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BUNDESTAG/6269: Heute im Bundestag Nr. 021 - 18.01.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 021
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 18. Januar 2017, Redaktionsschluss: 11.37 Uhr

1. Mehrheit für das Zollverwaltungsgesetz
2. Wohnungsgemeinnützigkeit abgelehnt
3. Überprüfung des Betreuungsrechts
4. Plädoyer für Flüchtlings-Forschung


1. Mehrheit für das Zollverwaltungsgesetz

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/EB) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch fraktionsübergreifend für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollverwaltungsgesetzes (18/9987) gestimmt. Der Ausschuss votierte ohne Gegenstimmen für den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf, der am morgigen Donnerstag in Zweiter und Dritter Lesung im Plenum beraten wird.

Ziel des Gesetzes ist es, die Ein- und Ausfuhr illegaler Waren auf dem Postweg besser zu kontrollieren und illegalen Bargeldtransfers über die deutschen Grenzen besser auf die Spur zu kommen. Die Neuregelungen räumen dem Zoll mehr Kontrollmöglichkeiten als bislang ein. Änderungen sind vor allem im Postverkehr vorgesehen, wo bislang nur die Deutsche Post AG verpflichtet ist, der Zollverwaltung Sendungen vorzulegen, bei denen Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen ein Einfuhr-, Durchfuhr- oder Ausfuhrverbot bestehen. Diese Vorschrift wird auf alle Postdienstleister erweitert. Zudem sollen Mitarbeiter der Zollverwaltung zukünftig auch in den Geschäftsräumen der Postdienstleister risikoorientierte als auch stichprobenartige Kontrollen vornehmen können. Zur Bekämpfung der Geldwäsche und im Kampf gegen die Terrorismusfinanzierung sind weitere Maßnahmen vorgesehen.

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2. Wohnungsgemeinnützigkeit abgelehnt

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit jeweils mit Anträgen zur Wiederauflage der Wohnungsgemeinnützigkeit gescheitert. Dem Antrag der Linken (18/7415) folgte nur die eigene Fraktion, die Grünen enthielten sich. Der Grünen-Antrag (18/8081) stieß hingegen auch auf Zustimmung der Linken. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD stimmten gegen beide Anträge. Grundsätzlich fordern Linke und Grüne, mit der Wohnungsgemeinnützigkeit einen nicht-profitorientierten Sektor in der Wohnungswirtschaft aufzubauen, um unter anderem bezahlbaren Wohnraum zu sichern.

Eine Vertreterin der Linken argumentierte, dass nach Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit Anfang der 1990er Jahre der Markt eben nicht die "soziale Aufgabe" des Staates übernommen habe, bezahlbaren, demokratie- und klimagerechten Wohnraum zu schaffen. Mit dem Antrag fokussiere die Fraktion nicht auf einen einzelnen Aspekt der Wohnbaupolitik, sonder lege eine umfassende Konzeptidee vor, um eine Verantwortlichkeit für den Bund zu schaffen, sagte die Linken-Vertreterin.

Auch der Vertreter der Grünen betonte, dass es notwendig sei, den Bund in der Verantwortung zu halten. Die soziale Wohnraumförderung des Bundes laufe nach 2019 aus, zudem greife in den Bundesländern die Schuldenbremse, was Investitionen schwierig machen werde. Eine steuerrechtlich verankerte Wohnungsgemeinnützigkeit sei eine mögliche Antwort des Bundes auf diese Herausforderung. Auch weil eine Grundgesetzänderung, um den Bund weiter in der Verantwortung zu halten, unrealistisch erscheine. Der Grünen-Vertreter betonte, dass historisch betrachtet die Wohnungsgemeinnützigkeit immer eine wichtige Säule der deutschen Wohnbaupolitik gewesen sei.

Eine Vertreterin der CDU/CSU-Fraktion lehnte eine Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit ab. Es handle sich um eine "Scheinlösung". Die heutigen Bedingungen seien andere als nach den beiden Weltkriegen, entgegnete sie auf das historische Argument des Grünen-Vertreters. Zudem bestünde die Gefahr, dass die Wohnungsgemeinnützigkeit tatsächlich Genossenschaften in ihrem Handeln einschränke. Zudem könnten neue "Problemquartiere" entstehen, warnte die Unions-Vertreterin.

Ein Vertreter der SPD-Fraktion betonte die grundsätzliche Offenheit seiner Fraktion für die Wohnungsgemeinnützigkeit. Ein "Eins-zu-eins-Revival" der alten Regelung sei aber nicht zielführend. Zudem würden sich Wirkungen einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit erst in fünf bis zehn Jahren zeigen. Im Fokus müssten daher zunächst andere Instrumente stehen. Der SPD-Vertreter verwies unter anderem auf angestrebte Änderungen im Baugesetzbuch.

Ein Vertreter des Bundesministeriums für Umwelt, Bau, Naturschutz und Reaktorsicherheit verwies in Antwort auf die Frage, wie die Bunderegierung zu dem Thema stehe, auf die Differenzen zwischen den Koalitionspartnern. In dem Ministerium seien aber Ideen entwickelt worden, wie eine Neuauflage aussehen könnte. Erstes Ziele müsse es in diesem Zusammenhang sein, dem Bund eine Mitverantwortung im Wohnungssektor über 2019 hinaus zu sichern. Ansonsten blieben nur steuerrechtliche Möglichkeiten.

