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BUNDESTAG/7100: Heute im Bundestag Nr. 249 - 19.04.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 249
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 19. April 2018, Redaktionsschluss: 16.18 Uhr

1. Ausländerrecht: Vollzugsdefizite moniert
2. Bundesrat will Klinik-Ausbildung sichern


1. Ausländerrecht: Vollzugsdefizite moniert

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Mit den Mitteln des geltenden Rechts hätten die Behörden in Deutschland bereits 2016 den späteren Attentäter Anis Amri frühzeitig stoppen können. Dieser Eindruck ergab sich am Donnerstag aus einer Anhörung, mit der der 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz") seine öffentlichen Sitzungen aufnahm. Die zum Thema "Asyl- und Aufenthaltsrecht" geladenen Experten sahen mehrheitlich keinen wesentlichen Nachbesserungsbedarf in der Gesetzgebung. Allerdings habe der Fall Amri Vollzugsdefizite offenbart. Insbesondere sei die Kooperation zwischen Bund und Ländern, aber auch der Länder untereinander, ausbaubedürftig. In Deutschland liegt die Entscheidung über Asylbegehren beim Bund, während die Länder für die Gesetzesanwendung einschließlich der Rückführung abgelehnter Asylbewerber zuständig sind.

Der Konstanzer Völkerrechtler Marcel Kau erinnerte an den Paragraphen 58a des Aufenthaltsgesetzes, der den "obersten Landesbehörden" die Möglichkeit gibt, gegen als gefährlich eingeschätzte Ausländer eine "Abschiebungsanordnung" zu erlassen. Sie können dazu auch durch eine "Einzelweisung" des Bundesinnenministeriums angehalten werden. Im Fall Amris, der während seines Aufenthaltes in Deutschland zwischen Nordrhein-Westfalen und Berlin hin und her pendelte, hätten die zuständigen Landesbehörden allein möglicherweise nicht über hinreichende Informationen verfügt, um die Abschiebung anzuordnen. Doch hätte das Bundesinnenministerium die Erkenntnisse aus NRW und Berlin zusammenfassen und eingreifen können. Dass dies nicht geschehen sei, habe möglicherweise auch damit zu tun, dass der 58a damals noch verfassungsrechtlich umstritten gewesen sei. Erst 2017 bestätigte das Bundesverfassungsgericht seine Unbedenklichkeit.

Hans-Eckhard Sommer, Leiter des Sachgebiets Ausländer- und Asylrecht im bayerischen Innenministerium, äußerte Unverständnis dafür, dass trotz mehrfacher Straftaten Amris die zuständigen Staatsanwaltschaften alle Ermittlungsverfahren eingestellt hätten, statt von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Mann in Untersuchungshaft zu nehmen. Sommer warnte davor, aus dem Fall Amri den Schluss zu ziehen, dass der Bund mehr Kompetenzen erhalten müssen. Gerade im Umgang mit Amri sei für ein Großteil des Versagens das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verantwortlich. Weil er dort erst nach neun Monaten einen Anhörungstermin bekommen habe, seien die Ausländerbehörden auf Landes- und Kommunalebene lange Zeit handlungsunfähig gewesen.

Dagegen gab der emeritierte Völkerrechtler Kay Hailbronner zu bedenken, ob in Fällen, in denen die Abschiebung eines ausreisepflichtigen Ausländers sich besonders schwierig gestaltet, die Zuständigkeit nicht automatisch auf den Bund übergehen soll. Wesentlich seien über alle föderale Vielfalt hinweg "einheitliche Verfahrensweisen und Maßstäbe". Dazu bedürfe es einer besseren Koordinierung auch zwischen den Ländern selbst. So wäre es hilfreich, in Fällen der Anwendung einer Ausweisungsanordnung nach Paragraph 58a das Vorgehen der Länder zu "standardisieren" und etwa gemeinsame Maßstäbe für die Definition eines "erheblichen Risikos", wie im Gesetz formuliert, zu entwickeln.

Die Asylanwälte Stephan Hocks, Thomas Oberhäuser und Rolf Stahmann betonten übereinstimmend, dass die in jüngster Zeit immer schneller wechselnde Rechtslage den Praktikern in den Ausländerbehörden, aber auch Betroffenen das Leben schwer mache. So habe es seit 2011 nicht weniger als 30 zum Teil sehr wesentliche Änderungen im Aufenthaltsgesetz gegeben, sagte Oberhäuser.

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2. Bundesrat will Klinik-Ausbildung sichern

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PK) Mit einer gesetzlichen Initiative will der Bundesrat eine bundesrechtliche Regelung des Berufsbildes Operationstechnische Assistenz (OTA) in Krankenhäusern herbeiführen. Ausgebildet werde bisher auf Grundlage einer Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) ohne staatliche Anerkennung, heißt es in einem Gesetzentwurf (19/1720) der Länderkammer.

Die Finanzierung der Ausbildung an Krankenhäusern sei nach Einführung des neuen Entgeltsystems (DRG) für die Krankenhausversorgung nicht mehr gesichert. Die Gesundheitsministerkonferenz habe schon 2006 darum gebeten, eine bundeseinheitliche Regelung einzuleiten sowie die Finanzierung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sicherzustellen. Zur Vermeidung einer Zersplitterung des Heilberufswesens sei eine bundesrechtliche Regelung des Berufsbildes als nichtärztlicher Heilberuf erforderlich.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 249 - 19. April 2018 - 16.18 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2018

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