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PRESSEKONFERENZ/616: Regierungspressekonferenz vom 14. Juni 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 14. Juni 2013
Regierungspressekonferenz vom 14. Juni 2013



Themen: Termine der Bundeskanzlerin (60. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR, G8-Gipfel in Lough Erne, offizieller Besuch des US-Präsidenten in Berlin, 11. Deutsches Weltbankforum, St. Petersburg International Economic Forum), angekündigte Waffenlieferungen der USA an syrische Opposition, Schließung der griechischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ERT, mögliches Einreiseverbot Großbritanniens gegenüber Edward Snowden, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, iranische Präsidentschaftswahlen, Hilfen für die Hochwassergebiete, Bankenunion, Bankenrekapitalisierung durch den ESM

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), Kutt (BMI), Kothé (BMF), Strater (BMVBS)

Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Die nächste Woche beginnt, was die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin betrifft, mit dem Gedenken an den 60. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR. Die Bundeskanzlerin wird am Montag um 11 Uhr auf dem Friedhof Seestraße - das ist im Wedding - an der Gedenkveranstaltung teilnehmen und dabei eine Ansprache halten. Weitere Teilnehmer dieser Gedenkveranstaltung werden der Bundespräsident, der Bundestagspräsident, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der stellvertretende Bundesratspräsidenten, der Regierende Bürgermeister und zahlreiche andere sein.

Direkt danach wird die Bundeskanzlerin nach Lough Erne in Nordirland aufbrechen, wo am 17. und 18. Juni der diesjährige G8-Gipfel stattfinden wird. Wir hatten ja gestern ein ausführliches Briefing hierzu durchgeführt, und deshalb mache ich es jetzt nur kurz: Die offizielle Begrüßung ist am Nachmittag des 17. durch den britischen Premierminister David Cameron und Vertreter der nordirischen Regierung vorgesehen. Das wird so gegen 16 Uhr sein. Die G8-Staats- und Regierungschefs haben dann zwei Tage Zeit, um sich dem Programm zu widmen. Die Themen - wir haben sie gestern ausführlich genannt - werden die aktuellen Themen der Weltwirtschaft sein, die Bekämpfung von Steuerflucht und Geldwäsche, die Transparenz beim Rohstoffabbau und bei Landtransaktionen sowie natürlich die außenpolitische Themen Terrorismusbekämpfung und die aktuelle Lage in Syrien.

Am Dienstagmittag wird dann - das ist bei G8-Gipfeln schon traditionell und nennt sich "Outreach" - der Kreis der Gesprächsteilnehmer um einige internationale Gäste erweitert werden, im Wesentlichen aus Afrika. Dabei wird es dann ein Mittagessen geben. Am Abend des 18. Juni wird die Kanzlerin dann aus Nordirland zurückkommen.

Am selben Abend beginnt der offizielle Besuch von US-Präsident Barack Obama hier in Berlin. Der Mittwoch steht dann ganz im Zeichen dieses Besuchs, und deshalb wird es am Mittwoch auch keine Kabinettssitzung geben.

Die Bundeskanzlerin wird Präsident Obama um 11 Uhr im Bundeskanzleramt empfangen. Nach einem bilateralen Gespräch wird es dann gegen 12.30 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz geben. Anschließend lädt die Bundeskanzlerin den US-Präsidenten zu einem Mittagessen unter vier Augen ein.

Um 15 Uhr wird es eine Veranstaltung auf dem Pariser Platz geben, bei der die Bundeskanzlerin nach einer Begrüßung durch den Regierenden Bürgermeister Wowereit kurz das Wort ergreifen wird und der Hauptredner dann Präsident Obama sein wird. Das ist eine Veranstaltung vor geladenen Zuhörern. Die Teilnehmer werden ein breites Bevölkerungsspektrum aus Wirtschaft, Politik und vielen anderen Gebieten repräsentieren, junge Menschen aus Schulen und Universitäten, die sich in ihrer auch ehrenamtlichen Arbeit den deutsch-amerikanischen Beziehungen besonders verbunden fühlen.

Ein weiterer Programmpunkt des US-Präsidenten ist dann die Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Berlin. Er wird sich dann auch mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück treffen. Abends wird die Bundeskanzlerin ab 19 Uhr ein Abendessen im Schloss Charlottenburg zu Ehren des amerikanischen Präsidenten geben, der noch am selben Abend, also nach diesem Abendessen, wieder in Richtung USA aufbrechen wird.

Wir werden Ihnen wahrscheinlich morgen ein ausführliches Pressprogramm für Ihre redaktionelle Planung zukommen lassen. Ich muss jetzt schon sagen: Es gelten natürlich - wie immer beim Besuch eines US Präsidenten - hohe Sicherheitsvorkehrungen. Ich bitte also jetzt schon um Verständnis, was Überprüfungen und Wartezeiten angeht.

Am Donnerstag, 20. Juni, wird die Kanzlerin um 11 Uhr am 11. Deutschen Weltbankforum teilnehmen, das hier in Berlin, in der Hauptstadtrepräsentanz der Bertelsmann AG, stattfinden wird. Sie wird dabei die Hauptrede halten. Das diesjährige Motto heißt "Leadership matters: Business and politics as drivers for inclusive and sustainable development". Dieses Forum wird gemeinsam von der Weltbank, dem BMZ und der Bertelsmann Stiftung veranstaltet. Neben Weltbank-Präsident Jim Yong Kim wird zum Beispiel auch Bundesminister Niebel gemeinsam mit vielen anderen hochrangigen Vertretern aus Politik und Wirtschaft daran teilnehmen.

Die offiziellen Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche enden dann am Freitag, dem 21., mit einem Besuch beim St. Petersburg International Economic Forum. Das Forum hat sich in diesem Jahr das Motto "Lösungen zur Schaffung einer neuen Weltwirtschaft" gegeben. Die Bundeskanzlerin wird am Rande dieses Forums auch zu einem Gespräch mit dem russischen Staatspräsidenten Putin zusammentreffen. Es wird auch zu einer gemeinsamen Pressebegegnung kommen. Anschließend werden die beiden die deutsch-russische Ausstellung "Bronzezeit - Europa ohne Grenzen" in der Eremitage eröffnen.

Das ist mein Blick auf die Termine der kommenden Woche!

Frage: Herr Seibert, können Sie mir sagen, was der Grund dafür war, dass man die Zuhörerschaft (beim Besuch von Präsident Obama) diesmal auf geladene Gäste beschränkt hat, und dafür, dass man das nicht für die Gesamtbevölkerung öffnet, wie es vor fünf Jahren an der Siegessäule auch der Fall war?

