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BUNDESTAG/6394: Heute im Bundestag Nr. 146 - 08.03.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 146
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 08. März 2017, Redaktionsschluss: 17.40 Uhr

1. Haiti bleibt auf Hilfen angewiesen
2. Athletenvertreter fordern neue Strukturen
3. Überwiegend Lob für Endlagersuche
4. Grüne fordern Reform des Waffengesetzes
5. Grüne: Strategie für globale Investitionen


1. Haiti bleibt auf Hilfen angewiesen

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/AHE) Hurrikan Matthew hat im Herbst 2016 auf Haiti Schäden in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar hinterlassen. Wie eine Vertreterin des Auswärtigen Amtes am Mittwoch im Menschenrechtsausschuss darlegte, seien 1,4 Millionen der insgesamt mehr als zehn Millionen Haitianer von dem tropischen Wirbelsturm betroffen gewesen, bis heute lebten 170.000 Menschen in Sammelunterkünften. Insgesamt seien in dem Karibikstaat, der noch immer mit den Folgen eines schweren Erdbebens im Jahr 2010 zu kämpfen habe, 2,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfen angewiesen. Im vergangenen Jahr sei erneut die Cholera ausgebrochen, für 2017 würden 30.000 Fälle erwartet, sagte die Vertreterin des Auswärtigen Amtes. Der damals scheidende UN-Generalsekretär Ban Ki Moon habe im Dezember 2016 das haitianische Volk im Namen der Vereinten Nationen um Entschuldigung gebeten, es werde angenommen, dass UN-Blauhelmsoldaten den Erreger 2010 ins Land eingeschleppt hatten. Ein UN-Plan mit den Schwerpunkten Nahrung, Unterkunft, Wasser und Bildung sehe Hilfen für Haiti für die Jahre 2017 und 2018 im Umfang von insgesamt 291 Millionen US-Dollar vor. Die Bundesregierung habe seit 2010 Hilfen in Höhe von 6,6 Millionen Euro für Haiti bereitgestellt.

Ein weiterer Vertreter des Auswärtigen Amtes hob positiv hervor, dass nach dem Erdbeben 2010 Strukturen geschaffen worden seien, die die Resilienz gegen Naturkatastrophen erhöht hätten: So dürfte das damals geschaffene Frühwarnsystem während des Hurrikans Matthew dazu beigetragen haben, noch Schlimmeres zu verhindern. Auch die 2010 international vielfach kritisierte mangelnde Koordination der internationalen Hilfsorganisationen und der Einbezug lokaler Hilfsorganisationen hätten sich deutlich verbessert.

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2. Athletenvertreter fordern neue Strukturen

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Athletenkommission als Vertretung der deutschen Spitzensportler braucht professionelle Strukturen. Das machten Max Hartung, Vorsitzender der Athletenkommission im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und seine Stellvertreterin Silke Kassner am Mittwoch vor dem Sportausschuss deutlich. Wolle man Service- und Dienstleistungsstation für die Spitzensportler sein, brauche es hauptamtliche Unterstützung für die ehrenamtlich in der Kommission tätigen Sportler, machten der Säbelfechter und die Kanutin deutlich.

"Wir müssen professioneller werden, wenn wir den Sportlern wirklich helfen wollen", sagte Hartung, der erst vor wenigen Wochen den Vorsitz der Athletenkommission von dem wegen Überlastung zurückgetretenen ehemaligen Ruder-Weltmeister Christian Schreiber übernommen hat. Silke Kassner ergänzte, die Athletenkommission stehe vor großen Herausforderungen, denen sie in der Vergangenheit oft nicht habe gerecht werden können. So sei etwa die rechtliche Beratung für Athleten in den verschiedensten Bereichen nicht möglich, weil dafür die Ressourcen fehlten. Auch habe sich die Athletenkommission nicht in dem Maße in die Entwicklung des Konzeptes zur Leistungssportförderung einbringen können, wie es nötig gewesen wäre.

Sportler wollten sich einbringen und einmischen, sagte Hartung. Sie wüssten nur oft nicht, auf welchem Weg. Er selber führe den Austausch mit den Athleten basierend auf seinem persönlichen Netzwerk, da es derzeit keine ordentliche Organisation der Athleten in Deutschland gebe.

Hartung und Kassner forderten "hauptamtliche Unterstützung, die nicht beim DOSB angesiedelt ist". Unterstützung für diese Forderung erfuhren sie durch Claudia Bokel, ehemalige Aktivensprecherin bei DOSB und IOC. Die Athletenkommission benötige vertrauensvolle Unterstützung durch ein Hauptamt, sagte die derzeitige Präsidentin des Deutschen Fechter-Bundes. Benötigt werde auch ein eigenes Budget, damit über Gelder für die nötigen Aktivitäten nicht immer auf den Schreibtischen der DOSB-Führung entschieden werden muss, sagte Bokel.

