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BUNDESTAG/9587: Heute im Bundestag Nr. 278 - 11.03.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 278
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 11. März 2020, Redaktionsschluss: 13.15 Uhr

1. FDP-Vorstoß für Sparer abgelehnt
2. Kostenträger bei Krankenhausbegleitung
3. Vorstellung des EFI-Gutachtens 2020
4. Anträge zu Ökologie und Digitalisierung
5. Qualifizierung und Kurzarbeit


1. FDP-Vorstoß für Sparer abgelehnt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwoch einen Vorstoß der FDP-Fraktion zum besseren Schutz von Sparern sowie zur besseren Förderung von Vermögensaufbau und Altersvorsorge abgelehnt. In der von der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) geleiteten Sitzung lehnten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Fraktionen von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag der FDP-Fraktion (19/16794) ab, die vollständige steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Wertpapiergeschäften wiederherzustellen. Weiter wird gefordert, den Sparerpauschbetrag an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen und den Solidaritätszuschlag umgehend für alle Steuerpflichtigen - und damit auch für Anleger - abzuschaffen. Der Bundesregierung wird in dem Antrag vorgeworfen, statt einer breit angelegten Stärkung der Wertpapierkultur das Gegenteil zu praktizieren und die Sparer vom Kapitalmarkt abzuschrecken. Als Beispiele werden die geplante Einführung einer Aktiensteuer genannt sowie die weitere Erhebung des Solidaritätszuschlags auf Kapitalerträge. Der Sparerpauschbetrag sei seit seiner Einführung 2009 nicht mehr an die Inflation angepasst worden. Für den Antrag stimmte nur die FDP-Fraktion, die AfD-Fraktion enthielt sich.

In der Aussprache erklärte die CDU/CSU-Fraktion, der Antrag enthalte viele Themen, von denen einige berechtigt seien, andere aber nicht. Die Fraktion kündigte Vorschläge zur Verbesserung der privaten Altersvorsorge an. Die SPD-Fraktion bezeichnete unter Verweis auf die jüngsten negativen Kursentwicklungen den Vorstoß, Altersvorsorge an der Börse zu betreiben, als falschen Weg. Es mache mehr Sinn, Vertrauen in die gesetzliche Rente zu haben, die eine höhere Rendite zu verzeichnen habe als private Modelle.

Die AfD-Fraktion erklärte, einigen Punkten könne sie zustimmen, anderen aber nicht. Sie kritisierte die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank über den Sekundärmarkt, womit das Verbot der direkten Staatsfinanzierung umgangen werde. Das sei "abenteuerlich". Die FDP-Fraktion beklagte, dass die Bundesregierung eine Reihe von Verschlechterungen für die private Vermögensbildung auf den Weg gebracht habe oder noch bringen wolle. Als Beispiel wurde unter anderem die Aktiensteuer genannt.

Die Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen wiesen den FDP-Vorstoß energisch zurück. Man teile schon den Grundansatz nicht, sagte ein Sprecher der Linksfraktion. Eine Stärkung der Wertpapierkultur sei kein Betrag zur Stärkung der Altersvorsorge. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, sie sei in zentralen Punkten diametral anderer Ansicht. So müsse der Verbraucherschutz gestärkt statt dereguliert werden.

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2. Kostenträger bei Krankenhausbegleitung

Petitionen/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss setzt sich für eine Klarstellung ein, wer im Falle eines Krankenhausaufenthaltes von Menschen mit Behinderung die Kosten für eine professionelle Krankenhausbegleitung übernimmt. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedete der Ausschuss einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition mit dem höchsten möglichen Votum "zur Berücksichtigung" an die Bundesregierung zu überweisen und sie den Fraktionen des Bundestags zur Kenntnis zu geben.