StS Seibert: Sie sagen es schon: Das war vor fünf Jahren ein ganz anderer Ort. Die baulichen Gegebenheiten des Pariser Platzes lassen nur eine bestimmte Zahl zu, die allerdings in die Tausende geht. Es sind Sicherheitsvorkehrungen zu bedenken, es gibt bauliche Einschränkungen, und deswegen ist das so.

Zusatzfrage: Also ausschließlich aufgrund der baulichen Voraussetzungen?

StS Seibert: Schauen Sie sich den Pariser Platz an! Dort gibt es topographische Gegebenheiten, die dafür sorgen, dass man dort eine Zahl von - ich weiß es jetzt nicht genau, das wird sich noch herausstellen - vielleicht etwa 4.000 Gästen haben kann. Man kann dort keine Massenveranstaltung mit 100.000 Menschen machen, wie man sie beispielsweise vor fünf Jahren erlebt hat.

Frage: Gibt es schon Details eines Partnerprogramms von Frau Obama und Herrn Sauer?

StS Seibert: Ich kann Ihnen noch keine nennen. Das werden wir, sobald das abschließend festgelegt worden sein wird, dann auch bekannt geben.

Zusatzfrage: Aber können wir davon ausgehen, dass es ein Partnerprogramm geben wird?

StS Seibert: Ich gehe davon aus. Michelle Obama wird mit ihrem Mann in der Stadt sein, und wir werden sie über die Details des gemeinsamen Programms sowie dessen, was es noch geben wird, informieren.

Frage: Herr Seibert, wird Prof. Sauer die Gäste mit empfangen? Gibt es für ihn bestimmte Programmpunkte? Was ist da geplant?

StS Seibert: Sofern es ein Partnerprogramm geben wird, wird auch Prof. Sauer daran teilnehmen. Die Details werden wir, wie ich gerade gesagt habe, dann auch gerne, sobald wir sie haben, mit Ihnen teilen. Ansonsten wird Prof. Sauer auch bei dem Abendessen im Schloss Charlottenburg an der Seite der Bundeskanzlerin sein.

Zusatzfrage: Wo wird der Präsident denn den SPD-Kanzlerkandidaten treffen?

StS Seibert: Das weiß ich nicht. Das betrifft die Bundesregierung auch nicht wirklich direkt. Ich würde Sie bitten, sich an die SPD oder an die US-Botschaft zu wenden. Ich kann es Ihnen jetzt einfach nicht sagen.

Frage: Herr Seibert, wird das Mittagessen unter vier Augen tatsächlich unter vier Augen stattfinden, also ohne Berater? Werden Übersetzer dabei sein?

StS Seibert: "Unter vier Augen" heißt "unter vier Augen"; so habe ich Ihnen das hier jetzt mitgeteilt.

Dazu, ob Übersetzer dabei sein werden: Ich weiß, dass bei dem letzten Mittagessen unter vier Augen, das allerdings ein Abendessen in Washington war, Übersetzer in der Nähe waren, aber nicht hinzugezogen wurden. Das wird sich zeigen.

Frage: Wird Herr Obama dann Deutsch reden?

StS Seibert: Das ist auch eine Frage für die US-Botschaft!

Frage: Herr Seibert, welche außenpolitischen Themen stehen auf der Agenda der Gespräche zwischen dem US-Präsidenten und der Bundeskanzlerin?

StS Seibert: Sicherlich das Thema Syrien, sicherlich das Thema Afghanistan, wo sowohl die Amerikaner als auch Deutschland intensiv engagiert sind, sicherlich die Frage, wie man im Nahen Osten wieder eine Dynamik in den Friedensprozess hineinbekommen kann, sodass man überhaupt von einem Friedensprozess sprechen kann, und sicherlich die Frage, wie der Umgang mit dem Iran und dem dortigen Nuklearprogramm sein soll! Ich will hier jetzt nichts begrenzen. Es gibt eine große Zahl von internationalen Themen, die für die USA wie für Deutschland von großer Bedeutung sind, zum Beispiel die Entwicklung in Nordafrika und in verschiedenen Ländern, die vom Arabischen Frühling erfasst worden sind. Das alles sind mögliche Themen. Aber ich will das durch diese Aufzählung jetzt auch wirklich nicht begrenzen. Mit Sicherheit, wenn Sie an ein internationales Thema wie den Handel denken, wird auch die Frage des transatlantischen Freihandelsabkommens thematisiert werden, dies allerdings sicherlich auch schon vor dem Besuch in Berlin.

Frage: Ich will noch einmal nachfragen. Sie haben Anfang der Woche gesagt, die Bundeskanzlerin würde auch das amerikanische Spähprogramm PRISM ansprechen. Hat sich das jetzt erledigt, weil der Innenminister einen Fragenkatalog erarbeitet hat und weil sich die Justizministerin an ihren amerikanischen Kollegen gewandt hat, oder hat Frau Merkel vor, das Thema auf jeden Fall anzusprechen? Ich frage nur noch einmal nach, weil Sie das eben nicht erwähnt haben.

StS Seibert: Richtig, ich hatte es nicht erwähnt, weil ich in Gedanken bei den weltpolitischen Themen war. Vielleicht ist auch das ein solches. Ich hatte jetzt eher an geostrategische Themen gedacht.

Es gibt überhaupt keinen Grund, etwas von dem zurückzunehmen, was ich neulich gesagt habe. Ich habe auch gerade gesagt: Ich möchte die Zahl der Themen, die angesprochen werden, nicht begrenzen. Was die Bundesregierung und die verschiedenen Ressorts der Bundesregierung machen, ist, dass sie wie das Bundesinnenministerium Fragenkataloge an die US-Behörden wie auch an die Unternehmen schicken. Das entspricht genau dem, was wir immer gesagt haben: Wir müssen erst einmal den Sachstand aufklären. Wir müssen sehen, was auf welcher Rechtsgrundlage geschehen ist, was geschieht und wie das mit Datenschutzbestimmungen übereinzubringen ist. Das ist das, was jetzt auf verschiedenen Wegen geschieht, per Fragenkatalog oder per Treffen mit den Unternehmen, wie es ja heute Morgen eines im Bundeswirtschaftsministerium gibt. Dieser gesammelte Sachstand kann dann natürlich auch zum Thema werden, wenn Herr Obama hier in Berlin sein wird.

Frage: Herr Seibert, haben Sie vielleicht noch Details zu dem Abendessen? Gibt das der Bundespräsident, oder lädt die Kanzlerin ein?

