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BUNDESTAG/9572: Heute im Bundestag Nr. 263 - 09.03.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 263
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 10. März 2020, Redaktionsschluss: 08.57 Uhr

1. Votum für Abschaffung des Kostenbeitrags
2. Linke: Gesundheitsversorgung für alle
3. Gewaltdelikte gegen DB-Mitarbeiter
4. Im Einsatz verletzte Bundespolizisten
5. IPv6 in der Bundesverwaltung
6. Keine Informationen über Kryptohandel


1. Votum für Abschaffung des Kostenbeitrags

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Anhörung

Berlin: (hib/AW) Die Forderung der FDP- und Linksfraktion nach einer Abschaffung des Kostenbeitrags von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Pflegefamilien ist bei Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag mehrheitlich auf Zustimmung gestoßen. Vier der sechs geladenen Experten unterstützten einen entsprechenden Antrag der FDP (19/10241) und einen Gesetzentwurf der Linken (19/17091) zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Nach der aktuellen Gesetzeslage können junge Menschen, die sich in vollstationärer Betreuung durch eine Pflegeeinrichtung oder einer Pflegefamilie befinden, zu einem Kostenbeitrag von bis zu 75 Prozent ihres Einkommens, das sie im Rahmen ihrer Ausbildung oder eines Nebenjobs verdienen, herangezogen werden.

Sowohl Markus Dostal vom Projekt Petra als auch Björn Hagen vom Evangelischen Erziehungsverband, Rechtsanwältin Gila Schindler von der Kanzlei für soziale Unternehmen, Carmen Thiele vom Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien und die Rechtswissenschaftlerin Friederike Wapler von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sprachen sich übereinstimmend dafür aus, auf die Kostenheranziehung zu verzichten. Sie schlossen sich der Argumentation der FDP- und der Linksfraktion an, dass jungen Menschen nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden dürften, dass ihre leiblichen Eltern nicht in der Lage sind, für sie sorgen zu können. Zudem würde die Kostenheranziehung demotivierend auf die jungen Menschen wirken, die auf die Unterstützung der Kinder- und Jugendhilfe angewiesen seien. Sie erschwere außerdem die Bildung eines finanziellen Vermögens und somit die Verselbstständigung der betroffenen jungen Menschen. Auch die Öffnungsklausel in Paragraf 94 SGB VIII, die es ermöglicht, auf die Kostenheranziehung zu verzichten oder diese zu reduzieren, sei problematisch. Zum einen führe dies zu einem höheren Verwaltungsaufwand in den Jugendämtern, zudem werde von dieser Möglichkeit in den Bundesländern höchst unterschiedlich Gebrauch gemacht.

Abweichend von den anderen Experten sprach sich der Rechtswissenschaftler Reinhard Wiesner von der Freien Universität Berlin gegen eine völlige Abschaffung des Kostenbeitrags aus, sondern plädierte für dessen "deutliche" Verringerung auf beispielsweise 25 Prozent. Wiesner argumentierte, eine Vollversorgung aus öffentlichen Mitteln, die die Einnahmen der jungen Menschen völlig unberücksichtigt lasse, verstoße gegen das Grundprinzip des Nachrangs der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII. Zudem helfe dies jungen Menschen auch nicht, zu lernen, dass Kost und Wohnung mit Aufwendungen verbunden sind. Auch junge Menschen, die bei ihren Eltern leben, würden nicht selten Anteile ihres Einkommens zu Hause abgeben. Auch Regina Offer vom Deutschen Städtetag wies darauf hin, dass auch in Familien, in denen der Lebensunterhalt durch die Eltern sichergestellt wird, das zivilrechtliche Unterhaltsrecht gelte und das regelmäßige Einkommen der Kinder bis zu einem Betrag zwischen 90 und 100 Euro auf den Unterhalt der Eltern angerechnet werde. Um keine Schlechterstellung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Herkunftsfamilien herbeizuführen, sollte eine Anpassung des Kostenbeitrags nur "vorsichtig erfolgen". Der Kostenbeitrag sollte deshalb 50 Prozent des regelmäßigen Einkommens nicht unterschreiten.

Die übrigen Sachverständigen sahen eine bloße Absenkung des Kostenbeitrags wie von Wiesner und Offer vorgeschlagen kritisch. Dies würde zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand und somit zu höheren Kosten führen.

