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PRESSEKONFERENZ/660: Regierungspressekonferenz vom 6. September 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 6. September 2013
Regierungspressekonferenz vom 6. September 2013



Themen: Vorwürfe des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gegenüber der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Geheimdienst-Spähaffäre, Termine der Bundeskanzlerin (Empfang der Preisträgerinnen und Preisträger des Bundeswettbewerbs "Jugend forscht", Kabinettssitzung, 65. Internationale Automobilausstellung in Frankfurt), Personalie, Streik in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, NSA-Spähvorwürfe, Finanzhilfen für Griechenland, möglicher militärischer Einsatz gegen das syrische Regime, Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, Kleine Anfrage der Linkspartei zur Automobilindustrie

Sprecher: SRS Streiter, Koufen (BMBF), Teschke (BMI), Bethge (BMVBS), Kothé (BMF), Peschke (AA)

VORS. Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Teschke: Ich möchte an dieser Stelle die Vorwürfe des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn Schaar, von gestern zurückweisen. Einige von Ihnen werden ja die Pressekonferenz verfolgt haben.

Vielmehr gilt es, Herrn Schaar darauf hinzuweisen, dass auch für ihn geltendes Recht gilt. Demnach unterliegen personenbezogene Daten, die der Kontrolle der G-10-Kommission unterliegen, ausdrücklich nicht der Zuständigkeit des Bundesbeauftragten. Das sollte Herr Schaar eigentlich wissen. Aber genau das war bei seinen Fragen der Fall. Wir haben alle Fragen von ihm beantwortet, und zwar im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit. Wir haben Herrn Schaar darauf verwiesen, dass es zahlreiche Kleine Anfragen aus dem parlamentarischen Raum gab. Auch diese standen ihm zur Verfügung und sorgten teilweise dafür, dass seine Fragen beantwortet worden sein könnten.

Frage: Herr Teschke, macht der Bundesdatenschutzbeauftragte nach der Ansicht des Ministers einen guten Job?

Teschke: Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz gibt immer wichtiger Impulse, auch für unsere Arbeit. Auch wir kümmern uns intensiv um den Datenschutz. Insofern greifen wir seine Impulse immer wieder auf.

Zusatzfrage: Sie würden ihn also ungern verlieren?

Teschke: Nach meinem Wissen läuft die Amtszeit von Herrn Schaar aus und kann auch nicht verlängert werden. Wir bemühen uns um einen guten Nachfolger.

Zusatzfrage: Sie bemühen sich um einen guten Nachfolger. - Habe ich es richtig verstanden, dass die jetzige Bundesregierung noch einen Nachfolger nominieren will, oder überlassen Sie das der nächsten Regierung?

Teschke: Der Nachfolger von Herrn Schaar wird sicherlich erst in der nächsten Legislaturperiode bestimmt werden.

Zusatzfrage: Nominiert wird er jetzt auch nicht mehr?

Teschke: Meines Wissens nach nicht mehr bis zur Bundestagswahl.

SRS Streiter: Die Termine der Kanzlerin sind auch in der kommenden Woche überschaubar. Am Dienstag wird die Bundeskanzlerin um 12 Uhr die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger des Bundeswettbewerbs "Jugend forscht" im Bundeskanzleramt empfangen. Die Bundeskanzlerin überreicht dabei den mit 3.000 Euro dotierten Sonderpreis der Bundeskanzlerin für die originellste Arbeit. Der diesjährige Preisträger, der 19-jährige Korbinian Urban aus Lenggries in Bayern, wird der Kanzlerin seine Arbeit vorstellen. Er hat ein neuartiges Verfahren für die Hochgeschwindigkeitsfotografie entwickelt, womit ihm eindrucksvolle Aufnahmen von fallenden Wassertropfen und zerspringenden Glasplatten gelungen sind. Auch Bundesforschungsministerin Wanka wird an diesem Empfang teilnehmen.

Am Mittwoch tagt um 9.30 Uhr, wie üblich, das Bundeskabinett.