In der Eingabe fordert die Petentin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, ein geregeltes Verfahren mit eindeutiger Zuständigkeit eines Kostenträgers, wenn Menschen mit Behinderung eine professionelle Krankenhausbegleitung benötigen. Zur Begründung heißt es in der Petition, als aufgrund ihres Autismus in einer Einrichtung der Behindertenhilfe lebend, müsse die Petentin dringend bei einem bevorstehenden Krankenhausaufenthalt von einer Begleitperson betreut werden. Da ihre Mutter hierzu nicht in der Lage sei, könne dies nur durch einen Mitarbeiter der Einrichtung erfolgen. Unklar sei aber, ob die dadurch entstehenden Kosten vom Sozialhilfeträger oder von der Krankenkasse übernommen würden. Hier bestehe eine Gesetzeslücke, wodurch sich ihre Behandlung im Krankenhaus verzögern würde, heißt es in der Petition.

Wie aus der Begründung zur Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses hervorgeht, vertritt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Auffassung, dass Assistenzleistungen im Bereich der Eingliederungshilfe erbracht werden, "um Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder hierbei zu unterstützen". Aufgrund des Nachranggrundsatzes könnten diese Leistungen nur gewährt werden, "wenn kein vorrangiger Leistungsträger verantwortlich ist". Daher kämen Leistungen der Eingliederungshilfe zur Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen während eines Krankenhausaufenthaltes nicht in Betracht. Dies sei vorrangig Aufgabe der Krankenhäuser, urteilt das BMAS. Auch aus Sicht der Länder, so heißt es weiter, liege es in der Verantwortung der Krankenhäuser, die Versorgung von Menschen mit Behinderung während eines Krankenhausaufenthaltes sicherzustellen und das dafür qualifizierte Personal vorzuhalten.

Nach Auffassung des Petitionsausschusses ist aber im vorliegenden Fall plausibel dargelegt worden, dass der bewilligte Assistenzbedarf während eines Krankenhausaufenthaltes fortbesteht und durch eine der Petentin vertraute Begleitperson gedeckt werden muss. Es sei "unpräzise geregelt", wie die Kosten, die der Wohneinrichtung der Petentin durch die notwendige Begleitung entstehen, erstattet werden können, kritisieren die Abgeordneten. Sie teilen der Beschlussempfehlung zufolge die Auffassung des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, dass im Zuge der Leistungsbewilligung deutlich zwischen Pflege und Assistenz im Krankenhaus differenziert werden müsse. Die sei bislang "nicht immer im gebotenen Maß erfolgt".

Es sei unrealistisch, den Bedarf einer Assistenzleistung unter Berufung auf den Nachranggrundsatz durch die Krankenhäuser decken zu lassen, befinden die Parlamentarier. Der Bedarf für die Teilhabeleistung Assistenz ende weder an der Krankenhaustür, noch wandle er sich dort in einen medizinischen oder pflegerischen Bedarf um. Die Weitergewährung von Assistenzleistungen bei einem Krankenhausaufenthalt müsse daher in der Bewilligungspraxis der Leistungsträger verlässlich verankert werden, "sei es durch eine entsprechende Auslegung des derzeitigen Leistungskatalogs oder aber durch eine ausdrückliche Ergänzung desselben", schreibt der Petitionsausschuss.

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3. Vorstellung des EFI-Gutachtens 2020

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Um die Vorstellung des Jahresgutachtens 2020 der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) der Bundesregierung ging es am Mittwoch vor dem Ausschuss für Bildung und Forschung. Professor Uwe Cantner, Wirtschaftswissenschaftler an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der University of Southern Denmark sowie Vorsitzender der EFI-Kommission, sagte: "Viele Empfehlungen werden umgesetzt und sind auf einem guten Weg." Die EFI-Kommission leistet wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung und legt seit 2008 jährlich ein Gutachten vor und gibt Empfehlungen zu Innovationsforschung von Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Bildungsökonomie, Ingenieurs- und Naturwissenschaften.

