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BUNDESTAG/6103: Heute im Bundestag Nr. 617 - 20.10.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 617
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 20. Oktober 2016, Redaktionsschluss: 10.12 Uhr Heute im Bundestag Nr. 617

1. Zeugin unter Geheimschutzbedingungen
2. Manipulation im Ministerium unbekannt
3. Zulassung von Gen-Mais auf der EU-Ebene
4. Keine gemeinsame Bedrohungsanalyse


1. Zeugin unter Geheimschutzbedingungen

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA) hat eine Mitarbeiterin der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) erneut über die Umstände berichtet, unter denen ihre Behörde die vom Bundesnachrichtendienst und der amerikanischen National Security Agency (NSA) betriebene Abhöranlage in Bad Aibling inspiziert hat. Über die dabei gewonnenen Erkenntnisse und deren rechtliche Bewertung könne sie in öffentlicher Sitzung allerdings nichts mitteilen, betonte die Zeugin Gabriele Löwnau in ihrer Vernehmung am Donnerstag. Die heute 57-jährige Juristin leitet seit März 2012 in der Datenschutzbehörde das für die Aufsicht über Nachrichtendienste und Polizeien des Bundes zuständige Referat V, mittlerweise Arbeitsgruppe 22. Bis zum Sommer 2013, als die Enthüllungen des US-Geheimdienstkritikers Edward Snowden über die Tätigkeit der NSA Furore machten, habe ihre Behörde dem BND in Bad Aibling nie einen Besuch abgestattet, berichtete Löwnau. Durch die von Snowden ausgelöste Diskussion sei sie auf die Abhöranlage aufmerksam geworden. Vorschriftsgemäß seien die beiden Inspektionsreisen im Dezember 2013 und Oktober 2014 in knapp und allgemein gehaltenen Schreiben an den BND wie an das Kanzleramt als aufsichtsführende Behörde angekündigt worden. Eine Vertreterin des Kanzleramts sei auch bei den Besuchen in Bad Aibling zugegen gewesen. Sie könne sich nicht erinnern, betonte die Zeugin, dass BND oder Kanzleramt im Vorfeld der Reisen versucht hätten, auf ihre Behörde einzuwirken. Die Befunde der beiden Kontrollbesuche sind in einem Sachstandsbericht der BfDI festgehalten, der seit Juli 2015 vorliegt. Eine gesonderte "rechtliche Bewertung" ging dem Ausschuss im Frühjahr 2016 zu. Beide Dokumente sind der Öffentlichkeit offiziell nicht zugänglich. Der Sachstandsbericht ist als "streng geheim", die rechtliche Bewertung als "geheim" eingestuft. Die Zeugin bestätigte, dass ihre Behörde diese Einstufung selbst vorgenommen habe. Sie habe aber keine andere Wahl gehabt: "Uns sind diese ganzen Dinge nur als streng geheim zur Kenntnis gekommen." Sie habe sich als Beamtin an Vorschriften zu halten: "Wenn wir Unterlagen haben, die als geheim oder streng geheim vorliegen, dann sind wir an diese Einstufung gebunden." Die Zeugin berichtete, dass ihre Behörde das Kanzleramt gebeten habe, wenigstens die rechtliche Bewertung der Öffentlichkeit zugänglich machen zu dürfen: "Wir haben nachgefragt, das Kanzleramt angeschrieben." Doch das Ersuchen sei abgelehnt worden mit dem Hinweis, dass auch in der rechtlichen Bewertung geheimschutzbedürftige Sachverhalte zur Sprache kämen und deswegen "das Dokument nicht heruntergestuft werden kann". Mit weiteren Mitteilungen gab sich die Zeugin zurückhaltend. Immer wieder beriet sie sich mit einem anwesenden Vertreter ihrer Behörde. Bei einem ersten Auftritt vor dem Ausschuss am 12. November 2015 hatte sie noch juristische Einschätzungen zu den in Bad Aibling festgestellten Befunden abgegeben. Da mittlerweile eine rechtliche Bewertung ihrer Behörde vorliege, sei dies jetzt nicht mehr möglich, betonte sie. Vertreter der Opposition im Auschuss kritisierten die Geheimhaltungspraxis in scharfen Worten. Der Grüne Konstantin von Notz sprach von einer "Farce" und einem "Putinschen Mechanismus", "wenn ein in einer offenen Gesellschaft bekannter Sachverhalt, der von der Datenschutzbeauftragten untersucht wird, ein streng geheimer Vorgang werden kann."

