Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1442: Regierungspressekonferenz vom 26. April 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 26. April 2017
Regierungspressekonferenz vom 26. April 2017

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom, Rentenanpassung, Legislaturbericht Digitale Agenda 2014-2017, Entwicklungspolitischer Bericht der Bundesregierung, Flucht und Migration), Interviewäußerungen des griechischen Ministerpräsidenten, Verhaftung von vermeintlichen Anhängern der Gülen-Bewegung in der Türkei, Interviewäußerungen des stellvertretenden türkischen Ministerpräsidenten zu bilateralen Wirtschaftshilfen, Besuch des Bundesaußenministers in Israel, Entlassung des Leiters des Ausbildungskommandos des Heeres/Verstöße gegen die innere Führung in der Bundeswehr, Drohnenangriffe im Jemen, TV-Duell zwischen der Bundeskanzlerin und dem SPD-Kanzlerkandidaten, geplanter Gesetzentwurf für schärfere Strafen für Wohnungseinbrüche, Forderung der Bundesumweltministerin im Zusammenhang mit Testergebnissen des Umweltbundesamtes zur Stickoxidemissionen von Dieselkraftfahrzeugen, Reise der Bundeskanzlerin nach Saudi-Arabien, Reaktionen von Mitgliedern der Bundesregierung auf das Ergebnis des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahl in Frankreich, Women20-Dialogforum

Sprecher: StS Seibert, Mänz (BMEL), Kolberg (BMF), Fischer (AA), Nannt (BMVg), Krüger (BMJV)


Vors. Maier eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Wir haben zunächst einmal den Bericht aus dem Kabinett.

Der erste Tagesordnungspunkt dort war ein energiepolitischer Beschluss: der Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom. Mieterstrom, das ist der Strom, der mit einer Solaranlage auf dem Dach eines Wohngebäudes erzeugt wird und der dann, ohne dass man das allgemeine Versorgungsnetz in Anspruch nimmt, an die Mieter zum Verbrauch in diesem Haus weitergeleitet wird. Der Entwurf sieht also eine Förderung für solchen Mieterstrom vor. Damit können Mieter und Vermieter konkret an der Energiewende beteiligt werden, und außerdem wird so der Zubau von Photovoltaik-Dachanlagen auf Wohngebäuden vorangetrieben. Gefördert wird eine installierte Leistung von 500 Megawatt pro Jahr. Das Ganze ist auf Wohngebäude begrenzt, 40 Prozent der Gebäudefläche müssen also Wohnfläche sein.

Es gibt dazu diverse Einzelheiten - ich bin mir nicht sicher, dass ich Ihnen die alle vortragen muss. Ich glaube aber, Sie haben den Sinn dieses Gesetzes zumindest einmal verstanden, und wir stehen natürlich für Rückfragen zur Verfügung.

Der zweite Tagesordnungspunkt war eine wichtige Mitteilung für die 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland: Die Renten werden zum 1. Juli erhöht, und zwar in den neuen Bundesländern um 3,59 Prozent und in den alten Bundesländern um 1,9 Prozent. Wir hatten ja im vergangenen Jahr die höchsten Rentensteigerungen seit 23 Jahren, und es ist erfreulich, dass die Rentenbezüge auch in diesem Jahr spürbar angehoben werden können. Das Kabinett hat die erforderliche Verordnung dazu heute auf den Weg gebracht.

Die unterschiedliche Erhöhung in den alten und den neuen Ländern - das wissen sicherlich viele von Ihnen - ist darauf zurückzuführen, dass die Rente vor allem den Löhnen folgt, und die für die Renten relevante Lohnentwicklung lag eben im Jahre 2016 im Vergleich zu 2015 im Westen bei plus 2,06 Prozent und im Osten bei plus 3,74 Prozent. Des Weiteren gibt es noch einen dämpfenden Nachhaltigkeitsfaktor, und so kommt man zu diesen Rentensteigerungen. Die Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert West kommt damit erneut deutlich voran. Vor dieser Erhöhung lag der Rentenwert Ost bei 94,1 Prozent des Rentenwerts West, und mit der Erhöhung ab dem 1. Juli wird das bei 95,7 Prozent liegen.

