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PRESSEKONFERENZ/957: Regierungspressekonferenz vom 20. März 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 20. März 2015
Regierungspressekonferenz vom 20. März 2015

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (G7-Dialogforum der Gewerkschaften "Gute Arbeit weltweit - ein Geschäftsmodell für die Zukunft", Empfang des griechischen Ministerpräsidenten, Empfang von Mitgliedern des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Kabinettsitzung, Empfang der Leiterin des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, DIHK-Vollversammlung, Plenarsitzungen des Deutschen Bundestags, Empfang des Präsidenten des Europäischen Parlaments), Bündnis- und Integrationsvertrag zwischen Russland und der Kaukasus-Region Südossetien, Besuch des griechischen Außenministers in Berlin, Stärkung der Bundessicherheitsbehörden, Thüringer Pläne zur Abschaffung des Einsatzes von V-Leuten, Griechenland, Rentenerhöhung, Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, Berichterstattung über die Umsetzung des CO2-Minderungsbeitrags konventioneller Kraftwerke, Ukraine, Telefonat der Bundeskanzlerin mit dem israelischen Ministerpräsidenten

Sprecher: SRS'in Wirtz, Schäfer (AA), Müller-Niese (BMI), von Tiesenhausen-Cave (BMF), Ehrentraut (BMAS), Dünow (BMWi)


Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'IN WIRTZ sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Zur Woche der Kanzlerin hatte Herr Seibert am Mittwoch schon das eine oder andere gesagt. Ich möchte es kurz der Vollständigkeit halber wiederholen.

Zum einen wird die Kanzlerin am Montag an dem G7-Dialogforum der Gewerkschaften "Gute Arbeit weltweit - ein Geschäftsmodell für die Zukunft" teilnehmen. Die Bundeskanzlerin wurde vom DGB eingeladen, und sie wird um 15 Uhr dort eine Rede halten.

Auch bereits am Mittwoch angekündigt und vielfach berichtet, wird am Montag der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras in Berlin erwartet. Der Besuch wird begonnen um 17 Uhr mit militärischen Ehren vor dem Bundeskanzleramt; anschließend wird es ein bilaterales Gespräch geben. Um ca. 18.15 Uhr erfahren Sie dann, wenn Sie wollen, worum es in den Gesprächen ging; da gibt es eine Pressekonferenz. Anschließend wird das Gespräch im Rahmen eines Abendessens fortgesetzt.

Am Dienstag wird die Bundeskanzlerin Mitglieder des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung empfangen. Das ist ein traditioneller Termin, wie Sie wissen. Teilnehmen werden an diesem Termin auch die Bundesminister Schäuble, Gabriel und Nahles. Dieses Gespräch dient, wie jedes Jahr, in erster Linie dem Austausch über aktuelle Fragen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Es gibt keine Pressekonferenz und keinen Fototermin.

Am Mittwoch wird es um 9.30 Uhr, wie gewohnt, die Kabinettsitzung geben.

Dann wird die Bundeskanzlerin um 11 Uhr Frau Helen Clark, die Leiterin des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, zu einem Gespräch im Kanzleramt empfangen. Schwerpunkte des Gespräches sind unter anderem die Post-2015 Agenda für nachhaltige Entwicklung, die Ebola-Epidemie und die "lessons learned" sowie die entwicklungspolitischen Schwerpunkte der deutschen G7-Präsidentschaft. Die Bundeskanzlerin hat Frau Clark zuletzt am 3. Mai 2013 am Rande des Evangelischen Kirchentags in Hamburg getroffen.

Gegen 17.15 Uhr wird die Bundeskanzlerin an der DIHK-Vollversammlung im Haus der Deutschen Wirtschaft teilnehmen und eine Rede halten. Inhalt dieser Rede werden insbesondere das internationale Umfeld, die konjunkturelle Lage und die aktuellen Herausforderungen in der Wirtschaftspolitik sein.

Am Donnerstag- und Freitagvormittag wird die Bundeskanzlerin jeweils im Deutschen Bundestag zugegen sein.

Am Freitagnachmittag wird die Bundeskanzlerin den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, im Bundeskanzleramt empfangen. Es wird in diesem Gespräch um aktuelle europapolitische Fragen gehen. - So viel zunächst einmal zur nächsten Woche der Kanzlerin.

Jetzt möchte ich noch kurz etwas zu dem Bündnis- und Integrationsvertrag sagen, den der russische Staatspräsident Putin am vergangenen Mittwoch mit dem selbsternannten Staatspräsidenten Südossetiens, Tibilow, geschlossen hat.

Mit diesem Vertrag stellt Russland erneut die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens infrage. Damit erschwert Moskau die laufenden Bemühungen für eine friedliche Konfliktbeilegung mit Abchasien und Südossetien im Rahmen der Genfer Gespräche.

Der Vertrag sieht unter anderem folgende Punkte vor: die Integration südossetischer Milizen in die russischen Sicherheitsstrukturen, die Übernahme der Grenzsicherung durch russische Truppen sowie die Übertragung quasi-staatlicher Kompetenzen auf Russland beziehungsweise die Angleichung an russische Standards. Mit diesen Vertragsinhalten werden georgische Befürchtungen vor einer schleichenden Annexion dieser Region durch Russland befördert. Damit wird auch die von der georgischen Regierung vorangetriebene Normalisierung der Beziehungen zu Russland auf eine schwere Probe gestellt.

Die Bundesregierung wird Georgien auch weiterhin darin unterstützen, seine territoriale Integrität zu schützen, und wird Tiflis auch weiterhin bei seinen Bemühungen um eine friedliche Reintegration der abtrünnigen Regionen, der Umsetzung der EU-Assoziierung und der Bildung gutnachbarschaftlicher Beziehungen zu Russland unterstützen. - So viel von meiner Seite.

Schäfer: Ich würde Ihnen gerne sagen, dass der Außenminister sich freut, seinen griechischen Amtskollegen Nikos Kotzias an diesem Sonntag - das ist der 22. März -, also übermorgen, zum zweiten Mal in Berlin zu einem persönlichen Gespräch begrüßen zu können. Das erste Gespräch der beiden hat in Berlin aus Anlass des Antrittsbesuches von Herrn Kotzias am 10. Februar, also vor etwas mehr als einem Monat, stattgefunden.

Beide Außenminister sind davon überzeugt, dass es in der aktuellen Lage jeder Mühe wert ist, einen Beitrag zur Entschärfung der Debatten zwischen Griechenland und Deutschland zu leisten. Es gibt schwierige Fragen, die derzeit die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern prägen, die aber traditionell in einer engen und freundschaftlichen Partnerschaft zueinander stehen.

In diesem Geist des Ausgleichs wollen die Außenminister am Sonntagabend im Auswärtigen Amt darüber beraten, wie die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Griechenland konstruktiv weitergeführt werden kann. Die beiden werden im Auswärtigen Amt am Sonntagabend im kleinen Kreis miteinander zu Abend essen. Sie können davon ausgehen, dass die beiden am Rande ihrer Begegnung vermutlich vor dem Abendessen für eine Pressebegegnung mit Ihnen zur Verfügung stehen werden; die Einladung kommt auf üblichem Wege. Das wird irgendwann am frühen Abend, vielleicht gegen 18 Uhr, sein, ohne dass ich mich da jetzt schon auf die Minute genau festlegen möchte.

Frage: Könnten Sie uns schlaumachen über die berichteten Pläne im Innenministerium, eine eigene Einheit bei der Bundespolizei zur Terrorbekämpfung einzuführen, einzusetzen?

Müller-Niese: Ja. Sie spielen wahrscheinlich auf die Berichterstattung des "RBB" von heute Morgen an; die ist uns bekannt. Ich möchte noch einmal darauf verweisen: Am Anfang der Woche - ich glaube, am Dienstag - hat Minister de Maizière auch zur Stärkung der Bundessicherheitsbehörden gesprochen. Er hat angekündigt, dass im Entwurf des Haushaltsplans für 2016 insgesamt 750 zusätzliche Stellen zur Begegnung der terroristischen Gefahrenlage geschaffen wurden, und diese Stellen werden auf Bundespolizei, BKA und BfV aufgeteilt. Er hat auch gesagt, zur genauen Aufgabe und zur genauen Aufteilung könne er noch nichts sagen oder werde er noch nichts sagen.

Es gibt verschiedene Überlegungen, aber dieser Überlegungsprozess ist noch nicht abgeschlossen; eine Entscheidung steht aus. Somit kann ich auch nicht weiter ausführen, inwiefern diese möglicherweise gegründet würde.

Frage: Wir haben ja bereits eine solche Einheit. GSG9 heißt sie, glaube ich, nicht mehr, aber würde sich eine neue Einheit denn davon unterscheiden, oder wo sehen Sie denn bisher die Lücke?

