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PRESSEKONFERENZ/448: Regierungspressekonferenz vom 6. Juli 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift Pressekonferenz - Freitag, 6. Juli 2012
Regierungspressekonferenz vom 6. Juli 2012

Themen: Änderungen am Verfassungsgerichtsgesetz Rumäniens, Abrechnung von Notfalleinsätzen, internationale Afghanistan-Konferenz in Japan, Termine der Bundeskanzlerin (Reise nach Reims anlässlich des 50. Jahrestags der sogenannten Versöhnungsmesse, Reise nach Indonesien)
Weitere Themen: Angeblich geplante Europareise des US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney, Elterngeld, offener Brief von Wirtschaftswissenschaftlern zu den Beschlüssen des jüngsten EU-Gipfels, deutsch-italienische Konsultationen, Entsendung eines Bundeswehroffiziers auf Bitten der Firma Krauss-Maffei Wegmann nach Saudi-Arabien, staatliche Finanzierungsprogramme für den Schiffbau

Sprecher: StS Seibert, Albrecht (BMG), Augustin (AA), Albin (BMJ), Wieduwilt (BMJ), Laubinger (BMFSFJ), Kotthaus (BMF), Wendt (BMAS), Wiegemann (BMWi)



Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich wollte Ihnen eine Mitteilung zur innenpolitischen Entwicklungen in Rumänien machen, wo die Regierung Ponta, wie Sie sicherlich wissen, Änderungen am Verfassungsgerichtsgesetz anstrebt und diese teilweise auch schon per Eilverordnung durchsetzt. Das ist eine Entwicklung, die die Bundesregierung mit großer Sorge betrachtet. Insbesondere darf nach unserer festen Überzeugung die Unabhängigkeit und die Handlungsfähigkeit des rumänischen Verfassungsgerichts nicht infrage gestellt werden. Eilige Gesetzesänderungen und Eilverordnungen, um die Kompetenzen von staatlichen Organen zu beschneiden, untergraben das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit eines Landes. Die Unabhängigkeit der drei Gewalten ist die Grundlage gesicherter Rechtsstaatlichkeit. Wer sich an eine Veränderung der Balance dieser Gewaltenteilung machen will, der sollte das nur mit größtmöglichem gesellschaftlichen Konsens tun. Die Bundesregierung hat allerdings große Zweifel an der Legitimität der von der Regierung Ponta ergriffenen Maßnahmen.

Diese aktuellen Entwicklungen werden Berücksichtigung bei der anstehenden Überprüfung im Rahmen des Kooperations- und Verifikationsmechanismus der EU sowie auch bei der Frage des Schengen-Vollbeitritts Rumäniens finden. Die Bundesregierung wird ihr Vorgehen in dieser Sache sehr eng mit ihren europäischen Partnern abstimmen.

Albrecht: Ich wollte Sie kurz über ein Thema informieren, das zugegebenermaßen auf die Hauptstadt begrenzt war, das aber zu einigen Nachfragen im Bundesgesundheitsministerium geführt hat. Sie wissen vielleicht, dass es in Berlin einen Streit über die Abrechnung von Notfalleinsätzen gab. Die Feuerwehren haben seit dem 1. Juli Rechnungen an die Versicherten verschickt, die diese Rechnungen normalerweise nie gesehen haben, weil das zwischen Krankenkassen und Feuerwehren beziehungsweise im Senat geklärt wurde. Dieser Zustand ist heute Nacht wiederhergestellt worden. Es hat eine Verständigung gegeben. Das heißt, die Versicherten müssen künftig nicht damit rechnen, wenn sie einen Notfall haben und von der Feuerwehr ins Krankenhaus oder zum Arzt transportiert werden, eine Rechnung zu erhalten. Es wird so bleiben, dass die Feuerwehren diese Rechnungen an die Krankenkassen schicken und die Krankenkassen diese Rechnungen dann begleichen.

Augustin: Nach der heutigen Syrien-Konferenz in Paris wird Außenminister Westerwelle am Nachmittag nach Japan weiterreisen. Dort wird er an der internationalen Afghanistan-Konferenz, die am Sonntag stattfinden wird, teilnehmen. In Tokio wollen wir dazu beitragen, dass eine klare und langfristige Perspektive für ein friedliches und stabiles Afghanistan geschaffen wird, von dem keine Gefahr mehr für die Welt ausgeht. Das hat Außenminister Westerwelle heute Morgen in Paris erklärt. Für Deutschland geht es darum, die Mittel für den zivilen Wiederaufbau und die Entwicklung Afghanistans auch nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen Ende 2014 auf dem aktuellen Niveau zu verstetigen.

Diese Konferenz ist sozusagen das zivile Gegenstück zum Nato-Gipfel in Chicago. Für uns war es wichtig, dass die afghanische Zivilbevölkerung wie es auch bei der Bonner Konferenz der Fall war eng eingebunden wird. So wird es am Samstagabend auch ein Treffen von Außenminister Westerwelle und Minister Niebel mit Vertretern der afghanischen Zivilgesellschaft geben. Außerdem wird es am Rande der Konferenz bilaterale Gespräche von Außenminister Westerwelle etwa mit Präsident Karsai und mit der pakistanischen Außenministerin sowie auch eine bilaterale Begegnungen mit dem japanischen Außenminister geben.

Frage: Herr Augustin, können Sie kurz erklären, wie Japan in Afghanistan engagiert ist oder warum es eine Afghanistan-Konferenz in Japan gibt?

Augustin: Es gibt eine Afghanistan-Konferenz in Japan, weil Japan eine sehr lange Tradition der zivilen Unterstützung in Konfliktgebieten hat. Japan hat sich dafür interessiert, diese Konferenz auszurichten, und will damit eben auch sein Engagement in diesem Bereich unterstützen. Darin treffen sich auch deutsche und japanische Interessen, denn für Deutschland ist gerade auch die zivile Stabilisierung des Landes besonders wichtig.

