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PRESSEKONFERENZ/970: Regierungspressekonferenz vom 10. April 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 10. April 2015
Regierungspressekonferenz vom 10. April 2015

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Eröffnung der Hannover Messe, Beginn des Bürgerdialogs "Gut leben in Deutschland - was uns wichtig ist", Besuch des indischen Premierministers in Berlin, Kabinettssitzung, Besuch der Firma ComConsult in Aachen, Besuch der IHK FOSA in Nürnberg, Trauergottesdienst in Köln für die Opfer des Germanwings-Flugzeugabsturzes), Finanzierung der Flüchtlingsversorgung in Deutschland, Konsequenzen aus dem Absturz eines Germanwings-Flugzeuges, Eckpunktepapier nach den Verhandlungen zum iranischen Atomprogramm, Schutz deutscher IT-Infrastruktur, Treffen im Normandie-Format auf Außenministerebene, Reise des griechischen Ministerpräsidenten nach Moskau, Griechenland, Preisgabe von Informationen über V-Leute im Zusammenhang mit dem Oktoberfest-Attentat von 1980, Beschwerde des Fahrdienstvermittlers Uber zum Taximarkt in Deutschland, Gedenkfeier in Armenien anlässlich des Völkermords vor 100 Jahren, Bereithaltung von Kampfpanzern für die Bundeswehr, Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers zur Perspektive eines gemeinsamen Freihandels mit Russland, Lage im palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk, Zahl der abgefragten Kontostammdaten von Bürgern durch das Bundeszentralamt für Steuern, Transport von Castorbehältern in Niedersachsen, Bewertung der PKK, Genehmigung für die Lieferung von U-Booten an Israel, Codesharing von Air Berlin mit Etihad, Lage im Jemen

Sprecher: SRS'in Wirtz, Dünow (BMWi), Plate (BMI), von Tiesenhausen-Cave (BMF), Gülde (BMG), Strater (BMVI), Chebli (AA), Flosdorff (BMVg), Zimmermann (BMJV), Scharfschwerdt (BMUB)


Vorsitzende Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRSin Wirtz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRSin Wirtz: Zu den Terminen für die nächste Woche hatte ich am vergangenen Mittwoch schon einen Termin angekündigt, den ich der Vollständigkeit halber kurz wiederholen möchte: Die Bundeskanzlerin wird am Sonntag, den 11. April, zusammen mit dem indischen Premierminister Narendra Modi die Hannover Messe eröffnen. Hintergrund ist, dass Indien Partnerland der Hannover Messe ist.

Zum Ablauf: Um 18 Uhr wird die Eröffnungsveranstaltung im Congress Centrum sein. Dort werden sowohl die Bundeskanzlerin wie auch der indische Premierminister sprechen. Gegen 19.30 Uhr wird es ein Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem indischen Premierminister und Wirtschaftsvertretern aus beiden Ländern geben. Es wird dann auch ein Abendessen im Schloss Herrenhausen geben.

Am Montag wird die Bundeskanzlerin dann gemeinsam mit dem indischen Premierminister den Eröffnungsrundgang machen. Sie werden in den indischen Pavillon gehen und natürlich auch verschiedene andere Stände der Messe besuchen. Gegen 11 Uhr wird es ein gemeinsames Statement auf dem Messegelände geben.

Am Montagnachmittag wird die Bundeskanzlerin gemeinsam mit dem Vizekanzler den Bürgerdialog "Gut leben in Deutschland - was uns wichtig ist" beginnen. Die Eröffnungsveranstaltung wird um 14.30 Uhr im Gasometer in Berlin stattfinden. Es wird kurze Ansprachen der Kanzlerin und des Vizekanzlers geben, und im Anschluss findet eine Gesprächsrunde mit Vertretern der Multiplikatoren statt, die an der Ausrichtung dieses Bürgerdialogs in Deutschland beteiligt sind.

Zudem geht auch die Internetseite www.gut-leben-in-deutschland.de an den Start. Sie ist also ab Montag erreichbar.

Wie bereits angekündigt, wird am Dienstag der indische Premierminister Modi von Hannover nach Berlin kommen. Um 12 Uhr wird er vor dem Bundeskanzleramt mit militärischen Ehren empfangen. Dann gibt es ein Mittagessen und um 13.15 Uhr - wichtig für Sie - eine Pressebegegnung im Bundeskanzleramt.

Am Mittwoch tagt nach der Osterpause, wie gewohnt, um 9.30 Uhr das Kabinett.

Am Donnerstag wird die Bundeskanzlerin gemeinsam mit Bundesbildungsministerin Wanka nach Aachen fahren und dort ab 11.30 Uhr die Firma ComConsult besuchen. Diese Firma ist ein Betrieb, der für Studienabbrecher eine verkürzte Ausbildung anbietet. Dieses Projekt wird von dem BMBF-Programm "Jobstarter plus" gefördert.

In diesem Projekt geht es darum, einen Übergang zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu finden und damit natürlich auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland zu leisten. In diesem Zusammenhang wird es um 12.50 Uhr ein Pressestatement geben.

Von Aachen wird die Bundeskanzlerin zusammen mit der Bundesbildungsministerin nach Nürnberg weiterreisen und dort die IHK FOSA besuchen. Die IHK FOSA ist die zentrale Stelle in Deutschland zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Das ist eine Institution, die von den deutschen Industrie- und Handelskammern eingerichtet worden ist.

Die Bundeskanzlerin und die Bundesbildungsministerin werden sich vor Ort über die Arbeit und die Fragestellungen informieren, die den IHK-Beratern dort täglich begegnen. Es wird auch dort ein Pressestatement geben, und zwar um 16.10 Uhr.

Am Freitag wird die Bundeskanzlerin am Trauergottesdienst für die Opfer des Germanwings-Flugzeugabsturzes teilnehmen. Dieser Gottesdienst findet, wie Sie wahrscheinlich alle wissen, im Kölner Dom statt. - So weit von meiner Seite.

Frage : Ich habe eine Frage zu dem Bürgerdialog am Montag. Frau Wirtz, können Sie noch einmal ganz kurz erklären, was genau der Sinn dieses Forums ist? Wenn ich es richtig verstanden habe, findet das im Rahmen der G7-Präsidentschaft statt. Die Themen für die Präsidentschaft stehen doch eigentlich schon fest. Kommen da nachträglich möglicherweise noch ein paar Themen auf die Tagesordnung, oder was genau passiert da?

SRSin Wirtz: Das muss ich richtigstellen: Das sind praktisch zwei verschiedene Paar Schuhe. Es gibt einmal den Regierungsdialog "Gut leben", die Regierungsstrategie, die schon im Koalitionsvertrag angelegt war und auch auf der Kabinettsklausur in Meseberg Thema war. Das ist ein Format, bei dem die Bundesregierung, das heißt die Kanzlerin, aber auch der Vizekanzler, die einzelnen Ministerinnen und Minister, mit den Bürgern ins Gespräch kommen und in der Tat die Frage erörtern: Was ist Lebensqualität? Was macht Lebensqualität in Deutschland aus? Das ist der eine Prozess.

Davon unabhängig ist der G7-Prozess. Dort gibt es - vielleicht verwechseln Sie es damit - die Outreach-Veranstaltungen, die spezifisch auf die Themen der G7-Präsidentschaft hinarbeiten.

Zusatzfrage : Die Veranstaltung am Montag hat also mit der G7-Präsidentschaft nichts zu tun?

SRSin Wirtz: Nein, das betrifft die Regierungsstrategie "Gut leben".

Frage: Frau Wirtz, können Sie noch einmal ganz kurz erklären, wie die Teilnehmer dafür ausgewählt wurden und wie der Prozess dafür genau ausgesehen hat? Es gab ja in der Vergangenheit bei solchen Veranstaltungen, die aber dem Wahlkampf zuzurechnen waren, immer wieder mal "Knatsch", wie die Teilnehmer für diese Dialogveranstaltungen selektiert wurden.

SRSin Wirtz: Das ist im Grunde ein groß angelegter Prozess, der ungefähr seit einem Jahr läuft. Die Bundesregierung hat in diesem Zusammenhang Multiplikatoren angesprochen, das heißt Verbände, Vereinigungen - Gewerkschaften, Sozialverbände, Volkshochschulen werden sich daran beteiligen -, die in der Gesellschaft verankert sind. Diese Multiplikatoren werden Dialogveranstaltungen in ihren Räumlichkeiten durchführen. Dann werden diese Veranstaltungen durch die Bundesregierung begleitet.

Es ist ein breites Spektrum an Verbänden, Institutionen angesprochen worden. Es gab im Dezember vergangenen Jahres dazu eine Auftaktveranstaltung mit der Bundeskanzlerin und dem Vizekanzler, bei der interessierte Verbände angesprochen worden sind, ob sie sich daran beteiligen wollen. Dann gab es den Prozess, dass man geschaut hat, wie man diese Veranstaltungen über das Bundesgebiet verteilen kann, damit das eine gewisse Ausgewogenheit findet.

Von den Veranstaltungen, die gemeldet worden sind, wird es 100 Veranstaltungen geben, die von der Bundesregierung begleitet werden, und zwar insofern, als dass es Moderatoren geben wird, die die Bundesregierung stellt, die diese Veranstaltungen leiten. Darüber hinaus wird es Veranstaltungen geben, die von den Ministerinnen und Ministern, der Bundeskanzlerin, dem Vizekanzler besucht werden.

Das ist im Grunde der Prozess. Ich denke, Sie sprechen wahrscheinlich eher den Bürgerdialog in der vergangenen Legislaturperiode an. Das Format unterscheidet sich insofern, als dass diesmal auch Multiplikatoren eingebunden worden sind, die das ausrichten und damit natürlich auch die Leute einladen, die potenzielle Gäste sind.

Frage: Frau Wirtz, was ist das Ziel dieses Dialogs? Sie können das natürlich noch nicht vorwegnehmen - das ist mir klar -, aber was soll am Ende dabei herauskommen? Sie haben das letzte Mal davon gesprochen, dass es auch darum gehen könnte, eine neue Messung von Wohlstand und Wohlergehen zu finden. Bisher ist ja immer das Bruttoinlandsprodukt der Maßstab. Sollen da neue Indikatoren entwickelt werden? Was ist das Ziel?

SRSin Wirtz: Es geht sicherlich nicht darum, das BIP zu ersetzen, dass es einen neuen Indikator gibt, der jetzt alternativlos alleine steht. Natürlich ist es wichtig, nach wie vor das Wirtschaftswachstum in einer Gesellschaft, in diesem Fall in Deutschland, zu messen.

