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PRESSEKONFERENZ/1203: Regierungspressekonferenz vom 20. April 2016 (BPA)



Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut Mitschrift der Pressekonferenz in Berlin - Mittwoch, 20. April 2016
Regierungspressekonferenz vom 20. April 2016

Themen: Kabinettssitzung (Gesetzentwurf zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes, Rentenerhöhung zum 1. Juli 2016, Bundesbericht Energieforschung 2016, Zustimmung der Bundesregierung zur Unterzeichnung des Protokolls zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt Montenegros, migrationspolitische Risikoanalyse 2016/2017), Besuch des US-amerikanischen Präsidenten in Deutschland, Ankündigung eines Gesprächs der Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Italien und der USA mit der Bundeskanzlerin in Hannover, Telefonat der Bundeskanzlerin mit dem libyschen Premierminister, Ausreise zweier Menschenrechtsaktivisten aus Aserbaidschan, Telefonat zwischen der Bundeskanzlerin und dem griechischen Ministerpräsidenten, Sitzung des Nato-Russland-Rates, geplante Änderung von § 103 StGB, Sperrung der Eröffnung von Beitrittskapiteln zwischen Serbien und der EU durch Kroatien, politische Situation in Mazedonien, Medienberichte über Ergebnisse der Untersuchung des Kraftfahrt-Bundesamtes zum Schadstoffausstoß von Autos verschiedener Hersteller, Verweigerung der Einreise eines deutschen Journalisten in die Türkei, Sicherheitsnachweis für die belgischen Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3, Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz

Sprecher: SRS'in Wirtz, Schäfer (AA), Urban (BMEL), Gülde (BMG), Schäfer (AA), Malachowski (BMJV), Strater (BMVI)

Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Wirtz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Das Kabinett hat heute den Gesetzentwurf zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes beschlossen. Dieses Gesetz gilt für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter. Für diese Produkte sind nun zusätzliche Werbeverbote vorgesehen. Konkret geht es um ein generelles Verbot der Außenwerbung, das nach einer Übergangsfrist am 1. Juli 2020 in Kraft treten soll. Außerdem wird die Kinowerbung auf Kinofilme beschränkt, die mit "keine Jugendfreigabe" eingestuft sind. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf auch vor, dass die kostenlose Abgabe von Zigaretten, von Tabak zum Selbstdrehen und von Wasserpfeifentabak generell verboten sein soll. Zudem will die Bundesregierung die nikotinfreien elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehälter den nikotinhaltigen gesetzlich gleichstellen.

Weiter ging es mit der Rentenerhöhung zum 1. Juli 2016. Dazu hat die Bundesarbeitsministerin vorgetragen. Wie Sie sicherlich schon mitbekommen haben, werden die 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland zum 1. Juli 2016 deutlich höhere Renten bekommen. Das heißt konkret: In den neuen Bundesländern gibt es eine Steigerung um 5,95 Prozent, in den alten Bundesländern sprechen wir über eine Rentenerhöhung von 4,25 Prozent. Das ist die höchste Rentensteigerung, die es in Deutschland seit 23 Jahren gegeben hat. Die unterschiedliche Erhöhung in den alten und den neuen Ländern ist darauf zurückzuführen, dass die Rente den Löhnen folgt. Die für die Renten relevanten Lohnentwicklungen des Jahres 2015 im Vergleich zu 2014 lagen im Westen bei 3,78 Prozent. Im Osten waren es sogar 5,48 Prozent.

Bundesarbeitsministern Nahles hat im Kabinett deutlich gemacht, dass Gründe für diese Rentensteigerung die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt und darüber hinaus die Wirkung des gesetzlichen Mindestlohns, die vor allem in den neuen Bundesländern zu beobachten ist, sind.

Dann geht es mit dem Bundesbericht Energieforschung 2016 weiter, der vom Bundeswirtschaftsminister vorgelegt wurde. In diesem Bericht werden vielfältige öffentliche Fördermaßnahmen im Bereich der Energieforschung vorgestellt. Ziel der Bundesregierung ist es, eine umweltverträgliche, wirtschaftliche und sichere Energieversorgung zu gewährleisten, und zwar mittels technischer Innovationen. Die Bundesregierung hat im Jahr 2015 für die Energieforschung 863 Millionen Euro ausgegeben. Das ist eine Verdopplung innerhalb eines Jahrzehnts. Der größte Anteil der Mittel floss dabei in die Themen Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Der Bundesaußenminister hat dem Kabinett die Zustimmung der Bundesregierung zur Unterzeichnung des Protokolls zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt Montenegros vorgelegt. Auch dieser Punkt ist vom Kabinett verabschiedet worden. Der Bundesaußenminister hat dargelegt, dass im Geiste der Politik der offenen Tür einer Unterzeichnung des Protokolls zum Nato-Beitritt Montenegros zuzustimmen sei. Damit kann der Bundesaußenminister beim Treffen der Nato-Außenminister am 19. und 20. Mai 2016 in Brüssel für die Bundesregierung das Beitrittsprotokoll zum Nordatlantikvertrag unterzeichnen.

Montenegro hat in den vergangenen Jahren ehrgeizige Reformen seines Sicherheitssektors sowie bei der Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie umgesetzt. Der formelle Beitritt kann im Frühjahr 2017 erfolgen, wenn das Beitrittsprotokoll angenommen worden ist.

So viel zu den Beschlüssen des Kabinetts.

Darüber hinaus wurde auch noch einmal das Thema Migration und Flüchtlinge im Kabinett erörtert. Sie wissen, dass in jeder Kabinettssitzung ein besonders Thema in diesem Kontext besprochen wird. Heute ging es um die migrationspolitische Risikoanalyse 2016/2017. Diese Risikoanalyse wurde von dem Bundesinnenminister und dem Bundesaußenminister vorgelegt. Der Bericht stellt dar, welche Maßnahmen die Bundesregierung zur Fluchtursachenbekämpfung dargelegt hat. Das betrifft vor allem die Regionen Syrien und dessen Nachbarstaaten, die Maghrebländer und Westafrika, das Horn von Afrika und den Jemen, den Iran, Afghanistan, Pakistan und die Westbalkanstaaten.

Außerdem wurden die Hauptmigrationsrouten analysiert, und es wurde natürlich auf mögliche weitere Entwicklungen in diesen Migrationsbewegungen eingegangen, wobei der Bericht zu dem Schluss kommt, dass die zukünftigen Migrationsbewegungen relativ schwer prognostizierbar seien, weil es in den einzelnen Staaten eine sehr volatile Lage gibt.

So weit zunächst mein Bericht aus dem Kabinett.

Ich möchte noch etwas zu dem Besuch von Präsident Obama am Wochenende in Deutschland nachtragen. Ergänzend zu den Hinweisen, die Ihnen Herr Seibert am Freitag schon gegeben hat, möchte ich einen weiteren Termin ankündigen. Am 25. April, also am Montag, werden sich auf Einladung der Bundeskanzlerin der französische Staatspräsident François Holland, der britische Premierminister David Cameron und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi mit Präsident Obama und der Kanzlerin zu einem Gespräch treffen. Themen werden die vielen Fragen der internationalen Politik sein. Dieses Gespräch wird am Montagnachmittag auf Schloss Herrenhausen stattfinden.

Dann möchte ich noch auf ein Telefonat eingehen, das die Bundeskanzlerin gestern geführt hat. Die Bundeskanzlerin hat gestern dem libyschen Premierminister Fayez al Serraj gratuliert und ihm für sein wichtiges Amt und die schwierigen Aufgaben, die vor ihm liegen, viel Kraft und viel Glück gewünscht.

Schäfer: Ich möchte Ihnen gern Folgendes mitteilen: Die Bundesregierung begrüßt die Entscheidung der Behörden Aserbaidschans, den Menschenrechtsaktivisten und dem Ehepaar Leila und Arif Junus gestern die Ausreise aus Aserbaidschan zu gestatten. Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder und auch auf hoher Ebene gegenüber der Regierung Aserbaidschans für eine humanitäre Lösung im Falle dieser beiden Menschen eingesetzt. Die Bundesregierung ist erleichtert, dass das Ehepaar Junus sich nun in Deutschland einer medizinischen Behandlung unterziehen kann, die dringend notwendig ist.

Frage: Könnten Sie noch etwas genauer sagen, welches die Themen bei dem Gespräch in Hannover sein werden? Die Kanzlerin ist zwei Tage davor in der Türkei an der syrischen Grenze. Ist damit zu rechnen, dass sie dann ihre Eindrücke von Gesprächen mit Herrn Davutoglu oder Herrn Erdogan wiedergibt? Mit anderen Worten: Wird bei diesem Treffen am Montag die Türkei ein größeres Thema sein? Sie sagten, sie habe gestern mit dem libyschen Premierminister telefoniert. Wird auch das am Montag ein Thema sein? Können Sie einfach noch ein bisschen mehr dazu sagen, was da auf der Agenda steht?

SRS'in Wirtz: Das würde ich sehr gern tun. Allerdings ist es schwer, das vor einem solchen Treffen zu prognostizieren, weil alle fünf Gesprächspartner sicherlich das Anliegen haben, über bestimmte Themen zu sprechen. Die Themen, die Sie angesprochen haben, gehören sicherlich zu Themen, die die Weltpolitik derzeit bewegen. Deshalb möchte ich nicht ausschließen, dass auch über diese Themen gesprochen wird.

Frage: Eine etwas allgemeinere und eine spezielle Frage. Die allgemeine: Die Kanzlerin wird Obama in seiner Funktion vermutlich zum letzten Mal hier in Deutschland treffen. Wie bilanziert Frau Merkel das Verhältnis zwischen ihr und Obama, das sich im Laufe der Jahre ergeben hat? Wie hat sich das deutsch-amerikanische Verhältnis in diesem Zusammenspiel entwickelt?

