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PRESSEKONFERENZ/852: Kanzlerin Merkel anlässlich der Teilnahme am Nato-Gipfeltreffen, 04.09.2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in in Newport/Wales - Donnerstag, 4. September 2014
Pressestatement von BK'in Merkel anl. der Teilnahme am Nato-Gipfeltreffen am 4. September 2014



BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, wir haben heute unsere ersten beiden Sitzungen während des Nato-Gipfels beendet.

Thema 1 war Afghanistan. Der afghanische Verteidigungsminister hat teilgenommen. Es gab die Botschaft aus Afghanistan, dass die beiden Präsidentschaftskandidaten in Aussicht gestellt haben, sich politisch zu einigen und alsbald die Arbeit aufzunehmen. Das ist auch sehr wichtig, denn wir brauchen Klarheit bezüglich der Sicherheitsabkommen, um dann im Anschluss an die ISAF-Mission die nächste Mission zu starten. Das ist die sogenannte Mission "Resolute Support", also "resolute Unterstützung". Hierbei geht es um die Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte. Deutschland wird im Norden, in Masar-e Scharif, bleiben und von dort aus seinen Beitrag zur Stabilisierung leisten, aber eben keine Kampfeinsätze mehr machen.

Wir haben deutlich gemacht, welche Erfolge es gibt. Ein Beispiel: In Afghanistan gehen heute 8 Millionen Kinder zur Schule. Zu Beginn des Einsatzes waren es wenige als 1 Million. 40 Prozent davon sind Mädchen; das gab es früher überhaupt nicht. Das Pro-Kopf-Einkommen von Afghanistan hat sich verfünffacht. Es gibt also gute Chancen, wenn wir die Sicherheit erhalten können, dass sich das Land gut entwickeln kann. Aber das ist natürlich noch ein langer Weg; denn von vollständiger Sicherheit sind wir noch ein ganzes Stück entfernt.

Der zweite Sitzungsblock war heute Nachmittag dem Thema Nato-Ukraine-Rat gewidmet. Man muss wissen, dass es seit 1997 eine besondere Partnerschaft zwischen der Ukraine und der Nato gibt. Auf dem Nato-Gipfel in Bukarest ist das noch einmal bekräftigt worden.

Wir haben heute auch über nächste Schritte gesprochen. Hierbei geht es vor allen Dingen um die sogenannte Interoperabilität. Das heißt, dass man voneinander weiß, wie die jeweiligen Armeen arbeiten. Es geht nicht um eine Mitgliedschaft in der Nato. Hierzu haben wir einen Bericht des ukrainischen Präsidenten erhalten, und wir hatten heute ja auch bereits im kleineren Kreise ein Gespräch mit ihm geführt. Der Präsident setzt auf eine politische Lösung - das hat er uns heute noch einmal gesagt - und steht diesbezüglich ja auch in einem stabilen Kontakt mit der russischen Führung, mit dem russischen Präsidenten. Ob den Worten morgen oder in den nächsten Tagen Taten folgen werden, muss man sehen. Auf jeden Fall habe ich den Wunsch des ukrainischen Präsidenten gespürt, dass er eine politische Lösung anstrebt. Ich habe auch immer gesagt: Eine militärische Lösung kann und wird es nicht geben. Das fand heute auch die breite Zustimmung aller, die an der Diskussion teilgenommen haben, also der Nato-Mitglieder, die sich zu Wort gemeldet haben.

Insgesamt war es also ein wichtiger Tag, der deutlich gemacht hat: Wir unterstützen die Ukraine. Wir zeigen Solidarität. Wir sind bereit, auch durch zusätzliche Sanktionen unseren politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Es ist aber auch die Botschaft ausgegangen: Wir wollen eine politische Lösung. Wir sind natürlich bereit, mit Russland darüber zu sprechen, der ukrainische Präsident allen voran. - Das war das, was unseren Tag heute ausgefüllt hat. Morgen dann mehr!

Frage: Frau Bundeskanzlerin, es gab aus Polen und aus dem Baltikum Stimmen, die gefragt haben, ob man das Abkommen zwischen der Nato und Russland nicht gänzlich aufkündigen kann. War das heute noch einmal ein Thema? Mussten Sie auch dagegenhalten und dagegen argumentieren? Haben Sie das getan?

BK'in Merkel: Nein, das war heute kein Thema. Wir werden - ich bin jedenfalls optimistisch - ja morgen über diese Dinge sprechen und auch einen gemeinsamen Text haben, auf den wir uns stützen können. Insofern will ich dem morgigen Tag nicht vorgreifen. Aber wir haben sehr freundschaftlich miteinander gesprochen, und ich glaube, wir werden eine gemeinsame Lösung finden.

Frage: Haben Sie den Eindruck, dass der Druck und die Ankündigungen der Nato, die in letzter Zeit hinsichtlich einer Truppenstationierung geschehen sind, dazu beigetragen haben, zu so einer Entwicklung in der Ukraine zu führen?

BK'in Merkel: Ich denke, dass es immer um beide Seiten geht, auf der einen Seite um Entschlossenheit - ob es jetzt Wirtschaftssanktionen betrifft oder aber ob es auch die Klarheit der Nato hinsichtlich des Artikel 5 betrifft, für alle Nato-Mitglieder einzustehen - und auf der anderen Seite immer wieder um Offenheit für Gespräche und die Klarheit, dass wir auf eine politische Lösung setzen. Diese Doppelstrategie ist aus meiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg. Danke schön!

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 4. September 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/09/2014-09-04-merkel-statement-
nato.html;jsessionid=31C52F942921A31EB7D62A49F1FF1F26.s4t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2014