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BUNDESTAG/6178: Heute im Bundestag Nr. 692 - 25.11.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 692
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 25. November 2016, Redaktionsschluss: 09.29 Uhr

1. Zeuge sah keinen Anlass zum Misstrauen
2. Sorge um Made in Germany


1. Zeuge sah keinen Anlass zum Misstrauen

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA) hat ein ehemaliger Abteilungsleiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) die Zusammenarbeit mit der amerikanischen National Security Agency (NSA) als grundsätzlich vertrauensvoll beschrieben. "Während meiner Amtszeit gab es keinen Anlass, an der Vertragstreue der amerikanischen Partner zu zweifeln", sagte der Zeuge Ansgar Heuser in seiner Vernehmung am Donnerstag. Der heute 66-jährige Mathematiker und Kryptographie-Experte stand von 2009 bis Ende 2012 an der Spitze der Abteilung Technische Aufklärung (TA), die die Überwachungsmaßnahmen des BND zu organisieren hat.

Er habe gewusst, dass die NSA in der gemeinsam betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling auch eigene Suchmerkmale einsetzte, das sei schließlich der Inhalt der Kooperationsvereinbarung gewesen, sagte Heuser. Er habe aber die Zahl dieser Selektoren nicht gekannt und sich überhaupt schon aus grundsätzlichen Erwägungen nie im Detail für die Aktivitäten des US-Dienstes in Bad Aibling interessiert. In seiner Amtszeit habe das Afghanistan-Engagement der Bundeswehr seine intensivste Phase erreicht: "Die Zusammenarbeit mit den Amerikanern war vital," gab Heuser zu bedenken.

Er wäre wohl nach seinem Geisteszustand gefragt worden, meinte der Zeuge, wenn er damals in Bad Aibling aufgetaucht wäre und verlangt hätte: "Legt mir mal eure Selektorenlisten vor." Die amerikanische Seite hätte ein solches Ansinnen unweigerlich als Misstrauensbekundung aufgefasst: "Damals hatten wir wirklich Besseres zu tun als einen Verdacht zu formulieren, der die Kooperation mit den Amerikanern ruiniert hätte - ein massives Misstrauen in einer Situation, in der man wirklich aufeinander angewiesen war." Es sei klar gewesen, dass die Amerikaner "ein sehr weit gespanntes Interesse" hatten, "das sicher auch die Grenzen der Kooperation strapazierte". Eine systematische Überpüfung des Selektorenbestandes wäre dennoch aus den genannten Gründen "inopportun" gewesen. Er hätte sie jedenfalls nicht veranlasst, betonte der Zeuge, "weil mir der Preis sicherlich zu hoch gewesen wäre".

Nach Heusers Ansicht steht es nicht im Widerspruch zu dieser Einschätzung, dass der BND dann im Spätsommer 2013 fast 40.000 politisch fragwürdige NSA-Selektoren aus dem Verkehr ziehen konnte, ohne auf US-Seite nennenswerte Verärgerung auszulösen. Nach den Enthüllungen des US-Geheimdienstkritikers Edward Snowden habe die NSA wissen müssen, dass die Deutschen gute Gründe hatten, genauer hinzuschauen: "Vorher wäre es ein Vorgang gewesen ohne jeden Anlass aus blauem Himmel, ohne dass ich hätte erklären können, warum."

Dass nicht nur die NSA, sondern auch der BND selbst in der strategischen Fernmeldeaufklärung Suchmerkmale eingesetzt hatte, die zur Ausspähung von Freunden und Bündnispartnern geeignet waren, habe er nicht geahnt, betonte Heuser: "Wenn ich davon Kenntnis gehabt hätte, hätte ich das abgestellt. Ich frage mich auch, wie das möglich gewesen ist." Er könne sich indes nicht vorstellen, dass diese Ausforschung "systematisch" erfolgt sei.

Ein generelles Problem in seiner Amtszeit sei gewesen, dass die Selektorenbestände viel zu groß gewesen seien, sagte der Zeuge. Man hätte sie eigentlich bereinigen müssen, doch hätten dazu die Kapazitäten gefehlt: "Die große Masse hat niemals gegriffen und zu Ergebnissen geführt. Manche Selektoren haben jahrelang ein Schlummerdasein gefristet."