Müller-Niese: Wie ich gerade ausgeführt habe: Es gibt verschiedene Überlegungen, und ich möchte dieser Entscheidung nicht vorgreifen und somit auch nicht spekulieren, ob irgendeine mögliche Einheit eine Lücke füllt. Ich bitte Sie um Verständnis. Wenn die Überlegungen abgeschlossen sind und es eine Entscheidung gibt, werden wir sie auch verkünden.

Zusatzfrage: Wann wird das sein?

Müller-Niese: Es ist mir kein Zeitpunkt bekannt.

Frage: Da Sie selbst den "RBB" ansprachen: Ist das zumindest so verstehen, als wenn es bei den Überlegungen, die noch nicht abgeschlossen sind, inzwischen eine Verengung auf dieses Thema gibt?

Müller-Niese: Nein, nein, das wollte ich damit nicht provozieren. Wir hatten im Hause schon sehr viele Anrufe aufgrund dieser Meldung, aber es gibt keine Verengung. Es gibt verschiedene Überlegungen, und hier ist der Entscheidungsprozess nicht abgeschlossen.

Frage: Aber zu den Überlegungen gehört auch das, was wir in den Medien wiederfinden?

Müller-Niese: Ja.

Frage: Frau Müller-Niese, gibt es denn aus Ihrer Sicht Defizite bei der GSG9 der Bundespolizei, wie sie momentan heißt?

Müller-Niese: Nein.

Frage: Sind die Thüringer Pläne zur Abschaffung von V-Leuten ein Thema, das im Moment Ihr Ministerium beschäftigt? Haben Sie eine Meinung, eine Positionierung dazu? Die Frage ist ja: Wenn jetzt andere Länder das auch tun, dann haben wir ja quasi den Wegfall eines Instituts, das über die Jahre immer bestanden hat. Sehen Sie Anzeichen dafür, dass Thüringen möglicherweise nur ein erster Punkt sein könnte, der solche Entscheidungen vornimmt?

Müller-Niese: Ich kann dazu nur sagen: Wie Sie wissen, ist es im Verfassungsschutzverbund so, dass Bund und Länder eigene Verfassungsschutzbehörden betreiben. Dafür sind sie auch alleine zuständig. Das ist eine föderale Ordnung. Jeder ist für seinen Bereich verantwortlich, und wir nehmen zu den Thüringer Entscheidungen keine Stellung.

Frage: Zu dem Besuch von Ministerpräsident Tsipras: Mich würde interessieren, ob es inzwischen möglicherweise Entscheidungen gibt, den Finanzminister dort einzubeziehen. Bringt Herr Tsipras vielleicht auch jemanden mit? Es muss ja nicht Herr Varoufakis sein.

Die zweite Frage richtet sich an Herrn Schäfer: Was ist denn der Hintergrund für dieses sehr rasche und schnelle Treffen der Außenminister noch im Vorfeld dessen? Hat das auch ein Stück Vorbereitungscharakter, wenn auch nicht in der zentralen Frage? Sind die Debatten um Reparationen, um den Zukunftsfonds und Ähnliches möglicherweise das Zentrum der Gespräche der Außenminister? Um über Finanzen zu sprechen, ist das ja nicht das richtige Forum.

SRS'in Wirtz: Zunächst zu Ihrer Frage zum Ablauf am Montag: Da kann ich Ihnen nicht ersparen, dass Sie die Spannung noch eine Weile aufrechterhalten. Es ist noch nicht abschließend darüber entschieden, wer an den Delegationen auf deutscher und griechischer Seite teilnehmen wird und wer an den Gesprächen teilnehmen wird. Fest steht aber schon einmal, dass der griechische Ministerpräsident und die deutsche Bundeskanzlerin aufeinandertreffen werden.

Schäfer: Sie haben recht: Ziel des Besuches von Herrn Kotzias ist, so glaube ich, nicht - und auch nicht Ziel des Gespräches aus Sicht des deutschen Außenministers -, alle finanztechnischen und finanzpolitischen Fragen, die sich derzeit stellen, im Gespräch mit dem griechischen Außenminister zu lösen. Dafür ist das bilaterale Verhältnis jedenfalls der Außenminister, aber auch so nicht das geeignete. Die Entscheidungen müssen da schon im Kreise der Eurogruppe gefällt werden.

Nein, die Außenminister Griechenlands und Deutschlands sind, seitdem Herr Kotzias sein Amt angetreten hat, in einem engen Kontakt. Die beiden haben in den letzten Tagen mehrfach miteinander telefoniert. Sie haben sich auch über ihre Sicht auf den Zustand der bilateralen Beziehungen ausgetauscht und sind sich durchaus einig, dass manches, was eigentlich mit dem Verhältnis Griechenlands zu Europa und zur Eurozone zu tun haben sollte und auf die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Griechenland gezogen wird, die beiden in Sorge versetzt.

Sie haben vielleicht ein Interview des deutschen Außenministers in einer großen deutschen Wochenzeitung Mitte der Woche gelesen. Auch da hat er darauf hingewiesen, dass es aus seiner Sicht ein Fehler ist, den Versuch zu unternehmen, eine Angelegenheit, die eine gesamteuropäische oder eine Eurogruppen-Angelegenheit ist, zu bilateralisieren.

Gerade weil Sie das Thema Reparationen angesprochen haben, Herr Heller, erlaube ich mir, nur vielleicht in ein paar Sätzen etwas zu wenigstens einer Schlagzeile zu sagen, die mir gestern in einem Onlineportal aufgefallen ist und die ich deshalb ganz gerne in den richtigen Kontext stellen möchte. Da hieß es bei "Spiegel ONLINE" gestern Nachmittag: "Reparationsforderungen von Griechenland: Auswärtiges Amt signalisiert Kompromissbereitschaft." Das insinuiert eine veränderte Haltung der Bundesregierung und/oder des Auswärtigen Amtes zur Frage der Reparationen. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Es gibt in der Sache nichts Neues, und es gibt auch keine veränderte Haltung des Außenministers, des Auswärtigen Amtes oder der Bundesregierung, die mir jedenfalls bekannt wäre, in dieser Sache.

Richtig ist aber, dass wir, dass die Bundesregierung, dass Deutschland unabhängig von der Reparationsdebatte nie einen Zweifel an seinem Bewusstsein dafür gelassen hat, wie stark Griechenland unter der Willkür und der Grausamkeit der deutschen Besatzung in der Zeit des Zweiten Weltkrieges zu leiden hatte. Das war im Grunde der Kern des Staatsbesuches von Bundespräsident Gauck im März 2014. Er hat dort in vielbeachteten Reden, unter anderem in Lyngiades und in Ioannina, ein ganz klares Bekenntnis für Deutschland, zur historischen Verantwortung seines Landes für die tragischen Ereignisse abgegeben, die in den Jahren 1941 bis 1944 geschehen sind, und er hat dort die Angehörigen der Opfer um Verzeihung gebeten.

Der deutsch-griechische Zukunftsfonds, über den an dieser Stelle ja auch schon einiges besprochen worden ist, ist im Grunde das Ergebnis des Besuches des Bundespräsidenten in Griechenland im vergangenen Jahr. Ich möchte das, weil es für das gegenwärtige Verhältnis zwischen Deutschland und Griechenland so wichtig ist, hier einfach mal zitieren. Er hat da Folgendes gesagt - ich zitiere den Bundespräsidenten -:

"Was Griechenland betrifft, sind die Untaten des NS-Regimes in Deutschland weitgehend unbekannt und leider auch ungesühnt geblieben. Heute schmerzt es mich, dass wir bislang so wenig Empathie für die Leiden der griechischen Bevölkerung aufgebracht haben. Gerade deshalb bin ich jenen Menschen dankbar, die zum Teil seit vielen Jahren die vergessenen Untaten ins öffentliche Bewusstsein heben. Und ich bin froh, dass wir uns heute in Deutschland noch einmal danach fragen, was aus unserer politischen und moralischen Verantwortung gegenüber Griechenland resultiert.

Schon für dieses Jahr ist die Gründung eines deutsch-griechischen Zukunftsfonds geplant. Er soll Mittel bereitstellen für eine Aufarbeitung der gemeinsamen Vergangenheit, wissenschaftlich, aber auch gesellschaftlich."

Das heißt, der Staatsbesuch des Bundespräsidenten im vergangenen Jahr, in dem er wirklich eindringlich um mehr Anstrengungen für eine wirkliche Aussöhnung in dieser Frage zwischen Deutschland und Griechenland warb, ist mit konkreten Initiativen verbunden gewesen. Ich möchte da nur zwei erwähnen: Die eine ist der von mir bereits angesprochene deutsch-griechische Zukunftsfonds; er liegt im Auswärtigen Amt. Und es geht auch um die Förderung eines verstärkten Jugendaustausches und die damit verbundene geplante Einrichtung eines deutsch-griechischen Jugendwerks.

Dieser Zukunftsfonds soll den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Austausch zwischen Griechenland und Deutschland in der Frage der historischen Aufarbeitung der Ereignisse des Zweiten Weltkrieges fördern. Der Fonds ist ausgestattet mit Mitteln, die der Deutsche Bundestag bis 2017 zur Verfügung gestellt hat, 1 Million Euro pro Jahr für konkrete Projekte, und ist auch bereits angelaufen.