Die zweite Frage wäre: Ist das vielleicht, um ein bisschen Farbe hineinzubringen, mit dem State Dinner zu vergleichen, das der Präsident 2011 für die Kanzlerin gegeben hat?

StS Seibert: Die Gastgeber des Abendessens sind die Bundeskanzlerin und Herr Prof. Sauer. Warten Sie die Bilder ab. Ich denke, das wird eine ausgesprochen gut gemischte Gästeliste sein, und es wird nicht an schönen Bildern und an guten Tischreden mangeln.

Wie Sie das dann qualifizieren, weiß ich nicht. Wir machen das in der Orangerie von Schloss Charlottenburg. Das ist etwas ganz anderes als der Rose Garden vor dem Weißen Haus - anders, aber auch sehr schön!

Frage: Ich erweitere das jetzt ein bisschen: Unterstützt die Bundesregierung die neue Haltung der USA bezüglich der Waffenlieferungen für syrische Oppositionelle?

StS Seibert: Vielleicht kann der Sprecher des Auswärtigen Amtes etwas dazu sagen.

Peschke: Vielen Dank für die Frage. Ich wollte ohnehin eine Stellungnahme zur Ankündigung der USA bezüglich einer militärischen Unterstützung der syrischen Opposition abgeben. Dazu möchte ich für Außenminister Westerwelle und die Bundesregierung Folgendes sagen: Wir nehmen die Entscheidung der USA mit Respekt zur Kenntnis. Wir werden den Informationsaustausch über die Faktenlage weiter intensiv fortsetzen. Wir werden weiter darauf hinwirken, dass eine internationale Syrien-Konferenz zustande kommt. Wir drängen auf eine Beratung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit dem Ziel, dass es eine gemeinsame Haltung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu dieser Faktenlage gibt. Deutschland selbst wird keine Waffen nach Syrien liefern. Abschließend möchte ich sagen, dass die Ressorts hinsichtlich dieser Frage natürlich in einem engen Austausch miteinander stehen.

StS Seibert: Ich kann hinzufügen, dass ich dem, was der Sprecher des Auswärtigen Amtes gerade gesagt hat, natürlich voll zustimme. Die Bundeskanzlerin hat sich darüber heute im Bundestag ausführlich mit dem Außenminister und mit dem Verteidigungsminister beraten und abgestimmt.

Frage: Herr Peschke, der Minister hat ja immer wieder betont, dass es keinerlei eigene Erkenntnisse über Chemiewaffen gebe. Man möchte dazu jetzt etwas bekommen. Ich meine, die Diskussion verläuft schon ein bisschen länger, und ähnliche Vermutungen hat es auch schon früher gegeben. Ist denn mittlerweile etwas eingetroffen, das verwertbar ist?

Peschke: Nein, die Sachlage hinsichtlich der eigenen Erkenntnisse ist unverändert. Deswegen werden wir den Informationsaustausch über diese Fragen weiterhin intensiv fortsetzen. Wir haben den Ausführungen des stellvertretenden Sicherheitsberaters der USA, der das mitgeteilt hatte, natürlich intensiv zugehört. Es gab auch entsprechende Vorabinformationen über diese öffentliche Information, die die USA in den letzten Stunden gegeben haben. Aber die Sachlage bezüglich eigener Erkenntnisse ist unverändert. Insofern bleibt ein enger Austausch auf allen Ebenen und auf allen Kanälen für uns ein wichtiges Anliegen, und wir werden das weiterhin intensiv fortsetzen.

Zusatzfrage: Das heißt, der Bitte, die der Minister schon vor ein paar Wochen geäußert hat, er möge doch Informationen aus den USA erhalten, ist bisher nicht entsprochen worden. Stimmt das so?

Peschke: Es gab, gibt und wird weiterhin einen sehr engen Informationsaustausch aller Beteiligten Stellen geben. Wenn Sie sich die Stellungnahme der USA zu dieser Frage ansehen, dann werden Sie eine sehr differenzierte Stellungnahme vorfinden. Im Sinne dieser sehr differenzierten Stellungnahme und Aussage gibt es natürlich einen Informationsaustausch. Aber Sie haben gefragt, ob es eigene Erkenntnisse gibt, und die gibt es nicht.

Frage: Herr Peschke, Sie haben gerade gesagt, dass Sie die US-Entscheidung mit Respekt zur Kenntnis nehmen. Nun hat Außenminister Westerwelle gerade wiederholt davor gewarnt, dass Waffenlieferungen an die Rebellen zu einer Eskalation des Konfliktes führen können. Wie besorgt ist Ihr Haus jetzt über eine mögliche Eskalation dieses Konfliktes?

Peschke: Wir sind natürlich aufgrund der Gesamtlage in Syrien, wie sie sich aufgrund der unveränderten und verschärften Angriffe des syrischen Regimes gegen Rebellenstellungen und gegen die eigene Bevölkerung darstellt, natürlich sehr besorgt über die Eskalation, auch über die Eskalationsmöglichkeiten des Syrien-Konfliktes und über ein mögliches Übergreifen des Syrien-Konfliktes auf die Nachbarländer, wie die Vorfälle auf den Golanhöhen und die Vorfälle im Libanon oder an der türkisch-syrischen Grenze gezeigt haben. Das ist eine sehr große Sorge von uns und eine Gefahr, der mit ganzer Kraft entgegengewirkt werden muss.

Was die amerikanische Haltung betrifft, so möchte ich Sie bitten, wie ich es gerade auch schon einmal gesagt habe, das Statement des stellvertretenden Sicherheitsberaters der USA sehr genau zu lesen. Das ist ein sehr differenziertes Statement, auch bezüglich der Frage, was die USA konkret zur Unterstützung der syrischen Opposition zu tun beabsichtigen und ob eine militärische Unterstützung seitens der USA beabsichtigt ist. Was das konkret heißt, ist, soweit wir das lesen und verstehen, noch zu spezifizieren.

Was uns betrifft, habe ich gesagt: Deutschland selbst wird keine Waffen nach Syrien liefern. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal wiederholen. Wir werden aber im gemeinsamen Gespräch mit unseren Partnern demnächst auf der europäischen Ebene und beim G8-Treffen der Staats- und Regierungschefs - Herr Seibert hatte es gesagt - einen engen Austausch darüber suchen, was verantwortungsvoll getan werden kann, um die syrische Opposition in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, und was sie darin unterstützen kann, zu einer einheitlichen organisatorischen Struktur, zu einer einheitlichen Linie und zu einem einheitlichen Handeln in Bezug auf einen Neuanfang in Syrien zu finden. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt, und dafür werden wir weiterhin alles tun, was uns möglich ist - humanitär, grundsätzlich für die Menschen in Syrien, aber auch zur Unterstützung der Opposition.