Eine speziellere Frage: Wird im Rahmen des Besuchs und der deutsch-amerikanischen Kontakte auch das Thema des VW-Skandals eine Rolle spielen? Denn da hat sich bis jetzt auf amerikanischer Seite noch nicht allzu viel getan. Da sind viele Fragen offen.

SRS'in Wirtz: Was Ihre zweite Frage anbelangt, gilt das, was ich im Grunde genommen gerade schon gesagt habe: Ich kann konkrete Gesprächsinhalte jetzt noch nicht vorwegnehmen, weil die Gespräche erst noch geführt werden. Ich kann nicht ausschließen, dass auch dieses Thema angesprochen wird. Aber ich kann es nicht bestätigen.

Ich gebe Ihnen recht: Vermutlich ist es das letzte Mal, dass die Bundeskanzlerin mit Herrn Obama in seiner Funktion zusammentrifft. Was die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Präsidenten in dieser Legislaturperiode angeht, so sind die Amerikaner natürlich ein sehr wichtiger Partner für Deutschland und Europa. Ich denke, eine weitere Bewertung wird im Laufe dieses Besuchs von der Bundeskanzlerin selber erfolgen.

Frage: Vielleicht habe ich es überhört: Hat die Kanzlerin die anderen Regierungschefs eingeladen? Denn in diesem Falle müsste es ja ein Thema geben, über das sie sprechen möchte. Sie kommen ja nicht, um mal über alles zu sprechen, was ihnen auf der Seele liegt.

SRS'in Wirtz: Richtig ist - das hatte ich auch so gesagt -, dass die Bundeskanzlerin zu diesem Treffen eingeladen hat. Das ist in der Tat richtig.

Zuruf: Aber ohne Thema?

SRS'in Wirtz: Ich habe ja gesagt, dass es allgemein um die gesamtpolitische Situation auf dieser Welt geht und dass diese fünf Repräsentanten sehr wichtiger Partnerstaaten sicherlich viele Punkte haben, über die zu sprechen ist. Einige davon hat der Kollege ja schon als Stichworte genannt.

Frage: Kann man davon ausgehen, dass diese Einladung im Grunde genommen nicht vorgesehen war und dass darüber fast in den letzten Tagen entschieden worden ist? Kann man, da der italienische Ministerpräsident Renzi dabei ist, davon ausgehen, dass die Migrationssituation und die Politik im Zusammenhang mit Libyen Themen sein werden?

SRS'in Wirtz: Es hat durchaus auch schon Gespräche in diesem Format gegeben. Das ist keine totale Premiere. Auch damals beim G20-Treffen in der Türkei hat es ein solches Treffen in diesem Format gegeben.

Die Migrationsbewegung ist sicherlich ein Thema, das gerade europapolitisch und weltpolitisch sehr wichtig ist. Die Situation in Libyen ist auch ein Thema, das hoch oben auf der Tagesordnung steht. Insofern kann ich nicht ausschließen, dass diese Themen besprochen werden. Aber ich kann Ihnen jetzt leider keine Tagesordnung zu diesem Termin geben, auch wenn Sie es noch so sehr versuchen.

Zusatzfrage: Wird das Treffen im Anschluss an den Besuch der Hannover Messe stattfinden oder noch davor?

SRS'in Wirtz: Ich habe gesagt, am Montagnachmittag wird dieses Treffen stattfinden.

Frage: Frau Wirtz, ist im Zusammenhang mit diesem Treffen eine Pressekonferenz geplant?

SRS'in Wirtz: Ich kann Ihnen jetzt noch nicht definitiv sagen, ob es eine Pressekonferenz geben wird. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen.

Frage: Frau Wirtz, wird die Kanzlerin die US-Drohnenmorde via Ramstein ansprechen, die NSA-Totalüberwachung und die Schließung von Guantanamo?

SRS'in Wirtz: Ich habe gerade schon auch auf die vielen Fragen Ihrer Kollegen geantwortet, dass ich hier keine Tagesordnung für dieses Gespräch vorlegen kann.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, sind in den deutsch-amerikanischen Beziehungen die Themen US-Drohnenmorde via Ramstein, NSA-Totalüberwachung und die Schließung von Guantanamo immer noch Thema, oder wird das mittlerweile ignoriert?

Schäfer: Ich weiß nicht, ob es ignoriert wird. Aber was ich Ihnen sagen kann, ist, dass sich der amerikanische Außenminister und der deutsche Außenminister in den sehr zahlreichen Kontakten, die Sie in den letzten Monaten und auch Wochen gehabt haben, auf das konzentrieren, was ihnen gewissermaßen "vor der Brust" steht. Das sind die großen Konflikte, um die wir uns kümmern, allen voran die Lage in Syrien, die überaus besorgniserregend ist, andere Fragen und die Situation in der Ukraine. Das schließt überhaupt nicht aus, dass in einer so umfassend und breit angelegten Beziehung wie der zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika auch andere Themen zur Sprache kommen. Die Außenminister konzentrieren sich auf diese Fragen. Bei den Fragen, die Sie ansprechen, hat es schon in der Vergangenheit sehr viel Austausch zwischen beiden Ländern gegeben.

Frage: Frau Wirtz, vielleicht habe ich es überhört: Ist niemand von EU-Seite bei diesem Treffen dabei? Kann ich, da die Kanzlerin die Einladende ist, darauf schließen, dass die europäische Außenpolitik beim Bewältigen internationaler Probleme nicht mehr so wichtig ist?

SRS'in Wirtz: Nein, das möchte ich nicht so verstanden wissen. Sagen wir es erst einmal ganz allgemein: Es gibt in der deutschen Außenpolitik verschiedene Formate und verschiedene Gesprächskanäle, die immer wieder genutzt werden. Das Gesprächsformat der fünf Staats- und Regierungschefs ist keine Premiere. Das hat es schon einmal gegeben. Diese fünf Staaten sind zum Beispiel auch bei G7 zusammengeschlossen. Jetzt sind es eben die europäischen Staaten und die Amerikaner. Insofern würde ich die Rückschlüsse, die Sie gerade aus diesem Treffen gezogen haben, nicht ziehen.

Frage: Frau Wirtz, würden Sie sagen, dass diesem Treffen eine gewisse Dringlichkeit vorausgegangen ist? Denn Sie haben eben selber gesagt, dass sich die G7 einen Monat später ohnehin trifft. Welches ist der Grund dafür, dass sich die G5 schon einen Monat vorher treffen muss? Gibt es Entwicklungen, die das jetzt erforderlich gemacht haben, oder ist das schon von längerer Hand geplant gewesen? Oder dient es der Vorbereitung des G7-Treffens?

SRS'in Wirtz: Der amerikanische Präsident hält sich nicht jeden Monat in Europa auf. Das ist nun sicherlich eine gute Gelegenheit für die in diesem Fall vier europäischen Staats- und Regierungschefs, sich mit dem amerikanischen Präsidenten auszutauschen. Themen gibt es genug. Denken Sie an beispielsweise an die Situation in Syrien, Libyen und im Bereich Flüchtlinge. Herr Schäfer hat noch das Thema Ukraine genannt. Es gibt sicherlich noch viele andere. Insofern gibt es sicherlich genügend Gesprächsthemen. Anlass ist, dass der amerikanische Präsident nach Deutschland kommt und damit auch für die anderen europäischen Staats- und Regierungschefs ein interessanter Gesprächspartner ist.

Frage: Herr Schäfer, eine Lernfrage: Was fordert die Bundesregierung von den Amerikanern in Sachen US-Drohnenmorde und NSA-Totalüberwachung?

Schäfer: Wir haben dieses Thema so häufig miteinander besprochen. Frau Wirtz hat schon sehr viel dazu gesagt oder nicht gesagt, was am Montag zur Sprache kommen wird. Dem kann ich nicht vorgreifen. Für die Kanzlerin kann ich sowieso nicht sprechen. Ich weiß nicht, wann der deutsche Außenminister das nächste Mal mit dem amerikanischen Außenminister zusammentreffen wird. Vielleicht kommt es ja schneller dazu, als wir alle denken. Was dann auf der Tagesordnung sein wird und wer dann was von wem verlangt, kann ich zurzeit noch gar nicht absehen.

Aber ich habe schon bei der ersten Frage, die Sie gestellt haben, darauf hingewiesen, dass bei den Themen, die Sie angesprochen haben und die uns miteinander - Sie und auch uns - in der Tat in den letzten Jahren im deutsch-amerikanischen Verhältnis beschäftigt haben, schon eine ganze Menge Dinge besprochen worden sind.

Zusatz: Forderungen habe ich jetzt nicht herausgehört.

Schäfer: Sie haben mich gefragt, ob es Forderungen gibt. Wenn ich nichts geantwortet habe, dann heißt das, dass ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nichts dazu mitzuteilen hätte.

Frage: Ist es richtig, dass das Treffen in diesem Format nichts an dem vorigen Programm ändert?

SRS'in Wirtz: Genau. Es ist eine Ergänzung.

Zusatz: Vorher war ein bilaterales Treffen zwischen Merkel und Obama und danach eine PK vorgesehen.

SRS'in Wirtz: Ja, ich gehe davon aus, so wie Herr Seibert es am Freitag hier vorgetragen hat. Ich schaue noch einmal nach. Aber ich gehe davon aus.

Noch einmal: An dem Programm, wie wir es herausgegeben und vorgetragen haben, ändert sich nichts.