Das nächste Thema behandle ich kurz, weil drei Minister hier dazu schon ausführlich vorgetragen haben: Das ist der Legislaturbericht Digitale Agenda 2014-2017. Mit dieser Digitalen Agenda hatte die Bundesregierung vor drei Jahren ja die Leitlinien ihrer Digitalpolitik rund um drei Kernziele definiert: Wachstum und Beschäftigung, Zugang und Teilhabe zum Digitalen sowie Vertrauen und Sicherheit. Das ist - so hat es der Innenminister einmal ausgedrückt - wie ein öffentliches Hausaufgabenbuch, das man sich da geschaffen hat, und heute, drei Jahre später, kann man sagen: Es ist viel geschafft worden. Dieser Legislaturbericht beschreibt die Meilensteine der Digitalen Agenda, er beschreibt aber durchaus auch die zu erwartenden Herausforderungen für die nächste, die 19. Legislaturperiode. Stichworte sind die Unterstützung der Wirtschaft auf dem Weg in die Industrie 4.0, die Förderung einer wettbewerbsfähigen Berufsbildung 4.0, die Stärkung der Cybersicherheit, die Anpassung des Datenschutzrechts, die Verbesserung der Wagniskapitallandschaft für Start-ups und natürlich auch die Fortschritte beim flächendeckenden Breitbandausbau. - Ich will es dabei belassen, denn Sie hatten hier ja schon die Gelegenheit, von den Ministern selber zu hören.

Alle vier Jahre wird dem Bundeskabinett der Entwicklungspolitische Bericht der Bundesregierung vorgelegt, und den hat das Kabinett heute verabschiedet. Das ist also die Bilanz der vergangenen Legislaturperiode auf entwicklungspolitischem Gebiet. Deutschland arbeitet in der Entwicklungspolitik mit sage und schreibe 85 Partnerländern zusammen. Im ersten Teil des Berichts werden die notwendigen Maßnahmen dargestellt, um den globalen Herausforderungen zu begegnen: weltweites Bevölkerungswachstum, Klimawandel, Migrationsbewegungen, gewaltsame Konflikte. Wir orientieren uns dabei an den Leitbildern der UN-Agenda 2030 und den Zielen für nachhaltige Entwicklung, und dann werden die zentralen Herausforderungen genannt: die Ernährungsfrage, die Überwindung von Armut und Hunger, Klima- und Umweltschutz, eine gerechtere Gestaltung der Weltwirtschaft, die Minderung von Fluchtursachen sowie die Sicherung von Frieden. Der Bericht liefert also sowohl Bilanz als auch Ausblick auf die künftigen Handlungsfelder.

Ein paar Zahlen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind: Der Etat des BMZ in diesem Jahre, 2017, liegt bei 8,5 Milliarden Euro - das ist ein neuer Höchststand -, und die sogenannten ODA-Leistungen, also die Leistungen öffentlicher Entwicklungszusammenarbeit, sind allein zwischen 2014 und 2015 von 12,5 Milliarden Euro auf 16,2 Milliarden Euro gestiegen. Ich will nur einige Punkte nennen: Es wurden in dieser Legislaturperiode mehr als 12 Milliarden Euro von der Bundesregierung bereitgestellt, um strukturelle Fluchtursachen zu bekämpfen, dem BMZ stehen jedes Jahr etwa 1,5 Milliarden Euro für Projekte im Bereich Ernährung, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zur Verfügung, und im Bildungsbereich war Deutschland 2015 mit Auszahlungen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro der größte bilaterale Geber weltweit.

