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BUNDESTAG/9853: Heute im Bundestag Nr. 546 - 27.05.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 546
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Mai 2020, Redaktionsschluss: 13.35 Uhr

1. Kein Rettungspaket des Bundes für ÖPNV
2. Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
3. FDP will Wechselrecht für Versicherte
4. Abmilderung der Covid-19-Effekte
5. Schuldenmoratorium wegen Corona
6. Geldanlagen des Stabilitätsmechanismus


1. Kein Rettungspaket des Bundes für ÖPNV

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Linke und Grüne fordern verstärkte Bundeshilfen für die als Folge der Corona-Pandemie in finanzielle Schieflage geratenen Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Ohne ein Rettungspaket der Bundesregierung sei der ÖPNV in seiner jetzigen Form gefährdet, sagte der Vertreter der Linksfraktion während der Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch. Es müsse dann mit Entlassungen, Linienverdichtungen und einer weiteren Arbeitsverdichtung für die Belegschaft gerechnet werden. Mit den Ankündigungen der Regierung, bestehende Programme, wie etwa die Regionalisierungsmittel, zu schärfen, seien die immensen aktuellen und zu erwartenden Probleme des ÖPNV nicht zu lösen, sagte der Fraktionsvertreter. Mit Blick auf das neun Milliarden Euro-Hilfsprogramm für die Lufthansa sei die Prioritätensetzung der Bundesregierung stark zu hinterfragen, befand er.

Auf die Finanzierungszuständigkeit der Länder hinzuweisen, wie es die Regierung tue, sei ein schwaches Argument, weil der Pandemiefall nicht von den Ländern festgestellt worden sei, sondern von der Bundesregierung und dem Bundestag, hieß es von Seiten der Grünen. Daher sei ein Rettungspaket des Bundes angemessen. Was die Bundesregierung aber aktuell zur Unterstützung des ÖPNV plane, habe nichts mit der Corona-bedingten Sondersituation zu tun, kritisierte der Fraktionsvertreter.

Für die Bundesregierung wies der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Enak Ferlemann (CDU), diese Einschätzungen zurück. Aus der Ausrufung des Pandemiefalls durch den Bund eine Zahlungsverpflichtung für alle Folgen zu kreieren, sei abenteuerlich, befand er. Außerdem machte Ferlemann deutlich, dass der Bund die den Ländern zum Betrieb des ÖPNV zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel bewusst nicht abgesenkt habe, obwohl weniger Verkehre gefahren würden. Dies stelle eine "Quasi-Liquiditätshilfe" dar. Der Verkehrsstaatssekretär sagte zugleich, auf die Verwendung der Regionalisierungsmittel habe der Bund keinerlei Einfluss. Dies sei vom Bundesrat ausdrücklich so gewünscht worden. Weiter sagte Ferlemann, es sei sehr schnell eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe geschaffen worden, um den Corona-bedingten Schaden festzustellen, der demnach bei etwa fünf Milliarden Euro liegt. Eine beihilferechtliche Lösung sei durch das BMVI fertiggestellt worden und solle in den kommenden Tagen zur Notifizierung an die EU-Kommission geschickt werden.

Die FDP-Fraktion sieht - anders als Grüne und Linke - in erster Linie die Länder in der Pflicht, Vorschläge zur Unterstützung des ÖPNV zu unterbreiten. Bei der Diskussion über eventuelle Hilfen, müsse aber auch berücksichtigt werden, dass - etwa durch pauschale Hilfen - nicht die Unternehmen bestraft werden, die bislang sehr erfolgreich eine hohes Maß ihrer Kosten über Ticketerlöse gedeckt haben, gab ein Fraktionsvertreter zu bedenken.

Auch der Vertreter der AfD-Fraktion wies daraufhin, dass der ÖPNV Ländersache sei. Die Länder seien zudem auch selber verantwortlich für die von ihnen getroffenen Maßnahmen, die zu dem Rückgang der ÖPNV-Nachfrage geführt hätten. Seiner Vermutung nach werde die Corona-Krise zu einer dauerhaften Verhaltensänderung führen, sagte der AfD-Vertreter. Die zu beobachtende Stärkung des Individualverkehrs werde auch in Zukunft nicht eins zu eins zurückgehen. Das ÖPNV-Angebot müsse sich dem künftigen Mobilitätsverhalten anpassen, forderte er.

Für die SPD-Fraktion machte deren Vertreter deutlich, dass am ÖPNV als Rückgrat der Verkehrswende festgehalten werde. Ein "Roll-Back" zum motorisierten Individualverkehr werde es mit seiner Fraktion nicht geben. Mit Blick auf die Einnahmeausfälle beim ÖPNV kritisierte der SPD-Vertreter einzelne Bundesländer, Behörden und auch Unternehmen, die von einer Nutzung des ÖPNV gewarnt hätten, auch nach Einführung der Maskenpflicht. Seiner Ansicht nach müsse generell über die Finanzierung des ÖPNV gesprochen werden, da die jetzige Finanzierung nicht zukunftsfähig sei.