Sie haben sicherlich verfolgt, dass über die vergangenen Jahre nicht nur in Deutschland immer die Diskussion stattgefunden hat: Gibt es eigentlich einen anderen Indikator, mit dem man in einer Gesellschaft Wohlstand oder Lebensqualität messen kann, der jenseits des BIPs ist, der aber, wie gesagt, das BIP nicht abkömmlich macht? Dies schließt praktisch auch an die Enquetekommission des Deutschen Bundestages an, die sich in der vergangenen Legislaturperiode sehr umfassend und sehr eindrücklich mit dieser Frage auseinandergesetzt hat.

Es wird darum gehen, dass man jenseits dessen Kriterien entwickelt oder versucht zu entwickeln, Aspekte entwickelt, die da sein können: sozialer Zusammenhalt, politische Teilhabe, Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das sind ja ganz viele Fragen, die jeden einzelnen Bürger, aber auch die Gesellschaft insgesamt beschäftigen, wenn es um die Frage von Lebensqualität geht.

Dieser Prozess ist aufgesetzt worden, um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich aktiv an diesem Prozess zu beteiligen, damit entweder in den Veranstaltungen oder auf den Internetseiten eingespeist wird, welche Aspekte den Bürgern wichtig sind.

Das ganze Projekt wird durch einen wissenschaftlichen Beirat begleitet, sodass man dann auch eine gewisse Messbarkeit herstellen kann. Am Ende kann ein solches Indikatorensystem stehen, damit man sieht, welche neuen oder welche anderen Aspekte jenseits des Wirtschaftswachstums als Indikatoren geeignet sind, um Lebensqualität in Deutschland messen zu können. Das ist der Prozess.

Hinzu kommt sicherlich, dass es eine Kommunikationsform ist, die sich von dem abhebt, was es bislang an politischer Kommunikation gegeben hat, indem man nämlich versucht, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die jenseits des Berliner Regierungsviertels leben und arbeiten, die sich vielleicht nicht jeden Tag mit Politik auseinandersetzen, und auch einen Anreiz zu geben, mit diesen Bürgern ins Gespräch zu kommen, und diesen Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich einzubringen. Das ist die Idee dieses Dialoges.

Frage: Frau Wirtz, ich habe es noch nicht ganz verstanden: Die Bundesregierung möchte mit den Bürgern eine Glücksformel oder eine Lebensqualitäts-Wissenschaftsformel finden? Wie soll das funktionieren?

SRSin Wirtz: Glück ist sicherlich ein sehr subjektiver Begriff.

Zusatz: Lebensqualität auch.

SRSin Wirtz: Lebensqualität ist sicherlich auch subjektiv. Ich habe ja auch gerade gesagt, dass jeder andere Vorstellungen davon hat.

Es geht darum, dass man dadurch, dass man mit vielen Menschen über diese Frage spricht und durch diese Dialogveranstaltungen möglichst viele Bürger erreicht, ein Indiz dafür bekommt, welche Fragen oder welche Aspekte vielen Bürgern wichtig sind, und dass man dadurch Indikatoren findet, an denen man die Lebensqualität in Deutschland in diesem Falle messen kann. Das ist die Idee.

Zusatzfrage: Ich habe jetzt noch nicht ganz verstanden, ob die Bundesregierung Einfluss darauf hat, welche Bürger bei diesem Bürgerdialog zu Gast sind.

SRSin Wirtz: Wie ich eben schon erklärt habe, laufen diese Veranstaltungen über Multiplikatoren. Die Multiplikatoren sind im gesellschaftlichen Leben in Deutschland verankert. Es handelt sich um die Gewerkschaften, Volkshochschulen, Sozialverbände, ähnliche Einrichtungen. Diese Multiplikatoren sind Veranstalter dieser Dialogveranstaltungen. Sie laden in ihre Räumlichkeiten ein. Sie haben insofern auch die Möglichkeit, ihre Gästeliste zu bestücken beziehungsweise die Einladungen an ihren Verteiler herauszugeben. Dann werden diese Veranstaltungen durch die Bundesregierung mit Moderatoren begleitet.

Zusatz: Das heißt, die Bundesregierung nimmt keinen Einfluss auf die Gästeauswahl.

Frage: Frau Wirtz, der Vizekanzler hat gestern konkrete Schritte auf dem Weg zu einer größeren Beteiligung des Bundes bei den Kosten für Flüchtlinge angekündigt, konkret also nicht nur für die Unterkunft, sondern auch für die sogenannten sozialen Indikatoren. Können Sie sagen, wie die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die eingerichtet werden soll, genau aussehen soll, was konkret geplant ist und ab wann das wirksam werden soll, das heißt auch, ob eine höhere Beteiligung noch in der Periode 2015/2016, für die bisher 1 Milliarde Euro vereinbart ist, wirken soll?

SRSin Wirtz: Es ist richtig, dass von der Bundesregierung insgesamt erkannt wird, dass die wachsende Zahl von Asylbewerbern die Bundesregierung, aber natürlich auch Länder und Kommunen vor große Herausforderungen stellt und dass insofern da eine Hilfe geleistet werden muss, auch für die Kommunen.

Es gibt ja schon bestimmte Verabredungen, die zu einer finanziellen Entlastung der Kommunen führen. Sie haben aufgeführt, dass für 2015/2016 diese Entlastung von 500 Millionen Euro bereits vereinbart ist. Das ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Kommunen vor Ort in vielen Fällen schon eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe wahrnehmen und insofern auch vom Bund dort eine Unterstützung erfolgen muss.

Was die Verteilung der finanziellen Lasten anbelangt, werden die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ja gerade neu verhandelt und besprochen. Im Rahmen dieser Gespräche kann es und wird es immer wieder um die Finanzierung genau dieser Fragen gehen. Das ist im Grunde das, was im Moment läuft, und ein Prozess, der auch andauert.

Zusatzfrage: Das heißt, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist im Rahmen der allgemeinen Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen eine Untergruppe, oder wie kann ich mir das vorstellen?

Noch einmal die Frage: Ab wann kann das wirksam werden? Kann es sein, dass für die Periode 2015/2016 bereits mehr als nur die Unterkunft finanziert werden wird?

SRSin Wirtz: Was bei den Gesprächen, die im Rahmen der Bund-Länder-Finanzgespräche stattfinden, herauskommen kann und welche Ergebnisse dort kommen können, dem kann ich nicht vorgreifen.

Zu einer spezifischen Arbeits- oder Untergruppe kann ich nur sagen, dass diese Frage, dieses Thema ein Bestandteil der Verhandlungen zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist. Ob das in einer bestimmten Arbeitsgruppe noch untergliedert wird oder wie genau das handgehabt wird, dazu vermag ich nichts zu sagen, aber ich weiß, dass das ein Thema ist, das in diesem Komplex verhandelt wird und offen diskutiert wird.

Zusatzfrage: Da Herr Gabriel von dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe gesprochen hat, können Sie, Herr Dünow, da Aufklärung leisten?

Dünow: Ich kann nur bekräftigen, was Frau Wirtz gerade gesagt hat. Das Thema ist ein Thema, das alle Parteien, alle politischen Ebenen sehr ernst nehmen. Darüber wird intensiv diskutiert. Es ist ein Thema, das im Rahmen der laufenden Gespräche über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen eine Rolle spielen wird. Da gibt es auch diverse Beschlüsse auf kommunaler Seite, aufseiten der MPK. Was dabei herauskommt, weiß man naturgemäß nicht.

Aber aus Sicht von Herrn Gabriel ist es wirklich ein ganz wichtiges Anliegen, bei diesem zentralen Thema dafür zu sorgen, dass die Kommunen in den Stand versetzt werden, ihre ganz normale Arbeit zu machen, und so dafür zu sorgen, dass die Zivilgesellschaft vor Ort lebendig bleibt und dass soziale Konflikte, wie wir sie immer wieder erleben, gar nicht erst entstehen.

Zusatzfrage: Nur ganz kurz noch die Frage: Welche Arbeitsgruppe ist gemeint?

Dünow: Es gibt Verabredungen über die Art und Weise, wie man diesen Prozess weiter strukturiert. Ich kann aber jetzt nicht ins Detail gehen.

Frage: Gibt es denn demnächst eine Arbeitsgruppe? Die Antwort finde ich unbefriedigend. Wir haben es ja vom Wirtschaftsminister gestern eigentlich gehört. Das heißt, ein bisschen konkreter dürfte es ja schon sein.

Die zweite Frage geht an das Finanzministerium und an das Innenministerium: Ist da schon einmal über die Finanzierung nachgedacht worden? Denn das könnte dann ja auch mehr Geld kosten.

Der Innenminister hat vor nicht allzu langer Zeit gesagt, dass er sich das nicht vorstellen kann. Kann man da von einer Absprache oder einer Koordination innerhalb der Bundesregierung ausgehen, oder ist das eine Art Vorpreschen des Wirtschaftsministers respektive des SPD-Chefs?

Dünow: Ich kann zur Frage des Vorpreschens vielleicht etwas sagen. Es wird Sie möglicherweise verblüffen, aber das, was Herr Gabriel gestern gesagt hat, hat er seit vielen Monaten immer wieder gesagt: dass er es für entscheidend hält, dass die Kommunen bei der Bewältigung der großen Aufgaben, die aufgrund der zunehmenden Unsicherheit der Welt auf sie zukommen, nicht alleine gelassen werden. Insofern ist das nichts Neues.

Zusatz: Das war aber nur ein Teil der Frage.

Dünow: Vorpreschen impliziert ja, dass es etwas Neues ist, und es ist nicht neu.

Zusatz: Ich hatte nach der Arbeitsgruppe gefragt.

Dünow: Ich sagte ja gerade schon, dass ich über die konkreten Strukturen noch keine Details bekannt geben kann, aber dass es Verabredungen gibt, dieses Thema im Rahmen der laufenden Bund-Länder-Finanzbeziehungsverhandlungen aufzugreifen. Die Lebensrealität sagt, dass eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema, was ja nicht das einzige ist, das in diesem Kontext diskutiert werden soll, durchaus dazu beitragen kann, dass man sich schneller einigt.

Plate: Ich kann das gerne kurz ergänzen. Auch wenn es sozusagen substanziell aus meiner Sicht nicht so viel zu ergänzen gibt, vielleicht eine kleine Richtigstellung: Sie sagten, der Innenminister könne sich grundsätzlich nicht vorstellen - ich habe es jetzt nicht ganz genau parat, wie Sie es gesagt haben -, über Finanzierungsfragen mit den Ländern zu reden. Das trifft so nicht ganz zu.

