooperationen insbesondere mit den USA und für "spezielle Fragestellungen im Bereich der Spionageabwehr". Über den Inhalt des als geheim eingestuften Abschlussberichts mochte sich der Zeuge in öffentlicher Sitzung nicht äußern, zumal der Bericht erst nach Ende des bis März 2014 befristeten Untersuchungszeitraums angefertigt wurde und sich damit der Kompetenz des Ausschusses entzieht. Wingerath vermittelte, das die "Sonderauswertung" ohne substanzielles Ergebnis blieb.

"Es haben sich keine Beweise im eigentlichen Sinne ergeben", formulierte Wingerath. Namentlich habe der Verfassungsschutz keine eigenen konkreten Erkenntnisse darüber, dass westliche Geheimdienste deutsche Behörden oder andere Ziele in der Bundesrepublik mit Mitteln der "technischen Aufklärung" ausgespäht hätten. Auch Beobachtungsflüge mit Hubschraubern über ausländischen Botschaften, die der Verfassungsschutz etwa seit 2000 routinemäßig unternimmt, hätten nichts Einschlägiges erbracht: "Man sollte sich von solchen Überflügen nicht zu viel versprechen."

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2. Linke will direktdemokratische Elemente

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke will die parlamentarische Demokratie auf Bundesebene um "direktdemokratische Elemente" erweitern. "Die in allen Bundesländern vorhandene Möglichkeit, mittels Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheidungen auf die Politik Einfluss zu nehmen, ergänzt die parlamentarische Demokratie und sollte auch auf die Bundesebene übertragen werden", heißt es in einem Antrag der Fraktion (18/8419).

Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, "Initiativen zu mehr Demokratie für alle vorzulegen und mittels eines Gesetzentwurfes für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide, auch im Hinblick auf die Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge, rechtlich abzusichern". Der Bundestag soll sich dem Antrag zufolge verpflichten, "in Anlehnung an die europäische Bürgerinitiative einen Vorschlag für ein direktdemokratisches Verfahren der politischen Teilhabe zu entwickeln".

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3. Analyse der Heilmittelerbringer-Branche

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Branche der Heilmittelerbringer muss nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen genauer analysiert werden. Eine solide Datenbasis sei nötig für mehr Transparenz in dem Berufsfeld, eine bessere Versorgungsplanung sowie zur Schaffung eines auskömmlichen Vergütungssystems, heißt es in einem Antrag (18/8399) der Grünen.

Heilmittelerbringer werden nach Ansicht der Abgeordneten angesichts der wachsenden Volkskrankheiten wie Diabetes, Rückenleiden oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Gleichwohl sei die Datenlage zur Versorgung durch Heilmittelerbringer alles andere als ausreichend.

Die Grünen fordern nun konkret eine umfassende, detaillierte Branchenstudie sowie eine Arbeitsgruppe, die sich unter anderem mit Ausbildungsstandards, der Qualitätssicherung, Versorgungsaspekten und Vergütungen befasst.

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4. Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe

Finanzen/Große Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe steht im Mittelpunkt einer Großen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8331). Darin geht es um mögliche Gefährdungen des gleichberechtigten Einflusses aller Staatsbürger auf die politische Willensbildung und um weitere Punkte des Gemeinnützigkeits- und Vereinsrechts. So richten sich zahlreiche Fragen nach der Begünstigung politischer Zwecke im Steuerrecht. So soll die Bundesregierung darlegen, warum Stiftungen und Vereine, die sich für Befreiung der Unternehmen von der Erbschaftssteuer und für eine geringere Steuerbelastung insgesamt einsetzen, zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen berechtigt sind. Außerdem soll die Regierung angeben, ob sie den Einsatz für den Schutz von Lebenspartnerschaften als weniger förderungswürdig ansieht als den Schutz von Ehen.

In der Vorbemerkung zur Großen Anfrage erläutern die Abgeordneten, sie wollten insbesondere die Haltung der Bundesregierung erfragen, ob der vorhandene Zweckkatalog in der Abgabenordnung noch zeitgemäß sei. So müssten sich etwa Einrichtungen, die sich für die Rechte von Homo-, Bi-, Trans- und Intersexuellen und gegen ihre Diskriminierung einsetzen würden, andere in der Abgabenordnung gelistete Zwecke zu Eigen machen, da dort kein passender Zweck zu finden sei. Als anerkannten Zweck gebe es in der Abgabenordnung nur den "Schutz von Ehe und Familie" und "Gleichberechtigung von Männern und Frauen", wird kritisiert und festgestellt: "In der Praxis führt das dazu, dass es zu einer Unsicherheit bei Vereinen kommt, die sich für die Rechte Homo-, Bi-, Trans- und Intersexueller einsetzen. Auch Organisationen, die Frieden oder Menschenrechte fördern möchten, haben Schwierigkeiten, diese legitimen Zwecke dem Katalog in der Abgabenordnung zuzuordnen."

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5. Neun Liegenschaften im Saarland verkauft

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat von 2014 bis zum ersten Quartal dieses Jahres im Saarland neun Liegenschaften veräußert. Es seien keine Gewerbeimmobilien an Privatpersonen verkauft worden, berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/8316) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8157). Bis 2020 sei nach derzeitigem Planungsstand der Verkauf von 19 Gewerbeliegenschaften im Saarland vorgesehen.

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6. Rechtsextreme Veranstaltungen

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im ersten Quartal dieses Jahres ist es bundesweit zu 117 Veranstaltungen von Rechtsextremisten mit überregionaler Teilnehmermobilisierung gekommen, die der Bundesregierung bekannt geworden sind. Dies geht aus einer Antwort der Regierung (18/8368) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8196) hervor. Die angegebenen Teilnehmerzahlen schwanken zwischen 20 und 680.

Weiterhin registrierten die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder den Angaben zufolge im genannten Zeitraum 78 Kundgebungen "gegen eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands, bei denen eine überwiegend rechtsextremistische Einflussnahme beziehungsweise Steuerung erkennbar war". Hier bewegten sich die Teilnehmerzahlen laut Vorlage zwischen 37 und 1.700.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 283 - 12. Mai 2016 - 16.01 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2016

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