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PRESSEKONFERENZ/1330: Regierungspressekonferenz vom 24. Oktober 2016 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 24. Oktober 2016
Regierungspressekonferenz vom 24. Oktober 2016

Themen: mögliche Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, Medienberichte über eine Anhebung von Bußgeldern für Bezieher von Arbeitslosengeld II, erneute Prüfung einer möglichen Übernahme des Anlagenherstellers Aixtron durch einen chinesischen Investor, Maßnahmen zur Verminderung der Lärmemissionen von Schienenfahrzeugen, CETA, TTIP, Folgen des Putschversuchs in der Türkei, mögliche Senkung der Unternehmenssteuern in Großbritannien, geplanter Besuch eines Bundestagsabgeordneten auf dem Nato-Stützpunkt in Incirlik, Verkauf der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann an die Edeka-Gruppe, Medienberichte über Bitte der US-Justizbehörden um Aufhebung der Immunität eines Attachés der Uno-Vertretung in New York

Sprecher: StS Seibert, Schneider (BMAS), Dubel (BMWi), Susteck (BMVI), Dimroth (BMI), Kolberg (BMF), Schäfer (AA)


Vors. Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Eine ganz einfache Frage: Herr Seibert, Sie sprechen ja auch für die Kanzlerin. Hält die Kanzlerin Herrn Steinmeier für einen guten Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten?

StS Seibert: Ich bitte um Ihr Verständnis dafür, dass ich mich als Regierungssprecher nicht zu der Suche nach einem neuen Bundespräsidenten äußere. Das ist eine wichtige Angelegenheit, über die die Parteien miteinander sprechen. Auf dieser Ebene wollen wir es belassen. Ich werde einzelne Personalvorschläge nicht kommentieren.

Frage: Ich habe zwei Fragen an Frau Schneider im Zusammenhang mit der heutigen Berichterstattung über die Anhebung der Bußgelder für Hartz-IV-Bezieher bei Verstößen und Nichtmeldungen.

Ist es richtig, dass sich das auf einen internen Vermerk bezieht, wie die "Bild-Zeitung" heute berichtet, oder geht es um das SGB II?

Was war der Grund für die Anhebung? Gab es vermehrt entsprechende Fälle, oder weshalb hat man es jetzt angehoben?

Schneider: Ich weiß nicht, was Sie meinen, wenn Sie in diesem Zusammenhang von einem internen Vermerk sprechen. Wenn es grundsätzlich darum geht, wie mit Menschen im SGB II umgegangen wird, dann betrifft das Regelungen im SGB II selber. Häufig werden Fragen dieser Art über eine Weisung umgesetzt. Das heißt, die BA erstellt diese Weisungen.

Das, was Sie ansprechen und was heute Thema in der Berichterstattung ist, hängt mit dem Gesetz zur Rechtsvereinfachung zusammen, das bereits zum 1. August in Kraft getreten ist. In dem Zusammenhang ist es so, dass es zu einem Bußgeld kommen kann, wenn Antragsteller Angaben nicht richtig oder nicht vollständig machen. Damit wird eine Regelungslücke geschlossen. Insofern trifft es in der Tat zu.

Ich möchte aber noch etwas zur Höhe sagen, weil der Eindruck erweckt wird, dass sehr hohe Bußgelder verhängt werden können. Das ist natürlich die absolute Obergrenze und auch ein Ausnahmefall. Die Praxis sieht ganz anders aus.

Frage: Frau Dubel, eine kurze Frage, es geht um Aixtron. Im September ist, wenn ich es richtig verstanden habe, grünes Licht für die Übernahme durch einen chinesischen Investor gegeben worden. Jetzt soll das Ganze noch einmal geprüft werden. Warum dieses Zurückrudern?

Dubel: Ich kann bestätigen, dass die Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Übernahme von Aixtron, die Sie angesprochen haben, durch das BMWi widerrufen wurde. Das bedeutet, dass das BMWi jetzt erneut in das Prüfverfahren eintritt. Während des laufenden Verfahrens kann ich hier leider keine Auskünfte darüber geben.