Man kann also durchaus sagen, dass in der laufenden Legislaturperiode die Entwicklungspolitik einen Stellenwert erreicht hat - erhöhte Haushaltsmittel, aber auch konkrete Fortschritte -, der durchaus ein neuer und bedeutender Stellenwert ist. Deswegen ist das eine insgesamt positive Bilanz, die die Bundesregierung über ihre Entwicklungspolitik in dieser Legislaturperiode zieht. Klar ist aber auch: Die Herausforderungen sind nicht geringer geworden, und denen werden wir uns stellen müssen.

Zum Schluss hat der Bundesinnenminister kurz zum Thema Flucht und Migration vorgetragen. Heutiger Schwerpunkt seines Berichts war der aktuelle Stand bei der Rückkehr beziehungsweise Rückführung von Ausreisepflichtigen. Im ersten Quartal dieses laufenden Jahres gab es fast 8500 freiwillige Rückkehrer und etwas über 6700 Rückführungen. Hauptherkunftsländer der Ausreisepflichtigen bleiben die Länder des Westbalkans, mit denen staatlicherseits die Rückführungszusammenarbeit auch weitgehend reibungslos verläuft. Auch mit anderen wichtigen Herkunftsländern hat sich die Zusammenarbeit bei den Rückführungen erheblich verbessert. Der Minister hat dann noch Schritte zur Umsetzung des Beschlusses der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder vom 9. Februar zur Rückkehrpolitik dargestellt.

Soweit vielleicht erst einmal von mir.

Frage : Herr Seibert, seit Neuestem zählen ja auch die inländischen Ausgaben zur Entwicklungshilfe, wenn es um Flüchtlinge geht. Das bedeutet aktuell, dass Deutschland der größte Empfänger seiner eigenen Entwicklungsausgaben ist. Soll das in Zukunft auch so bleiben?

StS Seibert: Ich schlage vor, dass die Sprecherin des zuständigen Ressorts mit all ihrer Fachkenntnis darüber berichtet.

Zusatz : Ich würde aber auch gern eine Antwort aus Regierungssicht bekommen.

StS Seibert: Wir haben das Ressortprinzip - sie spricht damit natürlich für die Entwicklungspolitik der Bundesregierung.

Mänz: Selbstredend freuen wir uns, dass wir in diesem Jahr die 0,7-Prozent-Quote bei der ODA erreichen. Trotzdem bleibt es natürlich das selbstgesteckte Ziel, dass auch ohne die Anrechnung dieser Flüchtlingskosten - das sind ja, wenn Sie so wollen, im Wesentlichen Einmaleffekte, die dadurch zustande kommen, dass Deutschland in den vergangenen eineinhalb bis zwei Jahren sehr viele Flüchtlinge aufgenommen hat und diese Kosten teilweise angerechnet werden - die 0,7 Prozent erreicht werden. Bereinigt läge die aktuelle Quote bei 0,52 Prozent. Wie gesagt, der Minister betont ausdrücklich, dass es das Ziel sein muss - und auch ist -, dass die Quote auch ohne diese zusätzlichen Kosten im Inland künftig erreicht und angesteuert werden sollen.

Zusatzfrage : Ab wann wollen Sie nicht mehr schummeln bei dieser Ausgabe? Die tatsächlichen Ausgaben liegen ja bei 0,52 Prozent, nicht bei 0,7 Prozent.

Mänz: Diese Formulierung mache ich mir ausdrücklich nicht zu eigen. Das sind Regeln, die nicht wir als Bundesrepublik aufgestellt haben, sondern das sind Regeln, die die OECD aufstellt, an die wir uns strikt halten. Das ist also nichts, was wir in irgendeiner Form befördern, sondern das sind einfach die Regeln, die so gelten, und da die Regeln für alle Länder in der OECD gleich sind, hält sich natürlich auch Deutschland an diese Regeln.

Frage: Frau Mänz, sind die Mittel für Flüchtlingshilfe im Inland, die jetzt auf die Quote angerechnet werden, einmalig anrechenbare Mittel, oder können die in den folgenden Jahren ebenfalls wieder angerechnet werden?