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2. Sorge um Made in Germany

5. Untersuchungsausschuss/Anhörung

Berlin: (hib/STU) Das Bundeswirtschaftsministerium sorgte sich nach Bekanntwerden des VW-Skandals grundsätzlich um das gute Image deutscher Unternehmen. Die Dachmarke "Made in Germany" hatte einen besonderen Ruf", sagte der Abteilungsleiter Industriepolitik, Wolfgang Scheremet, am Donnerstagabend im Diesel-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Der Beamte sprach von der Gefahr, dass der Betrug durch ein großes Unternehmen Auswirkungen auf andere deutsche Autohersteller oder auch Firmen anderer Branchen habe. Es habe eine große Verunsicherung weltweit gegeben. Auch in China sei kritisch berichtet worden, obwohl dort fast keine Diesel fahren.

Man habe daher für Aufklärung sorgen wollen, dass nicht die Dieseltechnologie generell betroffen sei und was die Bundesregierung tue, um Klarheit in der Affäre zu schaffen. Das Wirtschaftsministerium empfahl im Oktober 2015 "dringend eine außenpolitische Flankierung der Aufklärung der VW-Affäre" und eine mit dem Auswärtigen Amt abgestimmte "Kommunikationsstrategie mit vertrauensbildenden Botschaften". Letztlich wurde Scheremet zufolge eine Informationsbroschüre erstellt, die den deutschen Botschaften zur Verfügung gestellt wurde. Auch in einem Bericht an den Wirtschaftsausschuss hatte das Ressort vor einem generellen Bashing der deutschen Autoindustrie und der Dieseltechnologie gewarnt.

Nach Auffliegen des VW-Skandals wollte das Wirtschaftsministerium möglichst schnell neue Regelungen für RDE-Straßentests auf europäischer Ebene durchsetzen. RDE steht für Real Driving Emissions. Ab September 2017 sollen sie in der EU für die Typgenehmigung gelten und realitätsnähere Angaben für Abgase liefern. Im Mai 2015 hatte man sich auf EU-Ebene auf die Testprozedur geeinigt, am 28. Oktober 2015 folgte die Verständigung auf sogenannte Konformitätsfaktoren. Der sperrige Begriff besagt, um wie viel die Grenzwerte für Stickoxide im Straßentests überschritten werden dürfen. Mit dem Faktor sollen unter anderem Messungenauigkeiten der mobilen Straßentestgeräte ausgeglichen werden.

Die EU-Kommission schlug eine Überschreitung um 60 Prozent im ersten Schritt und 20 Prozent zwei Jahre später vor. Das Bundesumweltministerium unterstützte nach Aussage von Scheremet dies zunächst. Die deutsche Autoindustrie wollte einen Faktor über drei, wie Marek Bänsch im Ausschuss berichtete. Bänsch ist Referent in der Industrieabteilung im Wirtschaftsministerium und war an den internationalen Verhandlungen beteiligt. Das Ministerium sah den EU-Vorschlag kritisch. Man habe darauf achten müssen, dass es keine Wettbewerbsnachteile für die deutsche Autoindustrie und für die Beschäftigung gebe, betonte Bänsch.

Ein zwischen Wirtschafts-, Verkehrs- und Umweltministerium auf Staatssekretärsebene abgestimmter Vorschlag sah einen Faktor von 1,95 für die erste und 1,6 für die zweite Stufe vor. Die Vorstellungen in Europa gingen weit auseinander, die Niederlande wollte etwa strengere, andere Länder wie Tschechien, Ungarn oder Rumänien großzügigere Grenzwerte. Der Kompromiss lautete schließlich, dass im Test auf der Straße ab 2017 das 2,1-Fache des Grenzwertes an Stickoxiden in die Luft geblasen werden dürfen, ab 2019 ist noch das 1,5-Fache erlaubt. Der Faktor 2,1 liegt über dem Vorschlag der drei Ministerien. Der Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, hatte am 20. Oktober im Ausschuss ausgesagt, dass das Bundeskanzleramt auf diesen Faktor beharrt haben soll. Ein Vertreter des Kanzleramtes soll am 1. Oktober dem Ausschuss Rede und Antwort stehen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 692 - 25. November 2016 - 09.29 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2016

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