Hartung führte ein anderes Beispiel an. Wenn er von einem hauptamtlichen Referenten ein Papier ausarbeiten lassen wolle, dass eventuell nicht mit den Sichtweisen des DOSB übereinstimmt, bringe er damit den vom DOSB bezahlten Referenten in einen Konflikt, sagte er. Kassner betonte, es mache Sinn, den Athletenvertretern ein eigenes Budget und eigene Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, damit sie Dinge im Interesse der Sportler voranbringen könnten.

Mit dem DOSB wolle die Athletenkommission dennoch eng verzahnt bleiben, betonten beide. Man habe schließlich Sitz und Stimme im Präsidium des DOSB, sagte Kassner. Gleichwohl habe sie oft das Gefühl, dies sei eine Alibifunktion. Hartung betonte auf Nachfrage, es gehe nicht darum, dem DOSB eins auszuwischen. Er könne sich die Arbeit einer starken Athletenkommission auch unter dem Dach des DOSB vorstellen. Bislang sei man aber auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen. Seine ersten Gespräche mit den Verantwortlichen hätten gezeigt, dass der DOSB sehr klare Vorstellungen davon hat, was die Kontrolle über die Arbeit der Kommission und das Anstellungsverhältnis hauptamtlicher Mitarbeiter angeht.

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3. Überwiegend Lob für Endlagersuche

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/FLA) Die geplanten gesetzlichen Neuregelungen bei der Suche nach einem atomaren Endlager haben bei einer Reihe kritischer Anmerkungen ein überwiegend positives Experten-Echo gefunden. Allerdings kamen aus dem Anti-Atom-Spektrum Skepsis und Ablehnung. Dies zeigte sich bei einer öffentlichen Sachverständigen-Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit unter der Leitung von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen).

Die Fachleute hatten den gemeinsamen Text von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen "zur Fortentwicklung des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle und anderer Gesetze" zu bewerten - kurz Standortauswahlgesetz / StandAG (18/11398)

Prof. Klaus Jürgen Röhlig (TU Clausthal) äußerte "die begründete Hoffnung", dass nunmehr "ein bereits über Jahrzehnte andauernder gesellschaftlicher Konflikt gelöst werden kann und die Gesellschaft ihre Verantwortung für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle wahrnehmen wird". Prof. Barbara Reichert (Universität Bonn) nannte den Entwurf "ein durchaus gelungenes gesetzliches Regelwerk".

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bemängelte nicht zuletzt, dass "ein generelles Exportverbot für hochradioaktiven Atommüll" fehle. Zwar gebe es eine Regelung im Gesetzentwurf. Doch die lasse "so große Lücken, dass ein Export des Atommülls aus dem Versuchsreaktor Jülich in die USA nach wie vor nicht vom Tisch ist", wie es Thorben Becker formulierte.

Greenpeace forderte, das StandAG "zugunsten eines tatsächlichen Neustarts in der Atommüllfrage" komplett zurückzunehmen, so Mathias Edler in seiner schriftlichen Stellungnahme. Krankheitshalber wurde er bei der Sitzung von Ulrich Wollenteit vertreten, der kritisierte, dass die Tiefenlagerung des Atomabfalls als einziger Weg ins Auge gefasst werde. Für Edler kommt die "höchste Bedeutung" der Entwicklung und dem Bau von neuen, längerfristigen Zwischenlagern zu. Schließlich gehe "die überwiegende Mehrheit aller Experten" inzwischen bei der Endlagersuche von "wesentlich längeren Zeiträumen" aus, als sie der Zeitplan der Bundesregierung (2031 Standortentscheidung, 2050 Inbetriebnahme) vorsehe.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg setzte sich dafür ein, dass Gorleben endgültig von der Endlagersuche ausgenommen wird. "Der Standort kann nicht mehr objektiv betrachtet werden und sollte deshalb nur noch als Steinbruch für eine umfassende Fehleranalyse genutzt werden", so Martin Rudolf Donat.

Zahlreiche Fragen kreisten um das neue "Nationale Begleitgremium". Dem Gesetzentwurf zufolge soll es sich "unabhängig und wissenschaftlich mit sämtlichen Fragestellungen das Standortwahlverfahren betreffend befassen, die zuständigen Institutionen jederzeit befragen und Stellungnahmen abgeben" können. Doch das reiche nicht, meinte dessen Co-Vorsitzender Prof. Klaus Töpfer. "Unbedingt hinzukommen" müsse die Pflicht der beteiligten Institutionen, dem Gremium "auch in angemessenem Umfang und in zeitnaher Frist zu antworten". Zudem fehle die Verpflichtung von Institutionen und Akteuren, auf die Stellungnahmen des Gremiums zu reagieren.