Mänz: Die Regelungen des DAC - das ist der Entwicklungsausschuss der OECD - sehen vor, dass Aufwendungen für Unterkunft, Versorgung und Grundbildung von Flüchtlingen aus Entwicklungsländern für einen Zeitraum von zwölf Monaten anrechenbar sind. Das heißt, das erledigt sich nach einem Jahr quasi von selbst, zumindest für diese eine Gruppe. Wenn neue Flüchtlinge dazukommen, dann gilt das natürlich aufs Neue.

Zusatzfrage: Das heißt, wenn auch im nächsten Jahr für die Flüchtlinge, die jetzt schon da sind, etwas ausgegeben wird, dann wäre das nicht anrechenbar, aber wenn im nächsten Jahr neue Flüchtlinge kommen, dann wäre das für diese Gruppe wieder anrechenbar, richtig?

Mänz: Korrekt, es geht immer um die ersten zwölf Monate.

Frage : Frau Mänz, ist es richtig, dass Teile der Entwicklungshilfe zur Bekämpfung von Migrationsbewegungen verwendet werden? Ich meine jetzt nicht Anreize, im eigenen Land zu bleiben, sondern explizit Gelder, die an Drittstaaten gezahlt werden, um solche Migration zu unterbinden. Falls ja: Wie hoch ist der Anteil?

Mänz: Unter dem Rubrum "Fluchtursachen bekämpfen" geht es uns als BMZ darum, die Ursachen zu vermindern, den Druck zu vermindern, die Anreize zu vermindern oder die Ursache zu bekämpfen, die Menschen in unterschiedlichsten Regionen der Welt zum Teil dazu zwingen oder dazu drängen, ihr Herkunftsland zu verlassen. Es geht nicht um das Verhindern von Migration als Selbstzweck, sondern es geht darum, den Menschen vor Ort die Lage im eigenen Land lebenswert zu macht, ihnen Perspektiven vor Ort zu geben, sie in ihrer Herkunftsregion zu versorgen. Sie wissen vielleicht, dass die allerwenigsten Menschen aus einfachen Beweggründen ihre Heimat verlassen; das ist vielmehr immer ein schwerer Schritt, es ist ein großer Schritt. Wenn Sie sich beispielsweise in den Ländern rund um Syrien umhören, dann stellen Sie fest: Die allermeisten Menschen haben den großen Wunsch, in ihr Herkunftsland - in diesem Fall Syrien - zurückzukehren. Es ist nicht unbedingt der große Wunsch, nach Europa zu kommen. Es ist tatsächlich eine Minderheit, die sich auf diese schwere Reise begibt, die auch nicht ohne Risiken für Leib und Leben ist.

Das heißt, unser Ziel ist nicht, Migration zu verhindern, sondern unser Ziel ist es, Menschen in Not vor Ort zu versorgen und ihnen vor Ort eine Perspektive zu geben, damit sie sich gar nicht erst auf diese Reise begeben müssen.

Zusatzfrage : Das war nicht so ganz die Antwort auf meine Frage, sondern vielleicht auf eine andere Frage. Es geht mir darum, wie viel Geld die Bundesregierung aus dem Etat für Entwicklungshilfe an Länder wie beispielsweise Libyen zahlt, um die Migration von Menschen durch Libyen Richtung Europa zu verhindern.

Mänz: Libyen ist kein Partnerland des BMZ, insofern muss ich Ihnen da Fehlanzeige melden.

Zusatz : Es ging mir nicht nur um Libyen - ich sagte "beispielsweise".

Mänz: Es ist tatsächlich so, dass wir Länder, die hohe Zahlen von Flüchtlingen aufnehmen - das betrifft beispielsweise einzelne Staaten in Nordafrika -, natürlich auch bei der Versorgung dieser Flüchtlinge unterstützen. Das gilt ja beispielsweise auch im Falle der Türkei, die ja fast 3 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat und dort Enormes leistet. Natürlich unterstützen wir diese Länder konkret bei der Versorgung von Flüchtlingen. Ich kann Ihnen jetzt aber leider nicht für jedes einzelne Land aus dem Ärmel geschüttelt aufzählen, wie hoch diese Beträge sind.