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2. Linke: Gesundheitsversorgung für alle

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Linksfraktion fordert eine gute Gesundheitsversorgung auch für Menschen ohne Krankenversicherung oder mit Beitragsschulden. Viele Menschen in Deutschland erhielten nur Leistungen unterhalb des Notwendigen oder hätten gar keinen Anspruch auf medizinische Versorgung, heißt es in einem Antrag (19/17543) der Fraktion. Dies betreffe vor allem Obdachlose, Wohnungslose, Illegalisierte, Geflüchtete, Asylsuchende sowie erwerbslose Menschen aus EU-Mitgliedsstaaten.

Die Abgeordneten fordern in dem Antrag unter anderem einen Härtefallfonds für die Behandlung von Menschen ohne Absicherung im Krankheitsfall. Ferner sollten bundeseinheitliche Regelungen für die Einführung eines anonymen Krankenscheins zur Versorgung von Unversicherten oder Illegalisierten im Regelversorgungssystem geschaffen werden.

Allen mittellosen Personen mit Beitragsschulden in der Gesetzlichen und Privaten Krankenversicherung (GKV/PKV) sollte ein dauerhafter Schuldenerlass gewährt werden. Ferner sollte die Mindestbemessung bei freiwillig Kranken- und Pflegeversicherten, auch Selbstständigen, auf 450 Euro abgesenkt werden. Der Basistarif der PKV sei perspektivisch in das System der kassenärztlichen Versorgung zu integrieren.

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3. Gewaltdelikte gegen DB-Mitarbeiter

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bundespolizei hat im vergangenen Jahr insgesamt 1.508 Gewaltdelikte gegen Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG erfasst. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/17437) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/16848) weiter hervorgeht, handelte es sich dabei in 1.073 Fällen um Körperverletzung, während es in anderen Fällen etwa um Bedrohung oder Nötigung ging. Im Jahr 2018 belief sich die Zahl der von der Bundespolizei erfassten Gewaltdelikte gegen Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG den Angaben zufolge auf 1.324 Dabei ging es laut Vorlage in 1.316 Fällen um Körperverletzung.

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4. Im Einsatz verletzte Bundespolizisten

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im vergangenen Jahr sind fast 500 Bundespolizisten im Einsatz auf Bahnhöfen und in Zügen verletzt worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/17436) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/16870) hervor. Danach bewegte sich die Zahl der im Einsatz auf Bahnhöfen und in Zügen verletzten Bundespolizisten in den vorangegangenen fünf Jahren zwischen 446 im Jahr 2014 und 348 im Jahr 2018, um im Jahr 2019 auf 497 anzusteigen.

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5. IPv6 in der Bundesverwaltung

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um die "Einführung des Internetprotokolls Version 6 (IPv6) in der Bundesverwaltung geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/17389) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/16684). Wie die Fraktion darin schrieb, war "IPv4 (Internet Protocol Version 4)" die "erste weltweit verbreitete Version des Internet Protokolls". Die Anzahl möglicher Adressen sei bei diesem Protokoll auf 4,3 Milliarden begrenzt und könne nicht nachträglich erhöht werden. Die Umstellung verläuft der Vorlage zufolge jedoch schleppend. Im Juni 2019 habe nur "ein Bruchteil der Dienste des Bundes via IPv6" erreichbar geschienen. In der ebenfalls im Juni 2019 erschienenen Architekturrichtlinie für die IT des Bundes werde gefordert, dass alle Neubeschaffungen mit IPv6 funktionsfähig sein sowie alle bestehenden Systeme IPv6-fähig gemacht werden müssen.

Wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht, existiert trotz bereits getroffener Festlegungen und Einzelvorhaben bislang kein übergreifender Umsetzungsplan für die Einführung von IPv6. Aus diesem Grund sei das Bundesinnenministerium aufgefordert worden, einen IPv6-Masterplan zur verbindlichen Einführung von IPv6 in der Bundesverwaltung zu erarbeiten.

Der Entwurf des IPv6-Masterplans für die Bundesverwaltung wurde der Antwort zufolge im vergangenen Jahr erstellt. In der Sitzung der Konferenz der IT-Beauftragten der Ressorts im Dezember 2019 sei durch das Bundesinnenministerium dieser Entwurf für einen IPv6-Masterplan für die Bundesverwaltung vorgelegt worden. Dieser befinde sich nach Rücksprache mit den Ressorts in weiterer Abstimmung.

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6. Keine Informationen über Kryptohandel

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesregierung liegen keine über öffentlich verfügbare Informationen hinausgehende Kenntnisse über den Wert und die Halter der in Deutschland gehaltenen Kryptowerte vor. In einer Antwort der Bundesregierung (19/17413) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/16940) heißt es weiter, die Durchführung der Besteuerung beim Handel von Kryptoassets obliege den Finanzbehörden der Länder.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 263 - 10. März 2020 - 08.57 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2020

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