Sie kennen die Einigung, die im Bundeskanzleramt zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und auch der Bundesregierung erzielt worden ist dahin gehend, dass für die Jahre 2015/2016 die abschließende Regelung getroffen worden ist, dass es zweimal 500 Millionen Euro gibt. Der Satz, der danach steht, ist: Im Lichte der Entwicklung der Flüchtlingszahlen - ich gebe es mal in meinen eigenen Worten wieder - muss man sich da noch einmal zusammensetzen.

Die Auffassung des Bundesinnenministers ist vollständig kongruent mit der Linie, die in diesem Text Abbildung gefunden hat.

Von Tiesenhausen-Cave: Wir stehen auch zu dieser Einigung, insbesondere dem Aspekt, dass darüber hinausgehende Fragen vor dem Hintergrund weiterer Entwicklungen bei den Asylbewerberzahlen zu beurteilen sind.

Frage: Herr Plate, zum Thema Entwicklung der Flüchtlingszahlen: Wenn man die zweimal 500 Millionen betrachtet, auf welcher Flüchtlingszahl basieren die denn? Kann man sagen: "Soundso viel Hunderttausend Flüchtlinge sind es; dafür brauchen wir diese halbe Milliarde pro Jahr. Wenn es mehr werden, bräuchten wir möglicherweise mehr."? Was ist die Bezugsgröße für die halbe Milliarde?

Plate: Ich verstehe das Anliegen, aber die Antwort wird ein bisschen unbefriedigend bleiben müssen, denn es ist ja keine Rechenaufgabe. Es ist keine Rechenaufgabe, bei der aus einer bestimmten Flüchtlingszahl ganz automatisch ein ganz bestimmtes Ausmaß an finanzieller Unterstützung folgt.

Selbstverständlich wurde die damalige Vereinbarung - zweimal 500 Millionen Euro - auf Grundlage der damals verfügbaren Zahlen sowie der damaligen Prognosen, wie sich die Zahlen weiterentwickeln würden, getroffen. Letzteres ist natürlich - das ist bei Prognosen immer so - mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Dazu ist hier schon viel gesprochen worden.

Jedenfalls ist es aber so - wenn Sie auf die Entwicklung der Zahlen in diesem Jahr anspielen -, dass die Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge um 300.000 Flüchtlinge oder darüber ausweist und wir im Moment keinen Anlass sehen, an dieser Prognose substanziell zu zweifeln. Es bleibt aus Sicht des Bundesinnenministeriums bei dieser Prognose.

Selbstverständlich - das war auch in den vergangenen Jahren so - beobachten wir sehr aufmerksam die Entwicklung der Flüchtlingszahlen und auch die Entwicklungen an den Krisenherden in dieser Welt, die sich natürlich auf die Flüchtlingszahlen niederschlagen. Dass im Laufe des Jahres auch diese Prognose nach unten oder oben korrekturfähig ist, ist eine Selbstverständlichkeit.

Frage: Herr Plate und Frau von Tiesenhausen, Sie haben beide auf die Vereinbarung Bezug genommen - ich habe nur nicht ganz verstanden, in welcher Interpretation. Heißt das, man kann über alles noch einmal reden, aber erst für die Zeit danach, das heißt erst ab 2017, oder ist es auf der Grundlage der Vereinbarung, wie Sie sie sehen, auch denkbar, dass für die laufende Zeit aufgestockt wird?

Plate: Aus meiner Sicht spricht die Vereinbarung - ich vermute, sie liegt Ihnen im Wortlaut vor - für sich. Es steht drin, dass für die Jahre 2015/2016 eine abschließende Regelung gefunden worden ist.

Von Tiesenhausen-Cave: Dem schließe ich mich an.

Frage: Eine Frage an das Gesundheitsministerium: Es gibt Überlegungen, ob ein Berufsverbot für Depressive möglich wäre. Was halten Sie von solchen Forderungen?

Gülde: Wenn ich richtig informiert bin, geht es da um eine Forderung, depressiven Piloten eine Art Berufsverbot zu erteilen. Dazu ist erst einmal zu sagen, dass die Entscheidung darüber, wann jemand für seinen Beruf infrage kommt oder nicht, in erster Linie berufsärztliche Entscheidungen betrifft beziehungsweise berufsrechtliche und arbeitsrechtliche Fragen berührt. Die Kriterien, unter welchen Umständen ein Mensch seinen Beruf dann nicht ausüben kann, muss die zuständige Aufsichtsbehörde für diesen Berufszweig festlegen. Das ist alles, was ich Ihnen dazu sagen kann.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium: Die EU-Kommission hat Deutschland im Zusammenhang mit der Flugsicherheit wohl gerügt und wohl schon im November aufgefordert, das Luftfahrtbundesamt müsse die Airlines bei Gesundheitschecks von Piloten schärfer überwachen. Sehen Sie da vom Ministerium aus Verbesserungsbedarf bei der Überwachung des Luftfahrtbundesamtes? Mit anderen Worten: Muss da im Lichte des Absturzes der Germanwings-Maschine jetzt nachjustiert werden?

Strater: Diese Audits beziehungsweise die Fragestellung, die die Kommission hier an das Luftfahrtbundesamt beziehungsweise an uns richtet, beziehen sich auf die Anwendung der entsprechenden EU-Vorschriften. Das ist ein übliches Verfahren, das in jedem Mitgliedsland vollzogen wird. Die EU-Kommission prüft, ob die Mitgliedsländer die EU-Vorschriften ordnungsgemäß anwenden. Das tut sie hier auch. Sie stellt hier gewisse Fragen. Die EASA, die Luftsicherheitsbehörde, hat das getan.

Diese Fragen werden im Rahmen dieses sehr normalen Vorgangs, wie er in allen Mitgliedsländern vollzogen wird, auch beantwortet und liegen jetzt in Brüssel zur Prüfung. Was daraus möglicherweise geschlussfolgert wird, kann ich von heute aus nicht sagen, weil, wie gesagt, die Stellungnahmen, die bezüglich dieser Fragestellung übermittelt worden sind, dort jetzt zunächst einmal geprüft werden.

Frage: Ich würde gern das Thema Iran ansprechen und Frau Wirtz, Frau Chebli und auch Herrn Dünow fragen. Mir geht es zum einen darum, eine Interpretation der Bundesregierung zu den Äußerungen von Regierungsführer Chamenei zu finden. Ist das nach Ihrem Dafürhalten eher als eine Unterstützung oder eher als eine Infragestellung der vereinbarten Eckpunkte mit dem Iran zu sehen?

Mich würde zum Zweiten interessieren, wie die Bundesregierung zu der Forderung aus dem Iran steht, mit einer Vereinbarung auch gleich unmittelbar Sanktionen aufzuheben.

Mich würde zum Dritten interessieren - diese Frage richtet sich an Herrn Dünow -, ob es konkrete Pläne des Wirtschaftsministeriums oder vielleicht anderer Stellen in der Bundesregierung für Besuche im Iran gibt. Das heißt, wird die Bundesregierung Aktivitäten unternehmen, Minister in den Iran schicken, um etwaige wirtschaftliche Möglichkeiten durch die jüngste Entwicklung möglichst umfassend und schnell nutzen zu können?

Chebli: Sie sprechen wahrscheinlich die Aussagen des Revolutionsführers bezüglich der sogenannten Infragestellung des Eckpunktepapiers an. Ich kann zitieren, was der Minister dazu sagt. Dann können Sie das vergleichen, um dann Ihre Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, wie man das aus unserer Sicht bewerten könnte.

Der Minister hat gesagt:

"Mit der Eckpunkte-Vereinbarung, auf die wir uns in Lausanne verständigt haben, sind wir noch nicht endgültig am Ziel. Nun müssen auf dieser Grundlage bis Ende Juni auch die Details eines abschließenden Abkommens ausgehandelt werden. Über das 'Kleingedruckte' wird noch hart verhandelt werden."

Und er hat gesagt:

"Ob Lausanne als ein Durchbruch und eine Wendemarke in die Geschichte eingehen wird, werden wir erst wissen, wenn eine abschließende Einigung nicht nur ausgehandelt und unterschrieben, sondern auch in die Tat umgesetzt worden ist."

Wenn Sie das mit dem vergleichen, was Chamenei gesagt hat, können Sie zu dem Schluss kommen, dass beide sagen: Es ist gut, dass man sich darauf verständigt hat, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Vor diesem Hintergrund würde ich auch die Äußerungen des Revolutionsführers bewerten.

Letztendlich - ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir das an dieser Stelle unterstreichen - zählt nicht das, was in diesen Tagen in Reden, Fernsehinterviews oder sonstigen öffentlichen Aussagen gesagt wird, sondern das, was Ende Juni in der verbindlichen und umfassenden Vereinbarung stehen wird. Das ist die Grundlage, das ist der Maßstab, und das ist letztendlich das Ziel, auf das wir hinarbeiten.

Wenn Sie die Bilder gesehen haben, die es im Iran nach dem Abschluss dieses Eckpunktepapiers im Fernsehen zu sehen gab, dann können Sie auch verstehen, dass man davon ausgehen kann, dass das Interesse vor allem in der iranischen Bevölkerung daran, dass wir tatsächlich Ende Juni zu einer Vereinbarung kommen, doch groß ist. Insofern erwarten wir, dass in den Textverhandlungen nicht versucht werden wird, hinter die in Lausanne vereinbarten Eckpunkte zurückzugehen; wir würden das jedenfalls nicht akzeptieren. Die Eckpunkte, die vereinbart wurden, sind also die Grundlage dafür, weiter zu verhandeln und Ende Juni zu einer Vereinbarung zu kommen. Darauf arbeiten wir gemeinsam hin.

Zu der Frage der Sanktionen: Jeder von uns versteht natürlich das Interesse des Iran, dass die Sanktionen so früh wie möglich aufgehoben werden. Aber über einen Zeitplan in Form von Monaten und Tagen haben wir bisher noch gar nicht gesprochen, und das gibt auch das Eckpunktepapier nicht her. Das wird jetzt in den nächsten Wochen bis Ende Juni auch weiter verhandelt werden müssen. Entscheidend ist aus unserer Sicht das Prinzip "Leistung und Gegenleistung": Die Sanktionen werden nur im Gegenzug für die von der IAEO bestätigte Umsetzung der Auflagen, auf die sich der Iran einlassen muss, aufgehoben werden. An welchem Tag das der Fall sein wird, liegt dann eigentlich auch in den Händen des Iran.