Für das Gremium gebe es "keine Blaupause", meinte Töpfer. Er sehe sich mit seinen acht Mitstreitern in einer "hohen Verantwortung" - nämlich, "Vertrauen zu bilden". Die Arbeit könne "zu einer Stärkung von Demokratie" führen. Allerdings müsse auch die Ausstattung für das ehrenamtliche Gremium hinreichend sein - von der Geschäftsstelle bis hin zur finanziellen Ausstattung etwa für Reisen oder Sachverständigenanhörungen.

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände mahnte eine "umfassende Einbindung der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften" an. Dies sei "unerlässlich", befand Torsten Mertins. Spätestens bei oberirdischen Erkundungen würden sich die Bürger an die kommunalen Stellen und Politiker wenden: "Bürger treten mit Sorgen und Nöten als erstes an die kommunale Ebene heran."

Ein "sehr wichtiger Punkt" sei auch die Frage, was mit der Kommune passiert, in der das Endlager angesiedelt werden soll - etwa die Frage eines Ausgleichs. Das müsse "jetzt schon" ins Gesetz geschrieben werden, damit klar sei: "Die Kommune, die es treffen wird, wird nicht allein gelassen."

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4. Grüne fordern Reform des Waffengesetzes

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf eine Reform des Waffengesetzes. In einem Antrag (18/11417) fordert sie die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Entwurf vorzulegen. Damit soll Privatpersonen die Nutzung halbautomatischer Schusswaffen verboten werden, "wenn diese nach objektiven Kriterien besonders gefährlich sind (Anzahl der Selbstladungen, Beschaffenheit des Laufs, Kaliber, Magazinkapazität) oder diese Kriegswaffen nachbildet sind beziehungsweise den Anschein von Kriegswaffen erwecken".

Ebenfalls verboten werden soll nach dem Willen der Fraktion "die Verwendung von Großkaliberwaffen und Munition mit besonderen Schusswirkungen im Sinne einer erhöhten Durchschlagskraft oder einem gesteigerten Verletzungspotenzials durch Sportschützen". Zudem soll der Entwurf laut Antrag unter anderem "strenge Aufbewahrungsregeln für Schusswaffen und Munition" vorsehen.

Zur Begründung verweisen die Abgeordneten darauf, dass sich die Verfügbarkeit von Waffen " unmittelbar auf die Bereitschaft zu und die Art und Weise von Gewaltanwendungen auswirken" könne. Sie habe für die allgemeine Kriminalität ebenso wie für terroristische Bedrohungslage erhebliche Bedeutung. So seien im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2015 insgesamt 15.324 Tatverdächtige erfasst worden, "die bei Begehung der Tat eine Schusswaffe mitgeführt haben".

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5. Grüne: Strategie für globale Investitionen

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung auf, eine ressortübergreifende kohärente Strategie für die Investitionsförderung in Entwicklungsländern vorzulegen. Darin soll sie darlegen, wie sie bei der Mobilisierung privaten Kapitals den Anspruch einer menschenrechtsbasierten, nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 sowie den Klimaschutz laut Klimaabkommen von Paris sicherstellen will, schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (18/11410), über den der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung beraten wird.

Unter anderem sollen globale Investitionen einer Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsrisikoprüfung und Folgenabschätzung unterzogen und international anerkannte Menschenrechtsabkommen und die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingehalten werden, verlangen die Grünen. Die Rechte indigener Völker seien zu garantieren und es müsse sichergestellt werden, dass unabhängige Beschwerde- und Entschädigungsmechanismen für Betroffene bestehen. Zudem solle allen Betroffenen eine Klagemöglichkeit im Herkunftsland des privaten Investors eröffnet werden.

"Investitionen sollen und können einen bedeutenden Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer Ziele für nachhaltige Entwicklung leisten, wenn sie nachhaltig und menschenrechtsbasiert ausgestaltet sind", betonen die Abgeordneten. Die derzeitigen Instrumente zur Investitionsförderung der Bundesregierung genügten allerdings nicht dem Anspruch einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 sowie dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und dem Klimaschutz. "Ohne angemessene Steuerung fließen öffentliche und private Mittel häufig an den international vereinbarten globalen Zielen und den Interessen der Entwicklungsländer vorbei", warnen die Grünen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 146 - 8. März 2017 - 17.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2017

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