Frage: Auch noch einmal eine Verständnisfrage: Fließen im Sinne der Fluchtursachenbekämpfung in bestimmten Ländern auch Entwicklungshilfegelder in den sogenannten Kampf gegen den Terrorismus?

Mänz: Ich verstehe diese Verbindung, die Sie da gerade aufmachen, nicht.

Zusatzfrage: Sie sagten ja gerade, die Gelder dienten auch zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Das Argument ist ja oft, dass der internationale Terrorismus ebendiese Fluchtursachen schafft. Daraus erschließt sich für mich die Frage, ob dann auch Gelder in diese Bekämpfung des Terrorismus - der ja Grundlage der Fluchtursachen ist - fließen.

Mänz: Nein. Das BMZ ist nicht zuständig für Terrorbekämpfung.

Frage : Noch eine Lernfrage: Fließen aus Ihrem Haus im Rahmen des Flüchtlingsdeals auch Gelder in die Türkei?

Mänz: Das BMZ unterstützt vor Ort konkret die Versorgung von Flüchtlingen. Das heißt, dort, wo Flüchtlinge aufgenommen werden, unterstützt das BMZ entsprechend mit Geldern. Beispielsweise fördern wir die Ausbildung von syrischen Lehrern, die Unterricht für syrische Flüchtlingskinder geben. Es ist inzwischen eine Zahl von 12 Lehrern, die wir dort finanzieren. Es geht also ganz konkret um Unterstützung im Rahmen dieser Flüchtlingskrise, also ganz konkret darum, Flüchtlingen, die in der Türkei aufgenommen worden sind, zu helfen.

Frage: Frau Mänz, ich habe eine Frage zu einer neuen entwicklungspolitischen Initiative, die die Kanzlerin gestern im Rahmen der G20-Präsidentschaft angekündigt hat, nämlich einer Kreditlinie oder Fazilität für Frauen in den Entwicklungsländern. Erstens: Unterstützt Ihr Minister das? Zweitens: Plant und ausgestaltet er das? Drittens: Um wie viel Geld würde es hier im Blick auf den deutschen Beitrag gehen?

Mänz: Ich kann mich dazu jetzt nur ganz allgemein äußern: Natürlich unterstützen wir das, und das unterstützt auch der Minister. Er hat sich auch mehrfach dazu verhalten, dass gerade für die Zukunft in Afrika die Frauen eine ganz wichtige Rolle spielen, und tatsächlich ist es so, dass Frauen immer noch größere Schwierigkeiten haben, wirtschaftlich teilzuhaben und auch zur Entwicklung beizutragen. Das ist ein ganz großes Potenzial - auch das betont der Minister immer wieder -, das wir gerade auch in Afrika dringend heben müssen. Der Zugang zu Krediten und Finanzmitteln auch für Frauen ist da natürlich ein ganz wichtiger Faktor.

Zusatzfrage: Herr Seibert oder Herr Kolberg, können Sie mir Zahlen nennen, in was für einem Volumen Deutschland sich daran beteiligen könnte?