Frage: Können Sie, jenseits der Bestätigung dessen, was das Unternehmen schon mitgeteilt hat, erläutern, was der Hintergrund dafür ist, dass das Ministerium jetzt auf einmal meint, man müsse all das, was man bisher gemacht hat, zurückziehen und das Ganze neu prüfen?

Dubel: Ich kann, wie gesagt, während des laufenden Verfahrens leider keine Angaben mehr dazu machen. Dafür bitte ich um Verständnis.

Zusatzfrage: Aber es ist ja noch kein laufendes Verfahren. Es ist ja nur zurückgezogen.

Dubel: Wir treten jetzt wieder in ein Prüfverfahren ein. Ich kann dazu keine weiteren Angaben machen.

Frage: Noch zum Fall Aixtron: Ist es schon geschehen, dass man solch ein Verfahren widerruft, oder ist das ein erstes Mal gewesen?

Vielleicht können Sie uns kurz schildern, welches Problem es bei Aixtron gibt, das es bei KUKA nicht gab?

Dubel: Ob es weitere Fälle gab, bei denen so verfahren wurde, kann ich Ihnen ad hoc nicht sagen. Das müsste ich nachreichen.

Auch einen Vergleich zu KUKA kann ich hier nicht ziehen. Denn ich kann, wie gesagt, dazu keine weiteren Angaben machen. Ich muss bei meiner Aussage bleiben, wie sie jetzt ist. Ich kann das bestätigen, aber ich kann hier keine weiteren Aussagen dazu tätigen.

Frage: Können Sie uns kurz darlegen, welche Voraussetzungen bestehen, um ein solches Prüfverfahren überhaupt aufzunehmen? Denn es gab in der Vergangenheit offensichtlich eine grundsätzlich andere Bewertung. Da man nun noch einmal prüft, würde ich schon gern verstehen können, was genau die Voraussetzungen dafür sind, dass man solch ein Prüfverfahren einleitet. Mich interessieren einfach die formalen Voraussetzungen.

Dubel: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Prüfverfahren einzuleiten. Zum einen gibt es die Einleitung von Amts wegen, die am Maßstab des Außenwirtschaftsrechts, des AWG und der Außenwirtschaftsverordnung geprüft werden kann. Zum anderen gibt es die Möglichkeit, dass das Unternehmen die sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung bei uns beantragt. Dann prüfen wir, ob diese Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt werden kann oder nicht.

Zusatzfrage: Zur Unbedenklichkeit: Was genau ist Unbedenklichkeit im Sinne dieses Rechts?

Dubel: Von uns wird bescheinigt, dass dem Rechtsgeschäft beziehungsweise dem Antrag keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.

Frage : Dann trifft es sich gut, dass der Wirtschaftsminister in der nächsten Woche nach China fährt. Hat er vor, dieses Thema dort in irgendeiner Weise anzusprechen? Steht dieses Thema nicht in Verbindung mit kritischen Worten des Ministers zu chinesischen Praktiken bei der Übernahme von Technologiefirmen in Deutschland und in Europa?

Ich würde auch gern wissen, wie weit die Forderungen des Ministers gediehen sind, sich in Europa für bessere Schutzrechte gegen unliebsame Übernahmen durch Ausländer einzusetzen. Denn das hat er auch wiederholt angesprochen, und es erscheint fast so, als wolle er den Fall Aixtron zu einem Beleg für diese Schutzrechte, die nötig sind, machen.

Dubel: Zuerst zu China: Ja, es stimmt, der Minister wird vom 1. bis zum 5. November, also nächste Woche, nach China und nach Hongkong reisen. Er wird dort Gespräche mit verschiedenen hochrangigen Regierungsvertretern führen und auch an der Asien-Pazifik-Konferenz teilnehmen.

