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BUNDESTAG/6179: Heute im Bundestag Nr. 693 - 25.11.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 693
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 25. November 2016, Redaktionsschluss: 12.04 Uhr

1. Fehlende Akten erneut Thema
2. EU-Investitionsfond im Fokus
3. Gespräch über globale Entwicklungsziele


1. Fehlende Akten erneut Thema

3. Untersuchungsausschuss (NSU)/Ausschuss

Berlin: (hib/FZA) Vernichtete Geheimdienstakten standen am Donnerstag, den 24.11.2016, erneut im Zentrum einer Zeugenbefragung des 3. Untersuchungsausschusses (NSU II) des Bundestages unter Vorsitz von Clemens Binninger (CDU).

Als Zeugen befragte der Ausschuss diesmal unter anderem einen ehemaligen ranghohen Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), der unter dem Decknamen Gerd Egevist auftrat. Mittlerweile ist Egevist pensioniert. Er war von 1996 bis 2003 Referatsgruppenleiter im Bereich Rechtsextremismus/-terrorismus - genau in der Zeit, als sich die rechte Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) formierte, untertauchte und ihre ersten Anschläge beging.

Die Abgeordneten fragten Egevist unter anderem zur sogenannten Operation "Rennsteig", in deren Rahmen das BfV zwischen 1996 und 2003 mehrere Neonazis aus Thüringen als V-Männer anwarb. Ein Ziel der Operation war es, die rechtsextreme Kameradschaft "Thüringer Heimatschutz" auszuspähen, in der auch die späteren NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe Mitglied waren.

Über die damalige Werbungsaktion ist ansonsten nicht viel bekannt, auch deshalb, weil die entsprechenden Akten im Jahr 2011 von einem Mitarbeiter des BfV geschreddert wurden, kurz nachdem der NSU enttarnt worden war. Der brisante Vorgang wurde als "Aktion Konfetti" in den Medien bekannt und führte unter anderem dazu, dass der damalige BfV-Präsident Heinz Fromm zurücktreten musste. Ein Teil der vernichteten Akten konnte mittlerweile rekonstruiert werden. Jedoch ist weitgehend unklar geblieben, ob die rekrutierten Spitzel vom NSU wussten und entsprechende Informationen an den Verfassungsschutz weitergaben. Das BfV beteuert, von seinen V-Leuten nicht über den NSU und seine Taten unterrichtet worden zu sein.

Egevist gab an, "nur sehr oberflächlich" mit der Operation Rennsteig befasst gewesen zu sein. Für die Quellenforschung und -werbung sei er nicht zuständig gewesen. Sein Bereich habe sich unter anderem um die Führung der V-Leute gekümmert. Detailliert fragten die Ausschussmitglieder nach den enttarnten V-Männern "Corelli", "Primus" und "Tarif", die alle im Umfeld des NSU aktiv waren.

Die Abgeordnete konfrontierten Egevist mit dem Verdacht, dass der V-Mann Primus alias Ralf Marschner das NSU-Trio im Untergrund aktiv unterstützt und sowohl Beate Zschäpe als auch Uwe Mundlos zeitweise als Mitarbeiter beschäftigt haben soll. Egevist hielt dagegen: Er glaube nicht, dass Marschner die drei gekannt habe. Marschner sei eine sehr ergiebige Quelle gewesen, die sogar "seine Großmutter verraten" hätte, so das Urteil des Verfassungsschützers.

Aufsehen erregte der Zeuge auch mit einer anderen Aussage: Von der Akte des V-Manns "Tarif", die 2011 ebenfalls geschreddert worden war, seien nur "zehn bis zwanzig Prozent" rekonstruiert worden. Das ist deutlich weniger als bisher angenommen. An dieser Stelle griff ein Mitarbeiter der Bundesregierung ein: Es seien tatsächlich mehr als zwanzig Prozent. Genaue Zahlen konnte er nicht nennen, versprach aber, diese nachzuliefern. Egevists Urteil, dass die Akte aufgrund ihrer Lückenhaftigkeit kaum mehr lesbar sei, widersprach die Bundesregierung nicht.