Cantner lobte unter anderem die Tatsache, dass mittlerweile 3,13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgegeben werden. Cantner sagte: "Damit sind wir dem 3,5-Prozent-Ziel im Jahr 2025 ein wichtiges Stück näher gekommen." Zudem begrüßte er die Einführung der steuerlichen FuE-Förderung in Deutschland und die Einsetzung der Agentur für Sprunginnovationen. Beides hatte die Kommission gefordert. Ferner trat Cantner dafür ein, die Plattform GAIA-X, die eine vernetzte und sichere Dateninfrastruktur für Europa schaffen soll, schnell und vor allem benutzerfreundlich zu realisieren und ausreichende Kapazitäten zu schaffen. Der wissenschaftler unterstrich auch, wie wichtig der Pakt für Forschung und Innovation für den Technologietransfer ist, wie auch die Tatsache, dass der Bund durch den Zukunftsvertrag, als Nachfolge des Hochschulpaktes, dauerhaft an der Stärkung von Studium und Lehre beteiligt ist.

Ein Kernthema des aktuellen Berichts ist der Innovationsstandort Ostdeutschland 30 Jahre nach der Wiedervereinigung. Obwohl es zwischen ost- und westdeutschen Unternehmen bei der Innovationsbereitschaft kaum noch Unterschiede gebe, sei der Anteil innovationsaktiver Unternehmen in Ostdeutschland nach wie vor deutlich geringer als im Westteil des Landes. "Im Osten gibt es immer noch Probleme, Ideen auch wirklich an den Markt zu bringen", sagte Cantner. Nach Meinung der Experten soll die Politik dennoch nicht Mittel nach dem "Gießkannenprinzip" verteilen, sondern ihre Förderung für strukturschwache Region an Exzellenzkriterien ausrichten und durch innovationsorientierte Strukturpolitik wie den Breitbandausbau verstärken.

Ein weiteres Kernthema ist die Cybersicherheit. Laut des Gutachtens entstehen für ein Drittel der deutschen Unternehmen negative Auswirkungen bezüglich Innovationsaktivitäten, zudem gebe es zu wenige Cybersicherheitsfachleute und es würden deutlich weniger Patente als in den USA, China oder Japan angemeldet. Nach einer Untersuchung der EFI-Kommission geben rund zwölf Prozent der Unternehmen an, wegen der Gefahr eines Cyberangriffs keine neuen Innovationsprojekte zu planen. 15,8 Prozent Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und 17,6 Prozent aus der Informationswirtschaft hätten geplante Innovationsprojekte nicht begonnen, bei rund 30 Prozent der Unternehmen würden sich existierende Innovationsprojekte verzögern. Die Experten empfehlen deshalb, neben der Deckung an Fachkräften und der Gewährleistung digitaler Infrastrukturen, zügig die seit Spätsommer 2019 geplante Cyberagentur zu starten.

Drittes Kernthema ist der Wissens- und Technologieaustausch zwischen Deutschland und China. Entgegen der Annahme, dass "China Deutschland Wissen wegnimmt", wie es Cantner formulierte, zeigen die Zahlen laut EFI-Gutachten ein anderes Bild. Während China in Deutschland nur 7,8 Milliarden Euro an Direktinvestitionen (foreign direct investment oder FDI) tätigt, liegt der Wert deutscher FDI in China bei 86 Milliarden Euro. Cantner betonte, dass chinesische Direktinvestitionen in Deutschland die Leistungskraft der betroffenen Unternehmen und ihre FuE-Entwicklungen oder Patentanmeldungen bislang nicht geschwächt hätten. Grundsätzlich müsse man aber bei Investitionen gerade bei sensiblen Infrastrukturen genauer hinschauen. Das gelte allerdings nicht nur für China.

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4. Anträge zu Ökologie und Digitalisierung

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/LBR) Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit haben am Mittwochmorgen Anträge der FDP-Fraktion (19/17097) und der Grünen-Fraktion (19/15804) zur ökologischen Gestaltung der Digitalisierung diskutiert. Der Antrag der FDP-Fraktion wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Der Grünen-Antrag fand Zustimmung bei der Linksfraktion, alle anderen Fraktionen lehnten ihn ab.