Dünow: Ich kann vor dem Hintergrund dessen, was Frau Chebli gesagt hat, noch einmal bekräftigen, dass es noch keinen Zeitplan für die Aufhebung der Sanktionen gibt. Insofern gibt es auch noch keinen Anlass für irgendwie geartete Reisepläne seitens des Bundeswirtschaftsministers.

Zusatzfrage: Die deutsche Wirtschaft reagiert auf das, was offenbar in anderen Ländern nach der Vereinbarung der Eckpunkte schon im Gange ist, ja mit der Forderung, dass die Politik jetzt gefälligst schnell mit Unterstützungsaktionen beginnen sollte. Besteht da nicht die Gefahr, dass man die wirtschaftlichen Möglichkeiten dieser Öffnung vonseiten der Bundesregierung vielleicht etwas zu behäbig begleitet?

Dünow: Nein, ich glaube, dass wir ganz sicher nicht behäbig sind. Aber man muss einen Schritt nach dem anderen tun. Der erste Schritt, der zu tun ist, ist, auf diplomatischem Weg eine wasserdichte, klare Vereinbarung zu erzielen. Dann können wir über alles Weitere reden, nicht vorher.

Zusatzfrage: Gilt das auch für das Kanzleramt?

SRSin Wirtz: Das kann ich bestätigen. Es geht jetzt darum, tatsächlich erst einmal die Eckpunkte in eine abschließende Erklärung münden zu lassen. Dort werden ja auch praktisch die Punkte geregelt, die die Sanktionen anbelangen, und zwar genau so, wie Frau Chebli es gesagt hat, nämlich dass natürlich nachprüfbar sein muss, dass die Bedingungen auch eingehalten werden, die jetzt eben unter anderem in Lausanne verabredet worden sind.

Frage: Frau Chebli, Sie sagten gerade, dass bis Juni eigentlich nicht zähle, was bis dahin gesagt werden werde. Gilt das auch für den deutschen Außenminister?

Chebli: Ihre Späßchen sind echt immer der Renner hier in der RegPK! Ich habe gesagt, dass am Ende das wichtig sein wird, was Ende Juni in dieser Vereinbarung stehen wird. Das ist das Relevante. Wir sollten uns jetzt nicht darauf konzentrieren, jede Bemerkung und jede Äußerung vonseiten all der Parteien (zu interpretieren), für die das ja sehr viel bedeutet und die auch unter einem innenpolitischen Druck stehen. Das tut der Außenminister nicht. Vor diesem Hintergrund ist unser Appell eher darauf ausgerichtet, dass wir in Bezug auf diejenigen, die dabei unter erheblichem Druck stehen - das gilt für den Iran natürlich sehr stark -, nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, sondern schauen. Die nächsten Wochen sind entscheidend. Die Politischen Direktoren werden sich zusammensetzen und schauen, dass sie auf Grundlage des vereinbarten Eckpunktepapiers Ende Juni zu einer Vereinbarung kommen. Dabei setzen wir darauf, dass alle Parteien, die jetzt eingebunden sind, gemeinsam mit uns entschlossen daran arbeiten, dass wir zu einem Abkommen kommen, das letztendlich dem Ziel dient, zu verhindern, dass der Iran eine Atombombe hat. Das ist das, worauf wir unser gesamtes Augenmerk in diesem Dossier setzen.

Frage: Frau Chebli, Sie haben gesagt, die Sanktionen würden nur dann komplett aufgehoben, wenn der Iran alle Auflagen erfülle. Nun brauchen viele dieser technischen Einzelheiten natürlich einfach Zeit, bis sie erfüllt werden können. Der iranische Revolutionsführer hat ja gestern gesagt, dass die sofort - also an dem Tag, an dem es zu der Vereinbarung kommt - aufgehoben werden müssten. Wenn es jetzt längere Zeit dauert, um diese Auflagen zu erfüllen, dann würden die erst (später) aufgehoben. Habe ich Sie da richtig verstanden?

Chebli: Ich kann nur das unterstreichen, was ich gesagt habe: Wir verstehen ja das iranische Interesse daran, dass die Sanktionen am besten heute und nicht erst morgen aufgehoben werden. Aber auch das Eckpunktepapier gibt noch keinen Zeitplan dafür vor, in wie vielen Tagen und Monaten die Sanktionen am Ende aufgehoben werden können. Wir haben gesagt: Wir haben uns darauf geeinigt, dass die Sanktionen nur im Gegenzug für die Umsetzung der auferlegten Maßgaben aufgehoben werden. Das ist das, worauf wir uns geeinigt haben. Die Details in Bezug darauf, wie lange der Iran letztendlich braucht, um die einzelnen, vereinbarten Schritte umzusetzen, werden alle in den nächsten Wochen bis ins kleinste Detail konkret ausdefiniert und von den Politischen Direktoren und den Experten debattiert werden, um letztendlich natürlich auch dem Interesse des Iran gerecht werden zu können, die Sanktionen so schnell wie möglich aufheben zu können, aber auch unserem Interesse, dass die Vereinbarung auch eingehalten wird und dass die Vereinbarung und die darin aufgeführten Schritte auch umgesetzt werden.

Zusatzfrage: Können Sie also zum jetzigen Zeitpunkt sagen, dass die Sanktionen definitiv nicht an dem Tag, an dem es zu der Vereinbarung kommt, aufgehoben werden?

Chebli: Es gibt keinen genauen Zeitpunkt.

Zusatzfrage: Es gibt keinen Zeitpunkt. Kann es also jahrelang dauern?

Chebli: Nein!

Zusatz: Das ist ja auch eine Vertrauensfrage.

Chebli: Ja, natürlich. Es liegt in den Händen des Iran. Wenn der Iran die ihm gemachten Auflagen nicht erfüllt, dann wird es auch keine Sanktionssaufhebung geben. Man sieht aber, dass der Iran ja durchaus Interesse daran hat, dass Sanktionen aufgehoben werden. Man arbeitet gemeinsam an einer Vereinbarung für Ende Juni, die beiden Interessen gerecht wird. Wir sehen das Interesse des Iran, aber der Iran muss genauso sehr verstehen, dass wir die Saktionen nur dann aufheben können, wenn die Vereinbarung und die Auflagen, die darin aufgeführt werden, auch umgesetzt werden.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innenministerium zum Thema Cyber-Attacke. In Frankreich hat man gesehen, wozu Cyber-Terroristen oder Terroristen in der Lage sind. Nun gibt es ja viele andere sensible Bereiche, und bei der Sicherung der IT-Systeme macht das BSI durchaus Nachbesserungsbedarf aus. Wie sehen Sie die Notwendigkeit, zu sichern? Gibt es eventuell Pläne, da aufzurüsten und mehr Geld zu investieren? Wie ist das Bedrohungsszenario in Deutschland?

Plate: Dazu nehme ich gerne Stellung. Grundsätzlich möchte ich vielleicht einleitend darauf verweisen, dass der Vizepräsident des BSI heute im "Morgenmagazin" darüber gesprochen hat, und das liegt auch voll auf der Linie des Bundesinnenministeriums. Das möchte ich sozusagen vorwegschicken.

Richtig ist natürlich, dass die Bedrohungslage im Bereich der Cyber-Sicherheit ernst zu nehmen ist. Das haben auch sowohl das BSI als auch das BMI in der Vergangenheit und insbesondere in der jüngeren Vergangenheit immer wieder bekräftigt. Erst im Januar, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat das BSI ja gemeinsam mit dem Bundesinnenminister den Lagebericht zur Cyber-Sicherheitslage in Deutschland vorgestellt. Für Details würde ich darauf verweisen wollen.

In der Tat ist es jedenfalls so, dass die Angriffe technisch immer anspruchsvoller und komplexer werden und demnach auch der Bedarf, sich gegen solche Angriffe zu schützen, kontinuierlich steigt. Das ist aber eine Aufgabe, die natürlich keine rein staatliche Aufgabe ist. Sie fragten danach, ob man zusätzlich investieren müsse. Richtig ist: Sicherheit hat immer einen Preis, in diesem Fall auch einen ganz konkret monetär bezifferbaren Preis.

Man muss beziehungsweise jeder muss - wenn ich "man" sage, dann meine ich damit nicht nur staatliche Stellen, sondern auch private, privatrechtlich organisierte Akteure; das können zum Beispiel auch Fernsehanstalten sein, aber im Prinzip gilt das für alle, die sich im Cyber-Bereich betätigen oder im Internet präsent sind - seine digitale Sorglosigkeit, wenn sie noch vorhanden sein sollte, ein Stück weit zu den Akten legen und sich daran gewöhnen, dass hier viel zu tun ist. Jeder muss sozusagen auch selbst Schutzmaßnahmen ergreifen. Der Staat kann, allein schon aus rechtlichen Gründen, weder allen flächendeckend ein bestimmtes Level an Selbstschutz vorschreiben noch Experten hinschicken, die sozusagen zwangsweise die IT-Sicherheit aufrüsten; das wäre auch ein bisschen absurd. Richtig ist aber, dass das BMI auch weiterhin dafür wirbt, was es auch schon in der Vergangenheit getan hat, dass jeder auch seine eigenen Hausaufgaben macht.

Selbstverständlich gibt es aber auch staatliche Verantwortlichkeiten in diesem Bereich, die das BMI im Zusammenhang mit dem BSI, das in seinem Geschäftsbereich liegt, wahrnimmt und auch von Jahr zu Jahr verstärkter wahrnimmt. Ich erinnere nur an die Cyber-Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2011, aber auch an den im parlamentarischen Verfahren befindlichen Entwurf eines IT-Sicherheitsgesetzes. Das sind aus unserer Sicht wichtige und notwendige Bausteine, um den Teil der Verantwortlichkeiten, die den Staat betreffen, zu erfüllen. Aber nicht umsonst hat der Bundesinnenminister den Entwurf eines IT-Sicherheitsgesetzes den Entwurf eines ersten IT-Sicherheitsgesetzes genannt. Alles, was hier geschieht, kann immer nur ein Ausgangspunkt sein, der der Weiterentwicklung bedarf.

Zusatzfrage: Aber wird der Staat neben der Gesetzgebung - Sie sagten, auch die privaten Player müssten Geld in die Hand nehmen, auch im Bereich der Daseinsvorsorge - gegebenenfalls auch finanziell mehr bereitstellen?

Plate: Der Staat ist in erster Linie dafür zuständig, sozusagen seine eigenen IT-Strukturen mit Geld zu sichern, und das passiert natürlich. Das Bundesinnenministerium, das sich dabei in einer zentralen Verantwortungsrolle befindet, ist sozusagen tagesaktuell und kontinuierlich dabei, die IT-Sicherheit zu verbessern und der Bedrohungslage anzupassen.