Zusatzfrage: Man weiß nicht, ob es eine PK nach dem Fünfertreffen geben wird?

SRS'in Wirtz: Genau, richtig.

Frage: Herr Schäfer, ist die Entscheidung über den Nato-Beitritt Montenegros in der Bundesregierung einstimmig gewesen? Ich erinnere mich, dass Herr Steinmeier eine eher russlandfreundlichere Politik verfolgt hat. Die Russen sehen diese Osterweiterung, diese Expansion, ja sehr kritisch.

Schäfer: Die Entscheidung im Nato-Rat darüber, dass Montenegro ein Angebot zur Aufnahme in die Nato gemacht wird, ist in Anwesenheit des deutschen Außenminister beim vergangenen Außenministerrat Anfang Dezember 2015 getroffen worden. Entscheidungen der Nato sind grundsätzlich einstimmig. Das ist ähnlich wie bei der OSZE. Selbstverständlich war und ist die Haltung, die der Außenminister damals im Nato-Rat für Deutschland zum Ausdruck gebracht hat, in der Bundesregierung abgestimmt. Jetzt haben wir es im Grunde genommen nur noch mit den Umsetzungsschritten zu tun. Das muss ratifiziert werden. Dazu muss natürlich - das ist auch gut so - der Bundestag seine Meinung abgeben. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es eine sehr einstimmige Entscheidung der Bundesregierung ist.

Zusatzfrage: Haben Sie denn dabei Bauchschmerzen gehabt?

Planen Sie, bald auch noch zum Beispiel Bosnien und Herzegowina sowie Georgien aufzunehmen?

Schäfer: Ich hatte dabei keine Bauchschmerzen. Ob der Außenminister Bauchschmerzen hatte, müsste ich ihn fragen. Das weiß ich nicht. Meinen Sie im Dezember oder heute?

Zusatz: Sowohl als auch.

Schäfer: Ich vermute, dass er keine Bauchschmerzen hatte, jedenfalls nicht wegen der Entscheidung Montenegros.

Grundsätzlich gibt es die auf verschiedenen Nato-Gipfeln vereinbarte Politik der offenen Tür der Alliierten. Das heißt, dass ein Staat, der die Voraussetzungen erfüllt, rechtsstaatlich organisiert und demokratisch verfasst ist und der auch sonstige Werte der transatlantischen Gemeinschaft teilt, jederzeit die Möglichkeit hat, sich dem Bündnis anzunähern und vielleicht irgendwann sogar Mitglied zu werden. Die Länder, die Sie genannt haben, scheinen mir bei dieser Frage nicht unmittelbar im ersten Fokus zu stehen. Aber Sie wissen, dass es etwa mit Georgien, aber auch mit anderen Staaten durchaus eine enge und vertrauensvolle Kooperation gibt - im Übrigen auch mit anderen Staaten auf dem Balkan -, die dem Ziel dient, den Dialog zwischen der Nato und anderen Staaten zu pflegen. Was dann daraus wird, muss man abwarten.

Frage: Frau Wirtz, Sie hatten vorhin ganz am Ende gesagt, dass Sie nikotinfreie E-Zigaretten mit nikotinhaltigen Zigaretten gleichstellen wollen. Wie kommt die Bundesregierung darauf?

SRS'in Wirtz: Zur Beantwortung würde ich an den Kollegen des BMEL weitergeben wollen. Er wird Ihnen das bestimmt haarklein erklären können.

Urban: Der Bundesminister für den gesundheitlichen Verbraucherschutz, Christian Schmidt, hat heute im Kabinett den Entwurf für das Tabakwerbeverbot eingebracht. Ich will noch allgemein sagen - ich hatte das bereits am 16. Dezember auf Ihre Frage hin gesagt -: Drei Dinge sind zu trennen, erstens die Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie, zweitens das Außenwerbeverbot und drittens das Abgabeverbot von E-Zigaretten und E-Shishas. Letzteres wurde Ende Januar beschlossen und ist bereits seit 1. April in Kraft.

Der Minister hat stets betont, dass sein Fokus auf dem gesundheitlichen Verbraucherschutz liegt, gerade was Kinder und Jugendliche angeht. Dementsprechend hat er sich auch dem Thema E-Zigaretten und E-Shishas angenommen. Auf seine Initiative hin gemeinsam mit Frau Ministerin Schwesig wurde ein Abgabeverbot an Kinder und Jugendliche erlassen.

Ja, wir haben auch die nikotinfreien E-Zigaretten an die nikotinhaltigen angepasst. Hintergrund ist der gesundheitliche Verbraucherschutz gerade für Kinder und Jugendliche. Man will vermeiden, Kinder und Jugendliche zum Rauchen zu verleiten, und den Übergang in das Rauchen hinein verhindern. Dementsprechend hat man diese Maßnahme getroffen.

Herr Seibert hatte damals auf Ihre Nachfrage hin auch gesagt, dass der Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung noch einmal deutlich gemacht hat: Mehr als 110 Todesfälle pro Jahr sind direkt aufs Rauchen zurückzuführen - dementsprechend ist das das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko -, und dem sind wir ein Stück weit begegnet. Der Minister hat heute im Übrigen in diesem Zusammenhang von einem Meilenstein für den gesundheitlichen Verbraucherschutz gesprochen. Dementsprechend verweise ich auch auf die Pressemitteilung unseres Hauses, die vor wenigen Minuten herausgegangen ist.

Zusatzfrage: Sie haben ja gerade den gesundheitlichen Verbraucherschutz immer wieder betont. Halten Sie nikotinfreie E-Zigaretten für genauso gesundheitsschädlich wie nikotinhaltige Zigaretten? Das wäre vielleicht auch eine Frage an das Bundesgesundheitsministerium.

Urban: Ich habe dazu keine persönliche Meinung, denn ich spreche für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Ich habe Ihnen gesagt: Für uns liegt der Fokus auf gesundheitlichem Verbraucherschutz. Ziel ist und war es, Kinder und Jugendliche davon abzuhalten, sich dem größten vermeidbaren Gesundheitsrisiko, dem Rauchen, zu nähern, und dementsprechend haben wir alle Rauchprodukte mit dieser Maßnahme so geregelt, dass Kinder und Jugendliche möglichst nicht verleitet werden, mit dem Rauchen anzufangen.

Gülde: Ich habe dem, was der Kollege gerade eben gesagt hatte, eigentlich nichts weiter hinzuzufügen. Das Gesundheitsministerium legt Wert darauf, dass es eine breit angelegte Präventionskampagne zum Thema Rauchen gibt. Die führen wir auch durch, beispielsweise mit der BZgA-Kampagne "Rauchfrei". Auch die Drogenbeauftragte hat sich häufiger zu diesem Thema geäußert und darauf aufmerksam gemacht, dass die Drogenprävention - dazu gehört halt eben auch die Tabak- oder, besser gesagt, Rauchprävention - ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung ist.

Frage: Denkt die Bundesregierung denn auch über das Verbot von Schoko-Zigaretten nach? Die könnten Kinder ja auch an Rauchprodukte heranführen.

Urban: Wir haben die Maßnahmen im Rahmen der EU-Tabakproduktrichtlinie und des Außenwerbeverbots so beschlossen. Es geht dabei um Tabakprodukte, um rauchähnliche Produkte. Die von Ihnen besagten Produkte sind in dieser Maßnahme nicht enthalten.

Frage: Herr Urban, verschiedene Verbände kritisieren, dass dieses Gesetz letztendlich zu einem totalen Werbeverbot führe, und sagen, genau das sei verfassungswidrig. Mich interessiert, ob Sie diesen Aspekt, dass ein legales Produkt nicht mehr beworben werden kann, juristisch haben untersuchen lassen, also ob Sie sicher sind, dass Sie da verfassungsrechtlich auf der sicheren Seite stehen.

Die zweite Frage wäre bitte noch, ob geplant ist, ähnliche Maßnahmen - also Schockbilder oder was weiß ich - auch auf den Alkohol auszudehnen.

Urban: Zum ersten Teil Ihrer Frage kann ich Ihnen versichern, dass jedes Gesetz einmal durch die Ressortabstimmung geht und dementsprechend auch von den Kollegen, die sich in den Rechtsressorts mit den genau von Ihnen besagten Fragestellungen befassen, geprüft worden ist.

Wie es zustande kommt, erklärt sich ganz einfach: Die Bundesrepublik ist dem Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs am 21. Mai 2003 beigetreten. In Artikel 13 dieses Übereinkommens sind unter anderem Regelungen für den Bereich der Tabakwerbung vorgesehen. Diese Maßnahmen haben wir inzwischen ergriffen. Es ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko, und der Fokus von Minister Schmidt liegt hier ganz klar auf dem gesundheitlichen Verbraucherschutz für Kinder und Jugendliche.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Es gibt derzeit keine Planungen in diese Richtung.

Frage: Herr Gülde, Herr Urban, ich habe immer noch nicht verstanden, ob die Bundesregierung jetzt nikotinfreie E-Zigaretten als genauso gesundheitsschädlich wie nikotinhaltige Zigaretten einstuft.

Urban: Wir hatten dieses Thema, wie gesagt, schon am 16. Dezember. Wir und ich haben es heute und vorhin auch schon gesagt: Es geht darum, Kinder und Jugendliche vom Rauchen fernzuhalten und sie nicht zum größten vermeidbaren Gesundheitsrisiko zu verleiten, dass wir in Deutschland haben. Noch einmal: Es gibt 110 Tote pro Jahr in direkter Folge des Rauchens und 79 Milliarden Euro an direkten gesundheitlichen Folgekosten. Dementsprechend haben wir alles, was ein Suchtpotenzial in dieser Richtung zum Ausdruck bringen könnte, entsprechend geregelt und es mit Abgabeverboten beziehungsweise mit Werbeverboten oder Einschränkungen belegt, soweit es für notwendig erachtet worden ist.