Frage: Herr Peschke, hält die Bundesregierung den Vorwurf, dass das Regime Chemiewaffen eingesetzt hat, für berechtigt oder nicht?

Peschke: Ich kann Ihnen dazu nur das sagen, was ich bisher vorgetragen habe: Wir nehmen die Haltung der USA, wie sie geäußert wurde, mit Respekt zur Kenntnis. Hinsichtlich der Sache selbst verfügen wir über keine eigenen Erkenntnisse.

Zusatzfrage: Aber sind die Erkenntnisse, die Ihnen von den USA übermittelt werden, so glaubhaft, dass Sie sagen können, dass das stimmt, oder prüfen Sie das noch?

Peschke: Da kann ich auch nur noch einmal darauf rekurrieren, was ich bereits gesagt habe: Es gibt einen sehr engen Informationsaustausch. Die Sachlage ist sehr differenziert und wurde auch seitens der USA in der Öffentlichkeit sehr differenziert dargestellt. Es ist eine schwierige Sachlage, hinsichtlich derer es weitere Gespräche und eine Vertiefung der Erkenntnisse geben muss. Diesen Informationsaustausch werden wir weiterhin intensiv fortsetzen. Es ist für uns das Gebot der Stunde, dass man Erkenntnisse und Bewertungen austauscht, um möglichst weitgehend zu gemeinsame Schlussfolgerungen zu kommen. Das ist unsere Linie, und die werden wir fortsetzen.

Frage: Ich wollte fragen, welche Konsequenzen sich ergeben würden, falls es doch wahr wäre, dass das Regime Chemiewaffen einsetzt. Welche Konsequenzen würden sich für die Bundesrepublik ergeben?

Peschke: Die Konsequenz ist so, wie ich sie dargestellt habe: Wir sehen angesichts dieser von amerikanischer Seite auch öffentlich erklärten Faktenlage eine große Notwendigkeit, den Informationsaustausch intensiv fortzusetzen. Wir sehen auch die Notwendigkeit, dass über diese Faktenlage im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gesprochen wird, und zwar mit dem Ziel, das der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine gemeinsame Haltung zu diesem Thema einnimmt.

Wir sehen, uns betreffend, die Notwendigkeit, die syrische Opposition mit allem, was aus unserer Sicht verantwortbar ist, zu unterstützen. Ich habe deutlich gemacht, dass Deutschland selbst keine Waffen nach Syrien liefern wird. Das ist eine Position, die wir ja schon in der Vergangenheit klargestellt haben und die weiterhin gilt. Aber für uns ist es natürlich in dieser Situation absolut notwendig, alles zu tun, was möglich und aus unserer Sicht verantwortbar ist, um die syrische Opposition zu unterstützen.

Aufseiten der syrischen Regierung - ich kann auch noch einmal auf das verweisen, was wir schon in der Vergangenheit gesagt haben - muss sich jeder der Verantwortung bewusst sein, die er auf sich lädt, wenn er zum Einsatz von chemischen Substanzen oder Waffen greift. Das wird in der Folge sicherlich auch von der internationalen Staatengemeinschaft nicht ungeahndet bleiben. Wir haben uns schon in der Vergangenheit dafür eingesetzt, dass solche Dinge genau untersucht werden.

Wir haben auch darauf hingewiesen, dass die ja bereits beschlossene Untersuchungskommission der Vereinten Nationen endlich Zugang nach Syrien bekommt, um die Vorwürfe und die Fakten, die im Raum stehen, unabhängig zu überprüfen. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt, den wir aufrechterhalten und wo das Assad-Regime aufgerufen ist, sich endlich zu bewegen und diesen Zugang in voller Gänze zu gewähren.

Zusatzfrage: Wenn Sie so nett sind, könnten Sie Ihre Position in einem Satz zusammenfassen? Also was passiert, falls sich herausstellt, dass es den Einsatz von Chemiewaffen gibt? Wird die Bundesrepublik Waffen liefern oder nicht?

Peschke: Ich glaube, ich habe die Position jetzt mehrfach dargelegt. Es tut mir leid, es ist eine sehr differenzierte und schwierige Lage, die auch eine differenzierte und ebenso schwierige Antwort braucht.

Insofern verstehe ich Ihr Anliegen. Ich könnte das jetzt wiederholen, was ich bereits einige Male gesagt habe. Ich kann Sie aber darauf verweisen, dass Sie sich einfach noch einmal die Tonspur anhören. Dann haben Sie die Position. Ich kann das leider nicht weiter verkürzen.

StS Seibert: Aber das eine, was glasklar ist und was wir hier nun - ich weiß es nicht - mindestens zum zehnten Mal schon gesagt haben, ist, dass Deutschland keine Waffen nach Syrien liefern wird. Unabhängig von allen politischen Überlegungen ist uns das aus rechtlichen Gründen schon gar nicht möglich. Deutschland darf keine Waffen in ein Bürgerkriegsgebiet liefern. Das ist die ganz klare Ansage.

Frage: Ich möchte da aber noch einmal nachfragen. Also diese Aussage gilt auch definitiv, wenn sich der Verdacht bestätigen sollte? Auch wenn Assad Chemiewaffen eingesetzt hat, wird Deutschland keine Waffen liefern?

StS Seibert: Ich denke, ich habe jetzt so klar geantwortet, wie man es eigentlich nur versuchen konnte.

StS Seibert (zum Besuch des amerikanischen Präsidenten): Ich möchte noch ganz kurz etwas hinzufügen. Es ist jetzt ein großer thematischer Sprung von dem sehr ernsten Thema. Aber es gab eine Glamour-Frage.

Da ist mir noch ein Detail eingefallen, dass Sie auf jeden Fall interessieren wird. Also wenn Sie Glamour an der Kleiderordnung des Abendessens messen, dann muss ich Ihnen sagen, dass kein Smoking-Zwang herrscht. Dennoch wird der Abend sicherlich zeigen, dass man auch im dunklen Anzug schön und feierlich die deutsch-amerikanische Freundschaft würdigen kann.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert: Die Bundeskanzlerin soll angeblich jeden Tag die griechische Presseschau lesen. Aber heute gab es ja keine Zeitungen, weil die griechischen Kollegen streiten. Wie ist der Informationsstand der Bundeskanzlerin über die Ereignisse in Athen?