Wir hoffen sehr darauf und haben dafür auch sehr ermutigende Anzeichen, dass unsere griechischen Partner diese Initiative, die nach dem Besuch des Herrn Bundespräsidenten in Griechenland von der Bundesregierung ins Werk gesetzt worden ist, gut und richtig finden. Die Umsetzung dieser Projekte hat auch bereits begonnen.

Zum Abschluss möchte ich sagen: Das ist dem Außenminister und auch der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Aber noch einmal: Es steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit aktuellen Debatten über Reparationsforderungen von griechischer Seite, die wir hier in den letzten Tagen und Wochen geführt haben.

Frage: Frau Wirtz, ich habe auch eine Frage zum Besuch des griechischen Ministerpräsidenten: Können Sie kurz erläutern, mit welchen konkreten Erwartungen die Bundeskanzlerin in dieses Treffen hineingeht? Ich habe auch die Frage, ob sie erwartet, dass der griechische Ministerpräsident am Montag möglicherweise auch schon mit einer Reformliste nach Berlin kommt. Es wurde ja gestern beschlossen; es hieß, das geschieht in den nächsten Tagen. Es werden dann vier Tage vergangen sein. Da könnte man ja schon erwarten, dass etwas kommt.

SRS'in Wirtz: Wie Sie wissen oder wie man den Nachrichten der Agenturen entnehmen konnte, hatte die Bundeskanzlerin in der Tat gestern Nacht schon Gelegenheit, mit dem griechischen Ministerpräsidenten zu sprechen, in einer Runde am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Ergebnis dieser Gespräche war im Grunde, dass man sich noch einmal wirklich ganz konkret darauf verständigt hat oder noch einmal darauf beruft, dass man auf die Erklärung der Eurogruppe vom 20. Februar zurückgreift. Das heißt, die Erklärung vom 20. Februar ist Grundlage aller weiteren Schritte, die jetzt gegangen werden.

In dieser Erklärung vom 20. Februar ist vorgesehen, dass Griechenland Reformvorschläge macht. Griechenland hat unmittelbar nach diesem 20. Februar erste Reformvorschläge gemacht, die aber in der Tat jetzt noch weiter spezifiziert und konkretisiert werden müssen. Es gibt kein Datum, also auch nicht das Datum vom Montag, 23. März, dass an diesem Tag die konkreten Reformlisten vorliegen müssen. Aber es geht darum, dass diese Reformvorschläge natürlich relativ bald vorliegen sollten.

Dann wird es so sein - aber auch das ist im Verfahren nichts Neues -, dass diese Reformanstrengungen, die Umsetzung dieser Reformen von den Institutionen, der Fact-Finding Mission oder der Troika in Athen entsprechend beobachtet werden und dann am Ende die Eurogruppe darüber entscheidet, wie es zur Auszahlung der weiteren Tranchen kommt.

Insofern gibt es über diesen Fahrplan, diesen Ablauf jetzt nichts, was in irgendeiner Form in den Gesprächen der Kanzlerin mit dem griechischen Ministerpräsidenten am Montag abgeändert werden könnte, zumal auch immer wieder darauf zu verweisen ist, dass diese Frage der Auszahlung der nächsten Tranchen die Europäische Union mit Griechenland betrifft und nicht bilateral Deutschland und Griechenland. Insofern ist es einfach so, dass die Gespräche noch einmal vertieft werden, die Tsipras und die Bundeskanzlerin am Montag führen werden, und dann wird man abwarten, welche konkreten Punkte der griechische Ministerpräsident vielleicht noch mitbringt, über die er sprechen möchte. Insofern kann ich da jetzt nicht vorwegnehmen, was tatsächlich besprochen wird. Das können Sie dann am Montag in der Pressekonferenz noch einmal versuchen.

Frage: Herr Schäfer, wir haben ja über das Thema der moralischen, politischen, rechtlichen Verantwortung für die Folgen der deutschen Verbrechen in der Nazizeit hier in dieser Konferenz häufig gesprochen. Wenn mein Eindruck nicht völlig falsch ist, ist in den letzten Konferenzen vor allen Dingen das kategorische "Das Politische und Rechtliche ist abgeschlossen" in den Vordergrund gestellt worden und das Moralische sozusagen als Appendix kurz erwähnt worden.

Hätte es möglicherweise zur Deeskalation des ganzen Konfliktes beitragen können, wenn Sie diese ausführliche Schilderung, wie Sie die moralische Verantwortung bewerten und welche Konsequenzen Sie daraus ziehen, vielleicht vor zwei, drei Wochen schon gemacht hätten, also die Entkopplung der rechtlichen von den moralischen Fragen nicht nur in der Abwehr, sondern auch proaktiv sehr früh angeboten hätten? Mir kommt das jetzt sehr spät vor und möglicherweise im Blick auf den anstehenden Besuch, aber es hätte doch als deutsche Position sehr früh auch stärker formuliert werden können, oder?

Schäfer: Frau Wirtz flüstert es mir gerade schon zu, aber die Unterstützung brauche ich in diesem Fall ausnahmsweise nicht. - Ich glaube, dass das nicht zutrifft, was da Ihrer Frage unterliegt. Bei den vielen, vielen Diskussionen, die wir an dieser Stelle und an anderer Stelle über das Thema hatten, die ungefähr Mitte des letzten Jahres losgegangen sind, ist von dieser Stelle immer von der politischen und moralischen Verantwortung Deutschlands und damit auch der Bundesregierung die Rede gewesen. Das ist niemals ausgespart gewesen.

Ich erinnere mich selber gut daran, dass ich mehrfach auch diese Diskussion zum Anlass genommen habe, über den Staatsbesuch des Bundespräsidenten, auch über den deutsch-griechischen Zukunftsfonds zu sprechen. Dass ich das heute etwas länger getan habe, als das vielleicht in der letzten oder vorletzten Woche geschehen ist, hängt einzig und allein damit zusammen, dass es mir wichtig war, einen Artikel, der mir gestern Nachmittag aufgefallen ist, zu kommentieren und aus meiner Sicht richtigzustellen, weil das, was im Text stand, ganz korrekt war, aber die Überschrift irrtümlichen Annahmen hätte Vorschub leisten können.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben es ja gerade noch einmal angesprochen: Dieser deutsch-griechische Zukunftsfonds soll sich der Versöhnung und der historischen Aufarbeitung widmen. Man kann es sicherlich unterschiedlich bewerten, ob 1 Million Euro jährlich dafür ausreichend sind. Aber gibt es angesichts dessen, dass es recht offensichtlich ist, dass es nach wie vor sehr viel aufzuarbeiten gibt und viel zu versöhnen gibt, Überlegungen Ihrerseits, diesen Fonds vielleicht aufzustocken?

Schäfer: Dazu gibt es - das ist ja der Anlass der gestrigen Berichterstattung in einigen Medien gewesen - eine Äußerung des Staatsministers im Auswärtigen Amt zum deutsch-griechischen Zukunftsfonds, die ich Ihnen gerne auch hier noch einmal vortrage.

Es heißt in dem Satz von Herrn Staatsminister Roth gestern: "Gefördert werden einerseits wissenschaftliche Projekte zur Aufarbeitung, aber auch ganz konkrete Projekte für die Opfergemeinden in Griechenland. Die ersten Projekte laufen seit 2014 erfolgreich. Dieses Angebot an unsere griechischen Partner wollen wir selbstverständlich fortführen. Einer bedarfsgerechten Anpassung stehe ich offen gegenüber, wenn unser Angebot weiterhin auf ausreichendes Interesse auf griechischer Seite stößt."

Das hat Herr Roth gestern gesagt, und ich kann dem nur hinzufügen, dass wir zurzeit bei der Verwirklichung der mit den griechischen Partnern ausgearbeiteten, konzipierten und geplanten Projekte noch nicht an finanziellen Grenzen gescheitert sind.

Zusatzfrage: Das heißt, es gibt bislang zumindest gar nicht eine so große Nachfrage wie die Mittel, die zur Verfügung gestellt wurden?

Schäfer: Dieses Projekt ist, wie ich bereits gesagt habe, ja erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres realisiert worden, nachdem der Bundespräsident in Griechenland gewesen ist. Es ist jetzt einfach viel zu früh, zu sagen, was sich an zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Initiativen ergibt und in welcher Weise sie bei uns im Auswärtigen Amt um Förderung nachsuchen.

Insofern kann ich nur noch einmal wiederholen: Noch besteht nicht der Eindruck, dass die Verwirklichung von Projekten an finanziellen Grenzen scheitern würde. Wenn dieser Eindruck entstünde, dann wäre das Anlass, darüber nachzudenken. Das können wir allerdings nicht allein nur im Auswärtigen Amt tun. Das müssen wir dann natürlich auch mit dem Bundestag tun, weil das ein Haushaltstitel ist, der spezifisch für diesen Zweck ins Leben gerufen worden ist - was dann vielleicht auch hoffentlich zu einer breiten Debatte führt, die dem gleichen Ziel dient, das ich als das Ziel des Besuches des Herrn Bundespräsidenten ja bereits geschildert habe.