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2. Manipulation im Ministerium unbekannt

5. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/STU) Das Bundesumweltministerium hatte keine Kenntnis von illegalen Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen, wie der Volkswagen-Konzern sie verwendet hat. Zwar habe man gewusst, dass die Motorsoftware erkennen könne, wenn sich ein Auto auf dem Rollenprüfstand befinde, sagte der Fachreferent Oliver Eberhardt, am Donnerstag im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Dies sei teilweise technisch sogar notwendig. "Der Einsatz illegaler Abschalteinrichtungen war nicht bekannt", betonte der Experte für Abgasgesetzgebung im Ministerium. Laut Eberhardt war im Ministerium die Sensibilität in der Abgasthematik gestiegen, nachdem bekannt geworden war, dass steuerlich geförderte Rußpartikelfilter nicht ausreichend funktionierten. Das Ministerium beauftragte daher das Umweltbundesamt Ende 2007, ein Konzept für eine Feldüberwachung, also Messungen von in Betrieb befindlichen Autos, zu erarbeiten. Das UBA erstellte ein weitgehendes Konzept. Dort war unter anderem davon die Rede, dass moderne Fahrzeugelektronik erkennen könne, ob sich ein Auto auf dem Rollenprüstand befinde, "so dass auf ein für die Abgas- und/oder Verbrauchsmessung optimiertes Motorenkennfeld umgeschaltet wird, das vom normalen Betrieb abweicht (sog. cycle-beating)". Die Passage wurde gestrichen, handschriftlich findet sich der Hinweis "Tretminen" in dem Ursprungskonzept. Eberhardt erklärte, dieses sei über das geltende Regelwerk hinausgegangen und habe Notwendiges wie Wünschenswertes enthalten. Schließlich sollte das Konzept aber geeignet sein, in fruchtbare Gespräche mit dem Verkehrsministerium einzutreten. Dort habe man "eine gewisse Grundhaltung", die geltenden Regeln als Ausgangsbasis zu nehmen. Das Umweltbundesamt zweifelt unterdessen, dass bis zum Jahr 2030 allein mit technischen Maßnahmen die Stickoxid-Grenzwerte an hoch belasteten Straßen eingehalten werden können. An 60 Prozent der Messstationen würden heute die Grenzwerte überschritten, sagte die Leiterin der UBA-Abteilung "Luft", Marion Wichmann-Fiebig, in ihrer Befragung durch den Ausschuss. Das Problem gebe es EU-weit. Zwar habe es seit 2010 einen leichten Rückgang der Emissionen gegeben. Sie gäben aber keinen Anlass zur Entspannung. Wichmann-Fiebig räumte ein, dass man im UBA zu optimistische Annahmen hatte, sowohl hinsichtlich der Senkung der Abgase als auch der Erneuerung der Fahrzeugflotte. Seit 2007 sei deutlich gewesen, dass die realen Emissionen jene auf dem Prüfstand überschreiten. Im Umweltbundesamt ging man davon aus, dass die Hersteller alle legalen Mittel ausschöpfen, damit die Autos bei der Zulassung die Grenzwerte einhalten. "Das ist ein bisschen wie 1.000 legale Steuertricks", sagte die Abteilungsleiterin. Der Gedanke, dass illegale Einrichtungen genutzt wurden, sei ihr nicht gekommen.

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3. Zulassung von Gen-Mais auf der EU-Ebene

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen soll auf der EU-Ebene unterbunden werden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung in einem entsprechenden Antrag (18/10029) auf, die von der Europäischen Kommission eingereichten Vorschläge zu den gentechnisch veränderten Maislinien MON 810, 1507 und Bt11 im ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel für den Anbau in der Europäischen Union abzulehnen. Die Regierung soll außerdem die Zulassung der Linien auch im Berufungsausschuss ablehnen, wenn in dem Ausschuss darüber abgestimmt werden sollte.

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4. Keine gemeinsame Bedrohungsanalyse

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Bedrohungsanalysen von Europol und dem EU-Intelligence Analyses Centre (EU IntCen) sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/9974) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9836). Wie die Bundesregierung darin ausführt, beauftragte der Rat der Justiz- und Innenminister der Europäischen Union am 20. November 2015 den "Ständigen Ausschuss für die Innere Sicherheit" (Cosi), die Möglichkeit zu prüfen, "eine Methode für einen strukturierten und multilateralen Ansatz für die operative Zusammenarbeit bei der Abwehr terroristischer Bedrohungen zu entwickeln". Für diese neue zu entwickelnde Methode wurde den Angaben zufolge am 17. Mai 2016 im Cosi als eine von zwei Optionen die künftige Erstellung einer gemeinsamen Bedrohungsanalyse diskutiert. Im schriftlichen Verfahren sei allerdings Einigung erzielt worden, an den Cosi " ein umfassendes, zukunftsorientiertes "Bedrohungsanalysebild" zu übermitteln, das aus zwei getrennten Berichten von Europol und EU IntCen besteht. Es solle "mithin kein gemeinsames Dokument erstellt werden".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 617 - 20. Oktober 2016 - 16.21 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2016

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