StS Seibert: Ich hatte in dieser Woche schon angekündigt, dass die Bundeskanzlerin an diesem Sonntag nach Reims reisen wird. Ich kann Ihnen jetzt ein klein wenig mehr über das Programm sagen; deswegen greife ich das noch einmal auf. Anlass dieser Reise ist der 50. Jahrestag der sogenannten Versöhnungsmesse in der Kathedrale von Reims, an der damals Charles de Gaulle und Konrad Adenauer teilgenommen haben; ein wirklicher Meilenstein in der Beziehung unserer beiden Völker. Die Bundeskanzlerin wird um 11 Uhr vor der Kathedrale vom französischen Staatspräsidenten Hollande mit militärischen Ehren empfangen werden. Anschließend werden beide an einer Gedenkfeier in der Kathedrale teilnehmen. Es wird eine Rede des Erzbischofs von Reims, Thierry Jordan, geben. Anschließend werden sie eine Ausstellung der Charles-de-Gaulle-Stiftung im Palais de Tau einweihen. Ab 12 Uhr werden der Staatspräsident und die Bundeskanzlerin dann auf dem Platz vor der Kathedrale eine Rede halten. Daran wird sich noch ein Mittagessen im Rathaus von Reims anschließen. Die Verabschiedung der Bundeskanzlerin ist für 14 Uhr geplant.

Am Montagnachmittag das ist dann der 9. Juli wird die Bundeskanzlerin zu einer Reise nach Indonesien aufbrechen. Indonesien ist das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt. Sie wird am Dienstag, dem 10. Juli, dort eintreffen und in Jakarta vom indonesischen Staatspräsidenten Yudhoyono mit militärischen Ehren empfangen werden. Anschließend werden beide ein Gespräch führen, in dessen Mittelpunkt die bilateralen deutsch-indonesischen Beziehungen wie auch regionale und globale Fragen stehen werden. Anschließend wird die Bundeskanzlerin mit dem Präsidenten des indonesischen Verfassungsgerichtes, Prof. Mahfud, zusammentreffen. Auf dem Programm stehen außerdem Treffen mit deutschen und indonesischen Wirtschaftsvertretern sowie mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Die Bundeskanzlerin wird das Tsunami-Frühwarnzentrum sowie die evangelische Immanuelkirche und die Istiqlal-Moschee besuchen. Ihr Rückflug ist für Mittwochmittag vorgesehen. Wir bieten Ihnen gleich im Anschluss an diese Regierungspressekonferenz dazu ein Briefing mit dem außenpolitischen Berater Christoph Heusgen an, bei dem wir dann sehr viel stärker ins Detail gehen können.

Wegen der Reise die Rückkehr ist, wie gesagt, erst für Mittwochmittag angesetzt ist dann für den kommenden Mittwoch keine Sitzung des Bundeskabinetts vorgesehen.

Frage: Frau Lagarde wird am 10. Juli auch in Indonesien sein und auch den indonesischen Staatspräsidenten treffen. Wird es da irgendein Treffen geben? Sind Sie darüber informiert? Ist zumindest die Möglichkeit eines Zusammentreffens gegeben?

StS Seibert: In dem Plan des Besuchs der Bundeskanzlerin in Indonesien das ist ein bilateraler Besuch, ihr erster als Kanzlerin in Indonesien ist keine Begegnung mit Frau Lagarde vorgesehen.

Albin: Ich wollte Ihnen unseren neuen Kollegen vorstellen. Das ist Hendrik Wieduwilt. Er wird selbst ein paar Worte sagen.

Wieduwilt: Guten Tag, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Name ist Hendrik Wieduwilt. Ich bin von Haus aus Jurist, habe aber auch eine Zeit lang journalistisch in Frankfurt bei der "FAZ" gearbeitet. Zwischendurch habe ich nicht ganz leichten Herzens noch ein Referendariat gemacht und war dann beim ZDF. Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit netzjuristischen Themen, insbesondere mit dem Urheberrecht und dem Datenschutz. Ich bin dafür jetzt auch in der Pressestelle des BMJ zuständig, zusätzlich zum Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Ich freue mich sehr, in diesem ehrwürdigen Rahmen mit Ihnen sprechen zu können. Vielen Dank!

Vorsitzender Mayntz: Wir freuen uns auch und wünschen eine gute Zusammenarbeit!

Frage: Herr Seibert, der republikanische Präsidentschaftskandidat Romney plant offenbar eine Europareise, die ihn nach Großbritannien und später unter anderem auch nach Deutschland führen wird. Ist Ihnen darüber etwas bekannt? Gibt es schon Pläne, ob er mit der Bundeskanzlerin zusammentreffen wird und möglicherweise eine Rede vor dem Brandenburger Tor oder so etwas halten wird?

StS Seibert: Ich glaube, man kann das Wort "offenbar" in Ihrem ersten Satz überhaupt nicht genug unterstreichen. Die einzige Kenntnis, die wir davon haben oder die ich davon habe, ist eine Meldung in einem amerikanischen Internetportal. Das bringt die Bundesregierung jetzt noch nicht dazu, da es auch keinerlei Anfragen gibt, sich mit dieser Frage zu befassen.

Zusatzfrage: Ist es nach wie vor so, dass das Brandenburger Tor für Präsidentschaftskandidaten anderer Länder tabu ist, oder hat sich die Einschätzung der Bundesregierung, einmal ganz allgemein gefragt, geändert?

StS Seibert: Einmal ganz allgemein geantwortet: Die Einschätzung der Bundesregierung in dieser Frage hat sich nicht geändert.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Elterngeld. Der Unionsfraktionsvorsitzende Kauder hat via "Süddeutsche Zeitung" heute den Vorstoß gemacht, dies demnächst überprüfen zu wollen. Meine Frage an den Regierungssprecher: Ist das ein Vorstoß, den die Bundesregierung unterstützt?

