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BUNDESTAG/9072: Heute im Bundestag Nr. 1219 - 04.11.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1219
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 4. November 2019, Redaktionsschluss: 15.45 Uhr

1. Lob für Reform des Entschädigungsrechts
2. Mängel in außerklinischer Intensivpflege
3. Spezifische Impfprogramme sinnvoll
4. Hoher Investitionsbedarf bei Bahnbrücken
5. DFS stellt 152 neue Fluglotsen ein
6. Breitbandausbau in Nordrhein-Westfalen


1. Lob für Reform des Entschädigungsrechts

Arbeit und Soziales/Ausschuss

Berlin: (hib/CHE) Die Reform des sozialen Entschädigungsrechts wird von Experten überwiegend als notwendig und sachgerecht begrüßt. Das wurde während einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich. Das bisherige Entschädigungsrecht werde den unterschiedlichen Facetten von erlittener Gewalt und daraus entstandenen Traumata nicht mehr gerecht, der Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/13824) sei deshalb eine dringend nötige Novelle mit vielen Verbesserungen, so der Tenor in der Anhörung.

Die Bundesregierung will Opfer von Gewalttaten künftig schneller und umfangreicher als bisher unterstützen und entschädigen. Damit reagiert sie laut eigener Aussage auf die Auswirkungen des Terroranschlages auf dem Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016. Das Soziale Entschädigungsrecht (SER), das auf dem 1950 für die Kriegsopfer und ihre Hinterbliebenen geschaffenen Bundesversorgungsgesetz (BVG) basiert, soll sich künftig an den heutigen Bedarfen der Betroffenen, insbesondere Opfer von Gewalt- und Terrortaten, ausrichten.

Unter anderem sollen Entschädigungszahlungen deutlich erhöht und der Zugang zu Hilfen erleichtert werden. So sollen schädigungsbedingte Einkommensverluste von Geschädigten ausgeglichen und Einmalzahlungen für durch Gewalttaten im Ausland Geschädigte deutlich erhöht werden. Neu eingeführt werden die sogenannten Schnellen Hilfen, also Leistungen in Trauma-Ambulanzen und Leistungen des Fallmanagements. Der Gesetzentwurf sieht ferner vor, den bisher in der Gewaltopferentschädigung verwendeten Gewaltbegriff neu zu definieren. Erstmals sollen auch Opfer von psychischer Gewalt (schweres Stalking und Menschenhandel) eine Entschädigung erhalten können.

Trotz des grundsätzlichen Lobes forderten einige Expertinnen aber noch Nachbesserungen. So verwies Renate Schepker, Professorin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, auf die besonderen Belange von Kindern und Jugendlichen. Sie äußerte Zweifel daran, dass die Trauma-Ambulanzen, so wie sie derzeit geplant sind, diesen Bedürfnissen gerecht werden. Es müssten zwar nicht zwingend eigene Kinder-Trauma-Ambulanzen eingerichtet werden, aber es müsse sichergestellt werden, dass die Expertise der Kinder- und Jugendpsychiater stärker eingebunden werde, betonte Schepker. Claudia Tietz vom Sozialverband Deutschland e.V. verwies auf mögliche Lücken im Bestandsschutz für jene Altfälle, die bisher nach dem BVG entschädigt werden. Katja Grieger, für den Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe/Frauen gegen Gewalt e.V. geladen, betonte, für Opfer häuslicher Gewalt biete das Gesetz zwar einige Verbesserungen. Es hänge jedoch entscheidend von der Auslegung durch die Versorgungsämter ab, ob und wie den Opfern diese verbesserten Leistungen tatsächlich zugutekommen. Es sei also nicht garantiert, dass diese vom Gesetz profitieren, kritisierte Grieger. Kerstin Claus vom Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs appellierte daran, die bisher bewährten Wege der Hilfe über die spezifischen Fachberatungsstellen nicht zu ignorieren und diese in das Konzept der Schnellen Hilfen aufzunehmen. Es sei zudem eine "massive Schlechterstellung", dass die Entschädigungsleistungen nicht mehr ins Ausland gezahlt werden sollen, sagte Claus.

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2. Mängel in außerklinischer Intensivpflege

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Qualitäts- und Versorgungsmängel in der außerklinischen Intensivpflege gefährden nach Angaben der Bundesregierung die bedarfsgerechte Versorgung der Patienten und schaden der Solidargemeinschaft. Daher werde derzeit eine Reform vorbereitet, heißt es in der Antwort (19/14487) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13792) der Grünen-Fraktion.

Die Bedeutung der außerklinischen Intensivpflege habe in der jüngeren Vergangenheit stark zugenommen. So werde eine zunehmende Zahl von Patienten aus Krankenhäusern entlassen, die weiter einen intensivpflegerischen Versorgungsbedarf hätten.

Für 2018 verzeichneten die Statistiken der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) rund 19.100 Leistungsfälle in der ambulanten und rund 3.400 Fälle in der stationären Intensivpflege mit Leistungsausgaben in Höhe von rund 1,9 Milliarden Euro.

