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PRESSEKONFERENZ/792: Regierungspressekonferenz vom 14. Mai 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Mittwoch, 14. Mai 2014

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 14. Mai 2014
Regierungspressekonferenz vom 14. Mai 2014

Themen: Kabinettssitzung (Verlängerung der Mandate für die Auslandseinsätze KFOR, UNIFIL und MINUSMA), Festnahme von chinesischen Bürgerrechtlern, Grubenunglück in der Türkei, Pläne zur Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee, Lage in der Ukraine, mögliche Aufnahme eines Guantanamo-Häftlings, USA-Reise des Bundesinnenministers, Freilassung eines im Jemen entführten Deutschen, Aufnahme von syrischen Flüchtlingen in Deutschland, Zweitwohnungssteuer, TTIP-Abkommen, Sicherheitslage an der deutsch-polnischen Grenze, Rente mit 63, Brief des Vorsitzenden der AfD an den Bundesfinanzminister

Sprecher: SRS'in Wirtz, Chebli (AA), Dimroth (BMI), Modes (BMWi), Herb (BMFSFJ), Roth (BMVg), Malachowski (BMJV), Daldrup (BMAS)



Vorsitzende Sirleschtov eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'IN WIRTZ sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Ich möchte aus dem Kabinett berichten, dass dort drei weitere Auslandseinsätze von bewaffneten Streitkräften gebilligt wurden.

Im Einzelnen geht es zunächst um den Kosovo-Einsatz KFOR. Seit Mitte 1999 ist die Bundeswehr im Kosovo. Dieser Einsatz soll unverändert mit bis zu 1.850 Soldatinnen und Soldaten fortgesetzt werden. Derzeit befinden sich 709 Soldatinnen und Soldaten vor Ort.

Im April 2013 unterzeichneten Serbien und Kosovo eine Normalisierungsvereinbarung, um die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu verbessern. Die Umsetzung des Abkommens zeigt erste wichtige Fortschritte. Am 3. November 2013 sind erstmalig in ganz Kosovo Kommunalwahlen nach kosovarischem Recht durchgeführt worden, die trotz kleinerer Zwischenfälle in der Gesamtbeurteilung als erfolgreich bewertet werden.

Insgesamt kann man sagen, dass die Lage in der Republik Kosovo grundsätzlich ruhig und stabil ist. Allerdings bleibt das Konfliktpotenzial im serbisch dominierten Norden des Kosovo weiterhin hoch. Deshalb ist die internationale Truppenpräsenz für ein stabiles und sicheres Umfeld weiter erforderlich.

Das KFOR-Mandat ist grundsätzlich nicht befristet. Auf Wunsch des Bundestags legt die Bundesregierung dem Parlament die Verlängerung des Einsatzes erneut mit der Bitte um Zustimmung vor. Das Mandat soll um weitere zwölf Monate verlängert werden.

Dann ging es heute im Kabinett auch um das Mandat UNIFIL im Libanon. Die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der UN-geführten Mission UNIFIL soll bis zum 30. Juni 2015 verlängert werden. Auch hier wird der Einsatz unverändert bei einer Mandatsobergrenze von bis zu 300 Soldatinnen und Soldaten fortgesetzt. Derzeit befinden sich 147 Soldatinnen und Soldaten mit zwei Schnellbooten vor Ort.

Mit der Mission soll in erster Linie verhindert werden, dass Rüstungsgüter und sonstiges Wehrmaterial ohne Zustimmung der libanesischen Regierung in den Libanon gelangen. Die Sicherheitslage im Libanon gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Neben innenpolitischen Spannungen stellt vor allen Dingen der Konflikt im Nachbarland Syrien das Land vor wachsende Herausforderungen.

Die Mission UNIFIL leistet einen wichtigen Beitrag zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und dem Libanon. UNIFIL wird international von allen Seiten als Stabilitätsanker in der Region anerkannt.

Der Schwerpunkt der deutschen Beteiligung ist es, die Fähigkeiten der libanesischen Marine aufzubauen. Im Ergebnis soll der Libanon fähig sein, die Sicherung der seeseitigen Grenzen eigenverantwortlich zu gewährleisten.

Ein weiterer Blick richtet sich nach Afrika, genauer gesagt nach Mali. Dort geht es um das Mandat MINUSMA. Diese Mission soll ebenfalls bis zum 30. Juni 2015 verlängert werden. Es können insgesamt bis zu 150 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Derzeit sind dort 75.

Durch die internationale Unterstützung der malischen Sicherheitskräfte sind Fortschritte bei der Wiederherstellung der staatlichen Integrität erzielt worden. Auch der für die Lösung des Konflikts entscheidende politische Prozess kommt voran. Mit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ist Mali zur verfassungsmäßigen Ordnung zurückgekehrt.

Die UN-Mission wird weiterhin dringend gebraucht. Aus den betroffenen Gebieten sind immer noch etwa 187.000 Menschen geflohen, davon rund 140.000 in die Nachbarländer. Die Versorgungslage bleibt weiter angespannt.

Ziel der Mission ist, Mali in die Lage zu versetzen, dass das Land selbst Sicherheit und staatliche Souveränität aufrechterhalten kann.

Alle Mandatsverlängerungen stehen selbstverständlich unter dem Vorbehalt der konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestages.

So viel zunächst aus dem Kabinett. Ich habe aber auch noch zwei, drei andere Sachen zu sagen.

Zum einen ein Blick nach China: Die Bundesregierung ist sehr besorgt über die Festnahme des Anwalts Pu Zhiqiang, des Philosophen Xu Youyu von der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften sowie drei weiterer chinesischer Bürgerrechtler. Diese Festnahmen erfolgten nach der Teilnahme an einem nichtöffentlichen Symposium zum Gedenken an die Opfer und Ideen der Studentenproteste auf dem Platz des himmlischen Friedens im Juni 1989. Die Bundesregierung bedauert, dass eine Aufarbeitung auch 25 Jahre nach diesen Ereignissen immer noch nicht möglich zu sein scheint. Die Bundesregierung fordert die chinesische Führung dazu auf, alle in diesem Zusammenhang Inhaftierten freizulassen.

Jetzt noch ein Blick in die Türkei. Viele von Ihnen werden die Bilder aus dem Westen der Türkei gesehen haben: Dort hat es ein sehr tragisches Grubenunglück gegeben. Mehr als 200 Menschen sind dort inzwischen gestorben, und viele hunderte Bergleute sind noch unter Tage eingeschlossen.