Frage: Herr Plate, vielleicht halte ich Ihnen an dieser Stelle einfach einmal den Steigbügel und erinnere Sie daran, dass Sie uns hier selbst erklärt haben, was beim BSI mit der Stellenaufstockung usw. geplant war; das haben Sie selbst jetzt vielleicht gerade einfach vergessen.

Aber im Kontext mit Frankreich interessiert mich jetzt etwas anderes viel mehr, nämlich dieses IT-Sicherheitsgesetz. Sie haben gesagt, das befinde sich im parlamentarischen Verfahren. Also werden Sie inhaltlich wahrscheinlich nicht mehr so wahnsinnig viel dazu sagen wollen. Aber grundsätzlich zählt zu den kritischen Infrastrukturen in der Auflistung des BSI-Gesetzes auch der Bereich der Medienunternehmen, und die wären davon dann letzten Endes auch betroffen. Insofern verstehe ich das jetzt nicht ganz, denn das wäre ja eine relativ konkrete Vorschrift, die auch Medienunternehmen betreffen würde, zumindest dann, wenn sie auch tatsächlich dem BSI-Gesetz entsprechend eingestuft werden würden. Mich würde interessieren, wie Sie das sehen. Das widerspricht ja sozusagen ein bisschen Ihrer Aussage von eben, dass das IT-Gesetz referenzierter als das BSI-Gesetz sei.

Im zweiten Schritt: Besteht durch diese Vorkommnisse in Frankreich jetzt nicht eine wesentlich bessere Chance darauf, dass man die NIS-Richtlinie auf europäischer Ebene demnächst und doch relativ zügig durchbekommen wird und diesen nationalen Alleingang doch ein wenig weiter nach hinten stellt, der ja eh noch nicht durch ist?

Plate: Ich beginne einmal damit, auf den Teil der Fragen zu antworten, den ich unmittelbar verstanden habe. Eine Frage war dabei, die ich, glaube ich, nicht ganz verstanden habe.

Zunächst zu den Stellenaufstockungen: Es ist sehr freundlich, dass Sie mir da den Steigbügel halten. Ich hatte das nicht vergessen, hatte aber den Eindruck, dass danach nicht konkret gefragt worden war. Ich bestätige aber gerne noch einmal, dass in der Tat auch das BSI in den letzten Jahren immer weiter gestärkt worden ist und dass diese Tendenz aus unserer Sicht weiterhin richtig ist und anhalten wird. Das vielleicht zunächst dazu.

Der dritte Teil betraf, wenn ich richtig gezählt habe, die NIS-Richtlinie. Ich möchte nicht bewerten, ob die Verhandlungen zur NIS-Richtlinie durch das, was jetzt passiert ist, eine Beschleunigung erfahren können. Ich möchte sagen: Das ist ja auch nicht der einzige Cyber-Angriff dieser Größenordnung, der in den letzten Jahren passiert ist. Er hat aus verschiedenen Gründen eine erhöhte mediale Aufmerksamkeit erfahren. Sicherlich tragen alle Vorfälle, die man als Cyber-Angriffe einstufen kann, dazu bei, den Akteuren in diesem Bereich die Virulenz des Themas immer weiter verstärkt vor Augen zu führen. Das Bundesinnenministerium steht dabei mit der Kommission und den Mitgliedstaaten ja sowieso in einem sehr intensiven Austausch, um die Verhandlungen zur NIS-Richtlinie zu befördern.

Wir sehen aber überhaupt keinen Widerspruch zwischen den Verhandlungen zur NIS-Richtlinie auf europäischer Ebene und dem, was Sie als "nationalen Alleingang" bezeichnet haben, was ich aber, ehrlich gesagt, nicht so beschreiben möchte. Es ist so, dass die Bundesregierung zu der Auffassung gelangt ist - auch, weil sie glaubt, schneller als bei der Verhandlung zur NIS-Richtlinie zu einem ersten Ergebnis zu kommen -, jedenfalls schon einmal national zu handeln. "Nationaler Alleingang" klingt sehr unfreundlich und nach Abweichung, aber das ist mitnichten so, weil das IT-Sicherheitsgesetz so, wie es von der Bundesregierung eingebracht worden ist, deckungsgleich mit der deutschen Verhandlungsposition zu den Verhandlungen zur NIS-Richtlinie ist. Das ist deswegen auch kein Widerspruch, sondern kann durchaus maßstabsbildend für das sein, was sich in der NIS-Richtlinie geregelt wiederfinden wird.

Die Frage, die dazwischen kam, habe ich, muss ich zugeben, nicht ganz verstanden. Vielleicht können Sie das noch einmal erläutern.

Zusatz: Sie haben eben relativ klar gesagt, dass Sie nicht so richtig dafür zuständig seien, wie Medienunternehmen ihre Netzwerksicherheit gestalten. Die Kurzfassung laut Ihrem eigenen Entwurf eines IT-Sicherheitsgesetzes ist: Für kritische Infrastrukturen gibt es bestimmte Vorschriften, und dazu würden dann unter Umständen eben auch Medienunternehmen zählen.

Plate: Okay, jetzt habe ich die Frage verstanden. - Einen Widerspruch sehe ich darin, offen gestanden, nicht. Aber das ist vielleicht ein Anlass, das ein bisschen klarzustellen, damit auch Sie sehen, dass das kein Widerspruch ist. Ich habe nur gesagt: Ich sehe innerhalb der Bundesregierung keine Verantwortung dafür, Geld in die Hand zu nehmen, um Privatunternehmen sozusagen konkret zu besserer Software und Hardware zu verhelfen, wenn ich das so formulieren darf. Selbstverständlich ist die Bundesregierung in der Pflicht, beratend und maßstabsbildend auch Privatunternehmen zur Seite zu stehen, wie es im BSI-Gesetz und auch im Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes geregelt ist.

Etwas richtigstellen muss ich den Punkt "Medien als kritische Infrastruktur": Im Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes werden die Medien nicht als kritische Infrastruktur genannt, was aber in allererster Linie daran liegt, dass es keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gäbe, eine solche Feststellung im IT-Sicherheitsgesetz zu treffen.

Zusatzfrage: Herr Plate, wissen Sie schon, wie dieser Angriff in Frankreich abgelaufen ist, auch vor dem Hintergrund, vielleicht selbst etwas für die eigene IT-Sicherheit daraus lernen zu können?

Frau Wirtz, weil Sie ja auch auf Facebook und Twitter aktiv sind und weil in Frankreich auch diese Konten gekapert worden sind: Haben Sie danach jetzt irgendwelche Vorkehrungen getroffen? Gibt es neue Passwörter? Haben Sie sich einmal genau angeschaut, ob die auch sicher genug sind? Hat sich da etwas geändert?

SRSin Wirtz: Ich kann für die Seiten der Bundesregierung und auch für die Facebook-Seite der Bundesregierung nur allgemein sagen, dass wir uns zum einen natürlich auch immer in enger Abstimmung mit dem BSI befinden, was Standards, die Erreichbarkeit von Standards und auch die Sicherung von Inhalten anbelangt - insofern sind wir da mit dem BSI gut beraten -, und dass wir aufgrund aktueller Ereignisse natürlich auch immer wieder unsere Sicherheitsanforderungen anpassen. Das kann ich Ihnen dazu für das Bundespresseamt sagen.

Plate: Es war noch eine kurze Ergänzungsfrage an mich gerichtet worden. Ich möchte das mit Blick auf die Zeit auch kurz halten. Sie hatten danach gefragt, ob der Angriff schon abschließend ausgewertet worden ist. Das BSI ist an der Auswertung des Angriffs beteiligt. Es besteht Kontakt sowohl zu den französischen Behörden als auch zu den deutschen Partnerbehörden im Cyber-Abwehrzentrum. Die Auswertung ist aber noch nicht so abgeschlossen, dass ich darüber hier jetzt belastbar vortragen könnte.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine Nachfrage, die an das Verteidigungsministerium und an die Bundesregierung geht. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Herr Bartels, hat gesagt, die Bundeswehr müsse auch fähig werden, sich in solchen Cyber-Kriegen besser zu bewegen, also auch in fremde Netze einzudringen. Teilen Sie diese Auffassung? Wollen Sie das auch? Wenn ja, was sollte die Bundeswehr denn da tun? Sollte sie die Wasserversorgung oder medizinische Versorgung in Ländern lahmlegen, und wäre das rechtlich überhaupt möglich?

Flosdorff: Wenn ich den Anfang machen darf: Das ist rechtlich möglich. Einheiten, die sich mit dem Thema befassen, gibt es auch schon seit vielen Jahren. Das ist nichts Neues für die Bundeswehr, und so etwas wird auch geübt.

SRSin Wirtz: Da bleibt mir nichts zu ergänzen.

Frage: Herr Plate, haben Sie denn in den letzten Tagen rund um die Ereignisse in Frankreich Erkenntnisse darüber gewonnen, dass sich die Sicherheitslage im IT-Bereich und auch für die Medien in Deutschland verschärft hat?

SRSin Wirtz: Da würde ich für die Einschätzung noch einmal an Herrn Plate abgeben.

Plate: Dazu kann ich gerne etwas sagen: Noch sind die Ereignisse in Frankreich, wie Sie sie genannt haben, ja nicht abschließend aufgeklärt. Selbstverständlich verfolgen wir das mit großer Aufmerksamkeit und sozusagen stundenaktuell. Aber es ist nicht angezeigt, eine Verschärfung der Sicherheitslage oder überhaupt Veränderungen der Sicherheitslage zu verkünden, die ja ohnehin, wie hier schon mehrfach vorgetragen wurde, sowohl im Cyber-Bereich als auch allgemein angespannt ist.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Chebli zum kommenden Normandie-Treffen am Montag: Nach Angaben des russischen Außenministeriums möchte der russische Außenminister die Defizite der ukrainischen Regierung in Bezug auf die Realisierung des Minsk-II-Abkommens thematisieren. Mich würde interessieren, wie der deutsche Außenminister die Maßnahmen bewertet, die die ukrainische Regierung in diesem Sinne trifft. Ich meine nicht das Militärische, sondern explizit die rechtliche Gesetzgebung in Bezug auf die östlichen Gebiete, die Vorbereitungen anlässlich der Wahlen usw.