Der Antrag der Liberalen nimmt die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung im Umweltschutz in den Fokus. Konkret fordern die Abgeordneten etwa ein Blockchain-basiertes Kreislaufsystem. Damit soll der aktive Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre belohnt werden. Auch der Umweltschutz könne gestärkt werden, indem etwa bei neuen Bauwerken des Bundes ab 2022 alle für ein effizientes Recycling notwendigen Informationen digital per BIM (Building Information Modeling) vorgehalten werden. Nach Vorstellung der Liberalen soll die Bundesregierung einen Smart City-Stufenplan entwickeln, der im Ergebnis als Musterbeispiel für Kommunen gelten soll.

Auch der Antrag der Grünen fordert eine Abstimmung der Digitalpolitik mit ökologischen Zielsetzungen. Richtschnur dafür müssten die Klima- und Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen sein. Die Grünen-Abgeordneten begründen ihren Vorstoß mit der Schlüsselrolle, die digitalen Technologien beim Kampf gegen den Klimawandel zukomme. Kernpunkt sei eine Reduktion des Stromverbrauchs der öffentlichen IT und insbesondere in den Rechenzentren von Bundeseinrichtungen. Auch brauche es eine Überarbeitung diverser Digitalisierungsstrategien sowie einen Fokus auf energiesparsame Anwendungen im Bereich Künstliche Intelligenz, heißt es in dem Antrag.

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5. Qualifizierung und Kurzarbeit

Arbeit und Soziales/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/CHE) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD wollen Beschäftigte besser für den Strukturwandel in der Arbeitswelt rüsten und Betriebe mit neuen Kurzarbeit-Regelungen während krisenhafter Zeiten unterstützen. Das sieht ein entsprechender Gesetzentwurf (19/17740) von Union und SPD vor, der am Freitag in erster Lesung vom Bundestag beraten und in der kommenden Sitzungswoche beschlossen werden soll. Damit möchte man sicherstellen, dass die erweiterten Kurzarbeit-Regelungen schon im April in Kraft treten und so die Unternehmen während der Corona-Krise unterstützen.

So werden bis 2021 befristete Verordnungsermächtigungen in das Gesetz aufgenommen, die es der Bundesregierung ermöglichen, den Zugang zu Kurzarbeitergeld zu erleichtern und die Betriebe zu entlasten. Auch Leiharbeitnehmern soll der Bezug von Kurzarbeitergeld offenstehen. Für den Fall krisenhafter Zeiten soll es möglich sein, Kurzarbeitergeld bereits zu gewähren, wenn zehn Prozent der Beschäftigten vom Entgeltausfall betroffen sind (im Normalfall gilt dies erst ab einem Drittel der Beschäftigten). Auch auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit soll vollständig oder teilweise verzichtet werden. Arbeitgeber sollen die von ihnen zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge für kurzarbeitende Beschäftigte komplett erstattet bekommen.

Kern des Gesetzes sind jedoch umfangreiche Maßnahmen, um die Qualifizierung und Weiterbildung von Beschäftigten zu verbessern. So sollen Regelungen des Qualifizierungs- chancengesetzes weiterentwickelt werden. Unter anderem sollen die Zuschüsse bei Qualifizierungsvereinbarungen der Sozialpartner und bei besondern Weiterbildungsbedarfen erhöht werden. Für Betriebe, die vor gravierenden betrieblichen Veränderungen stehen, sollen die Zuschüsse um zehn Prozentpunkte erhöht werden, wenn mindestens ein Fünftel des Belegschaft qualifiziert werden muss.

Außerdem soll mit dem Gesetz ein Rechtsanspruch auf Förderung des Nachholens eines Berufsabschlusses eingeführt werden. Auch sind Änderungen bei der Ausbildungsförderung geplant. Unter anderem sollen ausbildungsbegleitende Hilfen und das Instrument der Assistierten Ausbildung zusammengeführt werden. Die Ausbildungsförderung während einer betrieblichen Berufsausbildung soll auch für Grenzgänger geöffnet werden. Derzeit geltende Regelungen zur Zahlung einer Weiterbildungsprämie sollen bis Ende des Jahres 2023 verlängert werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 278 - 11. März 2020 - 13.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2020

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