Die Bundeskanzlerin hat heute dem türkischen Premierminister ein Kondolenztelegramm geschrieben, ihm ihr tiefes Mitgefühl ausgesprochen und auch deutlich gemacht, dass die Bundesregierung bereit ist, in diesen schweren Stunden Hilfe zu leisten.

So viel von meiner Seite.

Frage: Frau Wirtz, führt denn die verschärfte Politik im Inneren der chinesischen Regierung zu irgendwelchen Konsequenzen für Deutsche? Reist man da jetzt beispielsweise nicht mehr hin? Es gab ja auch bei den letzten Besuchen, beispielsweise dem Besuch des Bundespräsidenten, einen Eklat aufgrund der nicht genehmigten beziehungsweise verhinderten Teilnahme von Oppositionellen an einem Gespräch. Führt das, was Sie jetzt vorgetragen haben, zu irgendwelchen politischen "Sanktionen" seitens der Bundesregierung? Oder haben Sie jetzt nur mitgeteilt, dass Sie dagegen protestieren, und das war es dann?

SRS'in Wirtz: Ich habe hier die Haltung der Bundesregierung zu diesem Fall mitgeteilt. Darüber hinaus ist es so, dass das Thema Menschenrechte in vielen verschiedenen politischen Gesprächen und auf vielen verschiedenen Ebenen auch mit den Chinesen immer wieder angesprochen wird.

Zusatzfrage: Aber praktische Konsequenzen hat das nicht?

SRS'in Wirtz: Es wird mit den Chinesen weiter über diese Situation und auch über Einzelfälle gesprochen.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt zu diesem Thema: Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen diesen Festnahmen und dem Vorgehen der chinesischen Regierung und des Militärs im südchinesischen Meer? Lässt sich ein Trend zu einer repressiveren, vielleicht auch nationalistischeren Politik beobachten? Wie kommentieren Sie die Stürmung von chinesischen und taiwanesischen Fabriken in Vietnam als Reaktion auf das Vorgehen im südchinesischen Meer?

Chebli: Wir verfolgen die Situation im ost- und südchinesischen Meer nach wie vor sehr aufmerksam und sind in diesem Zusammenhang auch besorgt über einseitige Schritte, die zu weiteren Spannungen führen könnten. Wir fordern in diesem Zusammenhang auch alle Seiten zur Zurückhaltung auf und sind der Meinung, dass einseitige Schritte und Entwicklungen, die zum Entstehen weiterer Spannungen in der Region beitragen und eine Verständigung zusätzlich erschweren, Anlass zu Besorgnis geben. Dazu gehört natürlich auch das gewaltsame Vorgehen, wie etwa die Erstürmung von ausländischen Firmen. Es geht hier aber ganz klar nicht um Schuldzuweisungen, sondern um das Bemühen, Spannungen abzubauen. Dafür tragen aus unserer Sicht alle Seiten Verantwortung.

Zusatzfrage: Um den Anfang meiner Frage zu wiederholen: Sehen Sie einen Zusammenhang, lässt sich eine repressivere chinesische Politik gegen Andersdenkende und gegen Nachbarn erkennen?

Chebli: Ich glaube, ich habe es bereits gesagt - und meine Antwort ist in diesem Zusammenhang klar -: Wir verfolgen die Entwicklung dort sehr aufmerksam und auch mit großer Sorge. Ich möchte nicht von einem unmittelbaren Zusammenhang dieser beiden Fälle sprechen, aber darum geht es auch nicht. Es gilt, dass alle Seiten aufgefordert sind, hier größtmögliche Zurückhaltung an den Tag zu legen.

Frage: Zum Grubenunglück in der Türkei. Frau Wirtz, nachdem Sie Solidarität bekundet haben: Hat das irgendwelche konkreten Folgen? Bietet die Bundesregierung bestimmte Hilfen humanitärer Art oder auch bei der Bergung oder Rettung der Bergleute an?

SRS'in Wirtz: Für den Moment kann ich Ihnen nur sagen, dass die Bundeskanzlerin ihre Anteilnahme und auch die Bereitschaft der deutschen Bundesregierung, Hilfe vor Ort zu leisten, ausgedrückt hat. Inwieweit das konkret geschehen kann, kann ich derzeit noch nicht absehen. Ich weiß nicht, ob die Kollegen aus dem Auswärtigen Amt schon nähere Erkenntnisse haben, wie man dort konkret Hilfe leisten kann. Ich denke, im Moment ist die Situation vor Ort einfach noch so, dass man erst einmal gucken muss, wie man konkret helfen kann. Von meiner Seite aus kann ich also sagen: Konkrete Maßnahmen sind noch nicht geplant.

Chebli: Dem kann ich nichts hinzufügen. Wir prüfen das, wie Frau Wirtz gesagt hat, und würden, sobald es da neue Erkenntnisse gibt, auf Sie zukommen.

Dimroth: Um das Bild abzurunden: Für den Bereich Katastrophenschutz kann ich für das BMI sagen, dass uns noch keine entsprechende Anfrage aus der Türkei erreicht hat. Das ist sozusagen die zwingende Voraussetzung für ein Tätigwerden. Nach jetzigem Stand ist eine Anfrage aber noch nicht da.

Frage: Das geistliche Oberhaupt der griechischen orthodoxen Kirche, Bischof Bartholomaios, ist heute in Berlin. Er wurde bereits von Bundestagspräsident Lammert und Bundespräsident Joachim Gauck empfangen. Können Sie uns kurz informieren, über welche Themen gesprochen wurde?

SRS'in Wirtz: Richtig ist, dass heute um 12.15 Uhr ein Gespräch im Kanzleramt stattgefunden hat. Allerdings kann ich mich nicht dazu verhalten, was in diesen vertraulichen Gesprächen besprochen worden ist.

Zusatzfrage: Warum ist dieses Treffen nicht presseöffentlich? Haben Sie da Informationen?

SRS'in Wirtz: Nein. Es gibt eben einzelne Termine, die presseöffentlich sind; andere lassen einfach auch aus organisatorischen Gründen keine Presseöffentlichkeit zu.

Frage: Auch wenn Sie uns nicht darüber informieren können, wie dieses Gespräch gelaufen ist: Könnten Sie uns sagen, wie die Bundesregierung zu dem Thema des theologischen Seminars in Istanbul steht? Denn das ist ein wichtiges Thema für den ökumenischen Patriarchen.

SRS'in Wirtz: Wie gesagt, ich kann Ihnen jetzt nicht im Einzelnen darlegen, worüber die beiden vor einer Stunde gesprochen haben. Schwerpunkte dieses Gesprächs werden sicherlich die Ökumene und möglicherweise auch die Themen Ökologie und Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit dem Erhalt der Schöpfung gewesen sein. Das theologische Seminar ist möglicherweise auch Thema gewesen. Aber wie diese Themen in diesem Gespräch konkret behandelt worden sind, kann ich Ihnen leider nicht sagen.