Bei den Gesprächen mit den Regierungsvertretern wird es um ganz unterschiedliche aktuelle politische Themen gehen. Den Gesprächen kann ich natürlich nicht vorgreifen. Ich kann jetzt nicht sagen, was genau Gegenstand der Gespräche sein wird. Das müssen wir abwarten.

Das Thema der Investitionen, das Sie als zweites Thema angesprochen haben, muss man von dem Fall Aixtron trennen. Der Fall Aixtron wird jetzt nach gegenwärtigem Recht geprüft. Der Vorschlag, der hier auch in der vergangenen Woche diskutiert wurde, richtet sich in die Zukunft. Der Minister hat schon mehrfach gesagt, dass wir darüber diskutieren müssen, wie wir damit umgehen, dass wir eine offene Volkswirtschaft sind, aber mit Ländern im Wettbewerb stehen, die selber nicht so offen sind wie wir. Das hat aber mit dem Fall Aixtron überhaupt nichts zu tun.

Frage: Frau Dubel, noch einmal die Frage zum Stand der Überlegungen: Plant der Minister eine Kabinettsbefassung? Soll das ein Gesetz werden, um Schutzmaßnahmen gegen solche ungleichen Übernahmen zu etablieren, oder initiiert er das auf europäischer Ebene?

Dubel: Er hat jetzt erst einmal Eckpunkte vorgelegt. Diese Eckpunkte werden innerhalb der Bundesregierung diskutiert. Damit hat er einen Prozess angestoßen. Wir werden sehen, wie der Prozess weitergeht und worin das mündet.

Zusatzfrage: Handelt es sich also um Eckpunkte für ein
Gesetzgebungsverfahren?

Dubel: Es sind Eckpunkte dazu, was man machen könnte, um mit diesem Thema umzugehen. Darüber sind wir jetzt in Gesprächen mit den unterschiedlichen Ressorts.

Frage: Zum zeitlichen Rahmen sowohl der erneuten Prüfung bei Aixtron als auch der Eckpunkte: Wann wäre mit einer Kabinettsbefassung zu einer möglichen Änderung zu rechnen, und wie lange dauert solch eine erneute Prüfung im Hause, die Sie angeschoben haben?

Dubel: Zum zeitlichen Rahmen im Fall Aixtron kann ich momentan nichts sagen.

Was die Eckpunkte im Bereich der Investitionen betrifft, haben wir keinen starren Zeitplan, sondern wir haben jetzt die Gespräche aufgenommen. Wir müssen jetzt schauen, wie die Gespräche laufen. Dann kann man auch sagen, wann es weitere Fortschritte gibt.

Zusatzfrage: Aber Sie wollen diese Angelegenheit schon noch in dieser Legislaturperiode über die Bühne bekommen, oder?

Dubel: Das sind Eckpunkte, die wir in dieser Legislaturperiode mit den Ressorts diskutieren.

Frage: Nur noch einmal zum Verständnis: Ist vom Verfahren her die Unbedenklichkeitserklärung etwas ganz anderes als das, was im Zusammenhang mit dem Außenwirtschaftsgesetz steht?

Dubel: Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Prüfung vorzunehmen. Die eine Möglichkeit ist, dass wir von Amts wegen prüfen. Die andere Möglichkeit ist, dass das Unternehmen sagt: "Ich möchte Rechtssicherheit haben, ob die Übernahme nach dem AWG zulässig ist" und uns bittet, dies zu bestätigen und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen.

Frage: Frau Dubel, eine Wissensfrage: Kann das Wirtschaftsministerium diesen Deal stoppen, wenn die Prüfung, von der Sie noch nicht genau wissen, wie lange sie dauern wird, negativ ausfällt? Was passiert dann eigentlich? Gibt es aufseiten der Chinesen möglicherweise noch ein Berufungsverfahren, oder ist der Deal damit dann vorbei?