StS Seibert: Die Bundesregierung stellt das Elterngeld jetzt nicht infrage. Das ist eine sinnvolle Maßnahme, weil sie Müttern und Vätern in der ersten Zeit nach der Geburt den Schonraum schafft, um sich auf gesicherter finanzieller Basis ganz dem Kind widmen zu können. Das Elterngeld fördert im Übrigen durch die Vätermonate auch das, was wir doch alle gesellschaftlich wollen, nämlich eine partnerschaftliche Verteilung der Aufgaben in der Familie und bei der Erziehung. Das ist also eine sinnvolle Maßnahme.

Wir teilen auch das, was Volker Kauder in dem Interview gesagt hat, nämlich dass er der Auffassung ist, dass wir uns gerade bei solchen gesellschaftspolitischen Fragen auch die Zeit lassen müssen, damit die Regelungen in der Bevölkerung angenommen werden. Deswegen stellen wir dieses Elterngeld jetzt nicht beispielsweise aufgrund der Geburtenentwicklung das wird ja immer suggeriert infrage. Man muss auch sagen, dass sich der Erfolg oder die Sinnhaftigkeit des Elterngeldes nicht daran bemisst, ob die Zahl der Geburten im kommenden Jahr steigt, was ohnehin schwierig ist, wenn wir heute sehr viel weniger Frauen im gebärfähigen Alter haben, als dies beispielsweise vor 10 oder 20 Jahren der Fall war.

Über Weiteres werden wir befinden, wenn wir, wie geplant, das Elterngeld und andere familien- und ehepolitischen Leistungen in ihren Wechselwirkungen untersucht und evaluiert haben werden. Die Ergebnisse werden im Jahr 2013 vorliegen, und dann kann man eine Diskussion auf einer gesicherteren Grundlage führen.

Laubinger: Vielleicht noch eine kurze Ergänzung dazu: Das Elterngeld ist so oft wie noch keine andere familienbezogene Leistung evaluiert worden, nämlich insgesamt dreimal. Die letzte Untersuchung ist im Februar dieses Jahres veröffentlicht worden. Wir hatten dazu auch eine Pressemitteilung veröffentlicht. Das ist der Elterngeld-Monitor, der auch auf unserer Seite abrufbar ist.

Noch ein Wort zu den Zielen: Das Elterngeld ist ausdrücklich keine Gebärprämie, sondern hat das können Sie auch in der Gesetzesbegründung nachlesen verschiedene Ziele Herr Seibert hat sie zum Teil schon angesprochen , nämlich erstens, einen Schonraum für Familien zu schaffen, um sich nach der Geburt des Kindes ohne finanzielle Nöte der Kinderbetreuung zu widmen. Das zweite Ziel ist, die wirtschaftliche Existenz beider Elternteile mittel- und langfristig zu sichern. Dabei spielt auch der schnelle Wiedereinstieg von Frauen natürlich eine große Rolle, und das wirkt sich dann auch auf die Alterssicherung von Frauen aus. Das dritte Ziel ist, die Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung zu stärken. All diese drei Ziele das hat die DIW-Studie zum Elterngeld-Monitor belegt sind durch das Elterngeld erreicht worden. Mögliche Entwicklungen der Fertilität sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung gewesen, weil sie kein Gesetzesziel sind.

Frage: Sie sagten, das sei keine Gebärprämie. Dennoch zeigt sich der eine oder andere Abgeordnete doch enttäuscht darüber, dass das keine Auswirkungen auf die Zahl der Geburten gehabt habe. Können Sie aufgrund der vielen Evaluierungen sagen, ob sich die Geburtenzahl noch schlechter entwickelt hätte, wenn es dieses Elterngeld nicht gegeben hätte?

Laubinger: Zur Geburtenzahlen muss man zwei Dinge sagen:

Das Erste ist, dass die Geburtenzahl keinen Aufschluss darüber gibt, wie sich die Geburtenrate entwickelt. Denn die Geburtenrate misst ja die Geburten im Verhältnis zur Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter. Wir haben auch einen Rückgang der Frauen im gebärfähigen Alter zu verzeichnen. Das heißt, die Geburtenzahl sinkt schon allein aufgrund dieser demographischen Entwicklung.

Das Zweite ist, dass das, was das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat, vorläufige Zahlen sind. Die endgültigen Zahlen werden im August vorliegen. Es zeigt sich der Erfahrung nach, dass die immer noch einmal leicht ansteigen. Man muss also abwarten, wie sich das dann tatsächlich entwickeln wird. Ich kann hier noch keine Prognose abgeben, aber die sinkenden Geburtenzahlen hängen eben auch mit den Frauen im gebärfähigen Alter zusammen.

Dann noch ein Hinweis: Die Entscheidung für ein Kind hängt natürlich von vielen Faktoren ab, auch von Faktoren, die die Politik eben nicht beeinflussen kann. Familienpolitische Faktoren können zwar auf die Fertilität Auswirkungen haben, aber das sind zumeist wirklich langfristige Auswirkungen. Es bringt nichts, dabei kurzfristige Kausalitäten herzustellen.

Frage: Sie haben gesagt, 2013 werde diese Evaluierung vorliegen. Warum dauert das eigentlich so lange? Nach meiner Erinnerung ist dieses Projekt ja schon seit Jahren in der Mache.