Zusatzfrage: Aber die Bundesregierung muss doch eine Position zu diesem Thema haben? Das ist ja nicht ein Thema, das erst heute gekommen ist, sondern eigentlich ein altes Thema.

SRS'in Wirtz: So wir Ihnen da eine Position mitteilen können - auch nach diesem Gespräch -, würde ich das nachreichen.

Frage: Ich habe am Montag noch einmal nach der Position des Außenministeriums zu den Aussagen türkischer Regierungsvertreter hinsichtlich der Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee. Können Sie dazu inzwischen etwas sagen?

Chebli: Ja, ich habe die Frage mitgenommen. Letztendlich können wir sagen, dass mit dem Status der Hagia Sophia als Museum seit der Republikgründung eigentlich alle Seiten ganz gut leben konnten. Signifikante Statusveränderungen würden all diejenigen, für die die Hagia Sophia ein wichtiges christliches Bauwerk ist, vermutlich mit Bedauern erfüllen. Die Entscheidung liegt letztendlich aber in der Türkei. Die türkische Regierung hat sich seit ihrer Amtsübernahme aufgeschlossen für einige Anliegen der christlichen Minderheiten in der Türkei gezeigt, und wir fordern in Gesprächen auch immer wieder dazu auf, dass sie die Rechte christlicher Minderheiten beachtet. Wir vertrauen daher auf die entsprechende Sensibilität der türkischen Regierung.

Frage: Ich hätte einige Fragen zur Ukraine.

Frau Wirtz, der russische Parlamentspräsident hat heute gesagt, dass die Wahlen am 25. Mai in der Ukraine, wenn sie denn überhaupt stattfinden, sowieso nicht anerkannt würden. Was ist die Reaktion der Bundesregierung auf diese Aussage?

SRS'in Wirtz: Dazu kann ich nur grundsätzlich sagen, dass die Bundesregierung, wie Sie wissen, alles daransetzt, dass diese Parlamentswahlen am 25. Mai in der Ukraine stattfinden, und dass das als ein wesentlicher Schritt gesehen wird, um die Situation in der Ukraine zu stabilisieren. Wir gehen natürlich davon aus beziehungsweise hoffen darauf, dass diese Wahlen, so sie denn hoffentlich reibungslos stattfinden können, auch entsprechend anerkannt werden.

Zusatzfrage: An das Auswärtige Amt: Nachdem der Außenminister gestern in der Ukraine war: Akzeptiert die Bundesregierung, dass die ukrainische Führung keine Separatisten an den geplanten runden Tischen teilnehmen lassen möchte? Finden die runden Tische Ihrer Information nach heute überhaupt statt?

Hat der Außenminister den Eindruck gehabt, dass es in Kiew einen Machtkampf zwischen den Präsidenten und dem Ministerpräsidenten gibt?

Chebli: Erst einmal kann ich Ihnen an dieser Stelle sagen, dass wir froh sind, dass der nationale Dialog, so wie es aussieht, in Gang kommt. Heute soll es in der Rada eine entsprechende Sitzung geben, und zwar mit den Akteuren, die gestern schon in der Presse genannt worden sind. Letztendlich können wir aber nichts zum Ausgang sagen. Wir sind der Meinung dass dieser nationale Dialog uns dabei hilft, die Lage zu entschärfen. Wer am Ende am Tisch sitzt oder nicht, das entscheidet nicht Deutschland, sondern das entscheidet die Ukraine, die da ganz klar auch Ownership hat und der wir Ownership zugestehen müssen. Wichtig ist, dass bekannte und anerkannte Vertreter des Ostens und des Südens mit am Tisch sitzen. Wir gehen aber ganz klar davon aus, dass keiner am Tisch sitzen wird - das hat der Minister auch gesagt -, der Blut an den Händen hat.

Zu Ihrer zweiten Frage: Der Außenminister war da und hat mit Jazenjuk und mit dem Interimspräsidenten gesprochen und hat sehr konstruktive Gespräche mit beiden geführt. Er hatte das Gefühl, dass sich beide im Klaren sind, wie wichtig jetzt die Stabilisierung der Ukraine ist, und hat da auch keine Differenzen in der Wahrnehmung der aktuellen Lage gesehen.

Frage: Frau Chebli, weil Sie sagten, Sie gehen sicher davon aus, dass keiner am Tisch sitzen wird, der Blut an den Händen hat: Bezieht sich das auch auf Vertreter der ukrainischen Regierung, die mit ihrem Militär teilweise blutig Separatisten bekämpfen? Oder wie trennt man das?

Chebli: Es bezieht sich auf alle, die in Gewaltakte verwickelt waren und die Blut an den Händen haben. Das hat der Minister gesagt. Andererseits habe ich jetzt aber auch gesagt - und auch das müssen wir klar machen -, dass nicht wir entscheiden, wer am Tisch sitzt. Es sind die Ukrainer, die das entscheiden, und das muss man auch so akzeptieren. Wenn die Ukrainer der Meinung sind, dass sie da mit Separatisten mit am Tisch sitzen, weil sie meinen, das fördert ihren Dialog, dann können und werden wir dem nicht im Weg stehen.

Zusatzfrage: Schon klar, ich wollte nur wissen, ob sich aus der Logik dessen, was der Minister gesagt hat, auch ergibt, dass dann eigentlich kein Vertreter der ukrainischen Regierung mit am Tisch sitzen dürfte; denn bei den Befreiungsaktionen von besetzten Immobilien in der Ukraine ist ja auch Blut geflossen.

Chebli: Wichtig ist doch, dass dieser nationale Dialog endlich in Gang kommt, weil jedenfalls wir ein Interesse daran haben, dass sich die Lage nicht weiter verschärft. Wenn man sich die Meldungen der letzten Tage anschaut, dann sieht man, dass wir fast im Stundentakt Meldungen bekommen, die Anlass zu Besorgnis geben und die teilweise zeigen, dass die Lage auch lebensgefährlich ist. Daher geht es darum, dass alles getan wird - und das tut der Minister pausenlos - und alle diplomatischen Bemühungen unternommen werden, damit die Lage nicht weiter eskaliert, und dass wir dazu beitragen, dass sich die Lage entschärft. Das steht im Vordergrund dieser ganzen Bemühungen, die wir gerade unternehmen.