Dubel: Das alles sind jetzt hypothetische Fragen. Wir prüfen erst einmal. Dann schauen wir, zu welchem Ergebnis wir kommen. Dann kann man sehen, welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Zusatzfrage: Aber die weitestgehende Maßnahme wäre, den Deal zu stoppen, oder? Das muss ja jetzt schon klar sein.

Dubel: Genau. Nach AWG ist sozusagen als Ultima Ratio vorgesehen, dass die Übernahme nicht genehmigt werden kann.

Frage: Herr Susteck, das BMVI hat in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zur Umrüstung von Güterwaggons mitgeteilt, dass diese Umrüstung sehr schleppend vorankomme; demnach dürfte das Ziel, bis Ende des Jahres 50 Prozent der Waggons auf leise Bremsen umzurüsten, nicht zu erreichen sein. Wie gedenkt das Ministerium da vorzugehen beziehungsweise gegenzusteuern?

Susteck: Vielen Dank für die Frage. - Wie viele Güterwagen 2016 umgerüstet werden, werden wir erst Anfang 2017 wissen; insofern bitte ich um Verständnis, dass ich Ihnen dazu jetzt keine Zahlen nennen kann.

Wir haben ja das Ziel, den Schienenlärm bis 2020 zu halbieren. Das machen wir über drei Maßnahmen.

Der erste Punkt ist ein besserer Lärmschutz an bestehenden Bahnstrecken. Da fördern wir als Bund die freiwillige Lärmsanierung für mehr Lärmschutz an bestehenden Strecken. Dafür werden ab 2016 auch die bestehenden Mittel von 100 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro erhöht.

Der zweite Punkt ist ein besserer Lärmschutz bei Neu- und Ausbau bestehender Bahnstrecken und bei der Lärmsanierung. Da gelten schon seit 2015 strengere Lärmschutzwerte. Auch da hat sich also bereits einiges getan.

Der dritte Punkt sind eben die angesprochenen leiseren Züge, also die Umrüstung der Güterzüge. Die Deutsche Bahn will alle ihre Güterwagen - das sind 69 - bis 2020 umrüsten, und diese Umrüstung fördern wir eben auch. Wie gesagt, was die Zahlen für 2016 betrifft, bitte ich noch um ein bisschen Geduld; darüber wissen wir Anfang nächsten Jahres Bescheid.

Zusatzfrage: In der Antwort auf die Anfrage der Grünen steht aber, es seien gerade erst 25 Prozent geschafft - 50 Prozent sollten es bis Ende dieses Jahres sein. Für den Fall, dass das nicht klappt, sind im Koalitionsvertrag ja Ordnungsmaßnahmen vorgesehen, beispielsweise Nachtfahrverbote. Darauf müsste man sich jetzt doch langsam vorbereiten? Denn das Ziel scheint ja nicht zu erreichen zu sein.

Susteck: Die Zahlen, die Sie nennen, sind, wie gesagt, keine Zahlen, die den Stand bis Ende 2016 wiedergeben. Insofern bleibe ich dabei und verweise noch einmal darauf: Anfang nächsten Jahres wissen wir mehr.

Frage: Ist derzeit irgendein Mitglied der Bundesregierung aktiv, um doch noch - vielleicht über Kontakte, die man aufgrund von Parteizugehörigkeiten hat - ein Scheitern des CETA-Prozesses in Europa zu verhindern? Ich spreche da insbesondere auch das Wirtschaftsministerium an: Gibt es möglicherweise noch irgendwelche eigene Initiativen des Wirtschaftsministers, über den Kontakt zu sozialdemokratischen oder sozialistischen Abgeordnete in der Wallonie die ablehnende Haltung aufzulockern?

Zweitens: Hat die Bundesregierung grundsätzlich eine Meinung dazu, wie zu verfahren ist, falls bis heute Abend keine Einigung erzielt werden sollte? Gibt es noch die Chance, das Abkommen in irgendeiner Weise auf Eis zu legen, um es irgendwann wieder aufzutauen?