Frage: Heißt das, die Bundesregierung hält nikotinfreie E-Zigaretten für eine Einstiegsdroge, was Nikotin angeht?

Urban: Die Bundesregierung hat die Abgabe für nikotinfreie Zigaretten und deren Gleichstellung mit nikotinhaltigen E-Zigaretten entsprechend vorgenommen, und zwar aufgrund der Erwägungen, die ich gerade dargelegt habe. Weitere Schlüsse können Sie ziehen, aber ich möchte mich nicht mit ihnen gemein machen.

SRS'in Wirtz: Die Kollegen arbeiten sehr schnell. Ich habe gesehen, dass in den Agenturen schon die Ankündigung des Fünfer-Treffens am Montag läuft. Darin gibt es allerdings die Erwähnung, dass es ein solches Treffen schon einmal beim G7-Gipfel gegeben habe. Richtig ist aber "beim G20-Gipfel in der Türkei". Das hatte ich auch so gesagt. Dies nur noch einmal als Richtigstellung.

Frage: Frau Wirtz, ein Telefonat, das Sie jetzt gar nicht erwähnt hatten, war das Telefonat zwischen Frau Merkel und Herrn Tsipras, über das die "Bild"-Zeitung heute berichtet. Können Sie dieses Telefonat bestätigen? Können Sie auch etwas zum Inhalt dieses Telefonat sagen?

SRS'in Wirtz: Ja, ich kann das Telefonat bestätigen. Es hat dieses Telefonat gestern Abend gegeben. Aber zu den Inhalten kann ich nichts weiter sagen, als dass sich die beiden über aktuelle Themen unterhalten haben.

Zusatzfrage: Die griechische Regierung verbreitet jetzt die Version, dass die Kanzlerin darin Verständnis für die Position gehabt habe, dass die griechische Regierung im Grunde genommen keine weiteren Reformen mehr verabschieden könne, weil einfach die Mehrheit fehle. Ist das so? Hätte die Bundesregierung Verständnis dafür, wenn die griechische Regierung jetzt sozusagen die weitere Reformarbeit einstellte?

SRS'in Wirtz: Ich würde Sie um Verständnis dafür bitten, dass ich nicht aus dem vertraulichen Gespräch der Bundeskanzlerin berichten kann. Die Haltung der Bundesregierung zur Frage der Reformen und der Unterstützung Griechenlands haben wir hier insgesamt, glaube ich, hinlänglich deutlich gemacht.

Frage: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt zum heutigen Zusammenkommen des Nato-Russland-Rates. Mich würde interessieren, welche Bedeutung die Bundesregierung diesem Treffen beimisst und inwiefern die Bundesregierung vielleicht beim Zustandekommen eine besondere Rolle gespielt hat, weil es ja immer das Interesse Berlins war, dass es irgendwann zu einem solchen Treffen kommt.

Schäfer: Ich vermute, dass Sie das selbst noch mitbekommen haben, als Sie in Brüssel gewesen sind. Diese Frage, nämlich die, ob, wann und auf welcher Ebene ein Nato-Russland-Rat stattfinden möge, war Gegenstand durchaus kontroverser Debatten am Rande und am Abend des Nato-Außenministertreffens Anfang Dezember 2015. Herr Steinmeier hat beim Abendessen das Thema aufgebracht. Er hat darauf hingewiesen, dass es aus seiner Sicht gerade in Zeiten, in denen es schwierig ist, in denen es Probleme gibt, in denen es Meinungsverschiedenheiten gibt, wichtig ist, den Dialog aufrechtzuerhalten, um Missverständnisse zu vermeiden, um Informationen auszutauschen, um Daten über Manöver und vielleicht auch über Truppenbewegungen miteinander teilen zu können, aber auch, um den politischen Dialog zu pflegen. Die Haltung des deutschen Außenministers hat sich dann beim Abendessen durchgesetzt. Es ist der Beschluss gefasst worden, so schnell wie möglich den Nato-Russland-Rat zusammenkommen zu lassen.

Sie haben vielleicht in den letzten Wochen mitverfolgt, dass es hier und da hinsichtlich technischer Fragen zur Tagesordnung und zu den Themen, über die man sprechen wollte, unterschiedliche Auffassungen gab, die jetzt behoben sind. Wenn ich es richtig weiß, dann wird heute - während wir hier miteinander sprechen, wenn ich das richtig sehe - über das Thema Ukraine gesprochen, ebenso über die Themen, die uns in den letzten Tagen in der Ostsee beschäftigt haben, und, denke ich, auch über das Thema Afghanistan. Es ist aus Sicht der Bundesregierung und aus Sicht des Außenministers wirklich gut, dass es ein solches Treffen gegeben hat.

Wenn Sie mich konkret nach den Erwartungen fragen, dann lautet die Erwartung in Berlin nicht, dass wir durch ein Gespräch im Nato-Russland-Rat auf Botschafterebene all die Themen sozusagen beseitigen, abräumen oder für erledigt erklären können, die wir miteinander zu besprechen haben, sondern wir glauben halt, dass man diese Themen nur dann angehen und letztlich auch lösen kann, wenn man miteinander im Gespräch bleibt, dies auch in einem so förmlichen Format wie dem Nato-Russland-Rat.

Zusatzfrage: Hegt die Bundesregierung denn die Hoffnung, dass mit diesem Treffen vielleicht auch eine Wiederbelebung des Minsker Prozesses möglich sein kann?

Schäfer: Der Minsker Prozess braucht, glaube ich, keine Wiederbelebung. Der Minsker Prozess existiert. Es gibt tagtäglich Kontakte zwischen den vier Staaten - mindestens auf Arbeitsebene -, die diesen Minsker Prozess vorantreiben. Richtig ist aber, dass wir in diesem Minsker Prozess in den letzten Monaten nicht wirklich vorangekommen sind und dass das Anlass für Ernüchterung, vielleicht sogar hier und da für Enttäuschung auch im Auswärtigen Amt und innerhalb der Bundesregierung ist.

Ich glaube nicht, dass der Nato-Russland-Rat jetzt geeignet wäre, in concreto, auf direkte Art und Weise und in einem direkten kausalen Zusammenhang den Minsker Prozess voranzubringen, sondern ich glaube, dass die beiden Staaten, die Ukraine und Russland, die wir gemeinsam mit Frankreich zusammenbringen wollen, um ihre Konflikte im Osten der Ukraine zu überwinden, gut beraten wären, wenn sie verstünden und dies auch in konkrete Taten umsetzten, dass Zeit zur Überwindung der Krise in der Ostukraine keine Ressource ist, die ewig zur Verfügung steht, und dass man das nicht ewig liegen lassen kann. Wir, die Bundesregierung, haben das allergrößte Interesse daran, auf dem Weg zu einer vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zügig voranzukommen.

Die Dinge, an denen es hakt, sind den streitenden Konfliktparteien bekannt. Die sind aber auch öffentlich bekannt. Dazu gehören Fragen im Zusammenhang mit einer Verfassungsreform, mit einer Amnestie und insbesondere mit einem Gesetz über die Lokalwahlen, aber allem voran die Fragen der Sicherheit und der Aufrechterhaltung des Waffenstillstands vor Ort. Wir haben es jeden Tag mit Waffenstillstandsverletzungen zu tun, die uns besorgen. Wir haben es hin und wieder mit gefährlichen Situationen für die zivilen OSZE-Beobachter vor Ort zu tun. All das ist sehr ungut. In all unseren alltäglichen Kontakten im Normandie-Format versuchen wir darauf hinzuwirken, dass wir diese Probleme bewältigt bekommen. Ich bin sicher, dass die Außenminister in nicht absehbarer Zeit auch einmal wieder zusammenkommen werden, um die Erfahrungen der letzten Wochen zusammenzufassen und vielleicht noch einmal den Versuch zu unternehmen, die Regierungen in Moskau und in Kiew dazu zu bringen, den Weg von Minsk jetzt entschlossen weiterzugehen. An Paris und an Berlin wird das ganz sicher nicht scheitern.

Frage: Ich hätte noch einmal eine Frage zum Fall Böhmermann. Es ist in letzter Zeit öfter davon die Rede davon gewesen, dass § 103 beziehungsweise § 104a in verschiedenen Fällen in der Vergangenheit auch schon Anwendung gefunden hätten, zum Beispiel im Hinblick auf die Schweizer Präsidentin Calmy-Rey und andere Symbole von Drittstaaten. Wer kann mir denn sagen, in welchen Fällen das jeweils zu einer Ermächtigung der Bundesregierung geführt hat?

SRS'in Wirtz: Da würde ich an Herrn Schäfer abgeben.

Schäfer: An dieser Stelle - ich meine, genau vor einer Woche - habe ich darauf hingewiesen, dass es in der Vergangenheit, wie ich meine, zwei Fälle gegeben hat. Wenn ich "in der Vergangenheit" sage, dann meine ich nicht "in dieser Legislaturperiode", sondern "innerhalb der letzten zehn Jahre". Einen davon haben Sie angesprochen, nämlich den Fall einer vermeintlichen, mutmaßlichen Beleidigung der Schweizer Bundespräsidentin Calmy-Rey. Das muss irgendwann im letzten Jahrzehnt gewesen sein. Damals ist die Ermächtigung gemäß § 104a vonseiten der Bundesregierung auf Arbeitsebene erfolgt. Das haben Beamte entschieden, ohne dass das vom Auswärtigen Amt oder, soweit ich das beurteilen kann, irgendwo anders auf eine politische Ebene gehievt worden wäre.