Frage: An das Wirtschaftsministerium: Herr Gabriel hat sich heute im Interview in der "Rheinischen Post" geäußert und gesagt, dass auch die EU Fehler gemacht habe und es nicht klug gewesen sei, in der Ukraine den Eindruck zu vermitteln, sie müsse sich zwischen Russland und der EU entscheiden. Vielleicht könnten Sie uns sagen, was die Fehler waren, die die EU gemacht hat?

Modes: Wie Sie sagen, hat der Minister das in der "Rheinischen Post" so gesagt. Ich kann dem jetzt eigentlich nichts weiter hinzufügen. Ich gehe davon aus, dass er sich auf die Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen bezogen hat.

Zusatzfrage: Frau Wirtz, glaubt die Bundesregierung, dass die EU im Umgang mit der Ukraine Fehler gemacht hat?

Ich denke, es geht jetzt weniger darum, hier mögliche Fehler aus der Vergangenheit zu analysieren oder Schuldzuweisungen vorzunehmen. Ich denke, es geht der Bundesregierung als Ganzes - dem Bundeswirtschaftsminister genauso wie dem Bundesaußenminister und auch der Bundeskanzlerin - vor allem darum, die Situation, so wie sie sich jetzt darstellt, zu deeskalieren und in irgendeiner Form - mit kleinen Schritten, die Sie ja auch beobachten können - zu einer Situation zu kommen, in der eben die akute Eskalation abgewendet werden kann.

Zusatzfrage: Wenn die Bundeskanzlerin am Montagabend gesagt hat, man habe die Ukraine nicht in Richtung Westen ziehen wollen, sondern im Gegenteil sei es Herr Janukowitsch gewesen, der das gewollt habe, und der Vizekanzler dann zwei Tage danach sagt, es sei ein Fehler gewesen, die Ukraine vor die Wahl zu stellen, sich zwischen Russland und der EU zu entscheiden, dann ist das doch eine Differenz zwischen der Regierungschefin und dem Vizekanzler?

SRS'in Wirtz: Richtig ist, dass die Europäische Union diese Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen damals mit Janukowitsch beziehungsweise der Regierung Janukowitsch geführt hat, und zwar vonseiten der Ukrainer immer auch in Rücksprache beziehungsweise flankiert mit Gesprächen der russischen Regierung. Das ist der Weg gewesen, den die Europäische Union damals gesucht hat. Es steht mir jetzt nicht an, hier das Interview von Herrn Gabriel zu kommentieren und Schuldzuweisungen zu machen oder Fehler zu analysieren. Ich denke, das Interview von Herrn Gabriel steht insoweit auch für sich.

Frage: Frau Wirtz, haben die Bundeskanzlerin und der Vizekanzler in Sachen Ukraine eine gemeinsame Position?

Frau Modes, in diesem Zusammenhang: Hat Herr Gabriel das Interview als SPD-Vorsitzender oder als Regierungsmitglied gegeben?

SRS'in Wirtz: Ich kann dazu vielleicht sagen: Die ganze Bundesregierung folgt da einer Haltung; die Bundesregierung stimmt sich in der Frage, wie man in der Ukraine weiter versucht zu deeskalieren, sehr eng ab. Dazu gibt es immer wieder viele enge Gespräche, auch im Kabinett. Insofern können Sie da von einer sehr einheitlichen Haltung der Bundesregierung ausgehen.

Zusatzfrage: Das, was Herr Gabriel heute gesagt hat, entspricht also auch der Meinung der Bundeskanzlerin?

SRS'in Wirtz: Ich kann Ihnen sagen - das habe ich eben ja auch schon betont, Herr Wonka -, dass es jetzt vor allem darum geht, eine einheitliche Haltung in Bezug auf die Situation zu formulieren, die jetzt in der Ukraine herrscht, die jetzt in den Kontakten zu Russland herrscht. Darum geht es doch im Wesentlichen. Ob es in der Bewertung des Hergangs, des Ursprungs dieser Krise, vor der wir alle stehen, vielleicht verschiedene Akzente gibt, ist jetzt nicht das, was im Vordergrund steht. Im Vordergrund steht vielmehr, die Situation in der Ukraine in den Griff zu bekommen.

Modes: Ich möchte auch noch einmal betonen, dass es eine enge Abstimmung gibt und dass das Ziel immer die Deeskalation ist.

Zu dem Interview: Herr Gabriel kann natürlich nicht immer bei jedem Interview trennen: "Bin ich jetzt SPD-Vorsitzender oder Wirtschaftsminister?". Ich würde einmal sagen: Die Aussagen, die man auch dem Wirtschaftsministerium zuordnen kann, trifft er als Wirtschaftsminister, aber er kann im Rahmen des Interviews natürlich auch Fragen als Parteivorsitzender beantworten. Eine strenge Trennung ist da also schwierig.

Frage: An das Auswärtige Amt: Die "Bild"-Zeitung hat heute ein Stück über Steinmeiers Mission gestern gehabt. Das endet damit, dass Herr Schröder offenbar Zweifel daran habe, ob er Steinmeier in Zukunft noch vertrauen kann. Da wird zitiert - ich gebe es hier nur wieder -: "Da vertraue ich ihm." Dahinter sei noch ein "noch" gewesen, das dann bei der Autorisierung gestrichen worden sei. Deswegen die Frage: Wie wichtig ist es Herrn Steinmeier, dass er noch das Vertrauen von Herrn Schröder genießt?

Chebli: Das möchte ich nicht kommentieren.

SRS'in Wirtz: Ich kann zu diesem "Bild"-Bericht heute vielleicht nur hinzufügen und ganz deutlich sagen, dass die Bundesregierung, also ganz ausdrücklich auch die Kanzlerin, eine Haltung mit dem Bundesaußenminister hat und sich da ganz einvernehmlich mit ihm abstimmt, wenn es um Fragen geht, die im Zusammenhang mit der Ukraine stehen.

Chebli: Vielleicht doch noch ein Punkt. Es gab ja viele Fragen über die Beziehung des Ministers zu Schröder, und da hat er gesagt: Es gibt Austausch, sie reden miteinander. Ihre Kollegen versuchen da letztendlich immer wieder, einen Zusammenhang herzustellen - Steinmeier und Schröder, ihre Arbeit zusammen, "der Russlandversteher" und alles, was daraus resultiert. Ich glaube, das ist viel erfundenes Zeugs.

Frage: Frau Wirtz, gibt es inzwischen eine förmliche Anfrage der amerikanischen Regierung hinsichtlich der Aufnahme eines Guantanamo-Häftlings? Wenn das der Fall ist: Wie wird sich die Bundesregierung dazu verhalten und wie sieht das weitere Verfahren aus?