Am Donnerstag, dem 12. September, wird die Bundeskanzlerin ab 10 Uhr an der Eröffnungsveranstaltung der 65. Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt am Main teilnehmen. Sie wird dort die Eröffnungsrede halten und im Anschluss einen Rundgang über die Messe machen. Dabei wird sie unter anderem von Bundesverkehrsminister Ramsauer begleitet.

Das waren schon die öffentlichen Termine für die kommende Woche.

Vorsitzender Hebestreit: Das ist wahrlich überschaubar.

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, gibt es noch eine Personalie bekannt zu geben.

Koufen: Ich möchte mich verabschieden. Ich bin heute das letzte Mal in der Bundespressekonferenz. Ich gehe mit einem Programm der Robert-Bosch-Stiftung nach Lissabon, und zwar an das dortige Wissenschaftsministerium, und bin dann erst einmal weg.

Vorsitzender Hebestreit: Wir bedanken uns für die Zusammenarbeit und wünschen gutes Wetter.

Koufen: Auch ich bedanke mich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Vielleicht sieht man sich danach wieder.

Frage: Ich habe eine Frage an den Regierungssprecher und möglicherweise auch an das Verkehrs- und das Innenministerium. Die Gewerkschaft ver.di hat für die kommende Woche zu einem siebentägigen Streik an den Wasserstraßen in Deutschland aufgerufen. Da kommt jetzt aus Kiel, weil auch der Nord-Ostsee-Kanal betroffen ist, vonseiten der Seehäfen die Forderung an die Kanzlerin, sie möge eingreifen und diesen Streit, der da offensichtlich zwischen Innen- und Verkehrsministerium herrscht, schlichten, auf dass die Schiffe wieder fahren können.

Deswegen meine Frage an den Regierungssprecher: Denkt die Kanzlerin daran, in diesen Konflikt einzugreifen?

Meine zweite Frage richtet sich an die beiden Häuser: Woran liegt es, dass Sie sich nicht einigen können?

SRS Streiter: Da kann ich Sie beruhigen. Die Bundeskanzlerin wird sich dort nicht einschalten, weil es da gute Nachrichten gibt, die Ihnen die Kollegen gleich berichten können.

Bethge: Wie Sie wissen, hat sich Minister Ramsauer von Anfang an sehr stark dafür eingesetzt, dass die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sozialverträglich umgesetzt wird. Das heißt, die Reform soll mit den Mitarbeitern und nicht gegen sie umgesetzt werden.

Nachdem es mit den Beteiligten nicht zu einem Tarifvertrag gekommen war, hat Herr Ramsauer nach anderen Wegen und Möglichkeiten gesucht, sie auch gefunden und die Mitarbeiter sozialverträglich vollumfassend bereits abgesichert, indem er ihnen eine schriftliche Zusage gemacht hat, in der bereits bekräftigt wurde, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird, dass es keine Versetzungen gegen den Willen der Beschäftigten geben wird und dass es im Zuge der Reform auch keine Einbußen beim Entgelt zulasten der Beschäftigten geben wird.

Ich kann Ihnen sagen - diese Frage ist nach wie vor hochaktuell -, dass sich die zuständigen Minister innerhalb der Bundesregierung schriftlich darauf geeinigt haben, dies noch einmal zu bekräftigen, und dass sich der Innenminister und auch der Finanzminister den sozialen Absicherungen, die Verkehrsminister Ramsauer den Mitarbeitern gegenüber bereits betroffen hat, angeschlossen haben. Das heißt, es gibt jetzt ein Schriftstück, eine schriftliche Vereinbarung der drei Ressorts untereinander, in der explizit noch einmal sichergestellt wird, dass auch die beiden zuständigen Minister, also für Finanzen und Inneres, hinter dem Verkehrsminister stehen und dass das Wort gilt. Es wird also, wie gesagt, de facto keine betriebsbedingten Kündigungen, keine Versetzungen gegen den Willen der Beschäftigten und auch keine Entgelteinbußen geben.