Es gibt einen zweiten Fall, der mir jetzt nicht mehr ganz hundertprozentig präsent ist. Dabei ging es in der Tat um eine mutmaßliche Beleidigung im Zusammenhang mit einer Flagge. Da ist genau das Gleiche erfolgt.

Zusatz: Wenn es dafür Entscheidungen der Bundesregierung bedurfte, dann muss das doch dokumentiert sein.

Schäfer: Ja, bestimmt. Darüber gibt es ganz bestimmt Akten.

Zusatzfrage: Kann man das nachreichen, oder wo kann man das recherchieren?

Schäfer: Ja, aber was möchten Sie denn über das hinaus, was ich gesagt habe, noch wissen?

Zusatzfrage: Offensichtlich ist das nicht sehr offensiv kommuniziert worden. "Das letzte Jahrzehnt" ist ja jetzt zum Beispiel nicht besonders präzise. Die Flaggenverbrennung würde mich schon interessieren.

Schäfer: In anderen Zeitungen als der Ihrigen habe ich schon ziemlich gut recherchierte Informationen über diese Fragen vorgefunden, aber ich nehme das gerne als Hausaufgabe mit ins Auswärtige Amt und schaue, was ich dazu noch über das hinaus, was ohnehin schon in der Öffentlichkeit bekannt war, mitteilen kann.

Frage: Ich habe noch eine Frage zum Zeitplan hinsichtlich der geplanten Abschaffung. Das Land Nordrhein-Westfalen hat angekündigt, eine Bundesratsinitiative zu starten, um das schneller als bis zum Jahr 2018 umzusetzen, wie es die Kanzlerin angekündigt hatte. Wird dieser Zeitplan innerhalb der Bundesregierung vielleicht noch einmal überdacht? Wird der diskutiert? Gibt es schon erste konkrete Schritte auf dem Weg zu einem Gesetzentwurf, einen Referentenentwurf? Könnten Sie, Frau Wirtz oder das Justizministerium, etwas dazu sagen?

SRS'in Wirtz: Richtig ist, dass sich die Bundeskanzlerin ja in ihrem Statement auch zu der Frage verhalten hat, ob § 103 StGB als Strafgesetznorm sozusagen entbehrlich ist. Sie hat zum Ausdruck gebracht, dass diese Strafgesetznorm noch in dieser Legislaturperiode verändert werden soll, und 2018 als Datum genannt.

Jetzt werden innerhalb der Bundesregierung sozusagen die notwendigen gesetzgeberischen Schritte geprüft, und dann wird das Gesetzgebungsänderungsverfahren entsprechend eingeleitet.

Malachowski: Wenn ich das kurz ergänzen darf: Herr Maas hat sich am Freitag dahin gehend geäußert, dass § 103 abgeschafft werden soll. Aber zu weitergehenden Details kann ich Ihnen hier zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen.

Frage: Ich verstehe es nicht ganz. Die Grünen haben im Bundestag doch sozusagen schon die Abschaffung des Paragrafen eingebracht. Warum schließt man sich dem nicht einfach an? Warum muss man jetzt noch eigenständig prüfen? Was ist daran so kompliziert?

Malachowski: Wenn die Grünen ein Gesetzgebungsverfahren in Gang setzen, dann ist das eine Sache des Parlaments. Daran sind wir jetzt nicht beteiligt.

Zusatzfrage: Aber warum prüfen Sie? Was gibt es da noch zu prüfen?

Malachowski: Ich habe ja nicht gesagt, dass wir prüfen. Ich habe gesagt: Wir arbeiten daran.

SRS'in Wirtz: Ich habe gesagt, dass der gesetzgeberische Klärungsbedarf jetzt sozusagen geklärt wird, dass genau solche Fragen - natürlich auch Fragen des Verfahrens usw. usf. - geklärt werden und dass dann sozusagen vor allem das Ziel der Bundeskanzlerin formuliert worden ist, dass dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode abgeschafft werden soll. Wir werden sehen, auf welchen Wegen und in welcher konkreten Form das passieren wird.

Frage: Ich habe zwei Fragen zum Themenkomplex Südosteuropa. Kroatien hat die Eröffnung zweier Verhandlungskapitel zwischen Serbien und der EU blockiert. Die Begründung lautet, Belgrad müsse ein Gesetz zur Verfolgung von Kriegsverbrechen auf dem Gebiet des gesamten Ex-Jugoslawiens ändern. Außerdem verlangt Kroatien Sitze für die kroatische Minderheit im serbischen Parlament. Was hält die Bundesregierung von dieser Blockade durch Kroatien?

Schäfer: Es ist in Beitrittsverfahren nicht nur in Südosteuropa, sondern auch anderswo nicht das erste Mal, dass es aus Gründen, die im bilateralen Verhältnis eines Mitgliedstaats der Europäischen Union mit einem Beitrittskandidaten liegen, zur Sperrung der Eröffnung von Beitrittskapiteln gekommen ist. Das haben Sie, wie Sie sicherlich wissen, innerhalb vieler Jahre schon gesehen, etwa im Verhältnis zur Türkei: Griechenland oder Zypern wollten bestimmte Kapitel im Beitrittsprozess der Türkei nicht diskutiert wissen wollen. So etwas ist immer kompliziert, weil dabei Dinge miteinander in Zusammenhang gebracht werden, die man besser trennen sollte.

Wir werden uns jetzt im Kontakt mit unseren Partnern in Belgrad wie auch in Kroatien und im Zusammenwirken mit der Europäischen Union darüber Gedanken machen müssen, wie wir mit dieser Situation umgehen. Dass die bilateralen Beziehungen zwischen Kroatien und Serbien im Vergleich zur Vergangenheit schon ungleich besser geworden sind, aber immer noch nicht richtig gut sind, liegt auf der Hand und ist angesichts der jüngsten Nachrichten aus der Region, sagen wir einmal, offensichtlich.

Zusatzfrage: Die politische Krise in Mazedonien eskaliert. Jetzt soll am Freitag unter Vermittlung der EU und des EU-Kommissars Hahn ein Treffen der großen politischen Parteien Mazedoniens stattfinden. Die Opposition droht, die wahrscheinlichen Parlamentswahlen am 5. Juni zu boykottieren. Wie steht Berlin zu dieser ganzen Geschichte? Würde die Bundesregierung die Wahlen anerkennen?

Schäfer: Ich freue mich, dass Sie diese Frage stellen und dass diese Frage gestellt wird, weil wir uns im Auswärtigen Amt und innerhalb der Bundesregierung wirklich Sorgen um die Lage in Mazedonien machen. Das ist ein eher kleineres Land auf dem westlichen Balkan, gleichwohl ein Land, in dem die Dinge seit einiger Zeit nicht gut laufen, auch wenn das in den deutschen Medien und Zeitungen noch nicht vorne angekommen sein mag.

Seit dem Ausbruch der Krise, der Schwierigkeiten oder der innenpolitischen Konflikte - es ist ja bereits weit mehr als ein Jahr, in dem der Konflikt zwischen der Regierung und der Opposition in Mazedonien schwelt - ist die Bundesregierung an der Seite der Kommission sehr engagiert dabei, zu vermitteln und zu versuchen, Kompromisse herbeizuführen. Wir haben immer und von Anfang an die Aktivitäten des Kommissars Hahn in dieser Sache unterstützt. Es wird Ihnen aufgefallen sein, wenn Sie sich mit dem Fall Mazedonien beschäftigen, dass sich der Außenminister in der letzten Woche - nahezu zeitgleich zum zuständigen EU-Kommissar - sehr besorgt über die jüngste Fortentwicklung der Krise geäußert hat, nämlich die Entscheidung des mazedonischen Präsidenten, eine Amnestie für Personen zu erlassen, gegen die gerade durch die Schaffung einer Möglichkeit einer Sonderermittlung zumindest strafrechtlich ermittelt werden sollte. All das riskiert sozusagen, den mühsam von Brüssel unter unserer Beteiligung ausgehandelten Kompromiss zwischen Regierung und Opposition wieder in Gefahr zu bringen.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist schwer vorhersehbar, was passieren wird und in welcher Weise die Wahlen Anfang Juni abgehalten werden können oder nicht. Deshalb ist es jetzt, glaube ich, viel zu früh für ein Urteil darüber, ob wir die Ergebnisse von Wahlen, die womöglich in sechs Wochen stattfinden werden oder auch nicht, anerkennen werden oder nicht. Uns kommt es darauf an - die Entscheidung des mazedonischen Präsidenten war ein klarer Verstoß dagegen, und deshalb hat sich der Außenminister dazu auch sehr schnell und sehr klar geäußert -, dass die Kompromisse, die da unter Beteiligung europäischer Institutionen gefunden wurden, jetzt auch tatsächlich eingehalten werden. Ich hoffe und wünsche und spreche dabei auch für den Außenminister, dass die Gespräche, von denen Sie sprechen und die jetzt anberaumt sind, die Gelegenheit bieten werden, die Missverständnisse und die Dinge, die da geschehen sind, auszuräumen und sich an dem zu orientieren, was tatsächlich vereinbart worden ist.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesverkehrsministerium. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet heute von neuen Diesel-Abgastricksereien verschiedener Autokonzerne. Demnach wurden Motoren so konstruiert, dass sie bei niedrigen Temperaturen Abgase ungefiltert ausstoßen. Trifft es zu, dass dies bei Nachmessungen des Kraftfahrt-Bundesamtes festgestellt worden ist? Wie beurteilt das Ministerium eine solche Temperaturabschaltung? Ist das prinzipiell vertretbar oder nicht? Wann ist mit Ergebnissen dieser Untersuchungen zu rechnen?