Laubinger: Genau, das Projekt war 2009 gestartet und schon damals als ein vierjähriges Projekt angelegt. Das ist eine wissenschaftliche Studie, die mehrere Module umfasst. Sie untersucht das Zusammenwirken von familienbezogenen Leistungen auf die familienpolitischen Ziele, insbesondere in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die wirtschaftliche Stabilität von Familien und die frühe Förderung von Kindern. Das dauerte deshalb so lange, weil das alles Hand und Fuß haben soll. Das ist eine wissenschaftliche Studie, die auch komplexe Zusammenhänge misst. Deswegen ist das auf vier Jahre ausgelegt worden und wird auch vier Jahre lang durchgeführt. Zwischenergebnisse sind aber schon immer wieder nachzulesen. Dazu kann ich Ihnen gerne etwas zuschicken.

Zusatzfrage: Habe ich die Zahl richtig im Kopf, dass es ungefähr 200 Milliarden Euro sind, die aktuell für familienpolitische Leistungen ausgegeben werden, oder kennen Sie da eine andere Zahl?

Laubinger: Das liefere ich

Zuruf: Vielleicht können Sie auch noch einmal sagen, welche Mittel momentan für das Elterngeld bereitgestellt werden. Ich meine, das sind 4,5 Milliarden oder 4,8 Milliarden Euro, aber vielleicht haben Sie eine präzise Zahl.

Laubinger: Insgesamt sind die familien- und ehebezogenen Leistungen gut 150 Maßnahmen und Leistungen. Die haben ein Finanzvolumen in Höhe von rund 187 Milliarden Euro.

Das Elterngeld schwankt natürlich immer, je nach den Leistungsbeziehern. Das bewegt sich bei 4,5 Milliarden Euro. Die genaue Zahl liefere ich Ihnen gerne noch nach. Die ist aber auch jeweils im Haushalt nachzulesen.

Frage: Herr Kotthaus, im Zusammenhang mit den 160 Wirtschaftswissenschaftlern und ihrem offenen Brief (zu den Beschlüssen des jüngsten EU-Gipfels) hat Minister Schäuble davon gesprochen, das sei kontraproduktiv. Was genau hat er damit ausdrücken wollen?

Kotthaus: Danke für die Frage. Ich fand meinen Minister heute Morgen eigentlich recht expressiv. Wenn ich mir die Ticker-Meldungen dazu anschaue, scheinen die meisten auch erkannt zu haben, worum es geht.

Ich glaube, Kernproblem oder Kernthema der Einlassungen des Ministers von heute Morgen war das Folgende: Natürlich schätzen und preisen wir alle die Freiheit von Lehre und Wissenschaft in Deutschland. Aber es ist schon ganz hilfreich, wenn man sich die Sache, die man kritisiert, vielleicht auch vorher einmal durchliest. Man spricht von einer drohenden Vergemeinschaftung der Bankschulden, und in den Beschlüssen des Europäischen Rates von Donnerstag und Freitag der letzten Woche findet sich dazu kein Wort. Es ist auch keiner auf dem Weg dahin. Das passiert überhaupt nicht. Beschlossen worden ist vielmehr, dass wir an einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht arbeiten wollen. Beschlossen worden ist, dass wir uns in diesem Fall verstärken wollen. Dann ist beschlossen worden, näher zu schauen, wie wir die spanischen Banken mit den existenten Instrumenten des EFSF rekapitalisiert bekommen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn der Minister von "kontraproduktiv" spricht, dann ist, glaube ich, seine Sorge, dass diese dementsprechend knallig geäußerten Bedenken und Sorgen in der Bevölkerung einfach für Sorgen sorgen, die unberechtigt sind. Ich glaube, die ganze Diskussion und Krise rund um den Euro ist nicht einfach zu vermitteln. Sie ist nicht einfach zu verstehen. Ich bilde mir ein, dass wir uns maximal darum bemühen, es zu tun. Deswegen sind ja zum Beispiel auch der Fiskalpakt und der ESM ausführlich und mit allen Beteiligten auch mit allen Beteiligten im Bundestag diskutiert worden. Deswegen machen wir, was immer wir tun können, um das auch dem Publikum zu erklären. Aber solche knalligen Äußerungen machen es nicht leichter. Ich glaube, darauf bezog sich das "kontraproduktiv".

Frage: Es gibt inzwischen im "Handelsblatt" auch so eine Art Gegenappell von sieben Ökonomen. Herr Kotthaus oder auch Herr Seibert, ist das jetzt eine Art akademischer Sturm im Wasserglas, oder wie beurteilen Sie das?

Kotthaus: Es gibt zahlreiche Ökonomen, die sich zu diesem Thema der Eurorettung einlassen. Das ist ja gut und auch hilfreich. Ich finde, die akademische Diskussion ist bei der Entscheidungsfindung im politischen Prozess immer hilfreich. Aber ich befürchte, dass es einfach eine Vielfalt an sehr unterschiedlichen Meinungen und Empfehlungen gibt, wenn man darauf schauen muss. Im Endeffekt muss die Politik entscheiden, was der richtige Weg ist, um voranzugehen - natürlich im Dialog mit allen Beteiligten, natürlich im Dialog mit der Wissenschaft und natürlich im Dialog mit empirischen Erkenntnissen und Ähnlichem mehr. Das tun wir bis jetzt ganz erfolgreich. Aber noch einmal: Sie finden draußen so viele Meinungen, wie Sie suchen. Das ist alles wohlfeil und alles gut, aber entscheiden müssen es im Endeffekt wir.

Noch einmal: Diese Bundesregierung und auch gerade dieser Bundesfinanzminister sind keine Verpflichtungen eingegangen, die auch nur entfernt dem gleichen, was in dem Appell von gestern zu finden ist. Deswegen kann man schon einmal sagen, dass es nicht hilfreich ist, wenn eine Diskussion noch zusätzlich angeheizt wird, indem man Sachen hineininterpretiert, die auch bei größtem Interpretationsvermögen nicht darin gesehen werden können.

