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BUNDESTAG/7601: Heute im Bundestag Nr. 753 - 11.10.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 753
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 11. Oktober 2018, Redaktionsschluss: 09.51 Uhr

1. Stärkung des Nachhaltigkeitsbeirats
2. Fortentwicklung des Emissionshandels
3. Linke will Transsexuellengesetz aufheben
4. FDP-Fraktion will Soli-Gesetz aufheben
5. Linke fordert Mieterhöhungsstopp
6. Auskunftspflicht von Behörden


1. Stärkung des Nachhaltigkeitsbeirats

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Deutschland ist nach Ansicht einer Internationalen Peer Review Gruppe unter Leitung der ehemaligen Premierministerin von Neuseeland, Helen Clark, für eine ambitionierte Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) gut aufgestellt. Allerdings sei noch viel zu tun, um einen erfolgreichen deutschen Weg hin zu Nachhaltigkeit zu gestalten, heißt es in dem 2018 fertiggestellten Peer Review Bericht, der die Grundlage eines öffentlichen Fachgespräches des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung am Mittwochabend war.

Der Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung, Günther Bachmann, sagte zu Beginn der Veranstaltung, zum dritten Mal nach 2009 und 2013 habe die Bundesregierung "mit großem Erfolg" einen Nachhaltigkeitscheck (Peer Review) in Auftrag gegeben, den der Rat für Nachhaltige Entwicklung organisiert habe. Dieser Nachhaltigkeitscheck sei dazu geeignet, eine Brücke von der einen in die nächste Legislaturperiode zu schaffen. Eine Woche lang hätten die elf Experten (Peers) in Berlin mit Vertretern der Bundesregierung, der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, der Wirtschaft und des Bundestages diskutiert, sagte Bachmann.

Jan-Gustav Strandenaes aus Norwegen, unabhängiger Berater in der Peer Review Gruppe, machte vor den Abgeordneten deutlich, dass Nachhaltigkeit "besonders wichtig für unsere Zukunft ist". Deutschland sei sich dessen bewusst, so der Experte. Andere Länder noch nicht. Die Nachhaltigkeitsstrategie in Deutschland sei hervorragend, könne aber durchaus noch verbessert werden, sagte Strandenaes und warnte davor, sich bei der Umsetzung der SDGs nur die Rosinen rauszupicken. Der Peer forderte, der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung müsse transformiert werden und zugleich mehr Macht bekommen. "Verbessern Sie den Zugang zu Nachhaltigkeitskriterien, vertiefen Sie die Prinzipien für Nachhaltigkeit in der deutschen Verfassung und verbinden Sie die Strategie mit dem deutschen Haushalt", forderte Strandenaes.

Wichtig sei bei den Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit "niemanden zurückzulassen", sagte der Norweger. Wenn die Menschen nicht beteiligt werden, würden sie sich gegen eine nachhaltige Entwicklung wenden. "Das haben wir viel zu oft beobachtet", beklagte er.

Karl Falkenberg, Sonderberater für nachhaltige Entwicklung beim European Political Strategy Center der EU-Kommission, und ebenfalls Mitglied der Peer Review Gruppe, sprach sich auch für eine Aufwertung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung aus. "Die 17 SDGs müssen die Maxime unseres politischen Handelns werden", forderte er. Mit Blick auf eine nachhaltige Wirtschaft kritisierte Falkenberg den seit Jahren vorhandenen Außenhandelsüberschuss Deutschlands. Das führe zu globalen Problemen und sei letztlich nicht nachhaltig. In Deutschland gebe es zudem viele Menschen, die den Eindruck hätten, nicht ausreichend am wirtschaftlichen Erfolg des Landes beteiligt zu werden. Wenn der soziale Zusammenhalt aber mehr und mehr in Frage gestellt werde, empfänden das die Menschen nicht als nachhaltig.

Was die Umweltpolitik angeht, so sei die große Bedeutung von Änderungen bekannt. Dennoch würden auch in Deutschland Klimaziele nicht erreicht, sagte Falkenberg. Damit sei man global auf einem Pfad, "der nicht in die richtige Richtung geht". Trotz aller Erfolge, so der Experte, gebe es offensichtlich auch in Deutschland in Sachen Nachhaltigkeit "dringenden Handlungsbedarf".