Die Obfrauen Petra Pau (Die Linke) und Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) bemängelten, dass auch zur sogenannten Operation "Drilling" noch immer wichtige Dokumente fehlen würden. Im Rahmen dieser Operation hatte der Verfassungsschutz bis 2003 erfolglos nach dem flüchtigen Trio gefahndet. Wie das BfV gegenüber dem Bundeskriminalamt eingestanden hat, sind Teile dieser fehlenden Akten möglicherweise ebenfalls vernichtet worden.

Der 3. Untersuchungsausschuss soll offene Fragen zur Arbeit der staatlichen Behörden bei den Ermittlungen im Umfeld der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) klären und

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2. EU-Investitionsfond im Fokus

Europa/Anhörung

Berlin: (hib/JOH) Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) ist am Montag, 28. November 2016 Thema einer öffentlichen Anhörung des Europaausschusses. Die Sitzung beginnt um 13 Uhr im Sitzungssaal 4.900 (Europasaal) im Paul-Löbe-Haus.

Folgende Sachverständige sind geladen: Peter Becker (Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP), Markus Becker-Melching (Bundesverband deutscher Banken, Mitglied der Geschäftsführung, BdB), Professor Martin Gornig (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, DIW), Professor Stuart Holland (Faculty of Economics, Coimbra), Nicholas Jennett (Europäische Investitionsbank, EIB) Professor Jörg Rocholl (Europäische Schule für Management und Technologie, ESMT) sowie Marjut Santoni (Europäische Investitionsbank, EIB).

Externe Besucher werden gebeten, sich im Sekretariat des EU-Ausschusses (europaausschuss@bundestag.de) unter Angabe der Nummer ihres Personaldokuments und ihres Geburtsdatums anzumelden.

Der Fonds ist eine gemeinsame Initiative der EIB-Gruppe und der Europäischen Kommission, um die derzeitige Investitionsschwäche in der EU zu überwinden. Dazu sollen Mittel aus dem Privatsektor für strategische Investitionsprojekte mobilisiert werden.

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3. Gespräch über globale Entwicklungsziele

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Der Stand der Umsetzung der Agenda 2030 und der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) auf nationaler und internationaler Ebene ist am Mittwoch, 30. November 2016, Thema einer öffentlichen Anhörung im Entwicklungsausschuss. Von den Experten wollen die Abgeordneten unter anderem erfahren, wie die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie auf Entwicklungsländer wirkt und welche rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Veränderungen es in Deutschland braucht, um die SDGs national, regional und lokal umzusetzen.

Zum ersten Teil der Anhörung, die um 10 Uhr im Jakob-Kaiser-Haus in Sitzungssaal 1.228 beginnt, sind folgende Sachverständige eingeladen: Professor Jutta Allmendinger (Präsidentin beim Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung), Tobias Hauschild (Ko-Sprecher der AG Globale Strukturpolitik beim Verband für Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe, VENRO, und Referent EZ und Soziale Grunddienste bei Oxfam), Udo Schlüter (Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Eine-Welt-Landesnetzwerke Ashok-Alexander Sridharan und Oberbürgermeister der Bundesstadt Bonn), Jennifer Howe (Referentin für die Bereiche Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit beim Bund der Deutschen Industrie, BDI) sowie Peter Altmaier (Bundesminister und Chef des Kanzleramts).

Für den zweiten Komplex, der die Umsetzung der SDGs auf internationaler Ebene behandelt, wurden folgende Sachverständige angefragt: Imme Scholz (Stellvertretende Direktorin beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, DIE), Frank Zach (Abteilung Internationale und Europäische Gewerkschaftspolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund, DGB), Jens Martens (Direktor des Global Policy Forums, GPF, und Mitglied der Global Reflection Group on the 2030 Agenda for Sustainable Development) und Norbert Kloppenburg (Mitglied des Vorstands bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW).

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 693 - 25. November 2016 - 12.04 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. November 2016

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