Frage: Frau Wirtz, Frau von Tiesenhausen, vielleicht kann eine von Ihnen mir erklären, was eigentlich das Neue ist, was wir jetzt in Brüssel erlebt haben. Ich habe das Gefühl, ich berichte jede Woche, dass die Eurogruppe mit Griechenland vereinbart hat, ein detailliertes Reformkonzept vorzulegen, und das wird dann immer fortgeschrieben. Was ist das Neue, was in Brüssel passiert ist? Man hatte ja erwartet, dass Herr Tsipras möglicherweise dieses Konzept mitbringt.

Zum Zweiten, Frau von Tiesenhausen, zu den Gesprächen der Institutionen mit Griechenland: In den letzten Tagen gab es ja eine heftige Berichterstattung, die nahelegte, als wäre dieser Gesprächskanal letztendlich abgeschlossen worden, als wäre der zu, weil die Griechen keine Lust mehr haben, auf dieser Ebene mit der ehemaligen Troika zu reden.

Heißt das, was Sie von Brüssel hören, dass dieser Gesprächskanal Griechenland/Institutionen jetzt wieder offen ist und damit die griechische Regierung ihre Position in der Telefonkonferenz vom Dienstag zu der Gesprächsebene der Troika mit der Regierung revidiert hat?

Ich möchte zum Dritten gerne wissen, da die griechischen Zahlungsprobleme sehr akut sind: Gibt es denn irgendwelche Pläne, gibt es irgendwelche Signale für ein Eurogruppentreffen schon in den nächsten Tagen, ein Sondertreffen? Denn wenn die Griechen bis Ende der nächsten Woche zusätzliches Geld brauchen, muss darüber zuvor entschieden werden. Sonst tritt irgendwie ein peinlicher Fall von Zahlungsfähigkeit auf.

SRS'in Wirtz: Ich würde einmal mit dem Grundsätzlichen und den Neuigkeiten beginnen, die es in Brüssel gab, wobei ich Sie gleich insofern enttäuschen muss, als ich jetzt nicht große Neuigkeiten zu verkünden habe, weil es so ist, dass die Bundesregierung ihre Position in diesen Fragen im Grunde nicht verändert hat. Die Bundesregierung steht nach wie vor dazu und hält unverändert an dem Ziel fest, Griechenland im Euroraum zu halten. Gleichzeitig ist es so, dass entsprechende Hilfen, die gegenüber Griechenland geleistet werden können und dann vielleicht auch sollen, wenn die entsprechenden Programme erfüllt worden sind, eben an Konditionalitäten geknüpft sind. Das ist eben das Ergebnis vom 20. Februar.

Ich kann es hier nur noch einmal wiederholen: Das Prozedere vom 20. Februar ist, dass es eben Reformvorschläge von der griechischen Regierung geben wird. Das macht also nicht die Europäische Union, sondern diese Reformvorschläge kommen von der griechischen Regierung selbst. Neu ist insofern vielleicht, dass es noch einmal eine Bekräftigung des griechischen Ministerpräsidenten gab, diese Reformvorschläge alsbald vorzulegen. Wenn diese Vorschläge vorliegen, werden wir mit Sicherheit eine Neuigkeit und eine Nachricht zu verkünden haben. Aber ansonsten hat sich an dem Prozess tatsächlich nichts geändert.

Es ist nun einmal so, dass diese politischen Prozesse einfach auch eine Weile dauern. Dieser Weg wird von der Europäischen Union mit Griechenland beschritten, um diese Reformen beziehungsweise diese Hilfsprogramme auch umsetzen zu können. Jetzt liegt es zunächst einmal an Griechenland, noch einmal zu präzisieren und zu konkretisieren, was im Grunde schon am 20. Februar festgelegt worden ist. Auf dieser Grundlage kann man dann weiter in den Bemühungen fortschreiten, Griechenland weiterhin zu unterstützen.

von Tiesenhausen-Cave: Zu Ihren zwei Fragen, zum einen zu den Gesprächen mit den Institutionen: Ich habe aktuell noch keine Informationen darüber, was heute Morgen passiert ist. Das Gespräch fand ja auch erst gestern Abend statt. Ich habe allerdings in einer Agenturmeldung aus Athen gesehen, dass es aus dem dortigen Finanzministerium hieß, dass diese Gespräche jetzt wieder schnell fortgesetzt werden sollen. Das ist auch unsere Erwartungshaltung. Insofern ist auch für uns völlig klar, dass, wenn es letzte Woche vielleicht eine Art Unterbrechung in den Gesprächen gab, dies nur eine temporäre Unterbrechung war und die technischen Arbeiten jetzt weitergeführt werden.

Was ein mögliches Sondertreffen der Eurogruppe angeht, lädt der Eurogruppenvorsitzende, Herr Dijsselbloem, dazu ein, und zum jetzigen Zeitpunkt ist mir davon nichts bekannt.

Zusatzfrage: Hat sich denn im Hinblick auf die Vorlage eines Reformkonzepts, dieses Kriteriums für eine Zahlung, irgendetwas dahingehend geändert, dass es jetzt schon ausreicht, wenn diese Details vorgelegt werden, und dass dann nicht mehr die Umsetzung geprüft wird? Das würde nämlich noch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Hat sich da irgendetwas verändert?

SRS'in Wirtz: Nein. Deshalb habe ich eben auch noch einmal ausdrücklich beschrieben, dass die Abmachungen, die am 20. Februar getroffen worden sind, so gelten. Wenn Sie noch einmal in diese Abmachung oder die Erklärung der Eurogruppe vom 20. Februar schauen, sehen Sie, dass genau diese Konditionalität dort auch festgelegt ist. Dort ist festgelegt, dass die Auszahlung der nächsten Tranche eben auch an die Umsetzung der Reformen gekoppelt ist.

Frage: Frau Wirtz, gibt es eine Tagesordnung für den Besuch von Herrn Tsipras?

SRS'in Wirtz: Nein. Wenn, dann gäbe es eine Abendordnung, weil es ja ein Abendtermin ist, aber über den Ablauf hinaus, den ich eben vorgestellt habe - militärische Ehren, bilaterales Gespräch, Pressekonferenz, Abendessen, weitere Gespräche -, gibt es keine Tagesordnung. Sie können aber davon ausgehen, dass in diesem Rahmen sicherlich über aktuelle politische Themen gesprochen werden wird.

Zusatzfrage: Aber es gibt sicherlich eine Absprache zwischen beiden Seiten darüber, was zu besprechen ist. Man wird nicht hierher kommen, um irgendwie über Aktuelles zu sprechen, ohne dass es irgendwelche Angaben über den Inhalt der Gespräche gibt. Steht die Reparationsfrage im Raum oder wartet man, ob die Frage vonseiten der griechischen Seite aufkommt oder nicht?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal wissen Sie ja, dass wir vor Gesprächen in der Regel nichts darüber sagen, was in den Gesprächen besprochen werden wird. Ich kann nicht absehen, welchen Gesprächsbedarf der griechische Ministerpräsident hat. Ich denke, es gibt genug Fragen, die es in dieser Zeit zu besprechen gilt, und insofern möchte ich dem Gespräch jetzt nicht vorgreifen. Ich muss Sie bitten, einfach noch einmal am Montagabend zur Pressekonferenz zu kommen und dann zu hören, worüber gesprochen worden ist.

Frage: Mir ist aufgefallen, Frau Wirtz, dass die Bundeskanzlerin bei der gestrigen Pressekonferenz zweimal vom "früheren Programm" gesprochen hat. Bedeutet das etwas, oder benutzen wir jetzt eine andere Definition, mit der wir das Programm bezeichnen?

SRS'in Wirtz: Diese kleine semantische Feinheit ist mir in dem Protokoll der Presseerklärung in der Tat nicht aufgefallen.

Zuruf : Ganz am Anfang!

SRS'in Wirtz: Okay. Aber das hat sicherlich nicht die Bedeutung, die Sie dem beimessen. Es geht, wie gesagt, darum, dass das Ergebnis auch des gestrigen Gesprächs im Grunde genommen war, dass man an dem anknüpft, was am 20. Februar beschlossen worden ist. Insofern geht es natürlich auch um die Dinge, die dabei in Rede standen, und um dieses Programm.

Zusatzfrage: Darf ich noch eine Frage stellen, auch an das Bundesfinanzministerium? Bis jetzt wussten wir, dass Griechenland erst nach einem erfolgreichen Abschluss des Programms Geld bekommen wird. Damit wir auch einen zeitlichen Rahmen kennen, frage ich: Das hieße ja, dass der Abschluss des Programms letztlich Ende Juni erfolgen müsste. Besteht jetzt überhaupt die Möglichkeit eines Vorschusses, also einer Unterteilung dieser Tranche, oder bleiben wir bei diesem zeitlichen Rahmen?