Zugleich gebe es deutliche Hinweise auf eine Fehlversorgung im Bereich der außerklinischen Intensivpflege. Dies betreffe insbesondere die ambulante Versorgung von Beatmungspatienten. Nach Ansicht von Experten werde das Potenzial zur Beatmungsentwöhnung oder Entfernung des Trachestomas (Kanüle zur Luftröhre) bei Patienten in der außerklinischen Intensivpflege nicht ausreichend ausgeschöpft.

Erhebliche Unterschiede in der Vergütung von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege im ambulanten beziehungsweise stationären Bereich führten überdies zu Fehlanreizen in der Leistungserbringung, heißt es in der Antwort weiter. Die ambulante Versorgung, insbesondere in der eigenen Wohnung der Patienten, erfordere wesentlich größere personelle und finanzielle Ressourcen als in vollstationären Einrichtungen.

Es lägen auch Hinweise darauf vor, dass gerade in der ambulanten Intensivpflege bei Patienten zu Hause in manchen Fällen nicht ausreichend qualifiziertes Personal eingesetzt werde. Die hohe Zahl der aus Krankenhäusern entlassenen Beatmungspatienten sei ebenfalls kritisch zu bewerten.

Die gesetzliche Neuregelung ziele darauf ab, Patienten von der Beatmung zu entwöhnen sowie Betroffene, die wegen hoher Eigenanteile von einer spezialisierten stationären Pflege Abstand nähmen, zu entlasten.

Ferner gehe es darum, die Qualität der ambulanten intensivmedizinischen Versorgung durch stärkere Regulierung zu verbessern und Missbrauch zu bekämpfen. Zugleich sollen die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände einschließlich der gewünschten Wohnform angemessen berücksichtigt werden.

Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf würden derzeit ausgewertet. Erforderliche Änderungen und Klarstellungen, auch im Hinblick auf Fragen der Selbstbestimmung und Teilhabe, würden eingearbeitet. So soll die häusliche Intensivpflege weiter möglich sein.

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3. Spezifische Impfprogramme sinnvoll

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Hohe Impfquoten können nach Ansicht der Bundesregierung die Weiterverbreitung des Masernvirus sehr effektiv verhindern. Allerdings seien die Gründe für Masernausbrüche in Ländern mit Impfpflicht vielfältig und nicht ohne weiteres auf Deutschland zu übertragen, heißt es in der Antwort (19/14462) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/13780) der AfD-Fraktion.

Es liege in der Verantwortung der einzelnen Staaten, ihre Impfprogramme und Vorkehrungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten den spezifischen Gegebenheiten anzupassen. Jedes Land müsse diejenigen Lösungen zur Erreichung hoher Impfquoten oder zur Verhinderung von Masern finden, die es unter seinen landesspezifischen Bedingungen als geeignet erachte und umsetzen könne. Dabei könne die Einführung einer Impfpflicht ein Mittel sein.

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4. Hoher Investitionsbedarf bei Bahnbrücken

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Der vor Beginn der Dritten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV III) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG (DB AG) durch den Bund beauftragte Gutachter hat nach Angaben der Bundesregierung einen "theoretischen Nachholbedarf" bei Investitionen in Höhe von 44,5 Milliarden Euro bei der DB Netz AG und 4,5 Milliarden Euro bei der DB Station&Service AG ermittelt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/13896) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/13105) hervor. Im Bereich der Brücken liege der Wert bei 18,46 Milliarden Euro - bei den Gleisen bei 15,92 Milliarden Euro, heißt es in der Vorlage.

Der "kritische Nachholbedarf" liege laut Gutachter bei rund 20 Milliarden Euro. Dabei handle es sich um Anlagen, "die ihre durchschnittliche technische Nutzungsdauer erreicht haben, sich in einem schlechten Zustand befinden und deshalb zu ersetzen sind". Davon entfielen rund 19,3 Milliarden Euro auf die DB Netz AG und 0,7 Milliarden Euro auf die DB Station&Service AG, teilt die Regierung mit.

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5. DFS stellt 152 neue Fluglotsen ein

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) wird bis Ende des Jahres 2019 voraussichtlich 152 neue Fluglotsen eingestellt haben. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/13493) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/13074) hervor.

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6. Breitbandausbau in Nordrhein-Westfalen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Die Bundesregierung listet in ihrer Antwort (19/13492) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/13013) die Zuwendungsempfänger aus Nordrhein-Westfalen auf, die einen Förderbescheid im Rahmen des Bundesförderprogramms Breitbandausbau bekommen haben. Weiter teilt die Regierung mit, dass bei den Infrastrukturprojekten nicht die Verlegung von Kupferleitungen, sondern die Verlegung von Glasfaserleitungen gefördert werde. "Seit dem 1. August 2018 werden nur neue Projekte gefördert, die Glasfaserverbindungen bis zum Endkunden vorsehen", heißt es in der Antwort.

Die letzte Auszahlung der Mittel erfolge nach Prüfung des Endverwendungsnachweises, schreibt die Bundesregierung. Der Zeitpunkt der Anforderung der letzten Auszahlung obliege dem Zuwendungsempfänger und sei abhängig vom Projektfortschritt. Um die Förderung sicherzustellen, werde die Richtlinie über 2019 hinaus verlängert, kündigt die Regierung an.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1219 - 4. November 2019 - 15.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2019

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