Aus Sicht des Vertreters der Unionsfraktion zeigt die Krise, dass die Nutzerfinanzierung eine wichtige Säule für ein hochwertiges ÖPNV-Angebot sei. Falle diese Säule weg, kämen die Unternehmen in Probleme, wie sich jetzt zeige. Dies sei auch ein Beleg dafür, wie unsinnig die Forderungen nach einem kostenlosen ÖPNV seien, befand der Vertreter der CDU/CSU-Fraktion. Die Bundesregierung, so seine Einschätzung, habe angesichts der Einnahmeverluste bei weitgehender Aufrechterhaltung des Angebots sehr früh den Dialog mit den Beteiligten gesucht und um gute und sinnvolle Lösungen gerungen.

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2. Reform des Staatsangehörigkeitsrechts

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke dringt darauf, "das Staatsangehörigkeitsrecht umfassend zu modernisieren". In einem Antrag (19/19484), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.

Dabei sollen nach den Vorstellungen der Fraktion Mehrfachstaatsangehörigkeiten infolge einer Einbürgerung oder aufgrund der Geburt in Deutschland akzeptiert und "die Pflicht zur Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit" entfallen. Einbürgerungsberechtigt soll laut Vorlage sein, wer seit mindestens fünf Jahren seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, sofern er zum Zeitpunkt der Antragstellung über einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel verfügt.

Wie aus dem Antrag ferner hervorgeht, soll der Anspruch auf Einbürgerung unabhängig vom Einkommen oder dem sozialen Status der Betroffenen bestehen und insbesondere der Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch nicht ausschlaggebend sein. "Die Fähigkeit zur einfachen alltagstauglichen mündlichen Verständigung in der deutschen Sprache ist ausreichend", heißt es in der Vorlage weiter. Danach sollen die Einbürgerungsgebühren deutlich abgesenkt werden, weil an Einbürgerungen ein öffentliches Interesse bestehe, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Teilnahme an Staatsbürgerschaftskursen soll der Fraktion zufolge keine Einbürgerungsvoraussetzung sein.

Wie die Abgeordneten zudem ausführen, soll die deutsche Staatsangehörigkeit "grundsätzlich per Geburt in Deutschland verliehen" werden. Ausreichend seien der rechtmäßige Aufenthaltsstatus und dauerhafte Wohnsitz eines Elternteils.

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3. FDP will Wechselrecht für Versicherte

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Lebensversicherte sollen künftig die Möglichkeit zum Wechsel der Versicherungsgesellschaft bekommen, wenn ihre Verträge an eine Run-Off-Plattform oder an einen anderen Versicherer verkauft werden sollen. Dies fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (19/19423). Versicherungsverträge, die ansonsten nur durch Kündigung beendet werden könnten, würden so leichter fortgesetzt, erwartet die Fraktion. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass der Versicherte die Lebensversicherung bei einem Run-Off außerordentlich kündigen kann.

Die FDP-Fraktion begründet ihren Antrag mit den Folgen der Niedrig- und Negativzinsphase, die zunehmend Auswirkungen auf die private Altersvorsorge in Deutschland habe. Durch das Missverhältnis zwischen Garantiezins und Realzins würden immer mehr Versicherungsgesellschaften kein Neugeschäft mehr betreiben. Sie seien gerade im Bereich der Lebensversicherung dazu übergegangen, Altbestände an spezialisierte Abwicklungsplattformen (Run-Off-Plattformen) zu übertragen. Diese Run-Off-Plattformen würden inzwischen bereits Bestände mit einem einer Versicherungssumme von etwa 263 Milliarden Euro verwalten.

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4. Abmilderung der Covid-19-Effekte

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Ein Ziel der finanzpolitischen Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene ist die Abmilderung der wirtschaftlichen Effekte der Covid-19-Pandemie auf den Wirtschafts- und auf dem Privatsektor. Dies erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/19277) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/18775). Die Maßnahmen würden zur Vermeidung von Insolvenzen eigentlich gesunder Unternehmen dienen. Die Aufsichtsbehörden hätten zudem verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Kreditvergabefähigkeit der Banken zu erhalten. Mit den Maßnahmen dürfte auch einem scharfen Anstieg sogenannter fauler Kredite entgegengewirkt werden, erwartet die Bundesregierung.

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5. Schuldenmoratorium wegen Corona

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um das von den G20-Staaten beschlossene Schuldenmoratorium für Entwicklungsländer geht es in einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/19295). Nach Angaben der Fraktion soll das Moratorium den betroffenen Entwicklungsländern ermöglichen, zusätzliche Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu finanzieren anstatt Kredite bedienen zu müssen. Die Bundesregierung soll Details zum Schuldenmoratorium nennen. Außerdem wird gefragt, ob Erkenntnisse darüber vorliegen, dass die Volksrepublik China die Schuldenstundung an den Zugang zu Rohstoffen beziehungsweise zur Infrastruktur in den jeweiligen Entwicklungsländern knüpfen soll.

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6. Geldanlagen des Stabilitätsmechanismus

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um Anlageentscheidungen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) geht es in einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/19290). Anlass ist die Unterzeichnung der "Principies for Responsible Investment" (PRI) der Vereinten Nationen durch den ESM. Die Unterzeichner haben sich verpflichtet, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG-Kriterien) bei den Anlageentscheidungen mit einzubeziehen. Die Bundesregierung wird nach den Auswirkungen dieser Entscheidung gefragt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 546 - 27. Mai 2020 - 13.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2020

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