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BUNDESTAG/5821: Heute im Bundestag Nr. 335 - 06.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 335
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 06. Juni 2016, Redaktionsschluss: 15.38 Uhr

1. Aggression als Tatbestand des Völkerrechts
2. Regierung offen für Nein heißt Nein
3. Integrative Umweltpolitik gefordert


1. Aggression als Tatbestand des Völkerrechts

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PST) Eine internationale Einigung auf einen neuen völkerrechtlichen Straftatbestand der Aggression soll in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu dient ein Gesetzentwurf (18/8621), den die Bundesregierung an den Bundestag weitergeleitet hat. Wie sie darin schreibt, sei es den Vertragsstaaten des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs auf der Überprüfungskonferenz in Kampala gelungen, sich auf eine Definition des Tatbestands der Aggression zu einigen. Dies stelle "einen historischen Durchbruch auf dem Weg zur Ausübung der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs über das Verbrechen der Aggression gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BGBl. 2000 II S. 1393, 1394) dar".

Deutschland habe die Änderungen von Kampala als einer der ersten Vertragsstaaten ratifiziert, schreibt die Bundesregierung weiter. Mit der angestrebten Gesetzesänderung wolle man nun dem Grundsatz der Komplementarität nach dem Römischen Statut gerecht werden. Dieser besagt, dass die einzelnen Staaten völkerrechtliche Verbrechen zu verfolgen haben. Nur wenn ein Staat diese Aufgabe nicht ernsthaft wahrnimmt, kann der Internationale Strafgerichtshof tätig werden.

Deshalb soll in das deutsche Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) ein neuer Straftatbestand der Aggression eingefügt werden, der die bisherigen Paragrafen 80 (Vorbereitung eines Angriffskrieges) und 80a (Aufstacheln zum Angriffskrieg) des Strafgesetzbuches (StGB) ersetzen soll. "Die Formulierung des Tatbestands und der Bedingungen für dessen Verfolgung", schreibt die Bundesregierung, "sollen in enger Anlehnung an die Beschlüsse von Kampala und das zugrundeliegende Völkergewohnheitsrecht erfolgen".

Dazu soll ins VStGB ein neuer Abschnitt 3 "Verbrechen der Aggression" eingefügt werden, in dem es heißt: "Wer einen Angriffskrieg führt oder eine sonstige Angriffshandlung begeht, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft." Mit Strafe bedroht wird auch die Planung, Vorbereitung und Einleitung eines Angriffskrieges.

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2. Regierung offen für Nein heißt Nein

Recht und Verbraucherschutz/Unterrichtung

Berlin: (hib/PST) Die Bundesregierung hat den Bundestag über die Stellungnahme des Bundesrates zu seinem Gesetzentwurf zur Reform des Sexualstrafrechts (18/8210) in Kenntnis gesetzt. Darin übt die Länderkammer deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf. Er stelle zwar "einen begrüßenswerten ersten Schritt in die richtige Richtung" dar, gehe aber "nicht weit genug". Nach wie vor reiche ein klar formuliertes Nein nicht aus, um einen sexuellen Übergriff strafbar zu machen.

In ihrer Gegenäußerung (18/8626) sichert die Bundesregierung zu, "sämtliche vom Bundesrat geäußerten Bitten im weiteren Verfahren sorgfältig prüfen" und gegebenenfalls Änderungsvorschläge vorlegen zu wollen. Die Bundesregierung sei "auch für die vom Bundesrat vorgeschlagene Nichteinverständnislösung offen", also die sogenannte Nein-heißt-Nein-Lösung.

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3. Integrative Umweltpolitik gefordert

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Unterrichtung

Berlin: (hib/SCR) Deutschland soll nach Ansicht des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) eine Vorreiterrolle bei der "ökologischen Transformation" der Industriegesellschaft übernehmen. Dies geht aus dem Umweltgutachten 2016 hervor, über das die Bundesregierung den Bundestag unterrichtet (18/8500). Umweltpolitik müsse künftig "integrativ" ausgestaltet werden, da die "ökologischen Handlungsnotwendigkeiten" auf nationaler und europäischer Ebene so groß seien, "dass sie mit den bisherigen Ansätzen eines nachsorgenden oder selbst eines technisch-vorsorgenden Umweltschutzes allein nicht mehr bewältigt werden können", fordert der SRU in dem Gutachten. Dabei müssten Zielkonflikte zwischen umweltpolitischen Ansprüchen auf der einen und wirtschaftspolitischen, etwa die Wettbewerbsfähigkeit, sowie sozialpolitischen Erwägungen, etwa in Hinblick auf Energiekosten, entschärft werden.