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2. Fortentwicklung des Emissionshandels

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SCR) Die auf EU-Ebene vereinbarte Fortentwicklung des europäischen Emissionshandels soll in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat dazu einen entsprechenden Entwurf (19/4727) zur Novellierung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) vorgelegt. Mit der Novelle werden laut Bundesregierung die "nationalen Rechtsgrundlagen für die Ausgestaltung dieses Emissionshandelssystem für die Handelsperiode 2021 bis 2030 geschaffen". Neben der Umsetzung der neuen Vorgaben im TEHG basieren weitere Änderungen demnach auf "Vollzugserfahrungen aus der laufenden Handelsperiode" sowie auf deutscher und europäischer Rechtssprechung. Der Entwurf soll am Donnerstag im vereinfachten Verfahren überwiesen werden.

In seiner Stellungnahme zu dem Entwurf fordert der Bundesrat unter anderem, dass die Landesbehörden jeweils Emissionsberichte zur Verfügung gestellt bekommen. In der dritten Handelsperiode hätten die Länder demnach ungenügenden Zugriff auf Emissionsdaten der Anlagebetreiber gehabt. In ihrer Gegenäußerung stellt die Bundesregierung eine Prüfung des Anliegens in Aussicht. "Allerdings sieht die Bundesregierung derzeit keinen Bedarf für eine solche Regelung", heißt es in der Gegenäußerung.

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3. Linke will Transsexuellengesetz aufheben

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke dringt auf "umfangreiche Reformen" zur Wahrung der Grund- und Menschenrechte von trans- und intergeschlechtlichen Menschen in Deutschland. In einem Antrag (19/4828), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, verweist die Fraktion darauf, dass sich in der jüngeren Vergangenheit " grundlegende Prozesse gesellschaftlichen Umdenkens in Bezug auf sexuelle und geschlechtliche Vielfalt" vollzögen. Dies betreffe neben homo- und bisexuellen Menschen auch jene Menschen, "deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei Geburt anhand des körperlichen Augenscheins durch Dritte vollzogenen Geschlechtseintrags übereinstimmt (transgeschlechtliche Menschen) oder die nach den bisherigen medizinischen Definitionen des Geschlechts nicht in die beiden Kategorien ,männlich' und 'weiblich' zuzuordnen waren" (intergeschlechtliche Menschen).

So habe das Bundesverfassungsgericht im Oktober 2017 festgestellt, "dass ein Personenstandsrecht, das nur Geschlechtseinträge für Männer und Frauen vorsieht, nicht verfassungsgemäß ist", führen die Abgeordneten ferner aus. Zuvor habe es bereits zwischen 1982 und 2011 sieben Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts gegeben, die die meisten Paragraphen des Gesetzes "über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen" (Transsexuellengesetz) " wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft setzten".

Die Bundesregierung soll dem Antrag zufolge einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem das Transsexuellengesetz aufgehoben und das Personenstandsgesetz (PStG) erweitert wird. Dabei soll nach dem Willen der Fraktion die "bislang fortbestehende menschenrechtswidrige Praxis der frühkindlichen Operationen zur Herstellung einer augenscheinlichen Geschlechtseindeutigkeit, die zum Teil mit einer Sterilisation einhergehen", gesetzlich unterbunden werden. "Operationen vor Erreichen der Einwilligungsfähigkeit und ohne interdisziplinäre Aufklärung sowie einer angemessenen Bedenkzeit sind grundsätzlich unzulässig. Maßnahmen zur Abwendung einer lebensbedrohlichen Situation oder zur Abwendung einer schwerwiegenden körperlichen Gesundheitsbeeinträchtigung sind von diesem Grundsatz ausgenommen", heißt es in der Vorlage weiter.

Das Personenstandsrecht soll danach so geändert werden, "dass alle Menschen ohne gravierende Hürden ihren Personenstand und/oder Vornamen frei wählen dürfen". Eine "neue Gutachten- oder Attestpflicht" wird im Personenstandsgesetz nicht eingeführt werden. Darüber hinaus fordert die Fraktion unter anderem, die Kostenübernahme für alle geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sicherzustellen.