Wichtig ist, dass dies für alle Beschäftigten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung gilt, nicht nur für Mitglieder von ver.di. Ich möchte betonen, dass dies rechtsverbindliche Zusagen sind. Das heißt, sie sind einklagbar, sie sind unwiderruflich, und sie hängen auch nicht an der Person, die das Amt des jeweiligen Ministers ausführt, wenn ich das einmal so sagen darf.

Insgesamt geht es darum, dass wir die Verwaltung zukunftsgerecht aufstellen müssen, damit sie für die Beschäftigten auch auf lange Sicht eine Perspektive bietet. Insofern dient die Reform auch den Interessen der Beschäftigten selbst, nicht nur der wasserstraßengebundenen Verkehrsträger.

Zusatzfrage: Nun fordern ja die Gewerkschaften eine tarifvertragliche Absicherung. Was spricht denn aus Ihrer Sicht dagegen?

Bethge: Dagegen spricht in erster Linie, dass es einer tarifvertraglichen Absicherung nicht bedarf. Die Zusagen sind in einer anderen Rechtsform getätigt worden und nicht weniger verbindlich. Das haben wir durch einen sehr namhaften Professor abklären lassen, nämlich durch Herrn Prof. Thüsing vom Arbeitsrechtsinstitut der Universität Bonn. Ich habe das Gutachten zur Verfügung und kann es Ihnen gern zusenden. Darin wird belegt, dass die Form, die Minister Ramsauer gewählt hat und der sich jetzt auch der Innenminister sowie der Finanzminister angeschlossen haben, sogar rechtsverbindlicher ist als ein Tarifvertrag. Das heißt, die Mitarbeiter stehen im Ergebnis besser, in jedem Fall nicht ohne soziale Absicherung da, sondern mit einer vollumfassenden rechtsverbindlichen sozialen Absicherung. Insofern ist ein Tarifvertrag eine reine Formfrage.

Zusatzfrage: Gibt es schon eine Resonanz, ein Echo auf diese Einigung?

Bethge: Das ist taufrisch und wird den Mitarbeitern zugesandt. Auch ver.di wird dies zur Kenntnis gegeben. Wir hoffen, dass das die Sorgen der Mitarbeiter auflöst, dass die Mitarbeiter sehen, dass sie auf diese Zusagen vertrauen können, und dass damit auch Belastungen für die Verkehrsbranche, insbesondere für die Binnenschiffer, eingestellt werden, also dass es jetzt dadurch zu einer Befriedung der Situation kommt.

Zusatzfrage: Ist das nur eine Hoffnung, oder verbinden Sie das mit dem Aufruf an die Gewerkschaft, den Streik abzublasen?

Bethge: Wir haben uns vollumfänglich dafür eingesetzt, dass sich die Mitarbeiter keine Sorgen zu machen brauchen und dass sie auf die Zusagen, die jetzt von drei Bundesministern in schriftlicher Form fixiert sind, vertrauen können. Insofern gibt es aus unserer Sicht keinen Grund zum Streik. Von daher kann man eigentlich nur auf das Einsehen der Mitarbeiter vertrauen.

Frage: Frau Bethge, wenn ich das richtig sehe, haben Sie nur die seit Monaten bekannte Rechtsposition des Ministeriums wiederholt und dadurch ergänzt, dass der Verkehrsminister auch vom Finanzminister und vom Innenminister unterstützt wird, was eigentlich nicht so wahnsinnig prickelnd ist.

Bethge: Herr Kürschner, wenn man das Ganze vor dem Hintergrund betrachtet, dass die Mitarbeiter schon durch das, was der Verkehrsminister im ersten Handlungszug getan hat, vollumfänglich abgesichert sind, dann ist es eben schwierig, oben noch etwas draufzulegen.