Chebli: Der Minister lädt für Montagabend seine Amtskollegen aus Frankreich, der Ukraine und aus Russland in die Villa Borsig ein. Ziel des Treffens ist es im Prinzip erst einmal, ganz grob formuliert, weiter an der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu arbeiten. Es gab vor einigen Wochen das Treffen der Staatssekretäre in Paris, bei dem es vor allem auch darum ging, wie man in den politischen Prozess einsteigen kann. Die Situation in der Ostukraine stellt sich ja gegenwärtig so dar, dass wir sagen können: Der Waffenstillstand hält weitestgehend. Es kommt aber nach wie vor an einigen Hotspots zu Angriffen und Auseinandersetzungen, weswegen wir sagen, dass wir noch lange nicht über den Berg sind, dass die Lage nach wie vor fragil ist und dass wir alles daransetzen müssen, nicht wieder in eine Eskalationsspirale hineinzuschlittern. Um das zu verhindern, ist es wichtig, dass wir in den politischen Prozess einsteigen.

In den politischen Prozess einsteigen kann man am besten, wenn wir das tun, was wir auch nach den Gesprächen auf Staatssekretärsebene in Paris gesagt haben. Dabei ging es ja ganz konkret um die Einrichtung von vier Arbeitsgruppen zum Thema "humanitäre Hilfe", zum Thema "Sicherheit", zum Thema "Wirtschaft" und zum Thema "Politik". Diese Arbeitsgruppen sind im Prinzip immanent, wenn es darum geht, jetzt weiter an der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu arbeiten und sie weiter voranzutreiben. Oft wird das in den Medien so verkürzt, als ob sich die Vereinbarung von Minsk nur auf den Waffenstillstand und auf den Rückzug der Waffen bezöge. Ja, das ist natürlich wichtig, und wir brauchen einen festen und dauerhaften Waffenstillstand. Aber in der Zwischenzeit ist ja noch ein bisschen passiert: Es wurden teilweise Gefangene ausgetauscht, und zum Beispiel hat die Ukraine das Sonderstatusgesetz verabschiedet.

Es geht jetzt zum Beispiel darum, wie wir bei dem Thema von Lokalwahlen in der Ostukraine vorankommen und wie wir den Zugang zu humanitärer Hilfe besser gestalten können. Da gibt es immer noch einige Baustellen und Defizite. Dann geht es darum, wie wir den Wiederaufbau der Ostukraine gestalten. All diese Fragen können wir nur oder besser thematisieren und dabei auch Fortschritte erzielen, wenn es Arbeitsgruppen gibt, die sich wirklich konsequent treffen und sich mit den einzelnen Themen auseinandersetzen.

Beide Seiten - sowohl der russische Außenminister als auch der ukrainische Außenminister - haben ein Interesse daran, dass alle Punkte, die in Minsk vereinbart wurden, natürlich auch umgesetzt werden. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten, und daran müssen auch beide Seiten arbeiten. Deshalb ist es wichtig, dass dieser politische Prozess auch gemonitort wird, indem man nicht nur auf Staatssekretärsebene im Rahmen dieses Aufsichtsmechanismus, sondern auch auf Außenministerebene zusammenkommt, um vor allem auch zu zeigen: Wir bleiben am Ball, wir schauen ganz genau, was vor Ort passiert, und wir messen beide Seiten daran, welche Schritte umgesetzt werden. Deswegen ist dieses Treffen auch sehr wichtig.

Zu den einzelnen Aussagen der Franzosen oder des russischen Außenministers möchte ich an dieser Stelle nichts sagen. Aber im Prinzip ist das, was ich jetzt ausgeführt habe, die Haltung der Bundesregierung zum Stand der Vereinbarungen von Minsk, zu den Hintergründen des Normandie-Treffens am Montag und zu der Frage "Wo wollen wir hin und wie kommen wir weiter?".

Zusatz: Entschuldigung, Frau Chebli, aber die Frage war, wie der deutsche Außenminister die Gesetze bewertet, die das ukrainische Parlament in Bezug auf den Osten der Ukraine bereits verabschiedet hat, was zum Beispiel den Status der Gebiete angeht.

Chebli: Ja, dazu hat der Sprecher - das könnten wir dann vielleicht auch noch einmal nachlesen -, glaube ich, schon Stellung bezogen. Sie meinen jetzt die Verabschiedung des Sonderstatusgesetzes. Die Verabschiedung des Sonderstatusgesetzes ist ein Punkt, der ja in Minsk gefordert worden ist. Das ist wichtig. Dass die Ukraine diesen Schritt gemacht hat, ist auch wichtig.

Jetzt müssen wir schauen, dass es zu diesen Wahlen in der Ostukraine kommt, die dann ja als Grundlage dafür gelten, den Sonderstatus zu erhalten. Genau um diese Punkte wird es auch bei diesem Treffen gehen - und auch nicht nur in diesem Treffen, sondern auch in den Arbeitsgruppen, die dann zu gründen sein werden. Das ist natürlich ein sehr, sehr wichtiger Punkt.

Dass die ukrainische Regierung jetzt erst einmal die Gebiete definiert hat, für die das Sonderstatusgesetz dann gilt, ist ja wichtig und richtig. Das wurde vollzogen. Jetzt geht es halt darum, wie man dann auch ganz konkret zu diesem Sonderstatus kommt, indem man Wahlen durchführt. Wir wollen im politischen Prozess genau daran andocken und schauen, wie wir dazu beitragen beziehungsweise dabei helfen können, dass die Lokalwahlen direkt durchgeführt werden.

Frage: Ich habe eine Frage zur Moskau-Reise des griechischen Premierministers, der nach dem Treffen mit Herrn Putin vom "Frühling in den Beziehungen zu Russland" gesprochen hat. Teilt die Bundesregierung diese Frühlingsgefühle? Wie bewerten Sie das, was in Moskau vereinbart worden ist? Ist die Bundesregierung nicht um die Einheit der Europäischen Union besorgt, weil es ja um die Politik gegenüber Russland geht?

SRSin Wirtz: Angesichts des Wetters draußen, denke ich, haben wir alle entsprechende Gefühle; das hoffe ich jedenfalls. Aber was die Frühlingsgefühle der Griechen in Richtung der Russen anbelangt, ist es so, dass das nun ein Staatsbesuch eines griechischen Ministerpräsidenten in Russland war und ich als deutsche Regierungssprecherin jetzt nicht in irgendeiner Form kommentiere, was dort vereinbart worden ist oder was ausgetauscht worden ist. Wichtig ist die Haltung der griechischen Regierung gegenüber der Europäischen Union, was die Vereinbarungen für das zweite Hilfspaket anbelangt. Das ist das, was entscheidend ist.

Was die Beziehungen der Bundesregierung zu Russland anbelangt, kann ich nur sagen, dass natürlich auch der Bundesregierung daran gelegen ist, gute Beziehungen zu Russland zu haben und es jetzt auch trotz des Konflikts, den es im Zusammenhang mit der Ukraine gibt, gleichwohl zu schaffen, beispielsweise auch in wirtschaftlicher Hinsicht zusammenzuarbeiten. Natürlich besteht ein großes Interesse daran, diesen Konflikt, den es mit der Ukraine gibt, auszuräumen und dann wieder zu einem Verhältnis zu Russland zu kommen, das von solchen Aspekten unbelastet ist.

Zusatzfrage: Ist man nicht ein bisschen genervt, wie die griechische Regierung agiert, nicht nur angesichts der Lage in der Ukraine, sondern auch wegen der Lage in Griechenland?

SRSin Wirtz: Nein, die Bundesregierung ist nicht genervt.

Frage : Um bei dieser Qualität zu bleiben: Ist die Bundesregierung denn erfreut und erleichtert nach dem, was sie gestern über die Begleichung von Zahlungsverpflichtungen von Griechenland gehört hat? Gibt es möglicherweise gar den Optimismus, dass die Entspannung der Finanzlage über den konkreten Zahlungszeitpunkt gestern hinaus noch andauern wird?

Mich würde zum Zweiten vom Finanzministerium interessieren: Nachdem bis gestern die Staatssekretäre der Euro-Arbeitsgruppe getagt haben, ist in diesen Gesprächen irgendetwas ersichtlich geworden, was man als Fortschritte bezeichnen kann, was zusätzliche Erkenntnisse gegeben hat, was zusätzliche Vorschläge aus Griechenland bedeuten könnte?

SRSin Wirtz: Die Bundesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass Griechenland seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommt und nachgekommen ist. Ich kann jetzt, ehrlich gesagt, von der Stelle aus nicht beurteilen, wie das mit den künftigen Zahlungsverpflichtungen ist. Aber natürlich ist dies ein wichtiges Zeichen dafür, dass Griechenland willens und in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen und damit natürlich auch den Prozess weiter voranzutreiben, auf dem sich die Europäische Union, Griechenland und die griechischen Regierung befinden, und da zu einem guten Ergebnis zu kommen, damit die Finanzhilfen der Europäischen Union dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Von Tiesenhausen-Cave: Was die Gespräche in Brüssel angeht: Dazu ist der Stand nicht wirklich groß anders als am Mittwoch. Sie werden auch wissen, dass derzeit wegen des orthodoxen Osterfestes die Verhandlungen nicht so rasant vorgehen. Aber die Institutionen haben uns gegenüber bestätigt, dass es Fortschritte in der Zusammenarbeit gegeben hat, aber dass gleichzeitig noch erhebliche Verhandlungsarbeit zu leisten ist, bis man zu einer umfassenden Übereinkunft kommt. Diese umfassende Übereinkunft ist wichtig, damit die Euro-Finanzminister, die sich ja, wie Sie wissen, Ende des Monats, nämlich am 24. und 25. in Riga treffen, über die Bedingungen des griechischen Hilfsprogramms beraten können.

Vielleicht noch ganz kurz zum weiteren Vorgehen, was dann verabredet wäre: Es muss diese umfassende Übereinkunft geben. Dann wäre die Idee, dass die Finanzminister in Griechenland darüber beraten. Auch dann müssten die Institutionen weiterarbeiten. Ziel wäre es, zu einem sogenannten "staff-level agreement" zu kommen. Der nächste Schritt wäre die Umsetzung, also die Implementierung, dieser Reformmaßnahmen in Griechenland. Dann käme es zu dem auch Ihnen bekannten "implementation review", der dann Grundlage für die Auszahlung von weiteren Hilfszahlungen beziehungsweise Kreditzahlungen wäre.

Zusatzfrage: Vielleicht darf ich kurz noch etwas zum Verständnis fragen. Wenn Sie sagen, die Institutionen hätten berichtet, dass es Fortschritte in der Zusammenarbeit gibt, ist das jetzt formal gemeint - denn es gab ja Klagen, dass die Zusammenarbeit aus verschiedenen technischen Gründen einfach nicht funktioniert hat -, oder ist das inhaltlich gemeint, dass es Fortschritte bei den Institutionsgesprächen mit Athen gegeben hat?