StS Seibert: Ich würde das nur dahingehend ergänzen, dass derjenige, der die Beschlüsse des Europäischen Rates gründlich liest, darin sehr klar vorfindet, dass es auch weiterhin ganz unseren Überzeugungen entsprechend keine Abkürzungen und keine schnellen, bedingungslosen Wege zu europäischer Hilfe gibt, dass weiterhin alle Mechanismen intakt sind, die dafür sorgen, dass nichts gegen Deutschland durchgesetzt werden kann und durchgesetzt wird, das nicht unseren Ansprüchen genügt, und dass, um es auch einmal positiv auszudrücken, ein sehr wichtiger Weg betreten worden ist, nämlich der Weg zu einer einheitlichen europäischen Bankenaufsicht. Das ist auch zutiefst in unserem deutschen Interesse. Auch das ist eine Schrittfolge, die dazu führen wird, dass, wie gesagt, nichts gegen Deutschland durchgesetzt werden wird. Es wird zuerst ein Vorschlag der Kommission gemacht, der mit Einstimmigkeit beschlossen werden muss, usw. Ich glaube also, man muss einfach noch einmal festhalten: In dem Gutachten oder dem Appell der Ökonomen werden Gefahren an die Wand gemalt und Sorgen geschürt, denen uns dieser letzte Europäische Rat wirklich keinen Schritt näher gebracht hat.

Frage: Von dem Glaubensstreit zu den konkreten Maßnahmen und in Anknüpfung an die letzte Sitzung der BPK: Herr Kotthaus, haben Sie von den Spaniern oder von der Troika inzwischen etwas an konkreten Prüfergebnissen aus der laufenden Mission gehört? Anders herum gefragt: Ist jetzt dezidiert klar, dass am Montag bei der Sitzung des Ecofin-Rats keine Beschlüsse zu Spanien fallen werden? Gibt es heute, am Freitag, inzwischen konkrete Termine, an denen diese Beschlüsse nun fallen könnten oder an denen der Bundestag zu einer Sondersitzung in Sachen Spanien zusammengerufen wird?

Kotthaus: Nein.

Zusatzfrage: Auf was war das die Antwort, auf den zweiten Teil oder den ersten Teil?

Kotthaus: Eigentlich auf alle Teile. Ich hätte auch "Nein, nein, nein" sagen können.

Zusatzfrage: Sie hätten auch Ja sagen können. Ist jetzt also klar, dass am 9. nichts passieren kann?

Kotthaus: Wir haben bis jetzt noch keinen Bericht vorliegen. Dementsprechend wird man auch am Montag keine Entscheidungen fällen können, weil, wie wir ja wissen, vorher auch der Bundestag befasst werden müsste. Wie profund, wie detailliert dann am Montag die Diskussion zu Spanien sein wird, werde ich Ihnen mit großer Freude am Montag mitteilen können, wenn wir dann vielleicht weitere Informationen haben werden. Aber momentan kann ich Ihnen über den Stand von Mittwoch hinaus noch nichts mitteilen. - Das war jetzt, glaube ich, tatsächlich dreimal Nein.

Zusatzfrage: Vielleicht können Sie noch zweimal Nein sagen: Steht Ihr Minister immer noch zur Verfügung, um im Notfall den Eurogruppen-Vorsitz zu übernehmen? Wird das am Montag ein Thema sein, damit der Ecofin-Rat wenigstens über etwas Konkretes zu befinden hat?

Kotthaus: Ich mache mir große Sorgen, worüber wir uns unterhalten sollen, wenn das einmal geregelt sein wird. - Das Thema des Eurogruppe-Vorsitzes ist seit der Äußerung von Jean-Claude Juncker, dass er nicht weiter zur Verfügung stehe, weiterhin offen. Dafür gibt es zurzeit auch noch keine Lösung. Die Franzosen haben gesagt "Da gibt es ein Paket", und das würde bedeuten, dass das nur auf der Ebene des Europäischen Rates gelöst werden können, wie Sie wissen; das ist aber auch nichts Neues. Ich kann Ihnen also momentan keine Aussichten für den Montag nennen.

Zusatzfrage: Was ist mit der Frage, ob Ihr Minister noch zur Verfügung steht, wenn es kein anderer machen will?

Kotthaus: Muss ich es wirklich wiederholen?

Zusatz: Ja!

Kotthaus: Mein Minister hat mehrfach gesagt, dass ihm und der gesamten Bundesregierung am Herzen liegt und wichtig ist, dass es einen Eurogruppen-Vorsitzenden aus dem Kreis der Finanzminister der Mitgliedstaaten gibt. Diese institutionelle Aufhängung ist das, auf das sich alles fokussiert. Er hat in der Vergangenheit auch mehrfach gesagt: Er reißt sich nicht darum, aber er würde auch nicht davor zurückscheuen. Ich glaube, an dieser Haltung hat sich auch nichts geändert. Aber ich kann Ihnen hier kein konkretes Datum nennen, an dem diese Frage geklärt sein wird. Es gibt schlicht und ergreifend keinen neuen Stand.

Frage: Ich wollte noch einmal zu dem Thema Abkürzungen kommen. Ich wollte wissen, wie die Einschätzung der Bundesregierung ist, ob der spanischen Regierung auch klar ist, dass es, was ihre Banken betrifft, keine Abkürzungen gibt. Mir scheint der Druck relativ groß zu sein, vielleicht doch eine zu nehmen.

Kotthaus: Wenn Sie sich die Schlussfolgerungen der Staats- und Regierungschefs der Eurogruppe anschauen, dann ist ein klarer Bezug auf die EFSF, auf die bekannten Instrumente auf eine Überleitung auf den ESM enthalten. Das bedeutet: Das Instrument ist bekannt, nämlich Hilfe bei der Rekapitalisierung von Banken, die an den Staat geht. Das ist am letzten Donnerstag so besprochen und beschlossen worden. Deswegen gehe ich voller Optimismus davon aus, dass der allgemeine Kenntnis- und Sachstand ist.