Ich denke, es ist nicht zu verachten, dass sich der zuständige Finanzminister, der dafür sorgen muss, dass auch die Finanzierung dieser Zusagen langfristig steht, und dass sich der zuständige Innenminister, der für die Arbeitsrechtsverfahren zuständig ist, schriftlich ausdrücklich zu den Zusagen des Ministers bekannt haben und sie sich damit vor allen Dingen auch zu eigen machen. Ich meine, dass das noch einmal einen erheblichen Mehrwert generiert und auch das Vertrauen in die Vereinbarung stärkt, die die Mitglieder der Bundesregierung getroffen haben.

Zusatzfrage: ver.di will ja einen Tarifvertrag. Der Bund will dies nicht. Ist das also praktisch Ihr Kompromissangebot?

Bethge: So ist es. Die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung sind insgesamt ohnehin durch einen Tarifvertrag abgesichert, der für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gilt. Insofern geht man hier ohnehin ein Stück weit über das hinaus, was für andere Beschäftigte gilt. Ich denke, das hat schon einen deutlichen Wert.

Frage: Herr Teschke, es heißt, dass sich das Innenministerium vor allem deswegen gegen eine tarifvertragliche Lösung sträubt, weil es einen Präzedenzfall fürchtet. Mit anderen Worten: Dann stehen demnächst auch andere Berufsgruppen auf der Matte, beispielsweise der Zoll, die Bundespolizei oder wer auch immer, und sagen: Wir wollen jetzt eine ähnliche Lösung. - Was ist da dran? Ich hatte eben schon einmal die Frage gestellt: Warum kein Tarifvertrag? Frau Bethge hat gesagt, weil es keinen braucht. Aber es muss doch einen Grund haben, warum es keinen braucht, und der würde mich interessieren.

Teschke: Aus unserer Sicht reicht in diesem Fall eindeutig die gemeinsame Erklärung der Minister, weil das Angebot von Minister Ramsauer ein sehr umfängliches Angebot war. Uns ist auch wichtig gewesen, dass diese Zusicherung insgesamt ein wirksamer Bestandteil der Arbeitsverträge aller betroffenen Beschäftigten ist, nämlich unabhängig von der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder nicht. Für uns gilt jetzt erst einmal, dass dies eine gemeinsame Erklärung mit den zwei anderen Ministern ist.

Zusatzfrage: Ich muss noch einmal nachfragen: Frau Bethge sagt, das ist im Grunde genommen noch eine bessere Absicherung als über einen Tarifvertrag. Da stellt sich die Frage: Warum kein Tarifvertrag? Sie sagen, das ist sozusagen noch eine Lösung darüber. Warum bleiben Sie nicht darunter und geben der Gewerkschaft den Tarifvertrag? Das habe ich noch immer nicht verstanden.

Teschke: Weil die Gewerkschaft bei Tarifverhandlungen naturgemäß noch mehr fordern wird, egal wie gut das Angebot hier schon ist. Ich glaube, das kann man kaum erfüllen; denn das Angebot, das Minister Ramsauer gemacht hat, ist aus unserer Sicht ein so gutes Angebot, dass man es nicht überbieten kann. Aber naturgemäß ist es in Verhandlungen so, dass die Gewerkschaft sicherlich noch mehr und noch Unverhältnismäßigeres fordert.

Frage: Herr Teschke, ist das der Einstieg in den Ausstieg aus allen Tarifverträgen? Denn das, was Sie gerade gesagt haben, gilt ja für die gesamte Tarifstruktur in Deutschland. Heißt das, das ist jetzt tatsächlich ein Präzedenzfall, weil die Kanzlerin meint, eine Woche vor der Wahl sollte kein Streik stattfinden, weil er das Klima stören könnte? Also sagen Sie: Wir machen jetzt ein Angebot, das nicht abgelehnt werden kann und das nicht verhandelt wird. - Ich meine, andere Gesellschaften verfahren ähnlich mit diesem Spruch.

Teschke: Der Minister wird sicherlich mit den für ihn zuständigen Stellen weiter verhandeln. Da ist ja hier nur die Bereitschaft anzuerkennen, was der Verkehrsminister für seine Beschäftigten in Aussicht gestellt hat. Aber für die Beschäftigten, mit denen der Minister zu tun hat, wird es weiterhin ganz reguläre Tarifverhandlungen geben.