Strater: Ihre Fragen betreffen die Nachuntersuchungen von betroffenen VW-Dieselfahrzeugen und von anderen Dieselfahrzeugen großer Volumenhersteller aus dem In- und Ausland, die Minister Dobrindt angestoßen hat. Es gibt noch kein Gesamtergebnis dieser Nachuntersuchungen. Deswegen kann ich mich hier nicht über mögliche Zwischenstände oder mögliche Erkenntnisse äußern, die im Rahmen dieses Prozesses gewonnen werden. Dieses Gesamtergebnis bleibt abzuwarten. Ich kann Ihnen jetzt noch kein genaues Datum dafür nennen, wann das kommen wird.

Sie sprechen den rechtlichen Rahmen an. Das haben wir hier auch schon häufiger besprochen. Das ist der Artikel 5 der EU-Verordnung 715 aus dem Jahr 2007, der gewisse Dinge regelt beziehungsweise auch gewisse Dinge verbietet. Dazu kann ich sagen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit den eben genannten Nachuntersuchungen bewertet werden und Schlussfolgerungen daraus dann auch im Gesamtergebnis veröffentlicht werden.

Frage: Wir hören aber, dass es durchaus schon Testergebnisse gibt und dass darüber auch durchaus mit den Autoherstellern gesprochen wird. Warum lassen Sie aber dann die Verbraucher im Unklaren?

Strater: Die Verbraucher werden nicht im Unklaren gelassen, sondern es wird ein Gesamtergebnis geben, das, wenn diese Untersuchungen wirklich abgeschlossen sein werden, veröffentlicht werden wird. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird natürlich auch mit Autoherstellern gesprochen. Wenn man Dinge nachmisst, dann werden die auch noch einmal geprüft und mit den Autoherstellern besprochen. Aber noch einmal: Das Gesamtergebnis bleibt jetzt abzuwarten.

Zusatzfrage: Können Sie uns aber eine Einschätzung dessen geben, wie groß das Ausmaß der Tricksereien sein könnte?

Strater: Das Wort Tricksereien haben Sie jetzt benutzt; das möchte ich hier nicht verwenden, weil wir noch gar keine abschließenden Erkenntnisse haben. Insofern kann ich auch im Moment nichts zu Zwischenergebnisse sagen.

Frage: Die Bundesregierung muss auf der einen Seite die Interessen der Autoindustrie schützen, zum anderen aber eben auch die Gesundheit der Bürger. Wo liegt denn da die Priorität?

Strater: Die Priorität liegt in dem gesamten Themenkomplex - das haben wir hier auch schon häufiger besprochen - bei der Weiterentwicklung der Abgastests, die wir auf europäischer Ebene vorantreiben. Sie wissen, dass wir uns hier für die Einführung von Real-Driving-Emissions-Verfahren eingesetzt haben, die sogenannten RDE-Verfahren, die auf europäischer Ebene auch beschlossen worden sind. Dann entwickeln wir auch die Testzyklen weiter, den sogenannten WLTP. Der Minister hat schon ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Weiterentwicklung dieser Testverfahren angekündigt. Dazu gehören Kontrollen von Kraftfahrzeugen im Stile von Dopingtests, der Aufbau staatlicher Prüfstände beim Kraftfahrt-Bundesamt, die Offenlegung der Motorsoftware und die Rotation der Prüfdienste bei den Herstellern. All das sind Dinge, die jetzt schon feststehen und die von der Untersuchungskommission, die der Minister initiiert hat, eingeleitet werden.

Zusatzfrage: Ist das alles schon eingeleitet beziehungsweise angedacht, weil die Priorität bei der Gesundheit der Bürger oder bei der Autoindustrie liegt?

Strater: Die Priorität liegt bei dem, was ich gerade gesagt habe, nämlich bei der Weiterentwicklung der Prüfverfahren, realistischeren Prüfverfahren. Das bezieht sich alles hierauf.

Frage: Ich habe in diesem Zusammenhang noch eine Nachfrage an das Umweltministerium: Was bedeutet es denn, dass die Dieselfahrzeuge zahlreicher Hersteller ja wohl mehr Abgas ausgestoßen haben, als vorher bekannt war? Gibt es irgendwelche Erkenntnisse darüber, wie stark die Grenzwerte überschritten worden sind? Gibt es darüber Untersuchungen?

Haufe: Es ist so, dass es dazu keine seriösen Daten gibt. Die Frage, wie viel Stickoxide oder andere Abgase jetzt eigentlich zusätzlich in die Luft gekommen sind, stellt sich natürlich ganz klar, gerade in den Städten, wo es viel Verkehr gibt. Aber es gibt dazu, wie gesagt, momentan keine seriöse Berechnung.

Frage: Herr Strater, Mitsubishi hat nun auch eingeräumt, Abgaswerte manipuliert zu haben. Haben Sie Autos dieser Marke auch untersucht? Hat dieses Thema Mitsubishi Ihr Haus schon in anderer Form erreicht?

Strater: Wir haben die Meldung über mögliche Manipulationen, die der Konzern mitgeteilt hat, jetzt natürlich auch zur Kenntnis genommen. Der Sachverhalt liegt hierbei etwas anders: Es geht um Fragen des Benzinverbrauchs, nicht um Stickoxide. Wir haben zur Stunde keine eigenen Erkenntnisse darüber. Wir haben Mitsubishi aufgefordert, uns mitzuteilen, ob Fahrzeuge in Deutschland betroffen sind, aber im Moment kann ich dazu noch keine weiteren Erkenntnisse mitteilen.

Frage: Noch einmal zu diesem Thema: Autohersteller rechtfertigen eine Abschalteinrichtung und die daraus resultierenden Abgaswerte mit Temperaturen von unter 10 Grad oder 20 Grad Celsius. Jetzt gibt es aber auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, wonach eine Abschalteinrichtung bei niedrigen Temperaturen unzulässig ist. Wie bewertet das denn die Bundesregierung?

Haufe: Ja, wie bewerten wir das? - Ich kann dazu nur sagen, dass eine Abschalteinrichtung eine absolute Ausnahme sein muss, und diese Ausnahmen sind klar definiert. Die Grenzen, die die Konzerne da ziehen, also 10 Grad oder 20 Grad Celsius, finden wir nach unserer Interpretation in der Regelung nicht wieder. So verstehen wir die Regelung, wie sie die Europäische Union vorsieht, auch nicht.

Zu Ihrer Frage von vorhin, wo wir da die Prioritäten setzen: Die Richtlinien für die Automobilindustrie sind klar. Bei den Richtlinien, um die es dabei geht, geht es um Luftqualität, und Luftqualität ist für alle Menschen ein entscheidendes, hohes Gut. Da brauchen wir nicht über die Regeln zu reden oder darüber, ob wir für irgendjemanden eine Priorisierung vornehmen, sondern die Regeln sind bekannt, und jetzt geht es darum, sie einzuhalten.

Frage: Frau Wirtz, ist es die Aufgabe der Bundesregierung, die Interessen der deutschen Autoindustrie zu schützen?

Herr Strater, welche in Deutschland tätigen Autokonzerne sind nach Ihrer Meinung noch ehrlich?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal zu der Frage, die an mich ging: Es ist Aufgabe der Bundesregierung, viele verschiedene Belange der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland im Blick zu behalten. Einen Gesichtspunkt, nämlich saubere Luft, hat der Kollege gerade genannt. Abgesehen davon ist, denke ich, in Bezug auf Prioritäten und andere Punkte von den Kollegen Hinreichendes ausgeführt worden.

Strater: Es gibt Zulassungsvorschriften. Die sind einzuhalten. Wir untersuchen, ob diese Zulassungsvorschriften eingehalten werden. Das machen wir im Rahmen unserer Nachuntersuchungen. Die hatte ich hier genannt. Ein Ergebnis werden wir dann sehen, wenn diese Untersuchungen abgeschlossen sein werden.

Frage: Frau Wirtz, ich habe noch eine Frage zur gestrigen Einreiseverweigerung für den ARD-Korrespondenten. Da hat sich die Kanzlerin gestern auch schon besorgt gezeigt. Wird sie dieses Thema denn noch einmal offensiv beim Treffen am Samstag in der Türkei ansprechen? Ist jetzt eigentlich schon klar, ob sie Herrn Davutoglu oder Herrn Erdogan treffen wird und ob es danach eine Pressebegegnung geben wird?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal ist richtig, dass sich die Bundeskanzlerin gestern schon zu diesem Fall geäußert hat und bei dieser Gelegenheit auch ihre Sorge im Hinblick auf diesen Kollegen geäußert hat. Da der konkrete Fall sozusagen im Auswärtigen Amt ressortiert, würde ich vielleicht Herrn Schäfer bitten, das noch konkret zu ergänzen.

Was den Plan für Samstag anbelangt, kann ich Ihnen leider noch keine weiteren Angaben machen, weil die Planungen sozusagen noch laufen.

Schäfer: Wenn es etwas gibt, das ich Ihnen noch zusätzlich beantworten kann, tue ich es herzlich gerne. Ich erzähle Ihnen gerne, was gestern passiert ist, wenn Sie es wissen möchten.

Wie es weitergehen wird, ist jetzt von dieser Bank schwer zu beurteilen, weil ja nicht die Bundesregierung durch das, was da bei der Einreise in die Türkei geschah, womöglich in ihren Rechten beeinträchtigt wurde, sondern der betroffene Journalist. Letztlich müssen jetzt er beziehungsweise seine Redaktion oder beide entscheiden, in welcher Weise sie dagegen vorzugehen gedenken.