StS Seibert: Nein. Ich glaube, dafür ist es einfach noch ein bisschen früh. Dieser wirklich sehr unterstützenswerte Vorschlag ist ja von den USA in die G20-Verhandlungen eingebracht worden. Er ist gestern bei dem W20-Dialogforum, das vielleicht der eine oder andere von Ihnen verfolgt hat, von den einzelnen Teilnehmerinnen sehr begrüßt worden. Er könnte tatsächlich ein Mittel sein, es künftig mehr Frauen zu ermöglichen, unternehmerisch tätig zu werden und auch einfacheren Zugang zu finanziellen Dienstleistungen zu schaffen. Das ist etwas, was die Bundeskanzlerin jetzt - das hat sie auch gesagt - im G20-Verfahren sehr energisch vertreten und vorantreiben will. Der Fonds könnte bei der Weltbank angesiedelt sein. Sie hören schon: Wir sind natürlich noch nicht in dem Bereich, wo wir das alles ausgearbeitet auf dem Tisch liegen haben. Die Details zur Ausgestaltung dieses Fonds werden erst noch ausgearbeitet. Das wird natürlich auch abhängig sein vom Verlauf der G20-Verhandlungen, von der Beteiligung einzelner G20-Staaten und von der Beteiligung privater Geldgeber - so ist das ja gedacht. Aber zunächst einmal ist das eine sehr unterstützenswerte und gute Initiative, die gestern jedenfalls unter den Vertreterinnen auf dem Podium der W20 viel Unterstützung gefunden hat.

Kolberg: Den Ausführungen von Herrn Seibert habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich habe in diesem Zusammenhang eine etwas übergeordnete Frage: Nun gibt es ja sehr viel Kritik an der Entwicklungshilfe allgemein: Es wird bezweifelt, dass sie vor Ort wirksam ist; viele Experten sagen, dass fairere Handelsbedingungen wesentlich effizienter wären, um Ländern in Afrika langfristig auf die Beine zu helfen. Was ist Ihre Einschätzung?

Mänz: Wenn Sie beispielsweise das Thema faire Handelsbedingungen ansprechen: Da sind wir, denke ich, auf gutem Weg. Es sind natürlich kleine Schritte, die zum Ziel führen, und Sie müssen da, glaube ich, wirklich auch die einzelnen Sektoren aufgreifen und einzeln betrachten. Nehmen Sie beispielsweise unser Textilbündnis, das inzwischen 150 Mitglieder hat und auf einem guten Weg ist, nach und nach - mit einer großen Marktabdeckung von aktuell insgesamt 50 Prozent - Verbesserungen hin zu besseren Sozialstandards, hin zu besseren Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern, hin zu fairer Bezahlung zu erreichen. Das sind kleine Schritte, beispielsweise auch im Bereich der Kakaoproduktion. Auch dort gibt es große Fortschritte in die richtige Richtung zu verzeichnen. Das ist etwas, wofür sich der Minister vehement einsetzt. Natürlich unterstützen wir das voll und ganz. Natürlich setzen uns dafür ein, dass die Handelsbeziehungen weltweit fair ausgestaltet werden.

Zusatzfrage: Wenn ich Sie richtig verstehe, würden Sie also bejahen, dass faire Handelsbedingungen im Endeffekt wesentlich effektiver wären als eine Entwicklungszusammenarbeit, wie es heutzutage heißt?

Mänz: Nein, das habe ich nicht gesagt. Das eine und das andere gehen Hand in Hand.

Frage: Herr Kolberg, vielleicht Herr Seibert, gestern hat Herr Tsipras in einem Interview wörtlich gesagt: Keine Sparmaßnahmen ohne Schuldenreduzierung! Wir wollen diese Maßnahmen billigen, aber nicht umsetzen, wenn es keine Entscheidungen über die Schulden gibt.

Kolberg: Im Grunde ist der Stand der von Valletta. Da haben sich die Finanzminister oder die Institutionen mit Griechenland darauf geeinigt, und das wurde auch in Valletta bestätigt, dass es jetzt die Reformmaßnahmen zur Umsetzung der Beschlüsse der Finanzminister aus dem Mai 2016 geben soll. Da ist eine ganz eindeutige Vereinbarung mit Griechenland getroffen worden. Griechenland hat zugesichert, Reformmaßnahmen zu treffen, die mittelfristig einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent erbringen. Dieses Paket von Reformmaßnahmen konkretisiert sich jetzt in den Verhandlungen mit den Institutionen und wird jetzt umgesetzt; davon gehen wir aus.