Von Tiesenhausen-Cave: Es gibt da Fortschritte. Ich habe ja gesagt: Es gibt Fortschritte. Aber gleichzeitig ist auch klar, dass noch keine Reformliste steht und dass da noch erhebliche Verhandlungsarbeit zu leisten ist.

Frage: Ich habe eine Frage an das Justizministerium: Mit welcher Begründung lehnt es das Justizministerium weiterhin ab, Informationen über V-Leute preiszugeben, die mit dem Oktoberfest-Attentat von 1980 in Verbindung gebracht werden?

Zweite Frage: Was ist die konkrete Antwort an die Opfer, die noch immer auf vollständige Aufklärung hoffen?

Zimmermann: Für das Justizministerium kann ich dazu nur sagen, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen im Dezember 2014 wieder aufgenommen hat. Die Frage der V-Leute fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesjustizministeriums.

Plate: Die Frage der V-Leute liegt in der Zuständigkeit der Innenschiene, wie man bei uns sagt, also in diesem Fall des Bundesinnenministeriums. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage, die es zu diesem Thema gegeben hat, hat die Bundesregierung relativ ausführlich Stellung genommen, warum sie sich daran gehindert sieht, die Informationen offenzulegen, die Sie ansprechen. Das ist die Drucksache 18/3259, dort Frage 2 a. Darin heißt es im Wesentlichen - ich will es nur ganz kurz zusammenfassen -:

"Der Informationsanspruch des Parlaments findet eine Grenze bei geheimhaltungsbedürftigen Informationen, deren Bekanntwerden das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden kann."

Um solche Informationen handelt es sich hier.

Zusatzfrage: Diese V-Leute haben sich zum Teil selbst dazu bekannt, damit im Zusammenhang zu stehen. Ich nenne einmal Hans Ulrich Behle. Warum ist dieser Schutz wichtiger als die vollständige Aufklärung für die Opfer?

Plate: Ich kann das gerne noch ein bisschen genauer ausführen. Eine Antwort auf die konkrete Frage 2 a in dieser Kleinen Anfrage würde dazu führen, dass Einzelheiten über Methoden und Informationsquellen der Nachrichtendienste bekannt würden, die ihre Funktionsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen würde, auch über diesen ganz konkreten Fall hinaus.

Frage: Es wird ja deswegen in dieser Sache eine Klage vor dem Verfassungsgericht geben. Wie sieht die Bundesregierung dieser Klage entgegen?

SRSin Wirtz: Gelassen.

Frage: Meine Frage richtet sich an das Verkehrsministerium. Die EU-Kommission will nun eine Beschwerde des Fahrdienstvermittlers Uber zum Taximarkt in Deutschland prüfen beziehungsweise den Taximarkt in Deutschland unter die Lupe nehmen. Wie ist da Ihre Reaktion? Sehen Sie angesichts dieses genauen Hinschauens aus Brüssel möglicherweise Handlungsbedarf, damit solche Unternehmen dann doch besser zum Zuge kommen können?

Strater: Ich kann weder die Klage, die Uber eingereicht hat, noch die Reaktion oder die Prüfung der EU-Kommission bestätigen. Es ist auch nicht meine Aufgabe, das zu bewerten. Soweit ich den Presseberichten entnommen habe, geht es eher um wettbewerbs- und kartellrechtliche Fragen, die nicht in unserer Zuständigkeit liegen, sondern das Personenbeförderungsgesetz liegt in unserer Zuständigkeit. Aber darum scheint es hier nicht zu gehen.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Wirtz oder an das Auswärtige Amt: Wen schickt die Bundesregierung zu der Gedenkfeier in Armenien, die in ein paar Tagen zum Gedenken an den Völkermord vor 100 Jahren stattfindet?

SRSin Wirtz: Nach meiner Kenntnis wird der Bundestag eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema machen. Abgesehen davon kann ich keine Pläne für eigene Veranstaltungen der Bundesregierung verkünden. Inwieweit Mitglieder der Bundesregierung an Veranstaltungen teilnehmen, kann ich Ihnen nicht abschließend sagen. Ich kann für die Bundeskanzlerin sagen, dass derzeit eine Teilnahme an einer solchen Veranstaltung nicht geplant ist.

Chebli: Ich kann das ergänzen: Staatsminister Roth wird teilnehmen.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Flosdorff. Es gibt eine Meldung, dass das Verteidigungsministerium jetzt insgesamt 328 Kampfpanzer einsatzbereit halten wird. Erstens. Können Sie das bestätigen? Zweitens. Gibt es angesichts der neuen Sicherheitslage noch weiterführende Pläne, in bestimmten Bereichen aufzustocken?

Flosdorff: Ich kann die Meldung bestätigen, dass im Ministerium die Entscheidung gefallen ist, die künftige Obergrenze auf 328 anzuheben, nämlich 320 Kampfpanzer, die der Truppe zur Verfügung stehen sollen, und acht Kampfpanzer, die dem Beschaffungsamt, für die Techniker, für Demonstrationszwecke zur Verfügung stehen, um dort Nachbesserungen und Modernisierungen vorzunehmen.

Die Ministerin hat schon vor einigen Wochen verkündet, dass sie diese hohlen Strukturen wieder auffüllen möchte. Wir haben zum Teil Panzerregimenter, die zwar über Truppe und Infrastruktur verfügen, bei denen das Ganze aber nicht in ausreichendem Maße mit Gerät hinterlegt ist. Das soll jetzt aufgefüllt werden. Das wird in mehreren Schritten passieren.

Die wieder in den Bestand der Bundeswehr übernommenen Kampfpanzer von der aktuellen Zahl um die 240 bis auf 328 werden jetzt von der Industrie wieder zurückbeschafft. Das sind Kampfpanzer in unterschiedlichen Rüstzuständen, teilweise in älteren Rüstzuständen. Die sollen dann ab dem Jahr 2017 sukzessive modernisiert und aufgebaut werden.

Zusatzfrage: Können Sie noch kurz etwas zu den Kosten dieser Maßnahme sagen? Kann man das schon sagen?

Flosdorff: Es gab bei der Industrie noch 100 eingelagerte Kampfpanzer Leopard 2 in einem älteren Rüstzustand. Die wird die Bundeswehr zum Preis von insgesamt 22 Millionen Euro wieder zurückübernehmen und demnächst der Truppe zur Verfügung stellen.

Die Aufrüstkosten ab dem Jahr 2017 kann ich Ihnen heute hier noch nicht beziffern.

Zusatzfrage: Gibt es jetzt angesichts der neuen Bedrohungslage eigentlich noch weitere Pläne, auch an anderen Stellen die Obergrenzen nach oben zu setzen?

Flosdorff: In vielen Bereichen der Bundeswehr haben wir im Prinzip doch hohle Strukturen, in denen nicht die notwendige Ausrüstung in dem Umfang vorhanden ist - auch das war hier vor einigen Wochen schon Thema -, wie man sich das wünscht. Dabei geht es auch um Schutzwesten. Es geht um persönliche Ausrüstung. Es geht aber auch um ungepanzerte Fahrzeuge und um normale Fahrzeuge. Auch das soll in den nächsten Jahren sukzessive so aufgestockt werden, dass die Bundeswehr den gestiegenen Anforderungen entsprechen kann.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur daran, dass wir zum Beispiel gerade in diesen Tagen eine Übung der "Speerspitze" der Nato haben. Das heißt, da müssen Soldaten in größerem Umfang in einer ganz kurzen Reaktionszeit mit dem richtigen Material, mit dem richtigen Gerät schnell verlegbar sein. Das gelingt nur, wenn das Material nicht erst umständlich durch die Republik zu diesem Ort gebracht werden muss.

Frage: Der Wirtschaftsminister hat gesagt, dass die Europäische Union Russland wieder als Partner gewinnen sollte. Was bedeutet das? Können Sie das erklären?

Dünow: Der Wirtschaftsminister hat in der Tat in einem Interview mit dem "FOCUS" auf einen Sachverhalt hingewiesen, auf den er schon mehrfach hingewiesen hat - auch die Kanzlerin hat das angesprochen -, nämlich die sehr langfristige, zur aktuellen Lage fast illusorisch anmutenden Perspektive eines gemeinsamen Freihandels mit Russland.

Sie kennen die Debatte darüber, dass wir unabhängig von der sehr schwierigen Lage, die durch die russische Politik entstanden ist, darüber nachdenken sollten, wie man am Tag X, am Tag nach einer friedlichen, diplomatischen Lösung all der Konflikte, die wir im Umfeld der Ukraine gegenwärtig haben, wieder weiter zusammenarbeiten könnte.

Minister Gabriel hat, wie viele andere, bei verschiedenen Gelegenheiten mehrfach darauf hingewiesen, dass das Thema Freihandel keineswegs ausschließlich ein wirtschaftspolitisches Thema ist, sondern in der Vergangenheit sehr wohl auch dazu geeignet war, die politischen, kulturellen und sozialen Beziehungen zwischen Staaten zu vertiefen. So sollten wir das auch in Zukunft versuchen zu gestalten.

Frage: Frau Chebli, können Sie noch etwas zu dem palästinensischen Flüchtlingslager bei Damaskus sagen? Die Lage dort scheint sich ja dramatisch zuzuspitzen. Wie ist die Haltung des Außenministers dazu?

Chebli: In der Tat: Die Lage in dem palästinensischen Lager Jarmuk ist dramatisch. Aber man muss auch sagen: Sie ist nicht erst seit gestern dramatisch, sondern im Prinzip geht es den Menschen dort seit dem Beginn des Bürgerkriegs schlecht. Sie werden ausgehungert. Die humanitäre Hilfe wird vom Assad-Regime und von den einzelnen Extremistengruppen systematisch blockiert. Zu all dem Elend kommt jetzt auch noch ISIS und versucht Teile des Lagers zu erobern. Das Regime geht mit brutaler Rücksichtslosigkeit gegen die Zivilbevölkerung vor.

Ich habe gesagt, dass die Lage in Jarmuk nicht erst seit gestern dramatisch ist. Das bedeutet auch, dass sich die Bundesregierung und das Auswärtige Amt nicht erst seit gestern um Jarmuk kümmern. Wir haben zum Beispiel im vergangenen Jahr 6,4 Millionen Euro zur Unterstützung des Lagers in Syrien zur Verfügung gestellt. UNWRA ist die UN-Hilfsorganisation für die palästinensischen Flüchtlinge. Wir stehen auch jetzt im Kontakt mit den Vereinten Nationen, um zu schauen, wie wir weiter helfen können.