StS Seibert: Es stimmt. Die Bundeskanzlerin liest regelmäßig die griechische Presseschau. Ob jeden Tag, das kann ich nicht versprechen, aber sie liest sie sehr regelmäßig. Sie hat natürlich auch zahlreiche andere Möglichkeiten, sich über die Lage in Athen zu informieren - über die deutsche Botschaft, über die Arbeit des Auswärtigen Amtes, über die Arbeit der außenpolitischen Abteilung im Kanzleramt. Das heißt, die Informationslage ist gut.

Zusatzfrage: Gab es einen direkten Informationsaustausch mit Herrn Samaras? Gab es ein Telefonat mit Herrn Samaras? Hat die Bundeskanzlerin auch aus erster Hand Informationen von Herrn Samaras bekommen?

StS Seibert: Nicht in den letzten Tagen. Nein.

Zusatzfrage: Wie ist eigentlich die Einschätzung der Bundeskanzlerin über die Situation, die jetzt in Griechenland und in Athen herrscht? Ist sie besorgt über die Stabilität der Regierung und die politische Stabilität des Landes, die ja eine Voraussetzung für die Umsetzung des Anpassungsprogrammes ist?

StS Seibert: Wir haben das hier am Mittwoch in großer Ausführlichkeit erörtert. Die Maßnahme, die die griechische Regierung in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender getroffen hat, hat die griechische Regierung allein zu verantworten. Sie hat sicherlich mit dem Rahmen zu tun, der über den Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst vereinbart ist. Aber diese Maßnahme ist nicht mit der Troika oder der deutschen Bundesregierung besprochen, sondern sie ist von der griechischen Regierung verantwortet. Deswegen werde ich sie hier auch nicht bewerten.

Frage: Wenn Sie von den letzten Tagen sprechen, meinen Sie die Tage nach der Schließung des griechischen Rundfunks?

StS Seibert: Ich hatte die Frage eben so verstanden, ob die Bundeskanzlerin im Zusammenhang mit dieser Schließungsmaßnahme mit Herrn Samaras telefoniert hat. Die Antwort darauf ist: Nein.

Zusatzfrage: Okay. Gestern hat Herrn Steinbrück die Schließung der öffentlichen Fernseh- und Rundfunkanstalt als Gefahr für die Demokratie bezeichnet. Ähnliche Äußerungen haben auch der deutsche Journalistenverband, viele Gewerkschaftler, viele Politiker etc. abgegeben.

Ich frage einmal anders: Hat die deutsche Bundesregierung eine Meinung dazu, oder hat sie keine Meinung dazu?

StS Seibert: Jetzt sind wir genau wieder da, wo wir uns, glaube ich, 30 Minuten lang am Mittwoch bewegt haben. Sie möchten gern, dass wir diese Maßnahme bewerten. Sie möchten gern, dass wir damit in irgendeine Verbindung gebracht werden. Ich kann nur sagen, was ich gerade gesagt habe: Es ist eine Maßnahme der griechischen Regierung. Ich werde sie nicht bewerten.

Ich wiederhole: Nach allen Informationen, die uns vorliegen, handelt es sich um eine temporäre Maßnahme. Es soll weiterhin einen griechischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben - so lese ich das in den Zeitungen. Deswegen werde ich mich jetzt hier nicht weiter als am Mittwoch zu diesem Thema äußern.

Zusatzfrage: Ich habe Sie konkret gefragt, ob Sie das als eine Gefahr für die Demokratie sehen. Hier geht es auch sehr viel um Politiker und Gewerkschaftler. Ist das nicht eine legitime Frage, die auch beantwortet werden muss?

StS Seibert: Doch. Ihre Frage ist absolut legitim, aber meine Antwort auch.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innenministerium: Die englische Regierung hat ihre Botschaften angewiesen, allen Airlines zu sagen, dass Edward Snowden, der Whistleblower hinter dem NSA-Themenkomplex, nicht in das Vereinigte Königreich fliegen darf, sozusagen in keiner Maschine.

Meine Frage wäre: Gibt es so eine Regelung in Deutschland? Könnte die Regierung den Airlines überhaupt sagen "Diese Person darf nicht nach Deutschland fliegen"? Für den konkreten Fall gefragt - so unwahrscheinlich das auch ist -: Gibt es so eine Verfügung für die betreffende Person?

Kutt: Eine derartige Verfügung ist mir nicht bekannt.

Zusatzfrage: Ist das in Deutschland rechtlich möglich?

Kutt: Das müsste ich prüfen. Das weiß ich jetzt auf Anhieb nicht.

Vorsitzender Hebestreit: Ich gehe davon aus, dass alle Kollegen an der Prüfung interessiert sind. Das können Sie dann an uns geben, und wir verteilen es weiter über den Bundespressekonferenz-Verteiler.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt zum Thema Türkei: Mich würde interessieren, ob weitere EU-Beitrittskapitel für Sie weiterhin ein Thema sind und welchen Einfluss die Vorkommnisse in der Türkei auf diesen Prozess haben?

Peschke: Das kann ich Ihnen gern schildern. Zunächst einmal gibt es natürlich keinen direkten Zusammenhang zwischen den innenpolitischen Ereignissen in der Türkei, wie wir sie gerade beobachten, und dem technischen Prozess der Eröffnung weiterer Beitrittskapitel.

Zu den Beitrittsverhandlungen ist der Stand wie folgt: Derzeit wird geprüft, ob eine baldige Öffnung eines weiteren Kapitels möglich ist. Es geht da um Nummer 22 - das betrifft das Kapitel Regionalpolitik. Diese Prüfung dauert an. Im Rahmen dieser Prüfung sind aus unserer Sicht noch zahlreiche technische Fragen zu lösen. Ob das bald gelingt, vermag ich hier nicht zu beurteilen. Es kann aber durchaus sein, dass das noch einige Zeit in Anspruch nimmt, und insofern eine baldige Öffnung nicht möglich wäre.

Das ist der Stand zur Frage der Beitrittsverhandlungen.

Zum Stand der innenpolitischen Entwicklung möchte ich kurz ergänzen, dass wir das natürlich weiter sehr genau verfolgen - auch die jüngsten Gespräche des Ministerpräsidenten mit Vertretern der Protestbewegung. Wir hoffen darauf, dass es durch die Einigung, die bei diesen Gesprächen erzielt wurde, zu einer Deeskalation der Lage kommt.

Ich möchte ergänzen, dass Außenminister Westerwelle - weil hier immer wieder einmal gefragt wird, welche Kontakte es mit der türkischen Seite gibt - vorgestern Abend zu diesem Thema ein ausführliches Gespräch mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu geführt hat.