SRS'in Wirtz: Dazu würde ich gern an meinen Kollegen im BMI abgeben.

Dimroth: Es ist so, dass uns am 13. Mai tatsächlich eine Verbalnote der US-Administration erreicht hat, in welcher um die Aufnahme eines weiteren derzeit in Guantanamo inhaftierten Häftlings gebeten wird. Diese Verbalnote ist, wie das dafür vorgesehene Verfahren es vorsieht, im AA eingegangen und liegt inzwischen auch im BMI vor. Wir werden, wie das bei dem vergleichbaren Verfahren in der Vergangenheit war, nunmehr sehr sorgfältig prüfen - insbesondere in Bezug auf Sicherheitsfragen -, ob und gegebenenfalls wie man der Bitte der Amerikaner nachkommen kann. Die Amerikaner bieten auch die Weiterleitung weiterer Informationen über den Betroffenen an. Davon wird man im Zweifel Gebrauch machen müssen, um ein valides Bild zu erhalten.

Um das gleich hinzuzufügen: Der Bundesinnenminister wird in der nächsten Woche in die USA reisen. Die nunmehr vorliegende Bitte der Amerikaner wird nicht Gegenstand der Gespräche sein, die der Bundesinnenminister nächste Woche in den USA führt; dafür ist es zu früh. Die Verbalnote ist, wie gesagt, erst am 13. Mai eingegangen und es fehlen noch weitere Informationen; deswegen wird es keine Gespräch und erst recht keine Ergebnisse geben, die Herr de Maizière aus Washington zu diesem Punkt mitbringt.

Im Übrigen - auch das kann ich hier gleich hinzufügen - wird auch das Thema NSA nicht im Schwerpunkt oder im Mittelpunkt der Gespräche stehen, die der Bundesinnenminister nächste Woche in Washington führen wird. Vielmehr wird er - sozusagen einer Tradition folgend - mit seinen Kollegen aufseiten der US-Administration über die dauerhaften Themen der Zusammenarbeit bei Sicherheitsthemen sprechen. Einen Schwerpunkt der Reise soll das Thema IT-Sicherheit im Allgemeinen im präventiven Sinne abbilden. Zu diesem Zweck auch Gespräche mit Vertretern von US-Wirtschaftsunternehmen führen.

Frage: Wer ist der Mann? Wie alt ist er? Was wissen Sie bisher über ihn? Gibt es einen Bezug zu Deutschland? Warum haben die Amerikaner ausgerechnet die Bundesrepublik um die Aufnahme dieses Häftlings gebeten? Können Sie darüber ein bisschen mehr erzählen?

Dimroth: Ich bitte um Nachsicht, dass ich weitere Details in dem Zusammenhang hier nicht preisgeben kann. Das hat uns, wie gesagt, sehr kurzfristig erreicht. Alles Weitere ist erst einmal Gegenstand von internen Prüfungen. Schon um das Verfahren nicht zu belasten, möchte ich um Nachsicht bitten, dass ich hier weitere Details nicht kundtun kann.

Zusatzfrage: Ich habe zwei weitere Nachfragen. Wie sind die Erfahrungen mit den zwei Altfällen, also mit den beiden ehemaligen Häftlingen, die jetzt schon in Deutschland leben? Wie haben die sich hier integriert? Sind sie noch im Land?

Eine zweite Frage: Sind Sie eigentlich auf die Zusammenarbeit mit einem Bundesland angewiesen, oder könnte der Bund, wenn er einen Häftling aus Guantanamo aufnimmt, diesen praktisch irgendeinem Bundesland zuweisen? Oder muss sich ein Bundesland bereiterklären, ihn aufzunehmen?

Dimroth: Zu der ersten Frage müsste ich Ihnen gegebenenfalls die Antwort nachliefern. Das liegt in der Zuständigkeit der damals aufnehmenden Bundesländer.

Zur Frage, wie der Stand heute in Bezug auf die damals aufgenommenen Häftlinge ist, bin ich schlichtweg mit Stand heute nicht hinreichend im Bilde, um Ihnen hier eine valide Auskunft geben zu können.

Das Zweite: Das war in der Vergangenheit auch so. Selbstverständlich ist es im Sinne aller, dass man versucht, die Frage, wo regional ein potenziell aufzunehmender Häftling aus Guantanamo seinen Aufenthalt finden kann, im Konsens mit dem potenziell betroffenen Bundesland zu klären.

Frage: Zum zweiten Teil Ihrer Antwort, nämlich der Reise des Ministers: Vielleich können Sie für uns eine Abgrenzung machen, wieso das Thema "NSA" nicht im Mittelpunkt steht, wenn gleichzeitig ein Schwerpunkt das Thema "IT-Sicherheit" ist.

Die zweite Frage: Es gab ja einmal gerade angesichts dieser Debatte den Plan, dass man sich möglicherweise von amerikanischen Firmen bei dem Thema "IT-Sicherheit" unabhängiger macht, also europäische Kapazitäten aufbaut. Wie steht das im Zusammenhang mit den Treffen mit amerikanischen Firmen, die Sie erwähnt haben? Ist da eine Kooperation geplant? Hat man den alten Plan aufgegeben? Worum geht es?

Dimroth: Zu Ihrer ersten Frage, also zum Widerspruch "nicht NSA, aber IT-Sicherheit": Den Widerspruch sehe ich nicht. Der Grundgedanke der Cyber-Sicherheitsstrategie der Bundesregierung, nämlich, dass wir grundsätzlich von einem präventiven Ansatz, völlig ohne Ansehung von potenziellen Angreifern ausgehen, wird durch diesen Ansatz bestätigt. Es kommt nicht darauf an, wer potenziell auf Netzwerke zugreift, wer ein potenzieller Täter ist, wer ein potenzieller Angreifer ist, sondern es kommt darauf an, die Netze, die relevanten Informationen, die kritischen Infrastrukturen vor Angriffen allgemein zu schützen. Das ist der Ansatz, der, wie gesagt, in der Cyber-Sicherheitsstrategie der Bundesregierung niedergelegt ist. Das ist der Ansatz, den wir mit vielen anderen Maßnahmen auch verfolgen. Deswegen möchte sich der Bundesinnenminister im Rahmen seiner USA-Reise über Maßnahmen, auch über möglicherweise technische Lösungen im Zusammenhang mit dem Thema "IT-Sicherheit" bei einigen großen US-Unternehmen, die in diesen Bereichen möglicherweise führend sind, informieren.