Es ist gut, dass der Generalsekretär den stellvertretenden Sonderbeauftragten für Syrien, den früheren ägyptischen Botschafter, nach Damaskus entsandt hat, um auf die Konfliktparteien einzuwirken, damit dort eine neue menschliche Tragödie verhindert werden kann.

Aber es ist so - das ist das, was wir an dieser Stelle immer wieder sagen - und bleibt auch dabei: Frieden und Stabilität in Syrien wird es nicht militärisch geben, sondern nur im Rahmen einer politischen Lösung. Das zeigen die Lage heute in dem Lager und der Hotspot, den wir wegen des Einmarsches von ISIS in das Lager haben, noch umso dringlicher und ist mit einem noch viel dramatischeren Appell verbunden.

Frage: Ich habe zwei Fragen an das Bundesfinanzministerium. Es geht um die Kontodatenabfrage. Könnten Sie vielleicht erst einmal sagen, wie Sie sich den deutlichen Anstieg erklären? Sehen Sie durch diesen deutlichen Anstieg einen Bedarf, die bestehenden Gesetze zu ändern?

Von Tiesenhausen-Cave: Danke für Ihre Frage. - Wir haben heute in der Tat sehr viele Nachfragen dazu gehabt. Ich nehme das jetzt einmal zum Anlass, ganz kurz zu erklären, worum es bei diesen Kontoabfragen eigentlich geht. Ich werde auch Ihre Frage beantworten.

Die Steuerverwaltung und die Sozialbehörden können schon seit 2005 über das Bundeszentralamt für Steuern Kontostammdaten von Bürgern abrufen. Wichtig ist: Es geht um Kontostammdaten. Das heißt, es geht um Name, Geburtsdatum und Kontonummer, nicht um Kontoumstände und Kontobewegungen, also reine Stammdaten.

Ziel dieser Möglichkeit ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und auch von Sozialmissbrauch. Die gesetzliche Grundlage dazu liegt in der Abgabenordnung. Dem Datenschutz wird dabei umfassend Rechnung getragen.

Im Steuerverfahren erfolgt ein Abruf, außer in Vollstreckungsfällen, nur mit Einwilligung des Bürgers. Bei Kontenabrufen anderer Behörden sind die Voraussetzungen und die datenschutzrechtlichen Bestimmungen jeweils umfassend in Fachgesetzen geregelt.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit des Kontenabrufs, insbesondere seine Notwendigkeit, im Jahr 2007 bestätigt.

Die Zahlen, die heute zitiert wurden, können wir bestätigen. Sie stammen aus unseren Statistiken. Der Anstieg, den Sie im Jahr 2014 im Vergleich zum Jahr 2013 feststellen können, ist insbesondere auf Kontenabrufe durch Gerichtsvollzieher zurückzuführen, die diese Möglichkeit erst im Januar 2013 bekommen haben.

Zusatzfrage: Sehen Sie einen Bedarf, Gesetze aufgrund dieses Anstiegs zu ändern?

Von Tiesenhausen-Cave: Nein. Der Anstieg erklärt sich ja dadurch, dass es diese Möglichkeit für Gerichtsvollzieher erst seit Kurzem gibt. Für die Behörden spiegelt das den Ermittlungsbedarf wider, den sie haben. Insofern ist die Rechtslage klar, so wie sie steht.

Frage: Frau Zimmermann, können Sie abschätzen: Sind das die Zahlen, die Sie ungefähr erwartet hatten, was die Zunahme bei den Gerichtsvollziehern betrifft, oder übersteigt das die Erwartungen?

Zimmermann: Wie es die Kollegin schon gesagt hat: Diese Möglichkeit für Gerichtsvollzieher gibt es erst seit dem 1. Januar 2013. Das wurde durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung eingeführt. Erwartungen in dieser Hinsicht hatten wir keine. Wir beobachten natürlich die weitere Entwicklung. Ich denke, aufgrund der Kürze der Zeit ist es jetzt noch zu früh, um in irgendeiner Weise eine weitere Abschätzung oder Einordnung vorzunehmen. Aber wir haben selbstverständlich die weitere Entwicklung im Auge.

Frage: Ich habe eine ganz frische Meldung. Die Frage richtet sich an das Wirtschaftsministerium. Demnach dürfen nach einer Verfügung des Umweltministeriums in Niedersachsen 58 Castorbehälter mit radioaktivem Inhalt vorerst nicht mehr bewegt werden. Der Minister geht davon aus, dass die zuständige Stelle im Bundeswirtschaftsministerium ebenfalls einen Transportstopp verfüge. Hierbei geht es um die mangelhafte Dokumentation der Qualitätsprüfungen. Wissen Sie davon? Kann man das möglicherweise schon erhärten?

Dünow: Ich weiß davon nichts. Sie haben eben gesagt, die Meldung sei ganz frisch. Ich sitze ja seit anderthalb Stunden hier.

Zusatz: Deswegen muss der Vorgang ja nicht ganz falsch sein.

Dünow: Ich vermute, dass sich diese Frage eher an das Bundesumweltministerium richtet; denn für die Reaktorsicherheit und für die Sicherheit von Atommülltransporten und Castoren ist das Bundeswirtschaftsministerium nicht zuständig.

Zusatz: Aber es geht um Energie.

Dünow: Ja, bei Atom geht es häufig um Energie. Aber für Kernenergie in puncto Sicherheit und Abfallentsorgung sind wir nicht zuständig.

Vorsitzender Wefers: Ist denn das Bundesumweltministerium dazu sprechfähig?

Scharfschwerdt: Sie haben insofern recht: Betroffen ist vor allen Dingen das Bundeswirtschaftsministerium, weil die Prüfung in der Zuständigkeit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung liegt.

Grundsätzlich kann ich Ihnen dazu mitteilen, dass wir davon ausgehen, dass die Sicherheit der Behälter nicht betroffen ist, da die Tragzapfen ganz grundsätzlich jederzeit ausgetauscht werden können, und dass der Qualitätsnachweis jederzeit erfolgen kann.

Das Ganze ist nicht ganz neu. Das ist seit August 2014 bekannt. Alle zuständigen Stellen befinden sich dazu im Austausch.

Zu dem Stopp kann ich Ihnen nichts sagen.

Zusatzfrage: Das, was der Kollege in Niedersachsen gemacht hat, ist also mit Ihnen abgesprochen, beziehungsweise Sie sagen, Sie sind dort im Austausch. Kann das denn dazu führen, dass möglicherweise eine solche Konsequenz dann auch bundesweit kommen wird?

Scharfschwerdt: Ich kann Ihnen zu der aktuellen Forderung nichts sagen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir davon ausgehen, dass die Sicherheit nicht betroffen ist.

Grundsätzlich gibt es einen Austausch zu diesen Aspekten, aber zu der aktuellen Forderung kann ich mich jetzt nicht äußern, tut mir leid.

Frage: Eine Frage, vermutlich an das Bundesinnenministerium: Können wir mit einer Neubewertung der PKK rechnen?

Plate: Beim Bundesinnenministerium sind Sie mit dieser Frage genau richtig. Das Bundesinnenministerium verfolgt selbstverständlich aufmerksam alle Entwicklungen rund um die PKK, auch das Statement, auf das Sie wahrscheinlich Bezug nehmen, das, glaube ich, gestern medial bekannt geworden ist.

Das Bundesinnenministerium steht im Austausch mit allen relevanten Akteuren, die für diese Frage von Bedeutung sind. Wir beobachten auch aufmerksam die Entwicklung innerhalb der Türkei, zwischen der PKK und der türkischen Regierung. Allein das Statement, für sich genommen, bietet aber jedenfalls kurzfristig keinen Anlass für eine Änderung der bisherigen Bewertung.

Frage : Ich hätte gern eine kurze Information von Frau Wirtz oder von Herrn Dünow zur Exportgenehmigung für U-Boote an Israel. Kann mir einer von Ihnen den Sachstand sagen?

Dünow: Ich kann Ihnen sagen, warum ich Ihnen keinen Sachstand geben kann: Sie wissen, dass im Rahmen der erhöhten Transparenz beim Umgang mit dem Thema Rüstungsexporte das Bundeswirtschaftsministerium den Bundestag über Beschlüsse des Bundessicherheitsrates und des vorbereitenden Ausschusses informiert. Das hat es auch gestern getan. Bedauerlicherweise - bedauerlicherweise für Sie; das haben wir hier auch schon mehrfach erläutert - gilt die Aufhebung der Vertraulichkeit dieser Beschlüsse für das Parlament, für den Souverän, aber nicht für die Öffentlichkeit, sodass ich Ihnen hier nicht mehr zu dem Thema sagen kann.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium zu einer "Spiegel"-Vorabmeldung, nach der Air Berlin ab Winter ein Teil der gemeinschaftlich vorgenommenen Flüge mit Etihad verboten werden soll. Da soll es einen Brief des Ministers geben. Können Sie dazu etwas sagen? Stimmt das?

Strater: Diese Meldung liegt mir nicht vor, aber es gibt, soweit ich weiß, ein Schreiben an die VAE, in dem dieses Thema Codeshares beschrieben ist und in dem wir gesagt haben, dass für die Flugplanperioden Winter und Sommer dieses Jahres Ausnahmen gemacht wurden und dies Ausnahmen bleiben sollen, aber alles Weitere im Rahmen von Konsultationen besprochen werden soll. Da werden Terminangebote gemacht, soweit ich weiß, und auch erwähnt, worüber gesprochen wird. Aber es gibt noch keine Termine und auch keine Reaktion auf dieses Schreiben. Das ist mein Sachstand, aber es gibt ein solches Schreiben, ja.

Frage: Es kam gerade etwas Aktuelles herein: Pakistan hat sich jetzt dagegen entschieden, der Interventionskoalition im Jemen beizuwohnen. Wertet das die Bundesregierung als ein positives Zeichen, dass die Koalition der Willigen auseinanderbröselt?

Chebli: Ich hatte in der letzten Sitzung am Mittwoch schon gesagt, wie die Position der Bundesregierung zur Lage im Jemen ist. Daran hat sich nichts geändert.

Für uns ist es wichtig, dass wir im Jemen eine politische Lösung haben, dass wir eine ausverhandelte politische Lösung haben, dass sich die Konfliktparteien an einen Tisch setzen und im Rahmen eines nationalen Dialogs zu einer politischen Lösung kommen. Alles, was dazu beiträgt, kann nur in unserem Interesse liegen.

Freitag, 10. April 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 10. April 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/04/2015-04-10-regpk.html;jsessionid=BE8C7D7F937AE68844A7123E34B19350.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2015

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