Klar ist, dass wir, das Auswärtige Amt, dabei behilflich sind, wo immer das geht, so wie wir auch gestern sofort reagiert haben, als wir davon erfuhren, dass Herr Schwenk in Istanbul festgehalten worden war. Es hieß dann, er sei in Abschiebehaft. Dass das der richtige Begriff ist, wage ich einmal zu bezweifeln. Aber jedenfalls hielt er sich im Transitbereich des Flughafens Istanbul auf. Dorthin ist dann ein Kollege des Generalkonsulats gefahren, und zwar zu einem Moment, in dem er noch gar nicht wusste, ob er überhaupt durch die verschiedenen Sicherheitsbarrieren durchkommen würde, die es da geben mag. Er hat mit Herrn Schwenk gesprochen. Herr Schwenk hat gestern mit Staatssekretär Steinlein telefoniert, hat dann leider unverrichteter Dinge, nämlich ohne erfolgreiche Einreise in die Türkei, das Land wieder verlassen müssen und hält sich, soweit ich es jetzt einschätzen kann, an seinem Wohnort auf, nämlich in Kairo.

Zusatzfrage: Hat es aufgrund dieses Falls noch einmal einen Kontakt zwischen der Bundesregierung und der türkischen Regierung gegeben oder hält sich die Bundesregierung erst einmal komplett aus diesem ganzen Vorgang heraus?

Schäfer: Es ist doch völlig klar, dass, wenn es einen solchen Fall gibt, der nicht nur ein konsularischer Fall ist, der unsere Aufmerksamkeit braucht, sondern dessen politische Sensibilität auch alle Beteiligten klar ist, darüber auch mit den zuständigen Behörden in der Türkei gesprochen wird. Ich kann Ihnen sagen, dass unser Botschafter, auch unser Gesandter in Ankara und die Kolleginnen und Kollegen im Generalkonsulat natürlich gestern bereits sehr früh, als bekannt wurde, was mutmaßlich geschehen war - das hat sich ja dann später auch als richtig herausgestellt -, Kontakte zu ihren Gesprächspartnern in den zuständigen türkischen Behörden aufgenommen haben und dass dabei dann auch immer der Wunsch geäußert wurde beziehungsweise durchklang, doch alles Mögliche zu tun, um die Arbeitsmöglichkeiten deutscher Journalisten in der Türkei aufrechtzuerhalten und so großzügig wie möglich auszulegen.

Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir in diesen Fragen mit den türkischen Behörden Kontakt aufgenommen haben. Ihnen wird nicht entgangen sein, dass sich einige Kolleginnen und Kollegen - in diesem Fall einige Kollegen von Ihnen eines Online-Magazins und einer großen deutschen nationalen Tageszeitung - mit der Bitte um Unterstützung an das Auswärtige Amt und unsere Botschaft in Ankara gewandt haben, und zwar in der Hoffnung, auf diese Art und Weise die Chance zu erhalten, ihr Arbeitsvisum in der Türkei verlängert zu bekommen. Auch dabei ist es ein Ding der Selbstverständlichkeit, dass wir uns - in diesem Fall sogar der Botschafter selber - sehr dafür einsetzen, dass das geschieht. Aber es ist und bleibt die Entscheidung eines souveränen Staates - in diesem Fall der Türkei -, wie sie in diesen Dingen operiert.

Wir können uns leider - ob man das will oder nicht - nicht an deren Stelle setzen. Was wir tun können, ist: Wir können deutsche Journalisten im Ausland unterstützen. Es ist für mich persönlich als Sprecher des Auswärtigen Amtes tagtägliches Brot, dass ich damit zu tun habe, mich dafür einsetze, dass Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen möglichst optimale Arbeitsbedingungen im Ausland haben. Aber wir haben es in vielen Ländern mit Situationen zu tun, in denen eben die Pressefreiheit anders als in Deutschlandverstanden wird. Das ist ein Faktum, das wir ohne Weiteres nicht ändern können.

Frage: Herr Schäfer, zu Ihrem tagtäglichen Brot: Mit wie vielen Fällen haben Sie es dieses Jahr schon zu tun gehabt, in denen deutsche Journalisten von Deutschland, also dem Auswärtigen Amt, Hilfe benötigt haben? Können Sie das im Vergleich zu 2015 und 2014 aufzeigen?

Schäfer: Das habe ich so nicht im Kopf. Wir müssten einmal eine Strichliste machen; das kann ich gerne nachreichen.

Häufig genug ist es so - das ist auch gut und richtig so -: Letztlich entscheidet der Journalist beziehungsweise sein Medium - sein Chefredakteur oder sein Verleger -, ob und in welcher Weise man mit solchen Fällen umgeht. Häufig genug entscheiden Journalisten, dass sie möchten, dass das hinter den Kulissen besprochen wird, einfach weil sie das Interesse haben, ihre Arbeit fortsetzen zu können. Manchmal, wie in Fällen, über die ich gerade gesprochen habe, die ich ohne das Wissen darum, dass die Journalisten das bereits öffentlich gemacht haben, mit Ihnen gar nicht öffentlich besprechen würde, ist es anders. Das ist letztlich eine Entscheidung der Journalisten. Wir sind dabei Dienstleister. Ich kann Ihnen wirklich versichern, dass wir das nach bestem Wissen und Gewissen mit Engagement und Einsatz so tun, dass wir erreichen wollen, dass Journalisten so gut und frei berichten können, wie das in Deutschland der Fall ist.

Zusatzfrage: Wie helfen Sie denn da? Sagen Sie den Türken, dass sie sich mal nicht so haben sollen? Wie helfen Sie konkret den deutschen Journalisten?

Schäfer: Ich glaube, das wäre jetzt unbedingt die Sprache, die der deutsche Botschafter verwenden würde. Ich glaube, da gibt es kein Patentrezept, sondern jeder Fall liegt anders. Auch jedes Beschwernis, das vielleicht ein Gaststaat eines Journalisten haben mag, liegt anders. Vieles liegt im Dunkeln, weil vieles hinter den Kulissen geschieht und auch für uns nicht recht ermittelbar ist. Was jetzt der konkrete Grund ist, dass ein Journalist bürokratische Hindernisse, Erschwernisse oder vielleicht sogar hier und da mal Anrufe bekommt, ist alles schwer zu sagen. Letztlich hängt alles in Absprache mit dem Journalisten und häufig genug auch mit seiner Chefredaktion davon ab, wie wir glauben, wie auch der Journalist glaubt, dass man am besten damit umgeht.

In manchen Fällen kann man politisch intervenieren, also auf politischer Ebene das Gespräch führen. Manchmal ist es sinnvoll, auf Arbeitsebene im Außenministerium vorzusprechen oder mit den Gremien und Institutionen von Ländern zu sprechen, die Journalistenakkreditierungen erteilen. Das ist in jedem Land anders.

Frage: Herr Haufe, die Bundesregierung hat heute die belgischen Behörden aufgefordert, einzelne Reaktorblöcke in Doel und Tihange vorübergehend stillzulegen. Bitte sagen Sie noch einmal warum und ob es schon eine Reaktion aus Belgien gibt.

Haufe: Die Bundesumweltministerin hat sich darum bemüht, in den letzten Wochen und Monaten einen umfassenden Überblick über die Sicherheit der Atomkraftwerke Tihange und Doel zu bekommen. Wir wollten einen sehr profunden Sicherheitsnachweis haben. Die belgischen Aufsichtsbehörden haben uns auch sehr offen, sehr transparent und sehr umfassend informiert. Das ist gar nicht immer so üblich und ist sehr positiv von uns wahrgenommen worden. Unter anderem hat Belgien einen internationalen Workshop abgehalten, um auch andere Länder einzubeziehen, die ebenfalls Zweifel an der technischen Sicherheit der Anlagen hatten.

Es geht am Ende hier um ein wichtiges Detail. Es ist immer so, dass bestimmte Störfälle eingerechnet werden müssen. Es kann sein, dass es vielleicht Probleme mit der Kühlanlage gibt. Man muss alle möglichen Störfälle bewerten und schauen, ob alle Situationen, die in so einem Reaktorbehälter vorkommen können, im Betrieb so sind, dass die Druckverhältnisse den Druckbehälter an sich nicht überspannen, sodass es dann zu einer schlimmeren Situation kommen kann. Die belgische Atomaufsicht kann uns nicht bis ins letzte Details durchdeklinieren, was diese Sicherheitsmarge anbelangt, die sie brauchen, um alle möglichen Situationen durchspielen und zu sagen: Das ist sicher. Das kann sie uns nicht komplett durchdeklinieren. Sie sagen auch, dass sie dazu im Grunde genommen noch Untersuchungen brauchen. Dazu sind sie bereit, und es wird auch Untersuchungen geben. Nur, wie macht man diese Untersuchungen? Da sagen wir: Ihr müsst am besten noch einmal Experimente am Material durchführen. In Belgien gibt es eine besondere Situation in Bezug auf diese beiden Behälter. In diesen sind Wasserstockflocken, die kleine Risse auslösen können, und genau um diese geht es. Wenn solche Wasserstoffflocken darin sind, fragt man sich, wie belastbar das Wandmaterial so eines Druckbehälters ist.

Die belgischen Behörden sagen: Ja, wir machen Untersuchungen, aber wir würden eher theoretische Analysen machen. Wir können konservative Hochrechnungen machen: Was für Drucksituationen gibt es? Wird dann das Material standhalten? Wir sagen: Ja, gut. Aber die experimentelle praktische Analyse ist besser. Wenn ihr sie macht, dann macht eine Betriebspause. Das ist einfach aus Vorsorgegründen der sicherste Weg.