Mit dem Gutachten wolle der SRU "Impulse für umweltorientierte Reform- und Gestaltungsansätze" bei sechs ausgewählten Schwerpunktthemen setzen. Zu den Themen gehören neben der "Vorreiterpolitik für eine ökologische Transformation" die Komplexe Klimaschutz-Wettbewerbsfähigkeit, "Umwelt- und Sozialpolitik im Kontext der Energiewende", "Flächenverbrauch und demografischer Wandel", Wildnis-Ausbau sowie Schutz der Biodiversität vor Pestiziden.

Ziel der vom SRU vorgeschlagenen Transformationspolitik müsse es sein, die "Ressourcennutzung, Emissionen und Abfälle auf ein deutlich niedrigeres Niveau zu senken". Transformation beinhalte "technischen, gesellschaftlichen und institutionellen Wandel und ziele auf grundlegende, systemische Innovation über längere Zeiträume". Transformationen seien weder "unmittelbare planbare" noch "kurzfristig erreichbare Entwicklungen". Es brauche deshalb eine "langfristige Orientierung aller Akteure durch die Formulierung weitreichender und konkreter umweltpolitischer Ziele". Nach Auffassung des SRU soll Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen, da es unter anderem durch ein "starkes Innovationssystem" und eine "im Grundsatz" große Unterstützung in der Gesellschaft für eine aktive Umweltpolitik "exzellente Voraussetzungen" dafür habe. Zudem stehe die Bundesrepublik aufgrund ihrer "internationalen Verflechtung" in der Verantwortung. So zeigten neue Indikatoren, "dass Deutschland unter Berücksichtigung des internationalen Handels erheblich auf natürliche Ressourcen anderer Länder zurückgreift".

Positiv hebt der SRU das Engagement der Bundesrepublik bei der Umstellung auf erneuerbare Energien hervor. In diesem Handlungsfeld nehme das Land bereits eine "Vorreiterrolle" ein. Für die Agrarpolitik finden die Sachverständigen weniger lobende Worte. Es fehle ein "breiter Konsens für eine umweltgerechte und zukunftsfähige Landwirtschaft". Die Bundesrepublik habe "eher auf eine Abschwächung der ökologischen Reformbemühungen der Europäischen Kommission hingewirkt". Auch seien "nationale Spielräume" bei der Umsetzung von Vorgaben ungenutzt gelassen worden, heißt es in dem Gutachten.

In Hinblick auf das Zusammenwirken von umwelt- und sozialpolitischen Ansprüchen greift das Gutachten die gestiegenen Energiepreise im Zuge der Energiewende auf. Diese seien als "Steuerungsinstrument für einen insgesamt sinkenden Energieverbrauch wichtig". Allerdings würden damit einkommensschwache Haushalte überproportional belastet. Diese Auswirkungen sollten aber "nicht zur Argumentation gegen Maßnahmen zur Fortsetzung der Energiewende genutzt werden". Der SRU sieht vielmehr vor allem sozialpolitischen Handlungsbedarf. Haushalte, auch jene außerhalb klassischer Transferleistungssysteme, müssten bei der Anpassung an die steigenden Preise unterstützt werden. Denkbar seien beispielsweise "informatorische und verhaltensorientierte Maßnahmen", etwa kostenlose Energieberatungen. Auch der Austausch ineffizienter Haushaltsgeräte soll nach Ansicht der Sachverständigen dauerhaft durch die öffentliche Hand gefördert werden. Mietsteigerungen in Folge gesetzlich umlagefähiger energetischer und anderer Sanierungsmaßnahmen will der SRU ebenfalls angegangen sehen. So schlagen die Sachverständigen eine zielgenauere Ausrichtung der Umlagefinanzierung vor. "Allgemeine Modernisierungsinvestitionen" sollen dabei weniger umgelegt werden können und "die durch Sanierung erzielten Energieeinsparungen" künftig bei der Umlage berücksichtigt werden.

Das Gutachten ist am Mittwoch, 8. Juni, auch Thema eines öffentlichen Fachgespräches im Umweltausschuss. Beginn im Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E.700, ist um 9.30 Uhr. Interessierte Besucher können sich telefonisch unter (030) 227-37245, per Fax an (030) 227-36250 oder per E-Mail an umweltausschuss@bundestag.de unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 335 - 6. Juni 2016 - 15.38 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2016

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