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4. FDP-Fraktion will Soli-Gesetz aufheben

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die FDP-Fraktion verlangt die ersatzlose Abschaffung des Solidaritätszuschlages zum 1. Januar 2020. In einem Antrag (19/4854) heißt es: "Die Politik hat den Menschen in Deutschland zugesagt, den Solidaritätszuschlag nur vorübergehend zu erheben, um die Kraftanstrengung Deutsche Einheit zu bewältigen." Wer den Soli über das Jahr 2020 hinaus erheben wolle, breche ein zentrales Versprechen der Politik an die Menschen im vereinigten Deutschland, beschädige das Vertrauen in die Verlässlichkeit von demokratischer Politik insgesamt und schade der politischen und demokratischen Kultur.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf einzubringen, der das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 zum 1. Januar 2020 aufhebt. Das unbefristete Solidaritätszuschlaggesetz 1995 sei mit der Begründung erlassen worden, dass es zur Finanzierung der Vollendung der Einheit als "finanzielles Opfer" unausweichlich und mittelfristig zu überprüfen sei. "Der zur Vollendung der deutschen Einheit aufgelegte Solidarpakt II läuft 2019 aus, so dass auch die Legitimation des Solidaritätszuschlaggesetzes spätestens zu diesem Zeitpunkt wegfällt. Da das Solidaritätszuschlagsgesetz in dieser Hinsicht jedoch nicht zeitlich befristet wurde, muss es durch einen gesonderten gesetzgeberischen Akt aufgehoben werden", stellt die FDP-Fraktion fest.

Einen Fortbestand des Solidaritätszuschlags hält die FDP-Fraktion für einen Verstoß gegen das Grundgesetz, da der Zuschlag als sogenannte Ergänzungsabgabe gegenüber der regulären Besteuerung Ausnahmecharakter besitze und dementsprechend nicht dauerhaft, sondern nur zur Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen erhoben werden dürfe. "Das ,Sonderopfer Soli' wurde mit der Finanzierungsnotwendigkeit der Vollendung der Deutschen Einheit begründet, und dieses Ziel ist spätestens mit Auslaufen des Solidarpaktes II eindeutig erreicht worden", schreiben die Abgeordneten.

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5. Linke fordert Mieterhöhungsstopp

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/MWO) Einen sofortigen Mieterhöhungsstopp fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (19/4829). Darin heißt es, der Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, einen Entwurf vorzulegen, um gesetzlich zu regeln, dass Mieterhöhungen ohne Wohnwertverbesserung bei Bestandsmieten nur in Höhe des Inflationsausgleichs zulässig sind. Zur Begründung heißt es, nicht nur bei Neuvermietungen, auch im Bestand stiegen die Mieten seit Jahren erheblich. Menschen mit geringen Einkommen und Durchschnittverdienende fänden in vielen Großstädten, Ballungsräumen und Universitätsstädten kaum noch Wohnungen, und viele Mieter seien bereits aus ihren Wohnungen verdrängt oder seien akut von Verdrängung bedroht. Weiter heißt es in der Begründung, der Antrag sei bereits im Februar 2014 in den Bundestag eingebracht worden (18/505), habe aber damals keine Mehrheit gefunden. Aufgrund der aktuellen Debatte solle ein neuer Anlauf unternommen werden.

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6. Auskunftspflicht von Behörden

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Verbraucherinformation soll verbessert werden. Die Fraktion Die Linke legt dazu einen Antrag (19/4830) vor, der von der Bundesregierung die Schaffung einer ausreichenden Rechtsgrundlage auf Basis des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) und des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) zur Auskunftspflicht von Behörden über Verstöße von Unternehmen gegen lebensmittel- oder futtermittelrechtliche Vorschriften fordert. Die Abgeordneten beziehen sich damit auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (19/4726), der vorsieht, dass die Behörden künftig die Verbraucher sechs Monate lang über festgestellte Verstöße gegen die Lebensmittelsicherheit in untersuchten Betrieben informieren sollen. Nach Ablauf der Frist ist vorgesehen, diese Informationen wieder zu löschen. Eine frühere Regelung zur Information der Öffentlichkeit über lebensmittelrechtliche Verstöße sei seit dem Jahr 2013 von den Ländern nicht mehr vollzogen worden, weil mehrere Verwaltungsgerichte verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift erhoben und deren Vollzug vorläufig untersagt hatten. Die Linksfraktion fordert, die Löschfrist rechtssicher auf zwei Jahre zu verlängern. Darüber hinaus soll eine Rechtsgrundlage für die bundesweit einheitliche Einführung des "Hygiene-Smileys" oder eines vergleichbaren Symbols zur Kennzeichnung aktueller Kontrollergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung in den Betrieben geschaffen werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 753 - 11. Oktober 2018 - 09.51 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2018

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