Dubel: Über parteipolitische Kontakte oder Gespräche kann ich hier keine Auskunft geben; wenn Sie dazu Fragen haben, müssten Sie bitte bei der SPD-Pressestelle nachfragen.

Herr Gabriel hat sich am Wochenende ja mehrfach zu diesem Thema geäußert; darauf kann ich nur verweisen, die Äußerungen stehen für sich. Derzeit laufen intensive Gespräche mit den verschiedenen Beteiligten, um einen erfolgreichen Abschluss von CETA möglich zu machen. Auch Bundeswirtschaftsminister Gabriel ist an den Gesprächen beteiligt. Wann und was nach heute Abend passiert, kann ich jetzt nicht sagen. Wie gesagt, die Gespräche laufen, und die müssen wir jetzt erst einmal abwarten. Wir arbeiten natürlich darauf hin, dass wir CETA zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.

Zusatzfrage: Auf welcher Ebene ist der Bundeswirtschaftsminister da beteiligt? Sind das Gespräche mit Brüssel, mit belgischen Politikern? Auf welcher Ebene ist er aktiv?

Dubel: Es sind sowohl Gespräche mit Brüssel als auch Gespräche mit belgischen Vertretern - mit allen relevanten Akteuren.

Frage: Frau Dubel, es gab am Wochenende nach einer Pressemitteilung aus Ihrem Hause eine gewisse Verwirrung darüber, wer denn jetzt die Abreise von Frau Freeland verhindert hat. Vielleicht können Sie das aufklären: War das Herr Schulz oder war das Herr Gabriel?

Dubel: Herr Gabriel und auch Herr Schulz haben beide mit Frau Freeland gesprochen und haben darauf hingewirkt, dass die Verhandlungen weitergehen.

Frage: Im weiteren Sinne dazu: Frau Dubel, wie sehen Ihre aktuellen Prognosen bezüglich TTIP aus?

Dubel: Zu TTIP gab es jetzt ja eine Verhandlungsrunde. Wir warten jetzt darauf, von der Kommission die Ergebnisse dieser letzten Verhandlungsrunde zu bekommen; die liegen uns noch nicht vor. Wenn sie uns vorliegen, dann kann ich Ihnen einen aktuellen Stand mitteilen. Ansonsten haben wir dazu vor einigen Tagen eine Pressemitteilung herausgegeben, auf die ich verweisen kann.

Frage: Die Bundesregierung hat auf eine Anfrage eines Bundestagsabgeordneten geantwortet, dass nach dem Putschversuch in der Türkei 35 Türken mit Diplomatenpass in Deutschland Asyl beantragt haben. Anscheinend gehören zu diesen 35 auch die Familienangehörigen, deshalb möchte ich fragen: Wie viele Diplomaten sind es, die Asyl beantragt haben?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. - Ich kann tatsächlich auf die von Ihnen angesprochene Beantwortung einer mündlichen Frage und dementsprechend auch auf das hierfür angefertigte Plenarprotokoll verweisen. Richtig ist, dass nach Informationen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge insgesamt 35 Personen mit Diplomatenpässen einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt haben. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es natürlich keine Statistik gibt, die dieses Merkmal in irgendeiner Form erfasst, sodass das nicht eine vollständige und abschließende Zahl ist; aber jedenfalls ist das die Zahl, über die ich hier berichten kann. Diese Zahl umfasst jeweils auch Familienangehörige. Ich bitte um Verständnis, dass ich schon aus datenschutzrechtlichen Gründen und aus Gründen des Personenschutzes der betroffenen Antragsteller hier jetzt nicht detailliert aufgliedern kann, wie viele Familienangehörige in jedem Fall betroffen sind; insofern kann ich Ihnen nur diese Zahl bestätigen.

Zusatzfrage: Sind das auch Diplomaten außerhalb von Deutschland, oder sind das nur Diplomaten, die in Deutschland ihren Dienst gemacht haben?

