Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

PRESSEKONFERENZ/472: Regierungspressekonferenz vom 29. August 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 29. August 2012
Regierungspressekonferenz vom 29. August 2012

Themen: Kabinettssitzung (Gesetzentwurf zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften, Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes/Leistungsschutzgesetzes, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, Beitragssatzgesetz für die Rentenversicherung), Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zur sogenannten Ausländerklausel im Bundeselterngeldgesetz, Benzinpreis, Betreuungsgeld, Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten

Sprecher: StS Seibert, Steegmans (BMFSFJ), Mertzlufft (BMJ), Westhoff (BMAS), Schäfer (AA)



Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren. Das Kabinett hat sich zunächst mit einem Gesetzentwurf zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften beschäftigt. Es hat damit ein klares Signal für die Energiewende gesetzt. Offshore-erzeugte Windenergie soll in Zukunft ein wichtiger Teil des Mixes an erneuerbaren Energien sein. Die Bundesregierung schafft die Bedingungen dafür, dass die Wirtschaft auch tatsächlich die notwendigen Investitionen hierfür tätigt. Sie schafft sie durch eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes.

Im Zentrum des Entwurfs stehen eine Haftungsregelung und der Systemwechsel hin zu einem Offshore-Netzentwicklungsplan für die Netzanbindung. Anstelle bisheriger ausschließlich individueller Ausbau- und Netzanbindungsansprüche soll also eine Art Masterplan erarbeitet werden. Das wird dazu beitragen, dass wir die Errichtung von Offshore-Windparks und ihre Netzanbindung in Zukunft besser koordinieren können. Das schafft Planungssicherheit und stellt eine effiziente Anbindung sicher.

Die aus den Haftungsregeln entstehenden Belastungen sowohl für private als auch für gewerbliche Stromverbraucher werden in der Höhe begrenzt, und sie werden angemessen verteilt. Kostenkontrolle und Kostentransparenz werden sichergestellt, weil Schadensfälle und Maßnahmen zur Schadensregulierung dokumentiert und auch im Internet veröffentlicht werden.

Die Regelungen, die jetzt mit diesem Gesetzentwurf beschlossen wurden, sollen nach drei Jahren evaluiert werden.

Die Bundesjustizministerin hat dem Kabinett anschließend einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die gewerbsmäßige Hilfe zur Selbsttötung unter Strafe stellt. Mit "gewerbsmäßig" ist gemeint: mit Gewinnerzielungsabsicht und auf Wiederholung ausgerichtet. Er setzt eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um. Es soll verhindert werden, dass eine solche kommerzialisierte Hilfe zur Selbsttötung mit der Zeit als eine vollkommen normale Dienstleistung angesehen wird und dass sich Menschen zum Suizid verleiten lassen, die dies ohne ein solches Angebot womöglich nicht getan hätten. Es wird ausdrücklich sichergestellt, dass Personen, die zugunsten eines Angehörigen oder eines ihnen sonst ganz besonders nahe stehenden Menschen an der Tat des Suizidhelfers teilnehmen, ohne dass sie selbst gewerbsmäßig handeln, auch weiterhin straffrei bleiben.

An der bisher bestehenden Gesetzeslage ändert dieser Gesetzentwurf sowieso nichts. Die Selbsttötung bleibt in Deutschland straffrei, auch die sogenannte passive Sterbehilfe bleibt straffrei wie auch die sogenannte indirekte Sterbehilfe - wenn also eine ärztlich gebotene schmerzlindernde Medikation gegeben wird, mit der als unbeabsichtigte, aber unvermeidbare Folge der frühere Eintritt des Todes in Kauf genommen wird. Strafbar bleibt - auch daran hat sich nichts geändert - die Tötung auf Verlangen, das, was man die aktive Sterbehilfe nennt.

Nach der neuen Regelung, so könnte man zusammenfassen, wird also keine Tat, keine Handlung straffrei sein, die bisher strafbar ist. Das ist, glaube ich, wichtig festzuhalten.

Auch dieses Gesetz soll fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten in seinen Auswirkungen bewertet werden.

Die Bundesjustizministerin hat dem Kabinett ebenfalls einen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, des Leistungsschutzrechts für Presseverleger, vorgelegt, und das Kabinett hat diesen beschlossen. Gewerbliche Suchmaschinenanbieter und gewerbliche Anbieter von Diensten, die Inhalte im Netz nach Art einer Suchmaschine aufbereiten - das nennt man "News-Aggregatoren" -, sollen künftig für die Nutzung von Presseerzeugnissen ein Entgelt an die Verlage zahlen. Damit werden die Presseverlage an den Gewinnen solcher Internetdienste beteiligt, die diese mit der bisher unentgeltlichen Nutzung der Verlagserzeugnisse erzielen. Sofern diese Anbieter keine Lizenz für die Nutzung erworben haben, können Presseverlage in Zukunft eine Unterlassung der Nutzung verlangen.