SRS'in Wirtz: Vielleicht kann die Kollegin noch einmal bekräftigen, was ich eben schon gesagt habe.

von Tiesenhausen-Cave: Genau! Die Kanzlerin hat sich dazu ja auch geäußert, und wir bleiben bei den Vereinbarungen, wie sie am 20. Februar geschlossen wurden. Insofern ist völlig klar, dass eine Auszahlung der noch bestehenden EFSF-Mittel und der SMP-Profits - Sie wissen, was gemeint ist - erst nach Abschluss des Reviews und nach Billigung durch die Eurogruppe erfolgen kann.

Zusatzfrage : Verzeihen Sie, aber welcher Abschluss? Meinen Sie einen Abschluss der Liste, die die griechische Regierung jetzt präsentieren wird, oder des ganzen Programms?

von Tiesenhausen-Cave: Der Review-Prozess erfolgt durch die drei Institutionen - das ist wichtig zu betonen -, und der bezieht sich schon auf das ganze Programm.

Frage: Ich habe an das Finanzministerium noch einmal eine Frage zum Atmosphärischen. Man hört nun, der Außenminister treffe seinen Amtskollegen, und die Kanzlerin wird ihren am Montag treffen. Gibt es denn auch noch Kontakte zwischen Herrn Schäuble und Herrn Varoufakis, zumindest telefonisch, oder beschränkt man sich dabei jetzt auf merkwürdige Videos und Äußerungen der totalen Verständnislosigkeit seitens Herrn Schäuble? Man könnte sich ja vorstellen, dass diese beiden wichtigen Player in dem ganzen Spiel zurzeit auch miteinander in Kontakt treten müssten.

von Tiesenhausen-Cave: Ihre Bemerkung zu den Videos habe ich jetzt als Humor verstanden.

Zuruf: Ironie!

von Tiesenhausen-Cave: Okay, das ist Ihr "wording". Sie wissen, dass es verschiedene bilaterale Gespräche zwischen Herrn Varoufakis und Herrn Schäuble gegeben hat, zuletzt in Brüssel. Das ist ja auch öffentlich gemacht worden. Sie können davon ausgehen, dass es auch enge Kontakte zwischen den Finanzministerien innerhalb der Eurozone gibt. Weitere Informationen kann ich Ihnen dazu nicht geben.

Zusatzfrage: Telefonierten beide in den letzten Tagen noch miteinander oder nicht?

von Tiesenhausen-Cave: Davon ist mir nichts bekannt.

Frage : Frau Wirtz, in der Vergangenheit hieß es immer, dass im Zuge der Treffens nicht über Reparationen gesprochen werden solle. Jetzt würde ich gerne wissen, ob sich das geändert hat. Hat die griechische Seite dieses Thema in Brüssel jetzt angesprochen? Gab es darüber allgemeine Gespräche? Die Frage betrifft genauso auch Gespräche zwischen dem BMF und dem griechischen Counterpart.

SRS'in Wirtz: In der Tat war es bislang ja immer so, dass über Reparationen in den Gesprächen nicht gesprochen worden ist. Mir ist nicht bekannt, dass gestern Abend über dieses Thema gesprochen worden ist. Ich kann es mir aber, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, weil das ja ein Rahmen war, der sicherlich eher dazu angetan war, über die Hilfsprogramme der Europäischen Union als über solche Fragen zu sprechen.

von Tiesenhausen-Cave: Für das BMF ist ja auch schon mehrfach erwähnt worden, dass das Thema der Reparationen in bilateralen Gesprächen auf Finanzministerebene keine Rolle gespielt hat.

Frage: Ich habe zwei Fragen. Die erste betrifft wieder die Reparationen. Es ist in letzter Zeit zu beobachten, dass diese Schweigensfront in Bezug auf die Reparationen aufgebrochen, aufgeweicht worden ist. Die gesamte Opposition und in der einen oder anderen Form auch Politiker der Regierungsparteien treten jetzt für die Reparationen ein. Ist das nicht auch der Vorbote einer Aufweichung der Haltung der Bundesregierung in dieser Frage? Ist der Titel des "Spiegel"-Berichts nicht auch in diesem Zusammenhang zu sehen? Das wäre die erste Frage.

Die zweite Frage betrifft die laufenden Geschichten mit der Eurogruppe. Frau Wirtz, Sie sagten, es werde beim Gespräch am Montag keine Änderung in Bezug auf diese Prozedur geben, es werde aber eine Vertiefung der Gespräche geben, die jetzt in Brüssel geführt wurden. Habe ich das richtig verstanden?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal zu Ihrer zweiten Frage: Ich denke, eine Fortsetzung von Gesprächen, die ja am Montag stattfinden werden, wird in gewisser Weise auch den Kontakt zwischen der Bundeskanzlerin und dem griechischen Ministerpräsidenten vertiefen. Insofern werden die noch mehr miteinander reden, sie werden sich noch besser kennenlernen, und der Kontakt wird vertieft werden.

Zusatzfrage: (erster Teil der Frage ohne Mikrofon; akustisch unverständlich) Sie werden also nicht ins Leere geführt, sondern die haben einen politischen Gehalt, auch wenn sie nicht zur Entscheidung führen werden. Sie können Entscheidungen vorwegnehmen. Könnte es insofern nicht sein, dass auch die Opposition der deutschen Regierung innerhalb der Eurogruppe dank und aufgrund dieser Gespräche modifiziert wird? Ist so eine Änderung, dass auch der Finanzminister dann mit einer anderen Option nach Brüssel geht, nicht zu erwarten?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal sage ich noch einmal das, was die Bundeskanzlerin heute Nacht auch noch einmal ganz deutlich gemacht hat: Es gelten die Vereinbarungen vom 20. Februar. Das ist eine Vereinbarung der Europäischen Union mit Griechenland und keine bilaterale Vereinbarung zwischen Deutschland und Griechenland.

Ich bin keine Prophetin. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, worüber die beiden am Montag sprechen werden. Aber ich kann Ihnen sagen, dass es sicherlich nicht in irgendeiner Weise um eine Verschiebung der Vereinbarung der Eurogruppe geht. Ich habe das Verfahren eben noch einmal ganz klar dargestellt: Es gibt ein abgestimmtes Verfahren dazu, wie die Aufgabenverteilung auf europäischer Ebene und auf Ebene der drei Institutionen praktisch stattfindet. Zum einen gibt es die Überprüfung der Reformprogramme und dann die Bewertung durch die Eurogruppe. An diesem Mechanismus wird nicht gerüttelt. Worüber die beiden, also der griechische Ministerpräsident und die Bundeskanzlerin, sprechen werden, müssen Sie - sehen Sie es mir nach - am Montag in der Pressekonferenz herausfinden; es tut mir leid.

Was noch einmal die Frage der Reparationen anbelangt, ist es ja so, und Herr Schäfer hat das eben noch einmal sehr ausführlich dargestellt, dass Deutschland und die deutsche Bundesregierung natürlich zu dem stehen, was im Zweiten Weltkrieg auch an Leid an der griechischen Bevölkerung begangen worden ist. In der Tat war der Bundespräsident im vergangenen Jahr in Griechenland, um auch wirklich in sehr gehaltvollen Worten - Herr Schäfer hat sie eben zitiert - daran zu erinnern, dass sich Deutschland dieser Schuld bewusst ist und sich auch klar zu dieser Schuld bekannt hat. Insofern ist es aber nach wie vor so, dass die deutsche Verantwortung dafür sozusagen das eine ist. Das andere sind die juristischen, rechtlichen Fragen, die es im Zusammenhang mit Reparationszahlungen gibt. Die sind hier in den vergangenen Wochen nun sehr stark und in Bezug darauf, was man dazu aus juristischer Sicht sagen kann, diskutiert worden, und zu dieser Rechtsauffassung steht die Bundesregierung nach wie vor.

Frage: Ich wollte noch einmal mit Blick auf die heutige Berichterstattung in einer großen deutschen Tageszeitung nachfragen, die zumindest leichte Meinungsunterschiede zwischen der Kanzlerin und dem Finanzminister zum Thema "Grexit" beinhaltet: Hat es innerhalb der Bundesregierung in den, sage ich einmal, letzten zwei oder drei Wochen einmal eine Festlegung hinsichtlich der Positionen gegeben, die im Moment in der Debatte sind? Zum einen geht es um die Aussage "Wir werden alles tun, um Griechenland im Euroraum zu behalten", und der andere Pol ist "Wir werden Griechenland nicht um jeden Preis im Euroraum halten". Gibt es dazu eine klare Positionierung, hinter der sich alle Mitglieder der Bundesregierung versammelt haben?

