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BUNDESTAG/9485: Heute im Bundestag Nr. 176 - 12.02.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 176
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 12. Februar 2020, Redaktionsschluss: 15.30 Uhr

1. Clubs als kulturelle Einrichtungen
2. FDP-Steuersenkungsvorschläge abgelehnt
3. Bundesregierung nimmt zu Kritik Stellung


1. Clubs als kulturelle Einrichtungen

Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen/Ausschuss

Berlin: (hib/SUK) Clubs und Livemusikspielstätten sollten künftig in der Baunutzungsverordnung als kulturelle Einrichtungen und nicht wie bisher als Vergnügungsstätten klassifiziert werden. Darin waren sich Sachverständige in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen am Mittwoch, 12. Februar 2020 unter Vorsitz von Mechthild Heil (CDU) einig.

So sagte Tine Fuchs, Referatsleiterin Stadtentwicklung, Planungsrecht, Bauleitungsplanung, nationale Verbraucherpolitik beim Deutschen Industries- und Handelskammertag (DIHK), für den wünschenswerten Erhalt der Clubkultur seien Änderungen etwa im Baugesetzbuch, beim Lärmschutz und der Stadtentwicklungsplanung nötig. Die Clubszene stelle "einen wichtigen Baustein für das Stadtmarketing" dar und sei auch mit Blick auf den Fachkräftemangel ein "Standortfaktor". Sie sei Teil eines vielfältigen kulturellen Angebots und richteten die Aufmerksamkeit auf "eigentlich vergessene" Räume in der Stadt. In fast allen Städten herrsche Mangel an Flächen für Wohnungsbau, Industrie und Kultur; es brauche aber eine "ordentliche Nutzungsmischung".

Der Hamburger Rechtsanwalt Wolfgang Hopp sagte, die Einordnung der Clubs als Vergnügungsstätten und eine "dogmatische Unterscheidung" von Kulturstätten sei "nicht sachgerecht" und überzeuge nicht. Es gebe dazu keine höchstrichterliche Entscheidung, aber eine deutliche Tendenz, bei der vor allem auf die negativen Folgen der Stadtentwicklung wie etwa Verkehr und Lärm abgehoben werde. Clubs seien dadurch häufig aus den Bebauungsplänen ausgeschlossen und hätten keine Planungssicherheit. Es sei stattdessen ratsam, die Clubs als Einrichtungen für kulturelle Zwecke zu definieren und sie etwa von Diskotheken, die gewerbliche Zwecke erfüllten, abzugrenzen. Ein Kriterium dafür könne etwa die Zahl der Konzerte sein.

Steffen Kache, Clubbetreiber und Vorstandsmitglied des Verbands der Musikspielstätten in Deutschland, berichtete von seinen eigenen Erfahrungen mit dem Club Distillery in Leipzig. 1992 gegründet habe sich der Club national und international einen guten Ruf erwiesen und "die Techno-Szene nach Leipzig geholt". Nach einem Umzug gebe es für den Club nun die Unterstützung aus der Politik, der Investor aber, der auf dem Gelände Wohnungen bauen wolle, bügele mit dem Verweis, die Einrichtung sei eine Vergnügungsstätte, "alle Argumente" weg.

Auch die Betreiberin des Berliner Gretchen-Clubs, Pamela Schobeß, bezeichnete die Klassifizierung als Vergnügungsstätte als eine "Art Damoklesschwert", das über den Clubs schwebe. Eine "Gleichstellung von Clubs mit Bordellen und Spielkasinos" sei unangemessen.

Der frühere Clubbetreiber Jakob Turtur sagte, werde die Baunutzungsverordnung, die schon Jahrzehnte alt sei, nicht verändert, drohe eine weitere "Kommerzialisierung und Mainstreamisierung". Schon jetzt würden die Clubs aus dem städtischen Raum vertrieben, weil die Mieten zu hoch seien und Investoren keine langfristigen Mietverträge abschließen würden. Ein diverses Kulturangebot könne so nicht existieren.

Die Oppositionsfraktionen wollen diese Entwicklung nicht hinnehmen. FDP, Linke und Grüne haben Anträge (19/16833, 19/14156, 19/15121) vorgelegt, nach der Clubs in der Baunutzungsverordnung als Anlagen für kulturelle Zwecke behandelt und Einrichtungen wie Opern, Theatern oder Programmkinos gleichgestellt werden sollen.

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2. FDP-Steuersenkungsvorschläge abgelehnt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch ein von der FDP-Fraktion vorgeschlagenes umfangreiches Steuersenkungspaket abgelehnt. In der von der neuen Ausschussvorsitzenden Katja Hessel (FDP) geleiteten Sitzung stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen gegen den von der FDP-Fraktion eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes - Steuerentlastungsgesetz 2020 (19/16830). Die FDP- und AfD-Fraktion stimmten dafür.