Klar ist auch - das ist wichtig festzuhalten -: Diese vorgeschlagene Regelung bedeutet keine Änderung der Nutzungsmöglichkeiten anderer Nutzer, keine Änderung der Nutzungsmöglichkeiten anderer Verbraucher. Nicht von dieser Zahlungspflicht betroffen sind andere Nutzer wie zum Beispiel Blogger, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, die elektronische Pressespiegel herstellen, Verbände, Rechtsanwaltskanzleien oder private oder ehrenamtliche Nutzer. Deren Rechte werden durch dieses vorgeschlagene Leistungsschutzrecht für Presseverlage nicht berührt.

Zwei Dinge noch. Die Presseverlage sind nur für die Dauer von einem Jahr nach Erscheinen des Artikels durch dieses Leistungsschutzrecht geschützt - dieses ist auf ein Jahr begrenzt -, und sie sind dazu aufgefordert, dass sie eine angemessene Beteiligung des Urhebers, also des Verfassers des Artikels, an der Vergütung, die durch diese Lizenzierung entsteht, vornehmen.

Ebenfalls von der Bundesjustizministerin kam ein Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts. Dabei geht es um die Kosten für die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die Notare, für die Justizverwaltung. Dieses ist in Deutschland zum Teil noch nach sehr weit zurückliegenden Gesetzen aus dem Jahr 1940, zum Teil sogar, wie für die freiwillige Gerichtsbarkeit, in einem Gesetz aus dem Jahr 1936 geregelt. Nun wollen wir das leistungsgerechter, einfacher auch für den Bürger, in jeder Phase transparenter ausgestalten. Preissteigerungen sollen ausgeglichen werden. Die Einkommen der von dem Gesetzentwurf betroffenen Berufsgruppen sollen an die allgemeine Einkommensentwicklung angeglichen werden. Die Gebühren der Notare sollen zudem an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst und leistungsgerechter gestaltet werden. Das kann einerseits bedeuten, dass die Gebühren der Notare für besonders aufwendige Leistungen tatsächlich deutlich steigen, andererseits, dass weniger aufwendige Leistungen der Notare für den Bürger billiger werden.

Dieses künftige Gesetz soll zum 1. Juli 2013 in Kraft treten. Es führt dazu, dass die Bundesländer die Kostendeckungsquote in der Justiz, die für viele Länder ein großes Problem geworden ist, deutlich verbessern können.

Der letzte Punkt im Kabinett war das Beitragssatzgesetz für die Rentenversicherung, das die Bundesarbeits- und Sozialministerin vorgestellt hat. Das Kabinett hat also beschlossen, die Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung für 2013 zu senken, zum 1. Januar 2013 von derzeit 19,6 Prozent auf 19,0 Prozent. Das ist angesichts der Unsicherheitsfaktoren, die die Krise verursacht hat, für die Bundesregierung wichtig. Wir wollen die wirtschaftliche Entwicklung stützen, wir wollen das Signal jetzt aussenden, und wir wollen Planungssicherheit schaffen.

Der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung ist ja gesetzlich festgelegt. Der Beitragssatz muss gesenkt werden, wenn die Nachhaltigkeitsrücklage das 1,5-Fache der Monatsausgaben überschreitet. Würde der derzeitige Beitragssatz beibehalten, dann würde die Obergrenze der Nachhaltigkeitsrücklage vom 1,5-Fachen der Monatsausgaben im kommenden Jahr überschritten. Deshalb verringert sich der Beitragssatz entsprechend.

Was heißt das für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Das bedeutet eine Entlastung um rund 2,7 Milliarden Euro. Für die Arbeitnehmer heißt das also real mehr Nettoeinkommen. Dies lässt erwarten, dass es positive Auswirkungen auf die Konsumnachfrage hat. Auch die Arbeitskosten der Wirtschaft werden um etwa 2,7 Milliarden Euro gesenkt. Das stärkt die Beschäftigungsentwicklung und das Wirtschaftswachstum. Der Bund wird durch diese Maßnahme ebenfalls entlastet, und zwar um etwa 1,4 Milliarden Euro, die Länder werden um rund 70 Millionen Euro und die Kommunen um rund 130 Millionen Euro entlastet.