SRS'in Wirtz: Ich würde jetzt einmal behaupten, dass es diese Haltung gibt. Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung haben immer wieder klargemacht, dass es erklärtes Ziel ist, Griechenland im Euroraum zu halten, aber eben verbunden mit Bedingungen. Diese Bedingungen haben sich sozusagen in dem Beschluss der Eurogruppe manifestiert, und diese Bedingungen gelten. Ich glaube nicht, dass es da irgendeinen Widerspruch zum Finanzminister gibt, sonst müsste meine Kollegin mir jetzt widersprechen.

von Tiesenhausen-Cave: Das tue ich nicht.

Frage: Ich habe noch eine ganz banale Frage zum Ablauf: Wird Herr Tsipras nach diesem Abendessen eigentlich in Berlin übernachten? Ist das sozusagen ein Abendessen mit "open end", oder gibt es irgendeinen Schlusspunkt, an dem er dann zurückfliegen wird?

SRS'in Wirtz: Mein Stand der Dinge ist, dass dieses Abendessen "open end" sein wird. Ob er hier übernachtet oder nicht - ich bin überfragt -, kann ich Ihnen nicht sagen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Arbeitsministerium. Vor ungefähr einer halben Stunde sind die Zahlen herausgekommen, dass die Renten im Westen und im Osten in diesem Jahr um 2,1 Prozent beziehungsweise 2,5 Prozent steigen sollen. Zunächst bitte ich um eine Einschätzung. Das ist ja deutlich mehr, als die Bundesregierung noch Ende des Jahres erwartet hat. Vielleicht können Sie uns das erläutern und auch bewerten.

Zur zweiten Frage: Wir hören nun schon seit geraumer Zeit, dass der wirtschaftliche Aufholprozess im Osten zum Erliegen gekommen ist. Die Renten steigen aber munter und deutlich stärker als im Westen. Vielleicht können Sie uns auch erläutern, wie es dazu kommt.

Dritte Frage: Was bedeutet das für die Zusicherung, den Graben zwischen Ost und West irgendwann doch einmal zuzuschütten? Ist bei Ihnen noch die Hoffnung vorhanden, dass das automatisch passiert, wenn die Renten im Osten jetzt dauerhaft stärker steigen?

Ehrentraut: Das waren jetzt viele Fragen auf einmal.

Zu den Prognosen kann man sagen: Wir müssen natürlich abwarten, bis alle Daten von der Deutschen Rentenversicherung und vom Statistischen Bundesamt vorliegen. Sie haben schon angesprochen: Die Pressemitteilung wurde vor wenigen Minuten verschickt. Darauf müsste ich Sie jetzt auch verweisen. Darin steht eben auch, wie sich die Angleichung des Rentenwertes Ost an den des Westens vollzogen hat.

Zusatzfrage: Wie bewerten Sie das denn? Ist es großer Jubel, der jetzt bei Ihnen ausbricht, weil die Rentner jetzt etwas mehr beglückt werden?

Ehrentraut: Wie auch in der Pressemitteilung beschrieben wird, zeigt sich eben, dass sich der Rentenwert Ost jetzt weiter angleicht. Bezüglich der letztendlichen Angleichung verweise ich auf den Koalitionsvertrag. Darin wird der Fahrplan dessen, wie das geschehen soll, ja genau beschrieben, und darauf verweise ich im Moment.

Zusatzfrage: Wenn ich noch einmal nachfragen darf, weil Sie darauf nicht eingegangen sind: Wie erklären Sie sich, dass die Renten - das ist jetzt nicht das erste Mal - im Osten so viel stärker steigen?

Ehrentraut: Sie hatten auch irgendwelche Prognosen aus dem vergangenen Jahr angesprochen. Wir haben keine Zahlen genannt. Wir veröffentlichen die Zahlen immer nur dann, sobald die Berechnung feststeht, und das wird dann öffentlich kommuniziert.

Zusatzfrage: Die Frage, die ich gerade gestellt hatte, lautete: Wie erklären Sie sich und uns, dass die Renten in Ostdeutschland in diesem Jahr wie auch schon im Vorjahr und in dem Jahr davor deutlich stärker als im Westen steigen?

Ehrentraut: Im letzten Jahr war es unter anderem so, dass auch die Löhne im Osten stärker gestiegen sind. Was jetzt zum aktuell stärkeren Anstieg beigetragen hat, kann ich gerne noch einmal unsere Fachleute fragen und dann nachliefern.

Frage: Herr Schäfer, Frau Wirtz, ich habe drei kurze Fragen zu den Iran-Verhandlungen. Es gibt heute russische und iranische Medienmeldungen, die besagen, dass Außenminister Steinmeier heute Abend nach Lausanne fliegen wird, um an den Verhandlungen teilzunehmen.

Die zweite Frage wäre: Wie steht es um die einheitlichen Linie der E3-Länder, nachdem sich ja eines der Länder, und es ist nicht Deutschland, in Bezug auf ein mögliches Abkommen mit dem Iran querstellt?

Frau Wirtz, können Sie nähere Einzelheiten zu dem heutigen Spitzentreffen in Brüssel nennen und sagen, ob es dabei auch um mögliche Differenzen zwischen diesen drei europäischen Ländern ging?

SRS'in Wirtz: Vielleicht fange ich an, weil ich das Wort dann ohnehin noch einmal Herrn Schäfer geben würde. Sie haben recht: Es hat heute Morgen ein solches Gespräch in Brüssel über den Fortgang der Gespräche und Verhandlungen in Lausanne gegeben. Es ist so, dass dieses Gespräch, das zwischen der Bundeskanzlerin, dem französischen Präsidenten Hollande, dem britischen Premierminister Cameron und der Hohen Beauftragten Mogherini stattgefunden hat, praktisch noch einmal der internen Abstimmung dieses Verhandlungsprozesses dienen sollte. Das war der Hintergrund dieses Gesprächs.

Über Einzelheiten dieses Gesprächs kann ich Ihnen jetzt leider nichts sagen.

Schäfer: Ich bin nicht in der Lage, Ihnen zu bestätigen, dass der Außenminister heute Abend nach Lausanne fliegen wird. Eine Entscheidung darüber ist nicht getroffen. Herr Steinmeier steht sozusagen in stündlichem Kontakt mit seiner, der deutschen, Verhandlungsdelegation in Lausanne. Ob es zweckmäßig ist, dass er persönlich nach Lausanne zu den Verhandlungen reist, oder eben nicht oder jetzt noch nicht, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entschieden.

Zu Ihrer zweiten Frage: Sie sprechen von einem europäischen Land, das sich querstellt oder querlegt. Das kann ich mir weder vorstellen, noch glaube ich, dass das den Tatsachen entspricht.

Zusatzfrage: Heißt das, Sie sehen jetzt keine Differenzen innerhalb der E3-Länder, was dieses Abkommen angeht?

Schäfer: Ich glaube, Churchill hat einmal gesagt: Wenn zwei Menschen exakt die gleiche Meinung haben, dann ist einer von ihnen überflüssig. Sie sprechen die drei europäischen Staaten an: Wir haben es hier mit drei Staaten zu tun, die allesamt große, selbstbewusste Staaten der Europäischen Union sind. Dass es da im Detail hier und da - nicht nur in der Frage des Iran, sondern auch in anderen Fragen - unterschiedliche Auffassungen gibt, scheint mir nicht ungewöhnlich und auch nicht schädlich zu sein. Das Maß der Übereinstimmung bei diesen Iran-Verhandlungen - im Übrigen über den Kreis der europäischen Partner hinaus auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika, mit China und mit Russland - ist außerordentlich hoch. Es gab in der gesamten Zeit der Verhandlungen und es gibt auch zum jetzigen Zeitpunkt ein hohes Maß an Übereinstimmung über Verhandlungstaktik, Verhandlungsstrategie und insbesondere über das Ziel, das man bei diesen Nuklearverhandlungen mit dem Iran erreichen möchte.

Frage: Offenbar haben sich auch französische Offizielle heute in der Richtung geäußert, dass die EU-Außenminister nach Lausanne flögen. Herr Schäfer, ist das für Morgen eventuell geplant? Oder würden Sie jetzt sagen: Auch angesichts des Termins, der am Sonntag stattfindet, schaut es eher so aus, dass Herr Steinmeier nicht plant, an diesem Wochenende nach Lausanne zu fliegen?

Schäfer: Das Wochenende ist noch lang. Bis Sonntagabend 18 Uhr ist noch eine Menge Zeit, da haben wir noch ungefähr 54 Stunden, würde ich sagen. Insofern glaube ich nicht, dass die Begegnung mit Herrn Kotzias in irgendeiner Weise einer Reise nach Lausanne im Wege stehen würde. Ich kann auf Ihre Frage nur antworten: Kann sein, kann auch nicht sein.

Frage: Frau Wirtz, Sie hatten am Anfang sehr prominent die Haltung der Kanzlerin zu dem Abkommens Russlands mit Südossetien dargestellt. Was folgt daraus jetzt und unter welchem Kontext sieht die Kanzlerin das? Ist das der Kontext, den wir auch im Zusammenhang mit dem Ostukraine-Konflikt schon diskutiert haben, ist das also eine Ausweitung dieses Konfliktes auf andere Länder, die von Russland destabilisiert werden?