Zu der zweiten Frage, wie das mit dem Thema "technologische Souveränität" - so würde ich es einmal umschreiben - zusammenpasst: Auch da gilt zunächst einmal, dass es sozusagen eine reine Informationsbitte ist, die der Bundesinnenminister dort hinträgt. Er möchte sich über den Stand der Maßnahmen in den Unternehmen informieren.

Was den Punkt "technologische Souveränität" allgemein betrifft, müsste ich an das Wirtschaftsministerium verweisen, weil das Thema dort zuständigerweise reüssiert.

Modes: Die Antwort muss ich Ihnen nachreichen; tut mir leid. Ich kann Ihnen etwas zu unserer Taskforce "IT-Sicherheit in Unternehmen" sagen. Was das Thema "technologische Souveränität" angeht, habe ich keinen aktuellen Sachstand.

Frage: Frau Wirtz, hat die Aufnahme eines Guantanamo-Häftlings eine Rolle beim Besuch der Kanzlerin Washington gespielt? Es gab im Vorfeld Medienberichte.

SRS'in Wirtz: Wie der Kollege gerade gesagt hat, ist diese offizielle Anfrage am 13. Mai eingegangen und wird jetzt geprüft. Insofern ist es jetzt Thema für die Bundesregierung.

Zusatzfrage: Es gab Medienberichte, wonach es ein Thema beim Besuch der Kanzlerin sein würde.

SRS'in Wirtz: Ich kann Ihnen nur positiv sagen, dass es jetzt auf jeden Fall Thema für die Bundesregierung ist und jetzt förmlich geprüft wird, weil jetzt erst der förmliche Antrag da ist.

Frage: Herr Dimroth, könnten Sie, ohne auf diesen Fall konkret eingehen zu müssen, skizzieren, was geprüft wird, welche Kriterien geprüft werden, um eine Aufnahme abzulehnen beziehungsweise zu genehmigen?

Dimroth: Ich kann Ihnen das nicht abschließend sicher sagen. Wie bei dem Verfahren in der Vergangenheit spielt ganz prioritär die Frage der Sicherheit eine herausgehobene Rolle. In der Vergangenheit spielten auch Fragen wie beispielsweise ein bestehender Deutschlandbezug eine Rolle.

Frage: Eine Verständnisfrage: Werden die Häftlinge aus Guantanamo hier in Deutschland als entlassene Häftlinge oder als Häftlinge aufgenommen? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage geschieht das?

Dimroth: Ich muss gestehen, dass ich den ersten Teil Ihrer Frage möglicherweise akustisch, aber vielleicht auch inhaltlich nicht hinreichend verstanden habe, um ihn beantworten zu können.

Zusatzfrage: Ich wiederhole das gerne. Werden die Häftlinge aus Guantanamo auch hier in Deutschland als Häftlinge behandelt, werden sie einer Haftanstalt zugewiesen oder werden sie sozusagen als Flüchtlinge behandelt?

Dimroth: Jetzt habe ich die Frage verstanden. Sie werden hier nicht als Häftlinge behandelt, sondern sind, wenn Sie so wollen, freie Menschen.

Zur Frage, welche Rechtsgrundlage die Aufnahme ermöglicht: Das ist eine Rechtsgrundlage aus dem Aufenthaltsgesetz, die es ermöglicht, aus politischen Gründen in solchen Fällen eine Aufnahmegenehmigung zu erteilen.

Frage: Frau Chebli, der entführte Deutsche ist ja freigelassen worden. Ungeachtet der Sensibilität bei solchen Themen möchte ich Sie fragen, ob Sie Einzelheiten nennen können, insbesondere zum Aufenthaltsort und zum Gesundheitszustand dieser Person. Zu Letzterem gab es ja sehr unterschiedliche Anmerkungen.

Chebli: Sie haben es schon selbst vorweggenommen, dass wir uns, was Sie auch wissen, in solchen Fällen zu Einzelheiten und vor allem Fragen zur persönlichen Verfassung des Befreiten nicht äußern. Das ist in diesem Fall auch der Fall.

Zusatzfrage: Aber Sie können bestätigen, dass die betroffene Person nicht mehr in den Händen der Entführer ist und dass sie auf dem Weg nach Deutschland ist?

Chebli: Ja, natürlich. Das haben wir ja gestern schon gemacht. Der Minister hat sich erleichtert gezeigt. Rüdiger Schmidt ist frei und befindet sich in der Obhut der deutschen Botschaft in Sanaa. Zu Ihrer Frage: Dem Freigelassenen geht es den Umständen entsprechend gut. Wir haben uns gestern in einem Statement dazu ja öffentlich geäußert.

Frage: Ich möchte zum Thema "Syrien und Flüchtlinge" kommen, und zwar zu zwei verschiedenen Aspekten.

Frage an das Familienministerium: Am Montag haben Künstler die Aktion "Rettet 55.000 Kinder" begonnen. Wie reagieren Sie darauf? Wird es rechtliche Schritte geben? Sie wollen wohl in den nächsten Tagen weitere Aktionen durchführen. Wird die Ministerin mit ihnen in Kontakt treten?

Herb: Zur Frage nach den juristischen Konsequenzen: Wir werden nicht juristisch dagegen vorgehen, denn die Bundesfamilienministerin möchte nicht vor Gericht ziehen oder nicht einen Gerichtsstreit auf dem Rücken von syrischen Kindern austragen.

Zusatzfrage: Sie haben angeboten, dieses Programm, zumindest Ansätze, in irgendeiner Form zu übernehmen. Werden Sie darauf in irgendeiner Form eingehen?

Herb: Konkret haben wir keine offizielle Anfrage von dieser Gruppe erhalten. Deswegen kann ich diese Frage dahingehend nicht beantworten.

Zusatzfrage: Es gibt heute wieder Meldungen, dass Deutschland insgesamt wesentlich mehr Syrer aufnehmen will. Ursprünglich war ja einmal ein Kontingent von 10.000 beschlossen worden.

Meine Frage an das Innenministerium: Wie ist der Stand zwischen Bund und Ländern? Was könnte Ihre Zielmarke sein, was den Umfang von Flüchtlingen angeht? Wann könnte das der Fall sein?

Dimroth: Es ist tatsächlich so, dass dazu Gespräche zwischen Bund und Ländern mit dem Ziel stattfinden, zu einer angemessenen und auch in der Lastenverteilung vernünftigen Lösung zu kommen. Die Gespräche dauern an. Man hat gemeinsam als Zielmarke die kommende Frühjahrsinnenministerkonferenz vom 11. bis 13. Juni dieses Jahres im Blick. Es macht deshalb derzeit keinen Sinn, zu einzelnen Details und zum Stand Einzelheiten zu verkünden, weil es schlichtweg ein laufender Verhandlungsprozess ist und wir abwarten müssen, was dabei herauskommt.