Dimroth: Ich kann Ihnen nur sagen, dass es tatsächlich 35 Personen mit Diplomatenpässen sind, die beim BAMF einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Über die jeweilige Vorgeschichte liegen mir hier auch keine abschließenden Informationen vor.

Frage: Herr Dimroth, mich würden noch einmal die aktuellen Fallzahlen interessieren, was Personen betrifft, die aus der Türkei kommen. Können Sie da irgendeine spezielle Bewegung feststellen, etwa in der Richtung, dass sich dort in den vergangenen Monaten viel getan hat?

Noch eine Lernfrage - weil ich das überhaupt nicht weiß -: Fällt, wenn man einen Diplomatenpass hat, Dublin III eigentlich aus?

Dimroth: Zur ersten Frage möchte ich Sie auf die Asylgeschäftsstatistik des BAMF für den vergangenen Monat und damit auch für das Gesamtjahr verweisen, die ja noch nicht so alt ist. Nach meinem letzten Stand gibt es jedenfalls keine signifikante Entwicklung der Fallzahlen aus der Türkei. In Anbetracht der Gesamtzahlen wäre eine Zahl wie die genannte - also die 35 Personen - in der Statistik ja auch kaum auffindbar. Mein letzter Stand war: Es gibt keine signifikante Zunahme der Zahlen aus der Türkei. Die Zahlen lassen sich aber, wie gesagt, sehr detailliert online beim BAMF nachlesen und studieren.

In Bezug auf Dublin wüsste ich jetzt nicht, dass es eine Ausnahmeregelung für Inhaber von Diplomatenpässen gibt. Sollte es tatsächlich so sein, dass die in einem anderen europäischen Mitgliedstaaten schon einen Antrag gestellt hätten, dann wäre nach der von Ihnen zitierten europäischen Regelung vermutlich auch dieser Mitgliedstaat zuständig. Das ist aber keine abschließende Rechtsauskunft, die ich Ihnen hier geben kann, sondern es ist tatsächlich eher eine Plausibilitätsprüfung, die ich gerade für Sie vollzogen habe.

Frage: An das Bundesfinanzministerium und vielleicht auch an Sie, Herr Seibert: Sind auf jüngsten Konferenzen oder auch bilateral von der britischen Regierung irgendwelche Initiativen oder Überlegungen angekündigt worden, die Unternehmenssteuern in Großbritannien deutlich zu senken? Das hätte dann ja wahrscheinlich den Hintergrund, dass man Abwanderungen wegen der "Brexit"-Entscheidung verhindern will. Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte, die solche Berichte in Ihren Augen wahrscheinlich machen?

Kolberg: Wir haben die Berichte auch gesehen. Konkret durch die Regierung ist uns da nichts bekannt gemacht und nichts vorgelegt worden.

StS Seibert: Das wäre auch meine Antwort.

Frage: Meine erste Frage bezieht sich auf die Türkei, und zwar geht es um den Versuch des Abgeordneten van Aken, die in der Türkei stationierten Bundeswehrsoldaten zu besuchen. Hat dieser Besuch den gleichen Status wie der letztmalige Besuch von Bundestagsabgeordneten? Ist die Bundesregierung irgendwie im Gespräch mit der türkischen Regierung, um zu erreichen, dass der Besuch des Abgeordneten ermöglicht wird?

Schäfer: Ich müsste rückfragen: Was meinen Sie denn mit dem gleichen Status?

Zusatz : Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Besuch von Herrn van Aken auf die gleiche Art angemeldet wurde, also als offizieller Besuch eines Bundestagsabgeordneten gewertet wird - wie der letztmalige Besuch, der glaube ich, Abgeordnete verschiedener Parteien betraf, und nicht nur einen Abgeordneten.