StS Seibert: Es ist darin noch einmal ausdrücklicher Bezug darauf genommen worden, dass die Nutzung von EFSF und ESM nach den bestehenden und von allen verabschiedeten Leitlinien zu geschehen hat.

Frage: Herr Kotthaus, die "Bild"-Zeitung berichtet, dass es nun doch keine Finanzbeamten geben soll, die in Griechenland helfen, die Finanzverwaltung aufzubauen. Können Sie einen Grund dafür nennen und ob es stimmt, dass die griechische Regierung sich eine Einmischung verbeten hat?

Kotthaus: Nein.

Zusatzfrage: Es stimmt nicht? Es stimmt alles nicht?

Kotthaus: Der Sachstand ist wie folgt: Seit geraumer Zeit hat die Bundesregierung in Koordination mit den Bundesländern, die ja im Wesentlichen die Finanzbeamten haben, die vor Ort in Griechenland im Sinne von Workshops, Trainings, Begleitung und Ähnlichem mehr dabei helfen könnten, ungefähr 170 Steuerexperten weiterhin bereitstehen. Diese Maßnahmen werden über Brüssel koordiniert. Die Koordinierungsstelle dafür ist die EU-Kommission. Diese hat vor Ort in Athen einen größeren Stab, um dementsprechende Unterstützungsmaßnahmen im Steuerbereich zu koordinieren. Es gab bis jetzt in diesem Jahr zwei- bis dreitägige Workshops in Athen, an denen auch deutsche Experten teilgenommen haben. Wir stehen weiter bereit.

Mir ist nichts von einer Äußerung der griechischen Regierung in dem Sinne von "Wir wollen die nicht, wir möchten nicht, wir tun das nicht" bekannt. Das kann ich nicht bestätigen. Ich gehe davon aus, dass die längere Dauer, was Wahlen in Griechenland betrifft, vielleicht auch bei weiteren Workshops zu Verzögerungen geführt hat. Ich habe keinerlei Hinweise dahingehend, dass das Programm, das, wie gesagt, mit Koordinierung und Unterstützung der Kommission aufgelegt worden ist, beendet, gestoppt oder auf Dauer verschoben sein sollte. Wie gesagt: Wir sind bereit. Die Kommission muss einfach sagen, wann die nächsten Einsätze sein sollen.

Frage: Ich möchte gerne auf das Treffen am Mittwoch in Rom mit der italienischen Regierung zurückkommen. Die Frage ist: Gab es irgendwelche konkreten Resultate im bilateralen Bereich, so zum Beispiel in den Bereichen Transport und Migration? Ansonsten scheint es wirklich nur eine Charme-Offensive gewesen zu sein.

StS Seibert: Das war es ganz sicherlich nicht. Das waren Regierungskonsultationen. Deutschland ist mit fünf Ministern dort vertreten gewesen. Diese haben intensive bilaterale Gespräche mit ihrem jeweiligen italienischen Gegenüber geführt. Aus diesen Gesprächen sind konkrete Ergebnisse herausgekommen; das können die Ressortkollegen sicherlich gleich noch unterstreichen, wenn sie das mögen.

Ich will vielleicht hervorheben, dass es gerade im Bereich unseres Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des italienischen Arbeitsministeriums eine enge Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Einschätzung von Arbeitsmarktinstrumenten geben wird, also bei den gemeinsamen Bemühungen, gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen, bei dem gemeinsamen Anliegen, die berufliche Bildung zu steigern oder zu verbessern. Da wird es sehr konkret werden. Beide Ministerinnen Frau von der Leyen und ihre italienische Kollegin Frau Fornero haben große Pläne für die Zeit direkt nach der Sommerzeit.

Zusatzfrage: Sie hatten nicht den Eindruck, dass die italienische Regierung diese Treffen zwei Treffen innerhalb von zwei Wochen in Rom als Charme-Offensive in Bezug auf die Innenpolitik ausgenutzt hat?

StS Seibert: Das waren vollkommen unterschiedliche Treffen. Das eine waren deutsch-italienische Regierungskonsultationen, wie wir sie in bestimmten Abständen immer haben und wie sie sich auch bereits bewährt haben. Regierungskonsultationen haben immer den Sinn, auf den verschiedenen politischen Gebieten Zusammenarbeit konkret werden zu lassen. Wie gesagt: Da haben die Verkehrsminister, die Wirtschaftsminister, die Arbeitsministerinnen sehr handfest gearbeitet. Das wird dann auch Früchte tragen. Das ist etwas vollkommen anderes als das Gespräch der vier Staats- und Regierungschefs in der Woche zuvor, das natürlich der Vorbereitung des Europäischen Rates diente und eben nicht bilateral war.

Ansonsten ist Charme ja nichts Schlechtes. Sie sagen, es scheine nur eine Charme-Offensive gewesen zu sein. Es war charmant in verschiedenen Aspekten. Außerdem ist der Ort wunderschön.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundeskanzlerin mit Herrn Monti darüber gesprochen, wie man möglicherweise in Zukunft nach wichtigen Gipfelbeschlüssen besser die Öffentlichkeit informiert, also ob man gemeinsam vor die Presse tritt oder der eine zuerst und dann der andere? War das ein Thema?

StS Seibert: Die Kommunikation nach zum Beispiel Europäischen Räten ist immer etwas, was jedes Land für sich überlegt, wie es sie optimiert und wie es sie im besten möglichen Fall auch ausübt. Das war jetzt kein Thema zwischen den beiden. Sie haben die Pressekonferenz in Rom gehört. Ich glaube, sie haben sich ausführlich dazu geäußert.

Frage: Das heißt, hat sich die Bundesregierung für sich Gedanken gemacht wenn ja, welche , ob sie die Pressearbeit optimieren könnte?