Zusatzfrage: Wobei ich mit Ziel nicht nur den Zeitpunkt meinte, sondern auch meinte, was Sie anstreben, wenn sich schon SPD- und Unionsfraktion geeinigt haben, was sie gerne in Bezug auf die Anzahl der Menschen möchten, die man hier aufnehmen möchte.

Dimroth: Auch zu der Zahl kann ich Ihnen heute noch keinen Stand nennen, weil auch das, wie man sich denken kann, ebenso wie die konkrete Verteilung auf die einzelnen Bundesländer Gegenstand der Verhandlungen ist.

Frage : Was ist denn der aktuelle Stand der Zahl der Flüchtlinge, die bereits aus Syrien aufgenommen wurden?

Dimroth: Es gibt zwei Bundesaufnahmeprogramme von jeweils 5.000. Das erste ist quasi abgearbeitet, das heißt, wir konnten beinahe 5.000 Flüchtlinge aus diesem ersten Programm aufnehmen. Voraussichtlich am 15. Mai erwarten wir den letzten Flug, sodass das 5.000er Kontingent aus dem ersten Aufnahmeprogramm dann vollständig abgearbeitet sein wird und wir damit 5.000 Flüchtlingen hier Schutz bieten konnten.

Bei dem zweiten Aufnahmeprogramm - das steckt, wenn man so will, noch in der Anfangsphase - ist man dabei, mit Hochdruck den Betroffenen den Aufenthalt hier zu ermöglichen. Neben den beiden genannten Bundesprogrammen gibt es auch noch eine Reihe von Landesaufnahmeprogrammen. Da kann ich Ihnen die Zahl von 4.400 bisher erteilten Visa nennen.

Zusatzfrage: Die 4.4000 kommen zu den 5.000 dazu, die in dem ersten Bundesprogramm enthalten sind?

Dimroth: So ist das. Die 5.000 genannten aus dem ersten Bundesprogramm betreffen eben nur dieses Bundesprogramm. Das zweite 5.000er Kontingent wird derzeit mit Hochdruck abgearbeitet. Daneben gibt es noch eine Reihe von Landesaufnahmeprogrammen, die parallel dazu stehen.

Frage: Welche Länder waren bei diesen 4.400 Aufnahmen bisher schon vorne dabei?

Dimroth: Detailzahlen dazu habe ich nicht. Ich habe nur die Zahl, dass es sich um 15 Landesaufnahmeprogramme handelt. Ich müsste gegebenenfalls nachfragen, ob wir Zahlen zu den einzelnen Bundesländerkontingenten haben.

Frage: Eine Nachfrage zu den Aktionskünstlern. Die würden ja gerne am Freitag von Frau Schwesig oder im Kanzleramt empfangen werden. Sind Sie schon zu einer Entscheidung gekommen, ob Sie sie empfangen werden?

Herb: Wir wissen offiziell nichts davon, dass eine Aktion stattfinden wird. Deswegen können wir auch gar keine Entscheidung treffen.

SRS'in Wirtz: Von einem Kontakt zum Bundeskanzleramt kann ich hier nicht positiv berichten.

Zusatzfrage: Aber den gab es?

SRS'in Wirtz: Stand gestern Abend gab es keinen Kontakt zum Bundeskanzleramt in dieser Sache.

Frage: Frau Wirtz, heute wurde der vierte Fall eines Abgeordneten bekannt, der seine Zweitwohnungssteuer nicht bezahlt hat. Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu? Gibt es vielleicht Befürchtungen, dass es noch viel mehr Fälle sein könnten?

SRS'in Wirtz: Richtig ist, dass es verschiedene Berichterstattung darüber gibt, dass es Versäumnisse einzelner Abgeordneter gab, diese Zweitwohnungssteuer zu entrichten. Nach dem, was ich den Medien entnehmen konnte, wurden diese Versäumnisse bedauert und nachgeholt beziehungsweise es wurde das nachgezahlt, was nachzuzahlen war. Im Übrigen kann ich als Sprecherin der Bundesregierung dazu jetzt keine Stellung nehmen.

Zusatzfrage: Sie sprechen von "Versäumnissen". Sind das Versäumnisse oder vielleicht sogar Delikte?

SRS'in Wirtz: Ich habe sozusagen mit den Worten der Betroffenen gesprochen, dass sie diese - in ihren Augen - Versäumnisse bedauern. Insofern habe ich die konkreten Fragen in Bezug auf die Zweitwohnungssteuer als Regierungssprecherin nicht zu kommentieren.

Frage: Frau Wirtz, hat die Bundesregierung sicherheitshalber für ihren Bereich eine Umfrage unter den Ministerinnen und Ministern gestartet, um sicherzustellen, dass es da kein Versäumnis gibt?

Das betrifft insbesondere möglicherweise die Ministerinnen und Minister, die noch immer in ihrem Ministerium übernachten. Da gibt es ja auch so einen formalen Mietvertrag, wie ich annehme. Ist das auch für diese Fälle noch einmal sicherheitshalber gesondert kontrolliert worden?

SRS'in Wirtz: Suggerieren Sie die Umfrage jetzt oder schlagen Sie diese vor?

Zusatzfrage: Ich wollte wissen, ob es einen Überblick gibt.

SRS'in Wirtz: Ich habe in den Ministerien keine Umfrage gestartet, wer die Zweitwohnungssteuer entrichtet. Insofern müsste im Zweifel jedes Haus für sich selbst antworten beziehungsweise müssten Sie vielleicht in den einzelnen Häusern nachfragen. Diese Umfrage habe ich nicht gemacht.

Vorsitzende Sirleschtov: Ich frage einmal der Einfachheit halber: Hat jemand eine Umfrage gemacht?

Zuruf: Alle sozusagen sauber!

SRS'in Wirtz: Das ist Ihre Schlussfolgerung; aber die ist gut.

Frage: Ich hätte die Anregung, dass wir, bevor wir jetzt jeden einzelnen adressieren, einmal kollektiv fragen, ob wir diese Information von den jeweiligen Häusern bekommen können, ob es irgendein Haus gibt, bei dem das Thema Zweitwohnungssteuer anfällt, ob die auch entrichtet wird und ob das nachgereicht werden kann. Sonst macht es ja keinen Sinn, dass wir jedes Ministerium einzeln ansprechen.

Vorsitzende Sirleschtov: Ich hatte auch nicht vor, das abzufragen. Bis zu welcher Tiefe hätten der Mitarbeiter hätte Sie das gerne, Herr Rinke?