Zusatzfrage: Aber ich habe Sie richtig verstanden: Sie sehen keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Vorgehen von Erdogan und den EU-Beitrittsverhandlungen aus Sicht der Bundesregierung?

Peschke: Es ist keine Frage, ob ich das sehe oder nicht. Es ist eine objektive Frage, ob es einen gibt oder nicht. Das Eine ist eine technische Frage. Da sind die Beitrittsverhandlungen. Da geht es um die technische Frage, ob jetzt ein sachliches Kapitel, nämlich Regionalpolitik, eröffnet werden kann. Das andere sind Fragen, die wir im Rahmen der gesamteuropäischen Wertepartnerschaft mit der Türkei erörtern. Insofern gibt es da keinen direkten Zusammenhang.

Natürlich steht der grundsätzliche Fortgang der Beitrittsgespräche in der Türkei auch in einem politischen Kontext. Das ist völlig selbstverständlich. Aber wir reden ja über einen sehr langen Prozess, der schon einige Jahre in Anspruch genommen hat und der mit Sicherheit auch noch eine lange Zeit in Anspruch nehmen wird.

Zu der konkreten Frage, ob jetzt die Eröffnung eines Beitrittskapitels möglich wird: Das wäre ja nur relevant zu diskutieren, wenn wir kurz davor stünden, dass alle technischen Fragen gelöst sind. Das sind sie aber nicht. Insofern müssen wir zunächst die technischen Fragen diskutieren. Wenn es dafür eine Lösung gibt, dann sehen wir weiter. Aber im Moment ist es so, dass die Eröffnung des einzigen, zurzeit möglicherweise anstehenden Kapitels allein schon aufgrund technischer Fragen ungewiss ist.

Zusatzfrage: Dann erweitere ich die Frage hiermit etwas. Sie sagten eben "Wertegemeinschaft". Welchen Einfluss sehen Sie auf den gesamten Beitrittsprozess als solchen und die politische Diskussion?

Peschke: Ich möchte Ihnen dazu jetzt nicht mehr sagen. Natürlich müssen die Entwicklungen in der Türkei, aber auch in Europa, im Rahmen einer Annäherung, die ja einen Beitrittsprozess darstellt, berücksichtigt werden. Insofern fließt das natürlich in den weiteren politischen Kontext ein.

Das Einzige, bei dem zurzeit die Frage des Beitrittsprozesses operativ relevant ist, ist die technische Frage, ob es in Kürze gelingt, ein sehr sachgebundenes Kapitel zu eröffnen oder nicht. Diese Frage ist allein aufgrund zahlreicher offener technischer Fragen im Moment noch nicht zu beantworten. Insofern muss ich Sie da um Geduld bitten.

Frage: Könnten Sie uns ein Beispiel geben, welche technische Fragen in diesem Kapitel noch offen sind? Wir warten seit drei Jahren auf den Neuanfang eines Kapitels. Sie haben gesagt, es gibt noch technische Fragen zu beantworten. Das ist nicht einfach zu verstehen.

Peschke: Ich muss zugeben, dass das in der Tat eine anspruchsvolle Sachlage ist. Aber Beitrittsverhandlungen sind nun einmal eine sehr verantwortungsvolle und vor allem technisch komplizierte Materie.

Um ein Beitrittskapitel zu eröffnen, muss eine Beitrittskonferenz stattfinden. Für diese Beitrittskonferenz muss die Kommission ein Verhandlungsmandat erteilt bekommen. Über dieses Verhandlungsmandat wird zurzeit im Rat oder in den Gremien des Rates der Europäischen Union gesprochen.

Bezüglich der Erteilung des Mandates gibt es weiterhin offene Fragen. Solange also diese Fragen nicht gelöst sind, so lange kein Mandat erteilt werden kann, kann logischerweise auch der nächste Schritt nicht gegangen werden.

Das ist die Diskussion. Sie wird in Brüssel zurzeit von den Experten geführt. Da muss ich sie auch belassen. Also ich kann jetzt hier in der Regierungspressekonferenz keine Expertendiskussion aus den Brüsseler Ratsgremien wiedergeben. Da geht es um die Erteilung eines Verhandlungsmandats an die Kommission. Das wäre der nächste Schritt. Dabei gibt es noch offene Fragen.

Frage: Die Diskussionen und Gespräche werden ergebnisoffen durchgeführt. Gibt es denn einen zeitlichen Horizont, wann die Gespräche abgeschlossen sein sollen? Sagen wir in fünf Jahren, in zehn Jahren?

Peschke: Es gibt einen zeitlichen Horizont. Die Gespräche werden dann abgeschlossen, wenn sie abgeschlossen werden können.

Frage: Herr Peschke, im Iran finden heute die Präsidentschaftswahlen statt. Welche Erwartung hat die Bundesregierung an den nächsten iranischen Präsidenten? Ich frage auch vor dem Hintergrund, dass die deutsch-iranischen Beziehungen in den letzten acht Jahren alles andere als gut waren.

Peschke: Das ist eine sehr weitreichende Frage, die ich Ihnen in der ganzen Weitläufigkeit vermutlich nur unzureichend beantworten kann. Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Bundesregierung natürlich die iranischen Präsidentschaftswahlen, die am heutigen Tage stattfinden, mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Außenminister Westerwelle verfolgt die Nachrichten, die wir erhalten - offiziell und auf internen Kanälen -, mit sehr großer Aufmerksamkeit. Wir müssen abwarten, welches Ergebnis diese Wahlen bringen, um dann auch den Wahlverlauf, den Wahlvorlauf, das Wahlergebnis und die Akzeptanz des Wahlergebnisses in Iran entsprechend umfassend bewerten zu können. Dem kann ich hier natürlich in einer so frühen Phase, da die Wahl ja noch andauert, nicht vorgreifen.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass für uns eine wichtige Frage - das kann man jetzt schon sagen - im Nachgang zu den Wahlen, wenn der Wahlprozess abgeschlossen sein wird, die Frage über das iranische Atomprogramm sein wird. Sie wissen, dass es da einen laufenden internationalen Verhandlungsprozess gibt, an dem auch Deutschland beteiligt ist. Es ist unser Anliegen, dass es in diesem Verhandlungsprozess, sobald es geht, nach den Präsidentschaftswahlen substanzielle Fortschritte geben kann. Wir würden uns wünschen, dass die neue iranische Führung solche substanziellen Fortschritte in Richtung einer Lösung des Streites um das iranische Atomprogramm möglich machen wird.