StS Seibert: Es ist ein ständiges Anliegen, sich Gedanken zu machen, wie man Überzeugungen und Haltungen der Bundesregierung Journalisten und Bürgern kommuniziert. Das ist unsere ständige Aufgabe. Da sich die Verhältnisse immer ändern jeder Rat, jedes internationale Gipfeltreffen ist anders , bemühen wir uns immer, den bestmöglichen Weg zu finden. Ich würde sagen, dass es mit einer Regierungserklärung vor dem Europäischen Rat, mit einer Regierungserklärung am Tag nach dem Europäischen Rat zum Beispiel in Richtung Information der Parlamentarier schon ziemlich viel gab. Es gab mehrere Briefings vor dem Europäischen Rat in Brüssel. Bei einem neuen Rat werden wir wieder neu nachdenken.

Zusatzfrage: Es gibt jetzt nichts, was Sie konkret aus dem Verlauf des letzten Gipfels ableiten?

StS Seibert: Doch. Konkret leite ich die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates ab, die das Arbeitsergebnis zusammenfassen. Über diese zu informieren auch im Rahmen unserer Überzeugungen und den Prinzipien der Bundesregierung , ist immer wieder unsere Aufgabe. Das tun wir und werden es weiter tun.

Zusatzfrage: Frau Wendt, können Sie schon konkretisieren, um welche Projekte es mit der italienischen Arbeitsministerin geht?

Wendt: Wie Herr Seibert gesagt hat, wird es nach der Sommerpause konkret werden. Die Eckpunkte sind genannt. Nach der Sommerpause wird es mehr Informationen dazu geben.

Frage: Herr Seibert, noch einmal nachgefragt: Ist Ihnen persönlich gegenüber vorgeworfen worden, die Ergebnisse des Rates nicht optimal wiedergegeben, verkauft zu haben?

StS Seibert: Das geht schon damit los, dass ich mich nicht als Verkäufer betrachte, sondern als Informator und Erklärer.

Frage: Dann möchte ich die Frage variieren. Ist Ihnen vorgeworfen worden, dass Sie sozusagen nicht ausreichend verkauft, sondern informiert hätten?

StS Seibert: Wie ich es Ihnen gerade gesagt habe: Wir bemühen uns immer und ich persönlich als Regierungssprecher bemühe mich immer , die Positionen der Bundesregierung, ihre Grundüberzeugungen, das, was in europäischen Gipfelergebnissen davon wiederzufinden ist, Journalisten so zeitnah wie möglich mitzuteilen, mit ihnen im Gespräch zu sein. Das war in Brüssel so. Das wird auch bei künftigen Europäischen Räten in Brüssel so sein. Das ist hier dreimal die Woche der Fall. Ansonsten sind viele von Ihnen in einem sehr regelmäßigen Telefon- und SMS-Verkehr. Das ist immer mein Anliegen. Das wird es auch bleiben. Man muss immer wieder neu darüber nachdenken, wie es beim nächsten Mal am besten gemacht werden kann.

Frage: Herr Paris, die Bundeswehr hat einen Offizier nach Saudi-Arabien geschickt, um die Schießfähigkeit des "Leopard 2" zu erproben. Gibt es schon Ergebnisse, wie gut dieser Kampfpanzer schießen kann? Dürfen Sie oder das Wirtschaftsministerium oder Herr Seibert schon sagen, um wie viele Exemplare es sich genau handelt?

Herr Seibert, können Sie noch etwas zur Menschenrechtslage mit Blick auf die Staaten um Saudi-Arabien sagen und ob Sie irgendwelche Bedenken gegen diese Lieferung hätten?

Paris: Es ist richtig, dass wir am Montag auf Bitten der Firma Krauss-Maffei Wegmann einen Offizier nach Saudi-Arabien entsandt haben. Er ist dort an den Stab des Militärattachés entsandt worden. Nicht richtig ist, dass der Soldat die Aufgabe hat, die Schießfähigkeit eines Panzers zu überprüfen. Wir gehen davon aus, dass ein Panzer

Zuruf: Dann sage ich: Sicherheit.

Paris: Genau. Das ist seine Aufgabe. Das ist aber ein Unterschied.

Zusatzfrage: Wie schießsicher kann der schießen?

Paris: Das werden wir dann, wenn es zu Ende ist, wissen. Es geht darum, dass die Vorschriften, die bei einem Probeschießen einzuhalten sind, durch einen erfahrenen Mann dieser Stabsoffizier ist ein erfahrener Mann gewährleistet wird, damit einfach niemand zu Schaden kommt. Insofern gibt es meines Wissens noch keine Ergebnisse. Das sind auch nicht Ergebnisse, die wir unmittelbar generieren, sondern die Firma, die eben diesen Panzer dort mit einer Unterstützung durch einen Bundeswehrsoldaten testet. Das werden wir erfahren und es zu gegebener Zeit möglicherweise auch kommunizieren. Ich denke, das ist eher Aufgabe der erprobenden Firma.

Zusatzfrage: Es kommt immer jemand oder irgendetwas zu Schaden, wenn der Panzer etwas abschießt. Es geht nur darum, dass die eigenen Soldaten nichts abkriegen, wenn so eine Waffe abgefeuert wird?

Paris: Es wird mit Übungsmunition geschossen. Es geht darum, dass beim Schießbetrieb keine Sicherheitsdefizite auftreten. Das schließt alles ein. Die Firma Krauss-Maffei Wegmann verfügt nicht über solches Personal. Deshalb werden solche Bitten an uns gerichtet. Wir prüfen das dann. Wir haben dieser Bitte entsprochen und haben den Offizier zu ich drücke es einmal so aus Sicherheitsgewährleistungszwecken dorthin entsandt. Das ist seine Aufgabe.

