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BUNDESTAG/5900: Heute im Bundestag Nr. 414 - 06.07.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 414
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 06. Juli 2016, Redaktionsschluss: 10.49 Uhr

1. Grünes Licht für Prostituiertenschutzgesetz
2. Anspruch auf Pflegezeit
3. Qualitätsstandards bei Inkontinenzhilfen


1. Grünes Licht für Prostituiertenschutzgesetz

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Der Familienausschuss hat das von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegte Prostituiertenschutzgesetz (18/8556) gebilligt. Der Ausschuss verabschiedete den Gesetzentwurf am Dienstagabend in leicht geänderter Fassung mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen das Votum der Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen.

Die Gesetz sieht unter anderem die Einführung einer Erlaubnispflicht für die Betreiber von Bordellen und anderen Prostitutionsstätten, eine Anmeldepflicht für Prostituierte und eine Kondompflicht vor. Zukünftig soll jeder Betreiber einer Prostitutionsstätte ein Betriebskonzept vorlegen müssen, das einer Zuverlässigkeitsprüfung unterzogen wird. Damit sollen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, ausbeuterische Geschäftskonzepte wie zum Beispiel Flatrate-Modelle und alle Modelle, die der sexuellen Selbstbestimmung der Prostituierten zuwider laufen, ausgeschlossen werden. Für solche Praktiken sieht das Gesetz auch ein Werbeverbot vor. Der Ausschuss verschärfte den Gesetzentwurf durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen und nahm auch den Sex mit Schwangeren in das Werbeverbot mit auf. Zudem soll die Betriebserlaubnis für Prostitutionsstätten einschlägig Vorbestraften verweigert werden können.

Strengere Auflagen sollen allerdings auch für die Prostituierten eingeführt werden. Sie sollen sich zukünftig alle zwei Jahre bei den Kommunen anmelden und jedes Jahr eine Gesundheitsberatung absolvieren müssen. Für 18- bis 21-jährige Prostituierte sieht das Gesetz eine jährliche Anmeldepflicht und eine halbjährliche Beratungspflicht vor.

Vor allem die Auflagen für Prostituierte stoßen bei Linken und Grünen auf Ablehnung. Die Koalition setze mehr auf die Kontrolle als auf den Schutz der Prostituierten, kritisierten die Grünen in der Ausschusssitzung. Die Linke monierte, dass eine Pflichtberatung durch ungeschulte Behördenmitarbeiter in den Kommunen kontraproduktiv sei. Zwei Anträge von Linken (18/7236) und Grünen (18/7243) lehnte der Ausschuss mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen jedoch ab.

Union und Sozialdemokraten verteidigten die Gesetzesvorlage. Die Prostitution habe seit dem Prostitutionsgesetz von 2002 in Deutschland massiv zugenommen. Die meisten Prostituierten müssten unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Dies gelte es zu bekämpfen, hieß es aus der Unionsfraktion. Die SPD sieht in dem neuen Gesetz eine gute Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes von 2002 zum Schutz der Sexarbeiterinnen.

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2. Anspruch auf Pflegezeit

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat den Weg für den Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf" für Beamte und Soldaten (18/8517) frei gemacht. Bei Enthaltung der Opposition verabschiedete das Gremium am Mittwochvormittag die Vorlage in modifizierter Fassung, die am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Damit soll ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit und Pflegezeit eingeführt werden. Beamte und Soldaten, die Familienpflegezeit oder Pflegezeit in Anspruch nehmen, sollen laut Entwurf einen Vorschuss zur besseren Bewältigung des Lebensunterhalts erhalten "während der (teilweisen) Freistellung, die mit einer Gehaltsreduzierung verbunden ist". Damit soll das für die Privatwirtschaft und für Tarifbeschäftigte seit dem 1. Januar 2015 geltende Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf "im Wesentlichen wirkungsgleich im Beamten- und Soldatenbereich nachvollzogen" werden.

Der Gesetzentwurf sieht ferner Änderungen weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vor. Danach soll vorübergehend das Nebeneinander zweier Beamtenverhältnisse ermöglicht werden, wenn der Wechsel in eine höhere Laufbahn oder eine andere Laufbahn derselben oder einer höheren Laufbahngruppe die Absolvierung eines Vorbereitungsdienstes sowie die Ableistung einer neuen Probezeit erfordert.