Diese Ergebnisse beruhen auf Berechnungen des Schätzerkreises Rentenfinanzen, die am 21. Juni dieses Jahres abgeschlossen wurden. Sie wissen, dass die Finanzentwicklung in der Rentenversicherung Ende Oktober turnusgemäß noch einmal aktualisiert wird. Wenn dann eine Nachjustierung notwendig sein sollte, würde dies dann durch einen Änderungsantrag berücksichtigt.

Das war das Kabinett.

Steegmans: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Bundesverfassungsgericht hat heute eine Entscheidung veröffentlicht, wonach die sogenannte Ausländerklausel im Bundeselterngeldgesetz teilweise verfassungswidrig ist. Diese sogenannte Ausländerklausel geht auf eine Beschlussfassung von 2006 zurück. Sie ist damals auf Wunsch des BMI in das Bundeserziehungsgeldgesetz eingefügt und danach in das Bundeselterngeldgesetz übernommen worden.

Das Bundesfamilienministerium begrüßt die klare Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Anspruchsberechtigung von ausländischen Staatsangehörigen auf Elterngeld. Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass eine unterschiedliche Bleibedauer in Deutschland ein grundsätzlich legitimes Differenzierungskriterium ist. Die Bundesregierung bereitet bereits eine neue Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen vor, nach denen Personen mit Staatsangehörigkeiten außerhalb der Europäischen Union anspruchsberechtigt sein können.

Das Bundesfamilienministerium setzt sich dafür ein, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts äußerst kurzfristig vollständig umzusetzen, den Kreis der berechtigten Personen zu erweitern und insbesondere jede Benachteiligung von Frauen zu vermeiden.

Ich bin froh, dass ich mich heute bei einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einmal nicht auf die Formel, dass wir das Urteil sorgfältig auswerten und prüfen, zurückziehen muss. - Besten Dank.

Frage: Ich habe eine Frage an das Justizministerium. Es gibt ja bereits Kritik zum Beispiel von den Kirchen oder der CSU, dass der Gesetzentwurf (zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung) nicht weit genug gehe, dass es löcherig sei. Was entgegnen Sie dem?

Merzlufft: Welche Kritik von der CSU meinen Sie jetzt?

Zusatz: Dass das Gesetz zu löcherig sei. Die Kirchen sagen, es öffne der Beihilfe zum Suizid Tür und Tor.

Merzlufft: Das verstehe ich jetzt nicht. Der Regierungssprecher hat es ausgeführt: Der freiwillig assistierte Suizid ist künftig nicht unter Strafe gestellt. Es geht rein um die gewerbsmäßige Leistung, also um den Fall, dass jemand Geld damit verdienen will, jemanden in den Tod zu begleiten. Grundsätzlich gilt bei uns: Wenn eine neue Handlung strafbar wird, dann ist die Beihilfe auch strafbar. Das heißt, entweder ist jede Beihilfehandlung strafbar oder es werden, so wie wir es vorgesehen haben, Angehörige und enge Freunde ausgenommen.

Frage: Ich habe ebenfalls eine Frage an das Justizministerium. Zunächst waren in Ihrem Entwurf auch die Ärzte mit vorgesehen. Diese sind jetzt, wenn ich es richtig gesehen habe, gestrichen. Stimmt das und wenn ja, warum?

Merzlufft: Nein.

Zusatzfrage: Also sind sie noch enthalten?

Merzlufft: Sie waren nicht enthalten; sie sind nicht enthalten.

Zusatz: Die Ärzte waren in einem älteren Entwurf definitiv einmal erwähnt.

Merzlufft: Ich habe hier vor vier Wochen, als wir noch in der Ressortberatung waren, ausführlich - eine halbe oder eine Dreiviertelstunde - vorgetragen. Schauen Sie ins Protokoll. Sie waren nicht enthalten; sie sind nicht enthalten.

Frage: Herr Seibert Sie haben eben schon gesagt, wer alles nicht unter das Leistungsschutzgesetz fallen soll: Blogger, Verbände usw. Das scheint aber nach der Gesetzesformulierung zumindest in der Internetszene teilweise anders gesehen zu werden, nämlich so, dass bisher überhaupt nicht abgesehen werden kann, wie Gerichte später diese recht allgemeine Formulierung "gewerbliche Anbieter von Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten" auslegen werden und ob nicht jeder Blogger, der auch Anzeigen auf seiner Seite hat, darunter fallen kann. Wenn Sie explizit wollen, dass all jene ausgeschlossen sind, wäre es dann nicht sinnvoll, im Gesetz etwas klarer zu sagen, wer gemeint ist?