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3. Überprüfung des Betreuungsrechts

Petitionsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss unterstützt die Forderung nach Überprüfung des geltenden Betreuungsrechts. In der Sitzung am Mittwochmorgen beschlossen die Abgeordneten einstimmig, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) als Material zu überweisen.

In der Petition wird eine Prüfung verlangt, ob die Vorschriften des deutschen Betreuungsrechts mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen übereinstimmen. Nach Ansicht des Petenten sind die betreuungsrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht identisch mit den Vorschriften der UN-Behindertenkonvention, wodurch behinderte Personen benachteiligt würden. Dieses Unrecht müsse korrigiert werden, heißt es in der Petition.

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung macht der Petitionsausschuss darauf aufmerksam, dass sowohl das Betreuungsrecht - geregelt in den Paragrafen 1896 ff. BGB - als auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) geltendes deutsches Recht seien. "Die UN-BRK ist seit dem 26. März 2009 Bestandteil des deutschen Rechts im Range eines einfachen Bundesgesetzes", heißt es dazu in der Vorlage. Dies bedeute, dass Behörden und Gerichte das Übereinkommen bei der Anwendung und Auslegung des geltenden Rechts berücksichtigen müssen, sofern die UN-BRK im Einzelfall nicht bereits unmittelbar Anwendung finde. Insoweit erkennt der Petitionsausschuss laut der Beschlussempfehlung "keinen grundsätzlichen Handlungsbedarf".

Zugleich verweisen die Abgeordneten jedoch auf eine vom BMJV in Auftrag gegebene "rechtstatsächliche Untersuchung zur Qualität der rechtlichen Betreuung". Mit diesem Forschungsvorhaben solle insbesondere empirisch überprüft werden, ob die Betreuer den Anforderungen des deutschen Betreuungsrechts und der UN-BRK hinsichtlich des Selbstbestimmungsrechts der betreuten Person gerecht werden, worin etwaige Mängel begründet sind und durch welche Maßnahmen erforderlichenfalls die Qualität der Betreuertätigkeit verbessert werden kann. Aus Sicht des Petitionsausschusses ist die vorliegende Petition geeignet, in die anstehenden Untersuchungen mit einbezogen zu werden.

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4. Plädoyer für Flüchtlings-Forschung

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Das Thema Flucht löst in einer globalisierten Welt Ängste aus." Das sagte Conrad Schetter, Wissenschaftlicher Direktor des Internationalen Konversionszentrum Bonn, vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in Berlin. Das Dilemma sei, dass es zu dem Thema bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnis gebe, obwohl sich die weltweite Tendenz zu Flucht und Vertreibung weiter fortsetzen und sogar verstärken werde. Es sei wahrscheinlich, dass neben politischen allein die ökologischen Katastrophen zunehmen werden, was zu noch mehr Flucht und Vertreibung führen werde.

Flucht- und Flüchtlingsforschung sei multidisziplinär, aber die Forschungslandschaft sei zersplittert. Forschung werde vor allem von Einzelpersonen im Rahmen von Promotionen betrieben. Zudem sei die Fluchtforschung zu sehr auf Deutschland fokussiert, obwohl das Thema Flucht ein globales Thema sei. Es werde zudem ein zu starker Schwerpunkt auf die Integrationsforschung gelegt. Das Forschungsthema Flucht müsste zukünftig stärker institutionalisiert werden und die Forschungsprojekte müssten eine längere Laufzeit haben, nämlich möglichst über ein Jahr hinaus.

Schetter sprach sich unter anderem für die Etablierung einer Stiftung aus. Es solle ferner eine Machbarkeitsstudie des Wissenschaftsrates zur "Etablierung einer Flucht- und Flüchtlingsforschung" in Deutschland ausgearbeitet werden. Auch empfahl er die dauerhafte Etablierung von Mitteln aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für interdisziplinäre Forschungseinrichtungen und Studiengänge an Universitäten.

Dabei lobte er das Kooperationsprogramm des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück und dem Internationalen Konversionszentrum Bonn in Kooperation mit der Deutschen Stiftung Friedensforschung, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zwei Jahre lang gefördert wird. Dabei sollen Erkenntnisse der Flüchtlingsforschung in Deutschland zusammengetragen und in einer Forschungslandkarte sichtbar gemacht. Die Ergebnisse könnten der Politik, der Administration und Zivilgesellschaft als Grundlage dienen und die Politik soll mit Hilfe der Grundlagenforschung besser beraten werden können.

Zudem betonte Schetter, dass man Flucht nicht linear denken dürfe, sondern dass es sich dabei eher um eine zirkuläre Wanderung handele, die bisweilen auch mit der Rückkehr in die Heimat ende. Auch müsse das Thema Radikalisierung von Flüchtlingen besser erforscht werden, denn nur so könne man auch der politischen Radikalisierung der Bevölkerung in den Zielländern besser entgegen treten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 021 - 18. Januar 2017 - 11.37 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2017

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