Schäfer: Aus Sicht des Auswärtigen Amtes ist Abgeordneter Abgeordneter. Wir nehmen es natürlich sehr ernst, wenn sich Abgeordnete mit der Bitte um Hilfe bei der Durchführung einer Auslandsreise an uns wenden. Es trifft zu, was ich auch über das Wochenende in den deutschen Medien gelesen habe, dass sich der Abgeordnete van Aken mit der Bitte an das Auswärtige Amt gerichtet hat, ihm dabei behilflich zu sein, einen Besuch in der Türkei zu organisieren. Das haben wir selbstverständlich getan, so wie wir das bei jedem anderen auch tun würden. Mehr kann ich dazu jetzt eigentlich gar nicht sagen - außer dass ich vielleicht noch ergänzen möchte, dass natürlich die Besuchsbitte von Herrn van Aken unverzüglich an die türkische Seite weitergeleitet worden ist.

Zusatzfrage: Hat man von türkischer Seite schon irgendeine Antwort erhalten?

Schäfer: Eine abschließende Antwort gibt es noch nicht. Ich glaube aber auch nicht, dass es Sinn hat, sich bei dieser Art von Besuchsplanung über die Öffentlichkeit miteinander auszutauschen. Alles, was es zu dieser oder vielleicht anderen Besuchsreisen im Kontakt mit Partner- oder Gastregierungen zu besprechen gibt, gehört zunächst einmal in die Kommunikation mit dem Deutschen Bundestag und mit dem betroffenen Abgeordneten.

Frage: Ich würde gerne das Wirtschaftsministerium fragen, was den Fall Kaiser's Tengelmann/Edeka angeht. Nachdem der Minister ja quasi Verfahrensbeteiligter ist, hat er irgendwelche Signale von Rewe erhalten, dass dieser Konflikt möglicherweise doch noch in Kürze ausgestanden ist? Hat er möglicherweise mit den Beteiligten in dieser Sache aktuell Gespräche geführt?

Dubel: Ich muss Ihnen widersprechen: Der Minister ist kein Verfahrensbeteiligter.

Wir haben auch vernommen, dass neben Norma auch Markant angekündigt hat, die Klage zurückzuziehen. Das an sich ist ein unternehmerischer Vorgang, den wir nicht kommentieren. Das ist aber natürlich ein Signal, dass weitere Gespräche über eine Lösung im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann stattfinden. Der Ball liegt erst einmal bei den beteiligten Unternehmen.

Ja, ich kann bestätigen, dass der Minister an den Gesprächen teilnimmt. Das sind aber alles interne Gespräche, und dementsprechend kann ich nichts zu den Inhalten sagen.

Frage: Auf welcher Basis nimmt der Minister an diesen Gesprächen teil? Was die Anfrage angeht, war er sozusagen als Vertreter des Ministeriums beteiligt. Jetzt geht es aber um unternehmerische Entscheidungen, wie es mit diesem Unternehmen weiter geht.

Dubel: Nichtsdestotrotz ist dem Minister natürlich sehr wichtig, dass hier eine Lösung gefunden wird. Wenn er zu den Gesprächen eingeladen wird, nimmt er an den Gesprächen auch teil.

Zusatzfrage: Die Unternehmen haben ihn eingeladen?

Dubel: Ich kann jetzt nicht sagen, wie das genau gelaufen ist. Ich kann Ihnen sagen, dass er an Gesprächen teilnimmt.

Frage: Zum Verständnis: an internen Gesprächen teilgenommen hat, teilnehmen wird?

Was sind "interne Gespräche" in dem Fall genau?

Dubel: Das sind Gespräche zwischen den beteiligten Parteien: zwischen Edeka, Kaiser's Tengelmann, Rewe und allen, die in dem Verfahren involviert waren. Ver.di ist auch mit dabei. Das sind Gespräche, die in dem Sinne intern sind, dass sie natürlich nicht öffentlich sind. Dementsprechend können wir nicht über die Inhalte der Gespräche berichten.

Zusatzfrage: Haben Sie uns jetzt als abgeschlossen berichtet, dass er teilgenommen hat oder wird er teilnehmen?