Dem Entwurf zufolge soll der Tarif der Einkommensteuer so "gestreckt" werden, dass man erst bei einem deutlich höheren Einkommen als jetzt den Spitzensteuersatz zahlen muss und auch mit darunterliegenden Einkommen jeweils erst später in einen höheren Steuertarif kommt. Die FDP-Fraktion begründet ihren Vorstoß damit, dass die Steuerquote in Deutschland, also der Anteil des Steueraufkommens an der Wirtschaftsleistung des Landes, Jahr für Jahr steige. 2014, im ersten Jahr mit einem gesamtstaatlich ausgeglichenen Haushalt, habe die Steuerquote 22,01 Prozent betragen. Laut der Steuerschätzung der Bundesregierung solle sie bis 2024 auf 23,58 Prozent steigen. "Dieser unaufhörlichen Steigerungsspirale muss etwas entgegengesetzt werden", heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.

Ziel ist es nach den Worten der Antragsteller, den Tarif "gerechter" zu gestalten. "Einerseits soll die Steuerlast nicht am stärksten bei den kleinen und mittleren Einkommen ansteigen und andererseits soll nicht die Mitte der Gesellschaft mit einem Teil ihres Einkommens den Spitzensteuersatz zahlen müssen." Die gestreckten Tarife sollen nach dem Willen der FDP-Fraktion bereits für das laufende Jahr gelten. Darüber hinaus solle in den Folgejahren der sogenannte Mittelstandsbauch, also die relativ hohe Besteuerung mittlerer Einkommen, "schrittweise und haushaltsverträglich weiter abgeschmolzen werden". Ziel sei "ein linear-progressiver Tarif ohne Stufen".

In der Aussprache erklärte die CDU/CSU-Fraktion, das Thema habe eine umfassendere Betrachtung verdient. Einiges werde in dem Entwurf gar nicht angesprochen. Die SPD-Fraktion bewertete den Entwurf als unausgewogen. Es müsse außerdem über eine stärkere Belastung höherer Einkommen und Vermögen gesprochen werden. Die von der FDP-Fraktion in Aussicht gestellte Entlastung sei nicht gegenfinanziert. Die AfD-Fraktion widersprach der SPD-Fraktion. Eine soziale Unausgewogenheit sei in dem Entwurf der FDP-Fraktion nicht zu erkennen, da inzwischen selbst Durchschnittsverdiener den Spitzensteuersatz zahlen müssten. Der Haushaltsüberschuss von 17 Milliarden Euro sei eine gute Gegenfinanzierung, so die AfD-Fraktion.

Der gesamtstaatliche Überschuss ist nach Ansicht der FDP-Fraktion einer der Gründe, warum die Debatte an Fahrt gewinnt. Der Spitzensteuersatz beginne viel zu früh und fresse sich immer weiter in die Mitte der Gesellschaft hinein. Das Steuersystem insgesamt sei "extrem leistungsfeindlich".

Die Linksfraktion kritisierte, die Entlastungswirkung finde insbesondere bei höheren Einkommen statt. Zwar sei es richtig, dass der Spitzensteuersatz später greifen müsse, aber er müsse dann erhöht werden. Kleine und mittlere Einkommen könnten durch eine Anhebung des Grundfreibetrages entlastet werden, schlug die Linksfraktion vor.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, es müsse über Gegenfinanzierung und Umverteilungswirkung des FDP-Vorschlags geredet werden. Bei einem Bruttogehalt von 90.000 Euro gebe es bei dem FDP-Vorschlag eine Entlastung von 3.000 Euro. "Das ist nicht das, was wir brauchen", so ein Sprecher der Fraktion, der eine Entlastung im unteren und mittleren Einkommensbereich forderte. Vorstellbar sei, dass Geringverdiener eine Auszahlung durch das Finanzamt erhalten würden. Für untere Einkommensbereiche wäre diese auch als "tax credit" bekannte Methode zielführend.

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3. Bundesregierung nimmt zu Kritik Stellung

Wirtschaft und Energie/Unterrichtung

Berlin: (hib/PEZ) Auf Kritikpunkte des Bundesrats zum Gesetzentwurf für Gebäudeenergie (19/16716) geht die Bundesregierung in einer als Unterrichtung (19/17037) vorgelegten Stellungnahme ein. In der Gegenäußerung nimmt sie Bezug auf die detaillierten Änderungswünsche, die der Bundesrat an dem Gesetzentwurf hegt. Dabei geht es auch um Vereinfachungen für die Praxis bezüglich des Umgangs mit Normen. Der Gesetzentwurf "zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude" sieht vor, das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz in einem neuen Gesetz, dem Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz - GEG), zusammenführen. Künftig soll für den Neubau von Gebäuden ein einheitliches Anforderungssystem gelten, in dem Energieeffizienz und erneuerbare Energien integriert sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 176 - 12. Februar 2020 - 15.30 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2020

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