Zusatzfrage: Und die Anschlussfrage in Bezug auf die Zahl der Panzer?

Paris: Sie müssten die Firma fragen. Meines Wissens ist es ein Panzer niederländischer Provenienz.

Zuruf: Nicht die Erprobung, die Lieferung.

Vorsitzender Mayntz: Die Frage ging auch an das BMWi.

Wiegemann: Ich kann bestätigen, dass die Bundesregierung eine temporäre Ausfuhrgenehmigung zu Erprobungszwecken erteilt hat, die sich auf diesen Panzer bezieht.

Zusatzfrage: Ich muss das noch einmal präzisieren. Es ging mir jetzt nicht um die Zahl der erprobten Panzer, sondern um die Zahl derer, die geliefert werden, also ob zum Beispiel 300 oder 600.

Wiegemann: Dazu liegen mir keine Informationen vor.

Vorsitzender Mayntz: Und die Frage an Herrn Seibert?

StS Seibert: Die Bundesregierung entscheidet über jeden Rüstungsexport auf der Basis der bestehenden Grundlagen. Das sind im Wesentlichen die politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahre 2000 wie auch ein gemeinsamer Standpunkt, den der Rat der Europäischen Union zu diesem Thema 2008 formuliert hat. Diesen Grundsätzen fühlen wir uns verbunden. Es wird jeweils geprüft, ob und wie ein solcher Export der Aufrechterhaltung Frieden, Sicherheit und Stabilität in dem belieferten Land und der Region, in der dieses Land liegt, dient. Es wird jeweils geprüft, ob auch die Achtung der Menschenrechte einschlägig ist. Auf dieser Basis werden Entscheidungen gefällt. Das ist so in dieser Regierung. Das war so unter Vorgängerregierungen.

Frage: Ist diese Entscheidung schon im Bundessicherheitsrat gefallen?

StS Seibert: Über erfolgte Rüstungsexporte wird, wenn es so weit ist, jährlich im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung berichtet.

Frage: Herr Paris, ist es üblich, dass bei Waffenexporten in welche Regionen auch immer die Bundeswehr gewissermaßen jemanden zum Einüben für die Waffen mitschickt?

Paris: Ich möchte noch einmal festhalten: Bei diesem Sachverhalt handelt es sich nicht um einen Export, sondern es handelt sich, wie ich dargestellt habe, um die Erprobung eines Kampfpanzers durch eine Firma, die diesen Kampfpanzer herstellt. Diese Firma hat die Niederländer gebeten, diesen Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen, weil eben genau dieser Panzer mit diesen Fähigkeiten bei den Niederländern vorrätig ist. Dem haben die Niederländer entsprochen. So ist der Sachverhalt.

Es handelt sich also um eine Erprobung. Es gibt eine Vielzahl von Fällen, wo auf die Bundeswehr seitens dieser betreffenden Firma zugekommen und gebeten wird, ob wir mit unserem Knowhow in diesem Fall einem Schießsicherheitsexperten diese Erprobung unterstützen können. Das prüfen wir in jedem Einzelfall. Wenn Sie sich erinnern, haben wir bereits im letzten Jahr, also 2011, über eine Erprobung eines Kampfpanzers auch vom Typ Leopard gesprochen und diskutiert. Dieser wurde in den Vereinigten Arabischen Emiraten auch durch die Firma und mit Unterstützung der Bundeswehr getestet. Damals ging es nicht um Schießen, sondern es ging um den Test der eingebauten Klimaanlage.

Ich kann Ihnen auch noch andere Beispiele nennen. So haben wir eine Ausbildungsunterstützung auch in Saudi-Arabien im Jahr 2011 durchgeführt. Damals ging es um ein Produkt der Firma EMT aus Penzing, nämlich ein luftgestütztes Aufklärungsmittel, im Volksmund ich darf es eigentlich nicht sagen "Drohne" genannt. Wir haben beispielsweise auch die Firma EADS CASSIDIAN unterstützt, als diese Eurofighter getestet hat. Das sind eben Dinge, wo firmenseitig Personal nicht vorhanden ist, das dieses Gerät letztendlich in ihren wirklichen Ausprägungen bedienen kann.

Insofern ist das eine regelmäßig wiederkehrende Übung, die wir dort vollziehen. Jedes Mal prüfen wir den Sachverhalt, prüfen wir diese Bitten. Es ist auch regelmäßig so, dass die Firmen dafür bezahlen müssen. Der Soldat, der jetzt entsandt wird, wird auf Vollkosten der Firma Krauss-Maffei Wegmann entsandt. Auch die Munition, die wir aus den Beständen zur Verfügung stellen, muss bezahlt werden. Es ist so, dass sich dieses Verhältnis "Wir unterstützen eine Firma" manchmal umkehrt, nämlich bei solchen Produkten, die wir im Begriff sind in Nutzung zu nehmen da ist dann auch die Firma dabei , wo wir aber Geräte auch auf unsere einsatzspezifischen Belange prüfen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Im Moment wird zum Beispiel der Helikopter NH90 auf der Luftwaffenbasis Holloman/New Mexiko von Bundeswehrpersonal in Bezug auf Einsatztauglichkeit in Afghanistan getestet. Da sind aber auch wiederum Firmenvertreter des Herstellers dabei, die einfach schauen, wie sich dieses Gerät verhält. Wir haben ein Interesse daran, dass wir aus solchen Erprobungen eigenes Wissen abziehen, um für unsere Belange daraus dann Schlüsse zu ziehen.

Frage: Kurz gefragt an das Wirtschaftsministerium: Habe ich Ihre Pressemitteilung von heute Morgen richtig verstanden, dass es im Moment keine Diskussion über staatliche Finanzierungsprogramme Programme über die KfW für den Schiffbau gibt?

Wiegemann: Ja.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 6. Juli 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/07/2012-07-06-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2012