Hier fahren wir sicherlich einen sehr, sehr vorsorgeorientierten Kurs. Dieser wird nicht von jeder europäischen Atomaufsicht gefahren. Wir machen das, und das hat die Ministerin gegenüber den belgischen Aufsichtsbehörden zum Ausdruck gebracht.

Ja, es liegt eine erste Reaktion der belgischen Behörden vor. Sie sagen, sie bleiben weiter der Auffassung, dass die beiden Reaktoren, um die es geht, weiter gefahren werden können und nicht abgeschaltet werden müssen, auch wenn die Untersuchungen noch laufen.

Frage: Eine praktische Lernfrage: Die Wasserstoffflocken sind so etwas wie Luftblasen in dem Material?

Wenn die Aufsicht in Belgien sagt, dass es nicht nötig ist, sie herunterzufahren, wie geht es dann weiter? Was wird wiederum der nächste Schritt Ihrer Ministerin sein? Hat sie überhaupt noch Handlungsoptionen? Gibt es jemanden, bei dem sie sich beschweren kann? Wie geht es da weiter?

Steht ihre Initiative in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit den Berichten, dass die belgischen Terroristen auch belgische Atomanlagen und Mitarbeiter von Atomanlagen ausgespäht haben? Gibt es deswegen eine besondere Dringlichkeit oder ist das davon ganz unabhängig?

Haufe: Zu Ihrer ersten Frage, zu Ihrer Lernfrage, was die Wasserstoffflocken betrifft: Ja, das ist mit kleinen Bläschen sicherlich vergleichbar. Es ist so - das ist das Problem -, dass diese Reaktorbehälter schon mit diesem Fehler hergestellt worden sind. Das ist 2012 von der belgischen Atomaufsicht festgestellt worden. Daraufhin wurden alle AKW-Betreiber in der Europäischen Union angehalten, ebenfalls eine Untersuchung zu machen, ob auch an anderen Atomkraftwerken solch ein Fehler vorliegt, dass eben solche Flocken im Material vorkommen. Die Analyse hat bis heute ergeben, dass das bei keinem anderen Reaktor der Fall ist. Aber bei diesen beiden in Tihange 2 und Doel 3 ist das der Fall, woraufhin die belgische Atomaufsicht weitere Untersuchungen vorgenommen hat.

Sie haben gefragt, wie es weiter geht. Es gibt es eine Pressemitteilung der belgischen Atomaufsicht, die wir erst einmal zur Kenntnis nehmen. Es gab noch keine Reaktion in persönlichen Gesprächen. Diese wird es wahrscheinlich geben, und dann werden wir uns das noch einmal genauer erklären lassen. Wir selbst werden von unserer Auffassung aber nicht abrücken.

Gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass wir sehr konstruktive und, wie ich vorhin schon sagte, sehr offene und transparente Gespräche mit der belgischen Atomaufsicht führen. Was den Kern des Anliegens angeht, also den Sicherheitsnachweis möglichst umfassend zu machen und weitere Untersuchungen durchzuführen, um jede theoretische mögliche Sicherheitssituation durchdeklinieren, ist es so, dass die Belgier sich dem gar nicht verschließen, sondern sie stimmen uns zu. Das heißt, sie werden ein Programm aufsetzen, was sie weiter untersuchen werden und werden auch weiterhin mit uns im Gespräch bleiben. Es gibt unterschiedliche Gesprächsformate. Die Gespräche sind, wie gesagt, sehr gut und konstruktiv. Wir bleiben mit unserem Anliegen da auch sicherlich dran.

Sie haben noch einen anderen Punkt angesprochen, also nicht die technische Sicherheit des Atomkraftwerks, um die es bisher ging, sondern die Absicherung der Anlagen. Das sind zwei unterschiedliche Dinge, um die es hier nicht geht. Uns ging es um die technische Sicherheit. Wir haben also in diesen Gesprächen nicht die Absicherung dieser Kraftwerke besprochen. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, diese zu bewerten.

Frage: Herr Haufe, eingedenk der Tatsache, dass ich für das Fernsehen arbeite, könnten Sie noch einmal in komprimierter Form die Forderung der Ministerin und die Begründung für diese Forderung zusammenfassen?

Haufe: Wir wollen für die Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 einen umfassenden Sicherheitsnachweis. Damit es diesen gibt, muss es weitere Untersuchungen geben. Die Ministerin bittet deswegen die belgische Regierung, in dieser Zeit eine Betriebspause einzulegen.

Frage: Dann schließe ich mich der Bitte um eine fernsehtaugliche Antwort an. Wenn die belgische Seite offensichtlich nicht gewillt ist, diesem Wunsch nachzukommen, was ist dann die nächste Eskalationsstufe? Es ist ja so, dass die Städte Aachen und auch das Land NRW zum Beispiel gegen den Betrieb von Tihange klagen. Ist das für die Bundesregierung ausgeschlossen?

Haufe: Wir eskalieren nicht; wir klagen nicht; wir sprechen miteinander; wir kooperieren miteinander. Das ist der Weg, der bisher auch am meisten Erfolge gebracht hat.

Frage: Herr Haufe, vielleicht auch Herr Schäfer, ganz allgemein: Wie läuft eigentlich so etwas? Das sieht nach außen fast ein bisschen wie eine Art Bevormundung aus. Die belgischen Aufsichtsbehörden sind der Meinung, dass alles so weit okay ist, die deutschen nicht. Dann bittet die deutsche die belgische Regierung, deswegen abzuschalten. Ist das nicht auch ein bisschen Einmischung in eine staatliche Souveränität? Sprich, wird so etwas auch mit dem Auswärtigen Amt abgeklärt oder hat das Frau Hendricks im Grunde genommen so freihändig entschieden?

Zweitens. Hatten deutsche Kontrolleure auch Zugang zu den Reaktoren? Haben sie auch einmal Messungen durchgeführt? Auf welcher Basis ist eigentlich diese Einschätzung erfolgt?

Haufe: Freihändige Entscheidungen in Sachen AKW-Sicherheit werden sicherlich nicht fallen. Natürlich hat es innerhalb der Bundesregierung Gespräche, Informationen gegeben. Es sind alle wichtigen Stellen der Bundesregierung vor dieser Entscheidung informiert worden. Gestern hat Staatssekretär Flasbarth in Vertretung der Umweltministerin, die ja gerade in China ist, mit dem zuständigen belgischen Innenminister gesprochen und hat ihm unsere Position erläutert. Die fällt auch nicht vom heiteren Himmel, sondern wir haben schon in den letzten Monaten mehrere Gespräche geführt, wozu es ja auch Anlass gab. Diese Gespräche waren so, dass die belgische Seite, wie gesagt, sehr offen war. Deswegen war es für die belgische Seite keine Überraschung, dass wir vielleicht das eine oder andere noch einmal infrage stellen oder darauf reagieren werden. Dazu gab es bereits einen längeren Prozess.

SRS'in Wirtz: Dazu kann ich vielleicht für die Bundesregierung sagen, dass es natürlich sehr begrüßenswert ist, dass die Bundesumweltministerin in einem so engen Kontakt zu den belgischen Behörden steht und auch in so konstruktiven Gesprächen ist. Die letzte Entscheidung liegt natürlich in der Souveränität des belgischen Staates.

Frage: Frau Wirtz, war das Kabinett noch beisammen, als die Meldungen aus Karlsruhe kamen, dass das BKA-Gesetz zumindest teilweise nicht ganz okay ist? Gab es Reaktionen über das hinaus, was der Herr de Maizière gerade gesagt hat?

SRS'in Wirtz: Ich kann jetzt nicht hundertprozentig sagen, wie die zeitlichen Abfolgen waren. Aber ich kann Ihnen sagen, dass das Thema als solches im Kabinett keine Rolle gespielt hat und insofern natürlich das gilt, was der Bundesinnenminister dazu gesagt hat.

Vorsitzender Detjen: Es gibt noch einen Nachtrag des Auswärtigen Amtes in Sachen § 103 StGB.

Schäfer: Auf die Frage von dem Kollegen würde ich gerne sagen, dass es nach unseren Recherchen zwei Fälle gegeben hat. Das ist einmal der Fall einer mutmaßlichen Beleidigung der schweizerischen Bundespräsidentin, datiert aus dem Jahre 2007. Es hat einen zweiten Fall gegeben - nicht, wenn ich das richtig sehe, von § 103 StGB, aber einen Fall von § 104a StGB, also eine Ermächtigung durch die Bundesregierung wegen Verunglimpfung von Hoheitszeichen ausländischer Staaten - das ist § 104 StGB - im Zusammenhang mit einer chinesischen Flagge. Nach dem, was mir die Kollegen gerade mitgeteilt haben, datiert der Fall aus dem Jahr 2008. Das eine ist neun Jahre her, und das andere ist acht Jahre her. In beiden Fällen ist eine Ermächtigung erfolgt. Diese Ermächtigung ist von der Bundesregierung auf Arbeitsebene entschieden worden.

Das ist jetzt nicht mehr unsere Zuständigkeit, weil es natürlich Angelegenheit der unabhängigen Justiz ist. Ich meine, aus den Zeitungsnachrichten zu wissen, dass es im Fall von Frau Calmy-Rey in der Tat zu einem Strafbefehl gekommen ist. Das wäre aber natürlich nicht unsere Angelegenheit. Wie das Verfahren in Sachen China und Flagge ausgegangen ist, vermag ich Ihnen nicht zu sagen.

Mittwoch, 20. April 2016

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 20. April 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/04/2016-04-20-regpk.html;jsessionid=7D2D3B034C92028544EFB0E2C693B733.s7t1
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2016

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