StS Seibert: Wenn ich sage, dass Nutzer wie beispielsweise Blogger, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft usw. von der Zahlungspflicht nicht betroffen sind, dann ist das auch durch dieses Gesetz gedeckt. Die exakten Formulierungen habe ich an dieser Stelle - das muss ich zugeben - jetzt nicht parat. Ich schaue zum Bundesjustizministerium. - Es kann die Details der Formulierung erläutern.

Merzlufft: Der Gesetzentwurf ist ja veröffentlicht. Es ist nachlesbar. Wenn Sie sich die Begründung anschauen - sie müsste jetzt online sein - : Grundsätzlich gilt, wer nebenbei bloggt, also privat, ist nach dem Gesetz kein Presseverleger. Man kann es so erläutern: Professionell bloggen heißt, es muss eine verlegerische, redaktionelle Entscheidung vorausgehen. Nach unserem Urheberrecht ist es so, dass ein Presseverleger im Sinne des Gesetzentwurfs auch jemand ist, der eben auch redaktionell aufbereitet, sich für den einen Inhalt oder für die redaktionelle Aufbereitung des anderen Inhalts entscheidet. Die Kritik an dem ersten Entwurf, der in die Regierungsabstimmung kam, lautete, dass eben auch die Gefahr bestand, private Blogger zu erfassen. Diese Kritik ist jetzt umgesetzt worden, und die privaten Blogger wurden explizit herausgenommen.

Wie gesagt, der Gesetzentwurf ist nachlesbar und müsste online gestellt sein.

Frage: Herr Seibert, Sie haben gesagt, dass das Leistungsschutzrecht die Verlage an den Gewinnen der Internetdienste und vor allem der Suchmaschinen beteiligen soll. Nun gibt es in Deutschland eine große mit einem Marktanteil von 97 Prozent. Ich habe gerade noch einmal nachgeschaut. Auf Google News gibt es gar keine Werbung. Also macht Google damit gar keinen Gewinn. An welchen Gewinnen sollen die Verlage also beteiligt werden, und ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass Google das Angebot Google News in Deutschland einfach einstellt, so wie es das in Belgien schon getan hat, und das Gesetz somit genau das Gegenteil von dem bewirkt, was intendiert ist?

StS Seibert: Wie diejenigen, die durch dieses Leistungsschutzrecht betroffen sind, reagieren werden, kann ich Ihnen hier nicht voraussagen, und es ist dann auch ein Teil deren wirtschaftlicher oder unternehmerischer Freiheit, so zu reagieren, wie sie das vorhaben. Es ist so - das ist offensichtlich -, dass sich Presseverlage zunehmend damit konfrontiert sehen, dass gewerbliche Suchmaschinenbetreiber und die sogenannten News-Aggregatoren ihre Inhalte entsprechend einer Suchmaschine aufbereiten und nutzen, auf diese verlegerischen Leistungen zugreifen, um damit einen Gewinn zu erzielen. Ich glaube nicht, dass das allgemein bestritten wird. Dies ist eine Begründung dafür, warum der Gesetzgeber eine Balance herstellen muss zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Presseverlage auf der einen Seite und den kommerziellen Interessen der Nutzer auf der anderen Seite. Bisher fehlte den Verlagen ein eigenes Recht. Nun ist es eingeführt. Wir halten das für genau die Herstellung dieser Balance.

Das heißt nicht, dass es nicht Strukturveränderungen am Pressemarkt geben wird. Für sie kann und will dieses Leistungsschutzrecht auch kein Korrektiv sein. Presseverleger werden mit neuen Angeboten auf die Strukturveränderungen reagieren müssen. Aber dieses Maß an Balance war herzustellen, und das ist hiermit geschehen.

Frage: (zum Beitragssatzgesetz für die Rentenversicherung): Herr Westhoff, was würde passieren, wenn die Reserve der Rentenkasse Richtung 30 Milliarden laufen und das Gesetz, das heute vom Kabinett verabschiedet wurde, im Bundesrat aufgehalten würde? Gibt es einen Automatismus nach dem alten Recht, dass dann trotzdem eine Senkung erfolgen muss?