SRS'in Wirtz: Nein, was daraus folgt, ist im Grunde zunächst einmal, dass die Bundesregierung zum Ausdruck bringt, dass sie in diesem Vertrag durchaus eine Gefährdung - wie soll man sagen - einer friedlichen Nachbarschaft sieht; denn das ist ja noch einmal eine Zuspitzung der Situation. Das ist das, was ich eben zum Ausdruck gebracht habe. Was daraus folgt, ist einfach, dass die Bundesregierung noch einmal klar zum Ausdruck bringt, dass es Georgien in diesem Konflikt unterstützt und sich auch auf dem Gipfel in Riga, der im Mai stattfinden wird, darum bemühen wird, diesen Prozess der Östlichen Partnerschaft oder Nachbarschaft voranzubringen und in diesem Konflikt an der Seite von Georgien zu stehen. Insofern ist das, was ich mit Blick auf diese Vertragsunterzeichnung eingangs gesagt habe, so zu verstehen, dass die Bundesregierung das noch einmal bekräftigt.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, sehen Sie das im Kontext einer russischen Destabilisierung über die Ostukraine hinaus?

Schäfer: Das, was da vor Kurzem mit Südossetien passiert ist, ist ja sozusagen nur die Anwendung des Blueprints dessen, was in einer anderen Region Georgiens bereits vor einigen Monaten vollzogen worden ist, nämlich in Abchasien. In beiden Fällen hat Russland aus unserer Sicht und auch aus Sicht Georgiens die Souveränität und die territoriale Integrität Georgiens verletzt. Frau Wirtz hat diesen Umstand für die Bundesregierung kritisiert und darauf hingewiesen, dass das für uns so nicht akzeptabel ist. Ich bin nur etwas vorsichtig dabei, sozusagen alles mit einem Pinsel zu streichen. Richtig ist, dass es in der Ukraine mit der Annexion der Krim und auch anderem Verhalten Russlands in der Ostukraine zur Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine und auch ihrer Souveränität gekommen ist, genauso wie in Georgien. Das heißt aber nicht, dass da alles gleich sei und dass man das alles über einen Kamm scheren müsste.

Dessen ungeachtet - aber jetzt wiederhole ich das, was Frau Wirtz gesagt hat, bereits zum zweiten Mal - ist das, was mit diesem Vertrag und dieser Vertragsunterzeichnung geschieht, aus unserer Sicht so nicht okay und muss deshalb auch in deutlichen Worten kritisiert werden. Es bleibt dabei, dass wir die Grenzen in Europa und die Souveränität der Staaten als einen ganz wichtigen - vielleicht den entscheidenden - Bestandteil einer europäischen Friedensordnung erachten. Wer auch immer diese Regeln verletzt, wird dabei auf den Widerstand der Bundesregierung stoßen.

Zusatzfrage: Ohne etwas über einen Kamm scheren zu wollen, nehme ich noch einmal das Wort Blueprint auf: Verstärkt das jetzt die Sorge, dass dieser Blueprint auch in anderen Konfliktregionen in der Region zur Anwendung kommen könnte?

Schäfer: Letztlich zielt Ihre Frage auf die eigentliche Motivationslage, die eigentliche Strategie ab, die die Moskauer Führung bei ihrer Politik in der Region in den letzten 12 oder 13 Monaten verfolgt hat. Ich fürchte, die Frage zu dieser Motivation können wir hier nicht beantworten. Wir können gewissermaßen nur aus konkretem Tun und Reden gewisse Schlüsse ziehen. Das haben wir getan, unter anderem indem wir gemeinsam mit unseren Partnern in der Nato beim Nato-Gipfel in Wales, aber auch in anderer Weise deutlich gemacht haben, wo aus unserer Sicht Handlungsbedarf besteht und in welcher Weise wir etwa unsere osteuropäischen Bündnispartner in der Europäischen Union und in der Nato in ihren Sorgen wahrnehmen und sie auch dabei unterstützen, diese Sorgen zu entkräften. Wir sind hier aber nicht in der Lage, endgültig zu sagen, was denn das Ziel der russischen Politik ist.

Unser Ziel ist klar: Wir wollen die europäische Friedensordnung bewahren, wir wollen all die Konflikte, die es auf europäischem Boden zurzeit gibt, am besten und am liebsten in Partnerschaft mit Russland lösen. Das ist überaus schwierig. Wir haben mit dem Transnistrien-Konflikt seit vielen Jahren ein Problem auf europäischem Boden - manche nennen das einen "frozen conflict", einen eingefrorenen Konflikt, bei dem die Fortschritte im Sinne einer friedlichen Lösung innerhalb des moldauischen Staatsgebietes nicht gerade in größter Geschwindigkeit vonstattengehen. Wir haben jetzt mit der Krise im Osten der Ukraine eine echte, eine ernste Bedrohung für die europäische Friedensordnung, die noch näher an das Herz Europas herangerückt ist, und wir haben mit den Konflikten in und um Georgien, Südossetien und Abchasien seit 2008 Streitigkeiten, die wir mit der Russischen Föderation austragen müssen, wo wir einfach völlig unterschiedlicher Meinung sind. Es bleibt aber das Ziel der Bundesregierung, all diese Konflikte zu lösen, und zwar in einer Weise, die eine politische Lösung möglich macht. Dabei werden wir bleiben.

Frage: Herr Dünow, heute interessieren sich zwar alle für die Sonne, aber irgendwie kommt aus Ihrem Hause etwas zum Thema Kohle. Da würde mich dann doch einmal sehr interessieren, wie weit diese Pläne fortgeschritten sind.

Auch an das Umweltministerium gerichtet ist die Frage, ob das mit Ihnen abgestimmt ist.

Dünow: Sie beziehen sich, vermute ich, auf eine heutige Berichterstattung zum Thema "Umsetzung des CO2-Minderungsbeitrags der konventionellen Kraftwerke zur Erreichung unseres Klimazieles". Das ist ein technischer Vorschlag, der auf der Grundlage eines Kabinettsbeschlusses aus dem Dezember des letzten Jahres erarbeitet worden ist. Darin haben wir vereinbart, dass die konventionellen Kraftwerke über das bislang Erreichte hinaus weitere Beiträge zu erbringen haben. Jetzt haben wir einen konkreten Vorschlag vorgelegt. Über den wird sicherlich intensiv diskutiert werden. Aber wir haben den so abgestimmt, wie sich das bei solchen grundsätzlichen Fragen gehört.

Zusatzfrage : Wie?

Dünow: Intensiv!

Zusatzfrage : Das Umweltministerium?

Scharfschwerdt: Ich habe dem im Prinzip nichts hinzuzufügen. Das Stichwort ist ja schon gefallen. Das Gesamtpaket ist auch vor dem Hintergrund des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 sowie der Energiewende zu betrachten, und wir begrüßen das natürlich. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Dünow, was bedeutet es, dass das Fachgespräch, das eigentlich für morgen geplant war, erst einmal abgesetzt wurde? Ich habe gehört, es soll dann in der nächsten Woche stattfinden. Ist das ein Präjudiz dafür, dass einige Teile der Koalition das, was jetzt an Eckpunkten vorliegt, nicht mittragen?

Dünow: Das kann ich nicht sagen. Das Fachgespräch, über das in den letzten Tagen intensiv mit ganz unterschiedlichen Intonation berichtet worden ist, ist kein Fachgespräch des BMWi, sondern ein Gespräch, das die Koalitionsfraktionen durchführen wollten und, wenn ich es richtig sehe, in der nächsten Woche durchführen werden. Da wir ohnehin in einem sehr engen Kontakt mit allen Beteiligten und auch den Koalitionsfraktionen stehen, gibt es für mich keinen Grund zur Beunruhigung.

Frage (zur Ukraine): Herr Schäfer, russische Medien berichten heute, dass am 24. März angeblich ein nächstes Treffen im Normandie-Format in Paris stattfinden wird. Können Sie das bestätigen?

Schäfer: Das kann ich nicht bestätigen. Ich weiß, dass im Laufe des Vormittags ein Gespräch der beiden Außenminister, des russischen Außenministers Lawrow und Herrn Steinmeiers, geplant gewesen ist. Ob das Gegenstand der Gespräche war, vermag ich nicht zu sagen. Ich kann Ihnen das nicht beantworten.

Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass bereits in Minsk am 12. Februar vereinbart worden ist, dass die vier Regierungen des Normandie-Formats - die Regierungen von Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich - den Prozess der Umsetzung von Minsk sehr eng mitverfolgen wollen. Das ist ausdrücklicher Gegenstand der Vereinbarungen, die die Staats- und Regierungschefs am 12. Februar getroffen haben. Auf dieser Grundlage hat es ja schon einige Treffen der Politischen Direktoren der vier Länder und auch schon ein Außenministertreffen in Paris gegeben. Deshalb gibt es ganz sicher auch jetzt und in Zukunft das Bedürfnis, den Bedarf und die politische Notwendigkeit, dass dieser "oversight" fortgesetzt wird, um den notwendigen politischen Druck aufrechtzuerhalten, damit Minsk umgesetzt werden kann. Das heißt, dass es auch gut sein kann und sicherlich auch vernünftig ist, dass die Politischen Direktoren oder auch die Außenminister zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammenkommen. Ob das schon am nächsten Dienstag der Fall sein wird, vermag ich zum jetzigen Zeitpu nkt nicht zu sagen.

Zusatzfrage: Können Sie das Treffen auch auf der Ebene der Politischen Direktoren nicht bestätigen?

Schäfer: Nein.

Frage: Ich habe zwei Fragen zum Thema Israel. Frau Wirtz, ich beziehe mich auf das Telefonat der Bundeskanzlerin mit Herrn Netanjahu, in dem sie ihn zu seiner Wiederwahl beglückwünscht hat. Sie hat in diesem Telefonat auch die Wichtigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung betont. Welche Indizien hat sie dafür, dass Herr Netanjahu seriös und ernsthaft zu solchen Verhandlungen bereit ist?

Herr Schäfer, die Vereinigten Staaten haben ja angekündigt, dass sie ihre Israel-Politik überdenken wollen. Gibt es irgendwelche ähnlichen Pläne auch in Ihrem Hause?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal kann ich noch einmal das bestätigen, worüber wir gestern informiert haben, nämlich dass die Bundeskanzlerin mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu telefoniert hat, ihn zum Ausgang der Wahl beglückwünscht hat und in der Tat, wie Sie gesagt haben, noch einmal deutlich gemacht hat, dass für die Bundesregierung eine Zwei-Staaten-Lösung der Weg ist, der zu einem Frieden oder zu einem friedlichen Miteinander im Nahen Osten beitragen kann.

Jetzt ist es so, dass die israelische Regierung sozusagen noch mitten in der Regierungsfindung ist beziehungsweise vielmehr die israelischen Parteien auf dem Weg zur Regierungsbildung sind. Insofern ist es jetzt mit Sicherheit zu früh, schon irgendwelche Kommentare oder Einschätzungen dazu abzugeben, wie sich diese Parteien, die dann später an einer Regierung beteiligt sein werden, zur Frage des Nahostkonflikts positionieren werden. Insofern kann ich das jetzt nicht kommentieren. Ich kann auch nicht kommentieren, wie Herr Netanjahu dazu steht. Ich habe selbst wahrgenommen, dass es in den vergangenen Tagen unterschiedliche Einschätzungen und Haltungen von ihm gab.

Insofern, denke ich, bleibt jetzt zunächst einmal abzuwarten, wie diese Regierungsbildung vonstatten geht, welche Parteien an der Regierung beteiligt sein werden und wie man dann in einem Koalitionsvertrag oder einer Koalitionsvereinbarung, wie auch immer, auch zu dieser Frage Stellung nehmen wird. Der Bundeskanzlerin war es eben nur ein Anliegen, für die Bundesregierung noch einmal ganz deutlich zu machen, dass die Zwei-Staaten-Lösung als das Mittel angesehen wird, um die Situation etwas friedlicher zu machen.

Schäfer: Eine gute, vernünftige Außenpolitik hat einen klaren Kompass und eine langfristige Strategie. Sie muss aber immer auch auf Dinge reagieren, die sich vor Ort ändern können. Den Kompass und die langfristige Strategie unserer Politik im Rahmen des Nahost-Friedensprozesses hat Ihnen Frau Wirtz dargelegt. Unser großes Ziel ist eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung, an deren Ende dann zwei Staaten stehen, Palästina und Israel, die miteinander in Frieden und Sicherheit zusammenleben können.

Wie sich dieser Nahost-Friedensprozess jetzt in den nächsten Wochen und Monaten weiterentwickeln wird, vermag, glaube ich, niemand von uns derzeit zu sagen. Das hat mit dem zu tun, was Frau Wirtz gerade ausgeführt hat, nämlich mit der im Anfang befindlichen neuen Regierungsbildung in Israel und dann auch womöglich mit Reaktionen politischer oder sonstiger Natur vonseiten der Palästinenser oder der arabischen Nachbarn. Von irgendwelchen konkreten Plänen einer Politikänderung der Bundesregierung in diesem Kontext vermag ich Ihnen nicht zu berichten.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, gehen Sie aber davon aus, dass Herr Netanjahu ernsthaft Interesse an Verhandlungen hat, oder sind das mehr oder weniger nur Lippenbekenntnisse, wie das in den letzten vier Jahren der Fall war?

Schäfer: Wir haben die Erwartung an alle Beteiligten einschließlich der Personen, die Sie angesprochen haben, dass sie unser gemeinsames Ziel, das ja ein Ziel der internationalen Staatengemeinschaft ist, teilen.

Frage(zur Ukraine): Ich komme noch einmal auf den Kontakt zwischen Lawrow und Steinmeier zurück. Ich höre gerade, dass sich beide Minister in dem Gespräch für einen Dialog zwischen Kiew und den Separatisten ausgesprochen haben. Hat Herr Steinmeier das so gesagt beziehungsweise gesagt, dass er für direkte Kontakte plädiert?

Schäfer: Ich habe ja gerade schon sozusagen meine ganze Ignoranz offenbart. Insofern können Sie mich jetzt löchern, bis der Arzt kommt, aber ich werde Ihnen hier jetzt nichts dazu sagen können. Ich nehme an, Sie haben das nicht von Herrn Lawrow persönlich gehört, sondern womöglich gibt es eine Presseerklärung des russischen Außenministeriums. Die liegt mir aber auch nicht vor. Deshalb, fürchte ich, muss ich Sie um ein bisschen Geduld bitten. Sie können gerne nachher bei uns nachfragen, und dann werden wir natürlich auch hinsichtlich möglicher Gesprächsinhalte Rede und Antwort stehen. Das gilt natürlich auch für die Frage der Kollegin, ob konkrete Vereinbarungen angefallen sind.

Vielleicht nur ganz grundsätzlich gesagt, und jetzt begebe ich mich auf sehr gefährliches Terrain, weil ich in der Tat nicht weiß, was dort besprochen worden ist: Die Forderung der russischen Regierung nach direkten Gesprächen zwischen den Separatisten und der Kiewer Regierung haben wir an dieser Stelle schon ganz häufig besprochen. Es ist aus ganz nachvollziehbaren und auch offensichtlichen Gründen für die Kiewer Regierung schwierig, sich mit jemandem an einen Tisch zu setzen, auf dessen Namensschild dann - ich weiß es nicht - "Präsident der Demokratischen Volksrepublik Donezk" oder "Präsident der Demokratischen Volksrepublik Lugansk" steht. Das ist für jeden Vertreter der souveränen Ukraine - für die Regierung, für den Präsidenten und für Abgeordnete - ein Ding der Unmöglichkeit. Das ist aber genau das, was die Separatisten fordern, nämlich auf Augenhöhe und gewissermaßen zwischen staatlichen Repräsentanten miteinander Kontakt zu pflegen und Dinge auszuhandeln. Dass das jetzt, hier und heute für die Kiewer Regier ung nicht akzeptabel ist, können wir verstehen. Das teilen wir.

Für diesen Zweck, nämlich die Kommunikation, die solche Statusfragen vermeidet, ist nicht zuletzt auch auf Berliner Vorschlag hin vor vielen Monaten die sogenannte Kontaktgruppe ins Leben gerufen worden, in der unter dem Vorsitz einer sehr erfahrenen Diplomatin der OSZE, Frau Tagliavini, die ukrainische Regierung, die russische Regierung und die Separatisten zusammenkommen können, um dort Gespräche zu führen. In Minsk ist innerhalb dieser Kontaktgruppe vereinbart worden, dass die Gespräche in diesem Rahmen erweitert und ausgebaut werden sollen, einfach weil es ganz viele wichtige und praktische Fragen gibt, die es zu klären gilt. Deshalb wurde grundsätzlich beschlossen, dass Arbeitsgruppen unter dem Dach dieser Kontaktgruppe eingerichtet werden sollen, und zwar zu politischen Fragen, zu humanitären Fragen und auch zu einigen anderen Fragen. Wir sind sehr dafür, dass sich alle an die Vereinbarung von Minsk halten - die Separatisten, die Regierung in Moskau und auch die Kiewer Regierung. Das beinhaltet eben auch diese laufenden Kontakte in der Kontaktgruppe, die wir für die Lösung ganz pragmatischer Fragen vor Ort für außerordentlich wichtig halten. Ich hoffe sehr, dass das die Haltung ist, die dann auch anderweitig vertreten wurde; ich kann mir aber nichts anderes vorstellen.

Freitag, 20. März 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 20. März 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/03/2015-03-20-regpk.html;jsessionid=B894BE524A3AD55144B7E83BB1C5493C.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2015

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