Zusatzfrage: Ich habe dann tatsächlich nicht verstanden, wieso jetzt, 14 Tage vor der Bundestagswahl, ein Sonderrecht geschaffen werden soll und wieso nicht ein übliches tarifvertragliches partnerschaftliches Geschäft, was ansonsten von allen Regierungen immer sehr hochgelobt wird. Wieso weichen Sie im Fall der Schleusenmacher davon ab?

Teschke: Weil wir keine Veranlassung sehen, jetzt überhaupt Tarifverhandlungen zu führen. Die Frage von Tarifverhandlungen stellt sich nicht; denn die Zusagen von Minister Ramsauer sind sehr vollumfänglich und bedürfen aus unserer Sicht sicherlich keines Tarifvertrags.

Frage: Herr Streiter, hat sich die Kanzlerin da eingeschaltet und gesagt: "Jetzt einmal Schluss mit dem Streit!", oder haben sich alle von sich aus zusammengerauft?

SRS Streiter: Darüber, ob sie sich da persönlich eingeschaltet hat, ist mir nichts bekannt. Aber natürlich ist dieses Thema auch im Bundeskanzleramt besprochen worden. Das, was letztlich übrig bleibt und hinten herauskommt, ist Folgendes: Es gab ein Problem. Und es gibt eine Lösung, wie man sie sich besser nicht vorstellen könnte. Ein besseres Rundum-Sorglos-Paket kann man sich doch gar nicht vorstellen.

Frage: Herr Streiter, was unternimmt die Bundeskanzlerin zum Schutz der Datensicherheit auch von allen Bundesbürgern, nachdem es sein kann beziehungsweise nachdem es der Fall sein soll, wie Herr Snowden mitteilen ließ, dass amerikanische Geheimdienste Spähtüren in alle Computer einbauen? Was konkret unternimmt die Bundeskanzlerin nach diesen neuen Verdachtsmomenten, um Aufklärung und Abhilfe zu schaffen und die Bundesbürger zu schützen?

SRS Streiter: Einmal vorweg gesagt: Wenn man hier und da einmal eine Computerzeitschrift liest, dann wird man feststellen, dass dieser Verdacht nicht neu ist. Sie können davon ausgehen, dass die Bundesregierung auch diesen Dingen nachgeht. Aber zunächst einmal ist sie da ja nicht gefragt.

Zusatz: Mit Verlaub: Ich habe Sie jetzt gefragt. Wenn Sie sagen, der Verdacht ist nicht neu, dann können Sie mir - -

SRS Streiter: Ich erinnere mich an Debatten, die wir hier geführt haben, bei denen es darum ging, ob amerikanische Behörden irgendwelche Schnittstellen oder sonst etwas in amerikanische Computerprogramme eingebaut haben oder nicht. Die sind aber, wenn ich mich recht entsinne, schon zehn Jahre alt.

Zusatzfrage: Wieso? Ich denke, der Verdacht ist nicht neu, wie Sie gesagt haben.

Teschke: Vielleicht kann ich ergänzen. - Wie Sie schon sagen: Das sind ja völlig unbewiesene Behauptungen von Herrn Snowden. Es hat vor wenigen Wochen schon einmal Behauptungen gegeben. Damals hat Herr Snowden behauptet, in Deutschland würde die NSA flächendeckend bei deutschen Bürgern die gesamte Kommunikation abfischen. Dieser Verdacht ist völlig ausgeräumt worden und hat sich als gegenstandslos erwiesen. Genauso haben wir auch für diesen neuen Verdacht von Herrn Snowden bislang keine Anhaltspunkte.

Im Übrigen rät der Bundesinnenminister weiterhin zur Verschlüsselung von Daten via E-Mail, und wir bieten dafür die De-Mail an. Vor einigen Wochen hat ja die Deutsche Telekom mit einem Internetanbieter auch einen verschlüsselten E-Mails-Service angeboten. Wir rufen die Bürger auf, diese Services auch zu benutzen, weil es einfach wichtig ist, seine Mails mit wichtigen Daten zu verschlüsseln, allein zum Schutz vor organisierter Kriminalität.