Ferner sollen unter anderem Beamte und Soldaten, die Opfer von Gewalttaten geworden sind und einen "titulierten, aber mangels Zahlungsfähigkeit des Schädigers nicht durchsetzbaren Schmerzensgeldanspruch gegen den Schädiger haben", einen Anspruch auf Zahlung des Schmerzensgelds gegen ihren Dienstherrn erhalten. Bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nahm der Ausschuss dazu einen von der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion vorgelegten Änderungsantrag an, mit dem die sogenannte Erheblichkeitsschwelle von 500 Euro auf 250 Euro abgesenkt wird. Damit solle der Kreis der Begünstigten erweitert werden, heißt es in der Begründung des Änderungsantrages.

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3. Qualitätsstandards bei Inkontinenzhilfen

Petitionsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss setzt sich für die Verbesserung der Qualitätsstandards bei der Versorgung mit Inkontinenzhilfsmitteln ein. In der Sitzung am Mittwochmorgen beschlossen die Abgeordneten einstimmig, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Erwägung zu überweisen. Das Ministerium muss nun innerhalb von sechs Wochen zu dem Anliegen Stellung beziehen. In der Petition wird gefordert, dass bei Ausschreibungen und Beitrittsverträgen von ableitenden und aufsaugenden Inkontinenzhilfsmitteln die persönlichen Belange und die Eignung für den persönlichen Alltag gewährleistet werden und für diese Versorgung keine Mehrkosten von den Versicherten zu tragen sind.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung macht der Petitionsausschuss deutlich, dass für die Gewährleistung einer sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Hilfsmittelversorgung der Versicherten umfangreiche gesetzliche Vorgaben bestünden. Dennoch mehrten sich in letzter Zeit die Berichte über Fehlentwicklungen - insbesondere bei der Produktgruppe der Inkontinenzhilfen.

In diesem Zusammenhang wird in der Vorlage darauf verwiesen, dass die Krankenkassen die Leistungserbringer in den Verträgen zur Versorgung mit Inkontinenzhilfen auf Produkte verpflichten, die im Hilfsmittelverzeichnis gelistet oder den gelisteten in Qualität und Ausführung gleichwertig sind. Allerdings seien die im Hilfsmittelverzeichnis enthaltenen Vorgaben für die Produktgruppe "Inkontinenzhilfen" seit 1993 unverändert und entsprächen deshalb möglicherweise nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik, wird in der Beschlussempfehlung eingeräumt. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen, so heißt es weiter, bereite deshalb eine Aktualisierung dieser Produktgruppe vor.

Wie aus einer Stellungnahme der Bundesregierung hervorgeht, erwarte man, dass eine solche Aktualisierung möglichen Qualitätsdefiziten entgegenwirkt. Darüber hinaus prüfe die Bundesregierung derzeit, welche gesetzlichen Regelungen erforderlich sind, um eine regelmäßige Aktualisierung aller 33 Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses zu gewährleisten.

Mit Blick auf die in der Petition angesprochenen Aufzahlungen weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass diese gerechtfertigt seien, "wenn ein Versicherter eine Versorgung wünscht, die das Maß des Notwendigen übersteigt". Abzulehnen sei es indes, wenn ein Leistungserbringer versucht, den Versicherten durch fehlerhafte oder unvollständige Informationen über die Qualität der aufzahlungsfreien Versorgung zum Kauf eines aufzahlungspflichtigen Hilfsmittels zu bewegen. Die Bundesregierung, so heißt es weiter, prüfe derzeit gesetzliche Regelungen, die über die bestehenden Vorschriften hinaus die Wahlmöglichkeit der Versicherten zwischen aufzahlungsfreien Produkten stärken und eine verbesserte Information der Versicherten durch die Krankenkassen über Vertragsinhalte und ihren Anspruch auf eine aufzahlungsfreie Versorgung vorsehen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 414 - 6. Juli 2016 - 10.49 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2016

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