Dubel: Ich habe gesagt: Er nimmt teil.

Zusatzfrage : Aktuell?

Dubel: Aktuell, also in dieser Sekunde, wahrscheinlich nicht, aber er nimmt an den Gesprächen weiter teil.

Frage: Herr Schäfer, ich wollte fragen, ob dem Auswärtigen Amt bekannt ist, dass die Justizbehörden im US-Bundesstaat New York um die Aufhebung der diplomatischen Immunität eines Attachés bei der Uno-Vertretung gebeten haben, weil gegen ihn wegen häuslicher Gewalt ermittelt werden soll. Wenn ja, wird diesbezüglich irgendetwas getan?

Schäfer: Ich kenne entsprechende Presseberichte in den amerikanischen Medien - nicht über den Vorhalt, den Sie mir machen, sondern über den Fall als solchen. Ich kann dazu aus, wie ich glaube, für Sie verständlichen Gründen keine weitere Stellungnahme abgeben.

Eine solche Bitte um Aufhebung der Immunität wäre mir nicht bekannt.

Zusatzfrage: Ganz prinzipiell: Sie haben vorletzte Woche darüber gesprochen, dass sich die Bundesregierung um die Einhaltung der Gesetze in Bezug auf Bedienstete in diplomatischen Haushalten in Deutschland bemüht. Was macht denn die Bundesregierung ihrerseits, damit sich ihre eigenen Diplomaten an das entsprechende Recht halten?

Haben die Angestellten von Diplomaten den gleichen Status wie Familienmitglieder?

Schäfer: Ich glaube, wir brauchen hier keinen Nachhilfeunterricht in Sachen Gesandtschaftsrecht zu machen.

Grundsätzlich ist es so, dass jemand, der als Diplomat für Deutschland im Ausland im Einsatz ist, auf der sogenannten Diplomatenrolle des Gastlandes eingetragen ist. Das bedeutet, dass für ihn sämtliche Vorrechte und Privilegien der Wiener Diplomatenrechtskonvention aus den 60er-Jahren gelten. Das bedeutet im Kern - die Details sind etwas komplizierter - die völlige Befreiung von der Rechtsordnung des Gastlandes.

Das heißt doch aber überhaupt nicht, dass ein deutscher Diplomat im Ausland tun und lassen könnte, was immer er wollte und keine Sorge zu haben braucht, dafür strafrechtlich oder in anderer Weise belangt zu werden. Erstens ist es klare Anordnung für alle unsere Kolleginnen und Kollegen im Ausland, dass sie sich in vollem Umfang trotz oder gerade wegen der diplomatischen Privilegien und Immunität an die Rechtsordnung des Gastlandes zu halten haben. Zweitens gibt es natürlich stellvertretende Strafrechtspflege. Ich spreche jetzt ausdrücklich nicht von dem Fall, der der Anlass Ihrer Frage ist; ich beantworte das nur ganz allgemein. Wenn es den Verdacht gibt, dass eine Straftat begangen sein könnte, dann besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass die deutsche Justiz sich der Sache strafrechtlich annimmt.

Aber das ist, wie gesagt, eine Äußerung, die ich bitte, in keinen direkten Zusammenhang mit dem von Ihnen vorgetragenen Fall in New York zu sehen. Das ist eine allgemeine Äußerung.

Natürlich ist kein deutscher Diplomat im Ausland oder jemand, der mit einem Diplomatenpass im Ausland wäre - es gibt ja auch gewichtige Unterschiede zwischen dem einen und dem anderen -, in irgendeiner Weise sakrosankt oder könnte für sich in Anspruch nehmen, sich nicht für das, was er tut, verantworten zu müssen.

Montag, 24. Oktober 2016

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 24. Oktober 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/10/2016-10-24-regpk.html;jsessionid=080576FF94BAC4B8BE7E561F4262D6A0.s7t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2016

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