Frage: Herr Seibert oder Frau Kothé, ist jetzt schon bekannt oder gibt es mehr Details dazu, wie die 8 Milliarden Euro Fluthilfe beschafft werden sollen? Da gab es ja unterschiedliche Meldungen. Ist auch schon bekannt, welche Auswirkungen das auf den Haushalt haben wird?

StS Seibert: Vielleicht sage ich noch einmal ganz allgemein etwas dazu. Das ist ein sehr wichtiger Beschluss, den Bund und Länder gestern beim Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten geschlossen haben. Nicht umsonst haben sie begonnen, erst einmal zu sagen: Wir üben Anteilnahme mit all denen, die von der Flut betroffen sind, Anteilnahme mit all denen, deren Existenzen durch die Hochwasserschäden beeinträchtigt oder gefährdet sind. Zweitens geht ein Dank aller staatlicher Stellen an jeden, der sich eingesetzt hat, sei es in seiner Eigenschaft als Feuerwehrmann oder als Bundespolizist, oder sei es eben als Freiwilliger - es ist extrem schön zu sehen, wie groß die Solidarität der Menschen in den Hochwassergebieten war.

Diese Solidarität findet ihre Entsprechung in dem, was die staatlichen Ebenen, was Bund und Länder gestern beschlossen haben: Auch der Staat wird solidarisch sein und wird diese Menschen auch in der schwierigen Wiederaufbauphase nicht im Stich lassen. Deswegen ist der Fonds gestern mit maximal 8 Milliarden Euro beschlossen worden. Es ist gestern aber auch gesagt worden, dass die Finanzierungswege im Einzelnen noch zu klären sind. Nun ist noch nicht sehr viel Zeit zwischen gestern Spätnachmittag und heute Morgen vergangen; deswegen bin ich mir sicher, dass Frau Kothé Ihnen auch jetzt noch keine abschließenden Lösungen verkünden können wird. Ich glaube aber, es ist wichtig festzuhalten, dass der Staat, dass Bund und Länder gestern das Richtige getan haben, und das in großer Einstimmigkeit.

Kothé: Ich möchte vielleicht noch ein bisschen erläutern, wie die Finanzierung des Fonds funktionieren könnte oder wo wir da in der Diskussion stehen. Zur Finanzierung wird es - Herr Seibert hat das gerade gesagt und das geht auch aus den gestrigen Beschlüssen hervor - weitere Gespräche zwischen Bund und Ländern geben. Der Bund hat aber angeboten - so viel ist klar -, dass wir bereit sind, den Beitrag der Länder über die Nettokreditaufnahme des Bundes vorzufinanzieren und diese sie für das Jahr 2013 entsprechend zu erhöhen. Damit würden die Länder an den günstigen Finanzierungskonditionen des Bundes partizipieren. Dies würde dann im Rahmen des allgemeinen Schuldenmanagements erfolgen, das üblicherweise in Händen der Finanzagentur liegt. Fest steht auch, dass der Fonds jeweils hälftig von Bund und Ländern gespeist wird. Das sind vielleicht erst einmal die wichtigsten Eckpunkte.

Frage: Käme die sogenannte Deutschland-Anleihe dafür auch infrage, die dann eben eine Bund-Länder-Anleihe wäre? Oder wäre es dann - was ja ein Unterschied ist - eine Bundesanleihe, die gemeinsam getilgt wird?

Zweitens. Mir ist noch nicht ganz klar, was dieser Fonds abdecken soll. Sie haben von den Menschen gesprochen, aber es gibt ja auch Schäden an der Infrastruktur, zum Beispiel bei der Bahn. Wird das noch ein Sonderthema oder soll auch das aus diesem Fonds mit finanziert werden?

Kothé: Ich fange vielleicht mit Ihrer letzten Frage an: Die Details darüber, was genau finanziert wird, werden im Gesetz und in einer Verordnung, die es geben wird, noch zu präzisieren sein. Klar ist, dass der Fonds zur Finanzierung der Behebung von Schäden, die durch das Hochwasser entstanden sind, bereitsteht. Diese Schäden müssen jetzt aber erst einmal - tatsächlich und auch quantitativ - festgestellt werden. Dann kann man auch sehen, wie man das entsprechende Hilfsprogramm von den Leistungen her ausgestaltet. Das wird in den nächsten Tagen so weit wie möglich erfolgen.

Bei dem anderen Thema ging es etwas durcheinander - ich habe es gerade gesagt. Bund-Länder-Anleihe und Deutschland-Anleihe sind teilweise auch etwas unscharfe Begriffe. Das, was jetzt im Rahmen der Hochwasserhilfe geplant ist, hat nichts mit dem Pilotprojekt Bund-Länder-Anleihe zu tun, das im Rahmen der Fiskalpaktverhandlungen beziehungsweise der innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalpakts zwischen Bund und Ländern vereinbart worden ist. Das ist ein ganz anderes Projekt und auch viel begrenzter. Ich habe eben gesagt: Angedacht ist beziehungsweise der Vorschlag des Bundes ist, dass der Bund mit der Finanzierung vorangeht und die Länder sich dann in einem zweiten Schritt mit ihrem Anteil daran beteiligen. Angedacht ist jedenfalls, dass der Bund im Rahmen seiner normalen Kreditaufnahme die Finanzierung übernimmt.

StS Seibert: Ich möchte vielleicht noch hinzufügen - das ist auch wichtig und sollte nicht untergehen -: Das, was der Bund an Maßnahmen im Rahmen der Soforthilfe bereits begonnen hat, wird natürlich weiter fortgeführt, also die Unterstützung von Unternehmen mit flexiblen Hilfen der KfW, dass Landwirtschaft und Kommunen unterstützt werden, dass man mit den Ländern zusammenarbeitet, wenn sie mit der EU-Kommission darüber sprechen, wie EU-Strukturfondsmittel optimal eingesetzt werden können, die ganzen Regelungen zum Kurzarbeitergeld, was das BMAS hier neulich vorgestellt hat, die Nutzung steuerlicher Erleichterungen etc. - das alles läuft natürlich weiter.

Was man auch nicht ganz vergessen sollte - obwohl es vielleicht selbstverständlich ist; trotzdem macht es einen nicht unerheblichen Batzen Geld aus -: Der Bund wird den Ländern den Einsatz der Bundeshelfer - seien es nun Bundeswehr oder Bundespolizei - natürlich auch nicht in Rechnung stellen.

Frage: Frau Kothé, müssen diese 8 Milliarden Euro auf einen Schlag beschafft werden, wissen Sie das schon? Braucht es dafür einen Nachtragshaushalt oder nicht?