Frage: Herr Teschke, gerade vor dem Hintergrund, dass Ihr Minister und auch die Kanzlerin Verschlüsselungstechnologien empfohlen haben - unter anderem, damit sich Bürger vor Ausspähung schützen können -, müssten Sie die neuen Erkenntnisse aus den Snowden-Dokumenten doch beunruhigen. Immerhin geht es dabei um ein konkretes Programm namens "Bullrun", das die NSA fährt. Beunruhigt Sie das nicht?

Teschke: Wie gesagt, Herr Graebert: Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass die Behauptungen von Herrn Snowden zutreffend sind. Von daher raten wir weiterhin zur Verschlüsselung.

Wir sind natürlich im Gespräch. Der Minister wird sicherlich auch diesen Punkt noch einmal auf dem G6-Treffen in der kommenden Woche mit dem amerikanischen Justizminister ansprechen. Aber es gilt, wie gesagt, erst einmal, dass Herr Snowden Behauptungen aufstellt, die sich in der Vergangenheit durchaus als gegenstandslos herausgestellt haben.

Zusatzfrage: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie Bundesbürgern weiterhin empfehlen, Verschlüsselungstechnologien zu benutzen, unter anderem auch, um sich vor dem Ausspähen ausländischer Geheimdienste zu schützen?

Teschke: Letzteres habe ich nicht gesagt, Herr Graebert, weil wir davon nicht ausgehen. Sicherlich gibt es Geheimdienste, die Mails ausspähen. Ich würde befreundete Dienste davon ausdrücklich ausnehmen. Aber es gibt sicherlich auch Geheimdienstaktivitäten nicht so sehr befreundeter Länder, die an Mails interessiert sind, aber vor allen Dingen auch die hohe Internetkriminalität durch organisierte Verbrechensorganisationen.

Frage: Herr Teschke, auf der einen Seite empfehlen Sie den Bundesbürgern, ihre E-Mails zu verschlüsseln. Auf der anderen Seite haben Sie ein berechtigtes Interesse daran, die verschlüsselten E-Mails von Kriminellen und potenziellen Terroristen selbst zu lesen. Schießen Sie sich damit nicht ins eigene Bein, oder arbeiten Sie auch daran, diese Verschlüsselungstechnologien zu knacken?

Teschke: Der deutsche Staat hat kein Interesse daran, die E-Mails unbescholtener Bürger zu lesen, Herr Jordans.

Zuruf: Nein, aber die von Kriminellen und Terroristen!

Teschke: Ja, wir sind natürlich und sicherlich bemüht, an die verschlüsselten E-Mails von Terroristen heranzukommen. Aber es ist kein Schuss ins eigene Bein. Wenn unbescholtene Bürger ihre E-Mails verschlüsseln, dann macht uns das überhaupt nichts aus, weil wir überhaupt kein Interesse daran haben, diese E-Mails zu lesen.

Ja, wenn Terroristen E-Mails verschlüsseln, dann bemühen wir uns natürlich darum, Programme zu entwickeln, um die Verschlüsselung von Terroristen aufheben; das ist keine Frage.

Zusatzfrage: Machen Sie also im Grunde dasselbe, was die NSA jetzt angeblich getan hat?

Teschke: Nein. Der Vorwurf von Herrn Snowden ist, dass die NSA die Mails von allen Bürgern mitliest. Wir haben keinen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Vorwurf stimmt.

Zusatz: Ich meine den Bericht der "New York Times", der nicht nur auf den Vorwürfen von Snowden basierte, sondern auch auf Gesprächen mit Geheimdienstmitarbeitern, die davon gesprochen haben, dass die NSA beispielsweise aktiv in internationalen Gremien daran arbeitet, kleine Fehler, sage ich einmal, in Standards einzubauen, die es ermöglichen, diese Verschlüsselung zu knacken.