Westhoff: Mit letzter Gewissheit kann ich Ihnen jetzt nicht skizzieren, was passiert, wenn. Zunächst ist festzuhalten, dass sich aus unserer Sicht im Moment keine ausreichende Mehrheit im Bundesrat gegen dieses Gesetz abzeichnet. Sollte es wider Erwarten zu Verzögerungen kommen und es würde weder eine Verordnung noch eine Gesetz erlassen, würde es ab dem 1. Januar 2013 keinen Beitragssatz zur Rentenversicherung mehr geben. Rein theoretisch kann man das allerdings durch entsprechende Festlegungen im Bundesgesetzblatt umgehen. Wie das im Einzelnen juristisch erfolgen würde, muss ich jetzt offenlassen. Das kann ich nicht skizzieren.

Frage: Herr Seibert, in Frankreich sinkt der Benzinpreis, weil Mineralölfirmen und der Staat auf Geld verzichten. Wäre das nicht auch eine gute Idee für Deutschland?

StS Seibert: Dieses ist hier schon mehrfach - in der letzten Woche und auch schon vor vielen Monaten - gefragt worden.

Nein, wir glauben nicht daran, dass Steuersenkungen einen dauerhaft senkenden Effekt auf den Benzinpreis hätten. Wir glauben vielmehr, dass ein Wettrennen entstehen könnte, das letztlich nicht dem Verbraucher zugutekäme.

Zusatz: Die Preise würden ja trotzdem erst einmal sinken. Es ist ja nicht nur der Staat, der verzichtet.

StS Seibert: Sie würden vermutlich sehr kurzfristig sinken - richtig. Wir glauben aber nicht, dass dieses ein Mittel ist, um dem Problem hoher Benzinpreise auf Dauer Herr zu werden. Das ist eine Sache, die mit wettbewerbsrechtlichen Mitteln zu beobachten ist. Die Bundesregierung hat sich auch einige Mittel zurechtgelegt. Sie wissen, dass es eine Marktbeobachtungsstelle gibt. Wir haben sozusagen das Verbot der Preis-Kosten-Schere fortgesetzt. Wir glauben nicht, dass dieses das richtige Mittel ist.

Frage: Herr Steegmans, es gibt einen Aufruf von vier ehemaligen Familienministerinnen gegen das Betreuungsgeld. Wird das zu einem neuen Nachdenken bei der Ministerin führen?

Steegmans: Die Ministerin hat in den vergangenen zwölf Monaten immer wieder ihre sehr differenzierte Haltung zum Betreuungsgeld und übrigens gleichermaßen zur Notwendigkeit des bedarfsgerechten Ausbaus von Kindertagesbetreuungsplätzen deutlich gemacht. In dieser Debatte ist mittlerweile alles von allen gesagt worden.

Interessant finden wir aber ein Argument in diesem Aufruf, den ich bislang nur über Agenturen und noch nicht im Original gesehen habe. Dort wird beispielsweise ebenfalls darauf verwiesen, dass das Betreuungsgeld angeblich zu niedrig sei. Eine Argumentation, die ich so in der deutschen Debatte noch nicht gehört habe. Richtig ist - und da geht die Bundesfamilienministerin auch mit den vier Briefeschreiberinnen d'accord -, dass das vor uns liegende Jahr auf jeden Fall zum Jahr des Kita-Ausbaus werden muss und das Betreuungsgeld und der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zusammengehören. Zur Wahlfreiheit gehört, dass beides angeboten wird und dass auch beides zur Verfügung steht.

Frage: Herr Schäfer, morgen findet das Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten in der iranischen Hauptstadt statt. Welchen Stellenwert hat die Blockfreienbewegung generell für die Bundesrepublik Deutschland?

Schäfer: Die Blockfreienbewegung ist ein Zusammenschluss von Staaten, den es bereits seit Jahrzehnten gibt. Das nimmt die Bundesregierung zur Kenntnis ebenso wie die Abhaltung des Gipfeltreffens, das im Grunde heute schon mit einem Treffen der Außenminister beginnt, aber dann auch auf Regierungs- und Staatspräsidentenebene stattfinden wird. Wir beobachten aufmerksam, was dort in Teheran von dieser Gruppe von Mitgliedern der Vereinten Nationen besprochen und entschieden werden wird.

Im Übrigen werden wir sehr eng verfolgen, was auch der Besuch des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Herr Ban Ki Moon, in Teheran bringt. Wir gehen davon aus und hoffen, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen mit der Teheraner Führung all die Fragen besprechen wird, die uns am Herzen liegen. Dazu gehört die aktuelle Krise in Syrien. Dazu gehört aber auch das iranische Atomprogramm.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 29. August 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/08/2012-08-29-regpk.html?nn=391778
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2012