Kothé: Wie gesagt, gestern wurden die Rahmendaten beschlossen. Was die Details betrifft, so ist das alles noch unter Vorbehalt; insofern schildere ich jetzt einen möglichen Weg, der schnell zum Ziel, nämlich einer raschen Hilfe führen könnte. Angedacht ist, dass man das als Sondervermögen des Bundes ausgestalten könnte; das würde dann - für diejenigen, die sich im Haushalt näher auskennen - im Einzelplan 60 angesiedelt. Der Fonds würde dann im Jahr 2013 finanziell ausgestattet. Dazu, wie die Schulden technisch genau aufgenommen würden, kann ich Ihnen jetzt noch keine Details liefern. Es würde aber im Jahre 2013 erfolgen, und dann bräuchten wir einen Nachtragshaushalt.

Frage: Ich habe Ihre Antwort auf die Frage, was der Fonds abdecken soll, immer noch nicht richtig verstanden. Jetzt einmal unabhängig von der Höhe: Klar ist ja, dass es Schäden an Bundesstraßen - Autobahnen weiß ich jetzt nicht - und Bahnstrecken gegeben hat. Sollen diese Schäden vom Fonds abgedeckt werden oder will man das getrennt machen? Ich glaube, beim Hochwasser in 2002 hatte man das getrennt gemacht.

Kothé: Dazu, wie das im Einzelnen geschehen soll, gibt es jetzt noch keine Festlegung. Es gilt die allgemeine Aussage, dass Schäden, die durch das Hochwasser entstanden sind, dadurch finanziert werden sollen. Da muss ich Sie also einfach noch ein bisschen um Geduld bitten, bis man einen genauen Katalog hat. Da kann ich Ihnen jetzt noch nicht mit präzisen Angaben helfen.

Strater: Ich kann das vielleicht noch etwas ergänzen. Das eine - Sie sprachen es an - sind die Autobahnen, Bundesstraßen und Schienenwege, das gilt aber auch für die Bundeswasserstraßen - zumindest für den Teil, der dazugehört, also Wehre, Schleusen usw. -: Es ist völlig außer Frage, dass die so schnell wie möglich, zügig und unbürokratisch wieder instand gesetzt werden müssen, um die Mobilität der Menschen zu gewährleisten.

Es geht aber auch noch darüber hinaus: Das BMVBS beteiligt sich auch an den Soforthilfemaßnahmen der Länder zur Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur in den Gemeinden. Das geht ja über das hinaus, was der Bund als Baulastträger normalerweise finanziert. Ich möchte Ihnen hier vielleicht einige Beispiele nennen, was darunter auch fällt und fallen kann: Das ist zum einen die städtebauliche Infrastruktur, also historische Innenstadtkerne, Kulturstätten, bestimmte Gebäude, das ist zum anderen aber auch die soziale Infrastruktur wie Kindertagesstätten, Schulen, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, aber auch Sportanlagen, das ist natürlich auch die verkehrliche Infrastruktur wie Straßen, Wege, Brücken, das sind aber auch unbewegliche ÖPNV-Infrastruktureinrichtungen und schließlich wasser- und abfallwirtschaftliche Einrichtungen - dazu gehören Trinkwasserversorgungsanlagen, Abwasseranlagen und Abfallbeseitigungsanlagen. Hier ist es so, dass jeder Euro, mit dem Maßnahmen von den Ländern finanziert werden, anteilig mit einem Euro des Bundes bezuschusst wird. Die Kommunen können die Anträge bis Ende des Jahres bei den Ländern stellen, und dann kann das Geld auch fließen.

Frage: Ich habe noch eine Frage an das Finanzministerium, diesmal zum Thema Bankenunion und den Plänen in Brüssel - Stichwort zentrale Abwicklungsbehörde -: Können Sie uns noch einmal sagen, wie die Bundesregierung dazu steht und inwiefern sie diesbezüglich in Brüssel Einfluss nehmen will?

Kothé: In der Presse wird zwar über Teile aus dem Kommissionsvorschlag beziehungsweise über das, was bezüglich der Pläne irgendwie durchgesickert ist, berichtet; einen offiziellen Vorschlag gibt es aber noch nicht. Von daher kann ich den Kommissionsvorschlag auch noch nicht endgültig kommentieren. Wir haben immer gesagt: Das Projekt Bankenunion erfordert, dass noch eine Reihe schwieriger Dossiers auf europäischer Ebene abzuarbeiten ist. Eines dieser Elemente ist eben der einheitliche Abwicklungsmechanismus. Zentralisierten Entscheidungen bei der Kommission stehen wir diesbezüglich nach wie vor kritisch gegenüber; das ist keine neue Haltung. Was Einzelheiten betrifft, so müssen wir einfach abwarten, was die Kommission dann vorschlagen wird.

Frage: Ist die Möglichkeit einer Klage realistisch oder können Sie das von vorneweg ausschließen?

Wie sehen Sie den Zeitplan? Es soll ja bis Ende Juni alles geklärt werden. Ist das für Sie noch machbar?

Kothé: An den zeitlichen Vorstellungen, wie sie verabredet wurden, hat sich aus unserer Sicht erst einmal nichts geändert.

Bezüglich des Abwicklungsgremiums möchte ich vielleicht noch nachschieben, dass wir uns eine enge und effiziente Koordinierung im Rahmen eines Netzwerkes vorstellen können. Jetzt warten wir erst einmal ab, was die Kommission vorschlägt. Wir sind alle bestrebt - und das macht die Bundesregierung auch -, das Thema Bankenunion mit großem Engagement und zielführend voranzutreiben.

Frage: Frau Kothé, eine Frage im Zusammenhang mit dem Eurogruppentreffen nächste Woche: Zum Thema ESM-Bankenrekapitalisierung wird berichtet, dass sich die Euro Working Group ungefähr darauf verständigt habe, dass dafür im ESM überhaupt nur 50 bis 60 Milliarden Euro zur Verfügung stehen sollen. Ist das auch das, was sich die Bundesregierung vorgestellt hat, oder wie sieht man diesen Vorschlag?

Kothé: Auch dazu kann ich Ihnen jetzt wenig Neues sagen; auch da ist unsere Position unverändert. Wir haben uns da quantitativ nicht festgelegt, und unsere Haltung zum Thema Bankenrekapitalisierung durch den ESM ist unverändert.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 14. Juni 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/06/2013-06-14-regpk.html;jsessionid=7A9BBA71FD1C4C3F9FF743034D234EA2.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2013