Teschke: Da ich nicht der NSA-Sprecher bin, kann ich zu NSA-Programmen keine Stellung nehmen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir als Innenministerium und als für den Verfassungsschutz zuständiges Ministerium keine Anhaltspunkte dafür haben, dass ausländische Dienste hier E-Mails mitlesen.

Zusatzfrage: Meine Frage war, ob Sie das Gleiche machen.

Teschke: Das ist das operative Geschäft eines Geheimdienstes. Dazu werde ich auch keine Stellung nehmen.

Frage: Frau Kothé, Draghi hat gestern gesagt, dass ein neues Hilfspaket für Griechenland ein neues Memorandum bedeute. Ein neues Memorandum bedeutet neue Maßnahmen. Ist das richtig? Glauben Sie das auch?

Kothé: Wir haben hier mehrfach und vielfach gesagt, dass die Frage eines neuen Hilfspakets für Griechenland und Einzelheiten über die Ausgestaltung im Augenblick nicht auf der Agenda stehen. Darüber wird Mitte des nächsten Jahres beraten werden, wenn man auch genauere Zahlen über die wirtschaftliche Entwicklung und Finanzdaten vorliegen haben wird und wenn die Troika die entsprechenden Berichte vorgelegt haben wird. Von daher kann ich Ihnen über das Wie und Ob (nichts sagen). Das wird, wie gesagt, nächstes Jahr entschieden werden. Das hat gestern im Übrigen auch der Vorsitzende der Eurogruppe, Herr Dijsselbloem, so bekräftigt.

Frage: Zu Thema Syrien: Der Ausschuss der auswärtigen Politik des US-Senats hat auch die Bewaffnung der Rebellen ins Gespräch gebracht. Was ist denn die Position der Bundesregierung dazu?

SRS Streiter: Über das Thema Syrien wird ja gerade unter anderem in Sankt Petersburg gesprochen, und ich glaube, in diesen Minuten äußert sich dort die Bundeskanzlerin. Ich werde ihr jetzt nicht vorgreifen. Sie kann das mit Sicherheit besser als ich formulieren.

Zusatzfrage: Ich gehe aber einmal davon aus, dass sich die Bundeskanzlerin zu diesem Thema jetzt nicht konkret äußern wird. Da dies jetzt die erste Gelegenheit zu einer Reaktion ist, wäre ich trotzdem für eine Antwort dankbar.

SRS Streiter: Wenn sie gefragt wird, (wird sie) sicherlich (etwas dazu sagen). Die Haltung der Bundesregierung ist - das kann Ihnen Herr Peschke auch noch einmal bestätigen - nach wie vor: Wir wollen eine politische Lösung erreichen, wir wollen erreichen, dass sich der UN-Sicherheitsrat mit diesen Dingen befasst, und wir wollen auch, dass es eine Reaktion darauf gibt, dass hier doch ein Tabu gebrochen und ein Verbrechen begangen wurde. Das ist im Moment das Ziel unserer Bemühungen.

Zusatzfrage: Entschuldigung, noch einmal die Nachfrage: Wie steht die Bundesregierung zu einer Bewaffnung oder Unterstützung der Rebellen?

SRS Streiter: Das Thema hatten wir ja schön öfter. Wenn ich mich recht entsinne, haben wir das immer abgelehnt.

Peschke: Ich kann das gern noch ergänzen.

Es gab ja eine umfangreiche Debatte in der Europäischen Union, gerade über die Frage der Anpassung des Waffenembargos in Bezug auf Syrien. Sie wissen, dass das Waffenembargo in Bezug auf Syrien ausgelaufen ist. Im Rahmen einer langen Debatte innerhalb der Europäischen Union hat die Bundesregierung mehrfach deutlich gemacht, dass es ihr allein aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, Waffen in Konfliktgebiete zu liefern, was damit auch Ihre Frage beantwortet.