Zusatzfrage: Herr Wonka hatte ja nach dem Kabinett gefragt. Es geht um die Kabinettsmitglieder.

Vorsitzende Sirleschtov: Vielleicht könnten die Häuser dazu einmal Kontakt aufnehmen.

Frage : In den Fällen, in denen die Minister noch in Ihrem Ministerium wohnen ich weiß nicht, ob das noch für den Justizminister oder die Verteidigungsministerin gilt -, müsste sich doch relativ schnell klären lassen, ob dafür Zweitwohnungssteuer fällig ist und ob sie bezahlt wird.

Roth: Ich kann Ihnen für Ministerin von der Leyen sagen, dass sie keine eigene Wohnung in Berlin hat. Sie verfügt lediglich über eine Rückzugsmöglichkeit innerhalb ihrer Büroräume. Der geldwerte Vorteil, welcher durch deren Nutzung besteht, wird auf Basis der Sozialversicherungsentgeltverordnung steuerlich berücksichtigt. Demnach ist der Regelwert einer als Sachbezug zur Verfügung gestellten Unterkunft auf monatlich 221 Euro festgesetzt, der auch für die Bundesministerin gemeldet wurde.

Vorsitzende Sirleschtov: Das ist doch einmal eine Aussage. Ich hätte fast gefragt, ob Herr Maas auch so viel zahlt.

Malachowski: Das weiß ich leider nicht. Herr Maas ist derzeit auf Wohnungssuche.

Vorsitzende Sirleschtov: Das kann teuer werden!

Frage: Die Frage an Herrn Roth ist: Entfällt für diesen Unterschlupf - das ist jetzt unfachmännisch ausgedrückt - grundsätzlich die Verpflichtung zur Zweitwohnungssteuer, wenn man in einem eigens abgetrennt angemieteten Wohnraum in einem Ministerium nächtigt oder nicht?

Roth: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist ja sehr wahrscheinlich im Meldegesetz oder im Zweitwohnungssteuergesetz der Stadt Berlin festgelegt. Sie müssten sich also an die Stadt Berlin wenden.

Zusatzfrage: Ihr Haus hat das sicherheitshalber für die Ministerin nicht geprüft?

Roth: Ich kann Ihnen das sagen, was ich Ihnen gesagt habe. Mehr kann ich dazu zurzeit nicht sagen.

Frage: An das Wirtschaftsministerium. Es gibt eine Studie, wonach sich nur 15 Prozent der Mittelständler positive Effekte vom TTIP-Abkommen erhoffen. Wie schätzen Sie das ein? Deckt sich das auch mit Ihren Einschätzungen? Was plant man zu machen, damit das TTIP-Abkommen besser ankommt?

Modes: Die Studie, von der Sie sprechen, liegt mir nicht vor. Es gibt verschiedene Berechnungen dazu, die von großen Potenzialen für Europa ausgehen. Deswegen kann ich nicht bestätigen, dass die Chancen oder Potenziale gering sind.

Der Minister hat sich auch in der "Rheinischen Post" dazu geäußert. Es geht vor allem darum, mehr Transparenz zu schaffen und die Akzeptanz zu erhöhen. Es soll ein Beirat eingerichtet werden. Das läuft derzeit. Ende Mai steht die nächste Verhandlungsrunde an.

Zusatzfrage: Gibt es Pläne, extra auf den Mittelstand einzugehen? Gibt es außer der Frage der Konsultationen inhaltliche Themenschwerpunkte, von denen man sagen kann, dass man sich darauf stärker konzentrieren möchte?

Modes: Sie wissen, dass es ein Verhandlungsmandat der EU gibt, die mit Amerika verhandelt. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie weit der Schwerpunkt auf den Mittelstand gerichtet ist; das ist sicher auch ein Thema. Sie wissen aber auch, dass das Verhandlungsmandat derzeit noch nicht öffentlich ist.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innenministerium. Herr Dimroth, gibt es einen Brief der Bundespolizei an den Innenminister, in dem die Sicherheitslage an der deutsch-polnischen Grenze als besorgniserregend dargestellt und der Bund um Hilfe gebeten wird? Wenn ja, teilt der Innenminister diese Einschätzung? Hat er den Brief beantwortet? Das ist hinsichtlich der morgigen Unterzeichnung des Polizeiabkommens vielleicht interessant.

Dimroth: Es gibt im Prinzip kontinuierliche Gespräche zwischen dem Bundespolizeipräsidium und dem Ministerium auch über die Frage der hinreichenden Ausstattung mit Personal und Sachmitteln. Diese Gespräche und der Gedankenaustausch dazu finden, wie gesagt, kontinuierlich statt. Auch jüngst hat es dazu Gespräche gegeben. Man ist übereingekommen, dass es derzeit insoweit aber keinen Handlungsbedarf gibt. Eine Auswirkung auf die Unterzeichnung des deutsch-polnischen Polizeivertrags, der ja für morgen vorgesehen ist, bei der auch der Bundesinnenminister wie auch Herr Woitke und der polnische Innenminister anwesend sein werden, sehe ich nicht.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Daldrup. Es gibt Zeitungsberichte, dass es eine Einigung beim Thema "Rente mit 63" gibt. Können Sie das bestätigen?

Daldrup: Nein, das kann ich nicht bestätigen. Das Verfahren läuft beziehungsweise die Gespräche laufen im parlamentarischen Verfahren. Sie laufen gut. Näheres kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Sie werden sicherlich, wenn es eine Einigung gibt, zeitnah darüber informiert werden. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir die geplante Zeitplanung einhalten werden, sprich in der nächsten Woche die zweite, dritte Lesung im Bundestag erreichen.

Frage: Frau Kothé, Herr Lucke von der AfD hat Ihrem Minister einen Brief geschrieben, in dem es unter anderem um Milliardenrisiken aus dem ESM in zweistelliger Milliardenhöhe geht. Ich möchte nur gerne wissen, ob Ihr Minister die Absicht hat, auf diesen Brief oder grundsätzlich auf Briefe von Herrn Lucke zu reagieren oder ob er das nicht tut und ob er sich in der Sache äußern will beziehungsweise Sie sich äußern wollen.

Kothé: Dieser Brief ist bei uns gestern oder so wohl eingegangen. Wann, wie und auf welche Weise der Brief beantwortet worden ist, kann ich Ihnen heute noch nicht sagen. Der letzte Brief von Herr Lucke wurde von dem Parlamentarischen Staatssekretär in unserem Hause, Herrn Kampeter, beantwortet.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 14. Mai 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/05/2014-05-14-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2014