Unabhängig davon tun wir natürlich alles Mögliche und Machbare, um die gemäßigten Kräfte der syrischen Opposition zu unterstützen. Wir haben erst am Montag hier in Berlin den Vorsitzenden der Nationalen Koalition der syrischen Opposition empfangen. Mit ihm haben wir ein weiteres Abkommen zur Unterstützung der Nationalen Koalition unterzeichnet, nämlich zur Schaffung eines Fonds, in den international für zivile Infrastrukturmaßnahmen eingezahlt werden kann.

Was die Frage der Schutzkomponente betrifft, haben wir immer deutlich gemacht, dass wir bereit sind, im Rahmen des Möglichen alles zu tun, um die Schutzfähigkeit der gemäßigten Kräfte der syrischen Opposition zu erhöhen. Das kann ich jetzt hier im Einzelnen nicht nachzeichnen. Aber diese Bereitschaft haben wir geäußert. Im Sinne dieser Bereitschaft handeln wir auch. Zu Waffenlieferungen im engeren Sinne gibt es eine klare Position, und die hat sich nicht geändert.

Frage: Herr Peschke, der Iran hat gestern angekündigt, dass die Nuklearverhandlungen von nun an vom iranischen Außenministerium geführt werden. Gibt es da schon eine Reaktion aus Ihrem Hause?

Peschke: Wir verfolgen natürlich sehr aufmerksam, wie das Dossier nach Amtsantritt des neuen Präsidenten innerhalb der iranischen Verwaltung aufgehängt wird. Ich kann Ihnen keine Stellungnahme dazu geben, welche Entscheidung da inneriranisch getroffen wird. Wir setzen nur darauf, dass mit einer Entscheidung und Zuweisung der Verhandlungsführerschaft auf iranischer Seite möglichst bald ein Einstieg in konstruktive und substanzielle Verhandlungen zum iranischen Atomprogramm möglich wird.

Zusatzfrage: Gibt es schon einen zeitlichen Rahmen, wann diese Verhandlungen beginnen, also in diesem oder im nächsten Monat?

Peschke: Aus unserer Sicht so schnell wie möglich. Der Fall sein wird das natürlich erst dann, wenn alle Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Frage: Herr Streiter, die Linken werfen der Bundesregierung ja heute eine fragwürdige Nähe zur Autoindustrie vor - auf Grundlage einer Kleinen Anfrage, die belegt, dass es in der ablaufenden Legislaturperiode rechnerisch jeden Monat ein Spitzentreffen zwischen Kanzlerin und Kanzleramt und Autoindustrie gegeben hat. Zitat: "Kuschelkurs als Gegenleistung für großzügige Parteispenden der Autokonzerne". Wie sehr kuscheln Sie da?

SRS Streiter: Dieser Vorwurf geht völlig ins Leere. Es ginge uns nicht so gut, wie es uns heute geht, wenn es der Automobilindustrie schlecht gehen würde. Die Automobilindustrie ist mit über 750.000 Beschäftigten im weitesten Sinne ein ganz wesentlicher Faktor für die Wirtschaftskraft Deutschlands. Es ist selbstverständlich und es ist auch die Pflicht der Bundesregierung, sich mit der Industrie - nicht nur mit der Automobilindustrie, aber auch mit der Automobilindustrie - genauso auszutauschen wie mit Gewerkschaften und allen anderen.

Zusatzfrage: Der Vorwurf geht ja auch in die Richtung, dass Sie Gewerkschaften weniger berücksichtigen und nur Stellungnahmen der Autoindustrie berücksichtigt werden. Fahren Sie da einen einseitigen Kurs?

SRS Streiter: Eindeutig nicht. Ich kann, ehrlich gesagt, diesen Vorwurf in keiner Weise nachvollziehen. Es ist, wenn Sie sich in Europa einmal umschauen, geradezu die Pflicht der Bundesregierung dafür zu sorgen, dass unsere Wirtschaft funktioniert, und zwar mit allen Beteiligten - mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und allem, was damit zu tun hat. Wie man sieht, macht sie das ja recht erfolgreich.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 6. September 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/09/2013-09-06-regpk.html;jsessionid=E6EFFB67E051BE6DB18230199EBBB286.s3t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2013