Dann gibt es eine weitere Passage in dieser Einigung vom Mai 2016, in der steht, dass, wenn diese Maßnahmen alle umgesetzt sind und wenn das gesamte Programm umgesetzt ist, also das gesamte dritte Hilfsprogramm - das wird nach jetziger Planung 2018 der Fall sein -, die Eurogruppe zusichert, über Schuldenmaßnahme zu sprechen, soweit es notwendig sein sollte, um die Schuldentragfähigkeit Griechenlands sicherzustellen. Das ist der Stand, von dem ich Ihnen berichten kann.

StS Seibert: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: In diesem Interview, Herr Seibert, hat Herr Tsipras gestern Frau Merkel und Herrn Schäuble sehr große Komplimente gemacht. Wie ist die Zusammenarbeit?

StS Seibert: Gut.

Kolberg: Ja, das können wir bestätigen. Herr Tsakalotos und Herr Schäuble stehen in regelmäßigem Austausch. In Valletta haben alle Seiten betont - auch Herr Tsakalotos -, dass man an schnellen Fortschritten interessiert sei. Dass wir dabei schnell vorankommen wollen, hat auch der deutsche Finanzminister immer wieder betont. Wir liegen jetzt etwas hinter dem Zeitplan. Eigentlich sollte die Programmüberprüfung, die jetzt noch läuft, nach der Vereinbarung aus dem Mai ja schon im Dezember abgeschlossen sein, und deswegen können wir dem griechischen Finanzminister nur zustimmen, dass wir an schnellen Fortschritten interessiert sind.

Frage: Ich habe eine Frage an die Bundesregierung zur Verhaftungswelle in der Türkei in der vergangenen Nacht. Da sind mehr als 1000 vermeintliche Anhänger der Gülen-Bewegung verhaftet worden. Wie wird das von der deutschen Bundesregierung gewertet?

Fischer: Wir haben uns ja hier schon häufiger zur innenpolitischen Lage in der Türkei geäußert. Diese Razzia und diese Verhaftungen, von denen Sie berichten, stellt die türkische Regierung ja in einen Zusammenhang mit der Aufklärung des Putschversuchs. Es ist natürlich richtig, dass der Putsch, den es in der Türkei im letzten Jahr gab, vollständig aufgeklärt wird und dass auch die Hintermänner, die diesen Putsch durchgeführt haben, dingfest gemacht werden. Aber dabei müssen ja doch rechtsstaatliche Maßnahmen eingehalten werden und Fragen der Verhältnismäßigkeit geklärt werden. Deshalb wird es Sie nicht überraschen, dass wir diese Massenverhaftungen, aber auch andere, die wir in der Vergangenheit beobachtet haben, durchaus mit Sorge zur Kenntnis genommen haben, weil wir nicht glauben, dass die Verhaftung von 1000 Personen nach so einer langen Zeit nach dem Putsch wirklich verhältnismäßig ist. Allerdings habe ich die Zahl dieser 1000 Personen auch nur der Presse entnommen. Das ist eine Zahl, die wir noch nicht verifizieren konnten.

Zusatzfrage: In dieser Woche gab es ja ein Interview in der "Bild"-Zeitung mit dem stellvertretenden Regierungschef, Herrn Simsek, der sich erhofft, dass Deutschland Wirtschaftshilfe an die Türkei leistet. Im Zusammenhang mit diesen Verhaftungen oder auch unabhängig davon frage ich: Sind Sie dazu bereit? Wie sehen Sie diesen Wunsch?

Fischer: Ich glaube, dazu haben wir uns in der Vergangenheit auch schon häufiger geäußert. Es gibt eine Reihe von Fällen, die das deutsch-türkische Verhältnis belasten. Ich nenne hier nur einmal beispielhaft Deniz Yücel. Ich denke, das macht es nicht einfacher, über Wirtschaftshilfe bilateraler Art zu sprechen.

Zusatzfrage: Heißt das, wenn Herr Yücel freigelassen wird, dann sind Sie gesprächsbereit?

Fischer: Das heißt gar nichts. Das heißt zunächst einmal nur, dass die Beziehungen derzeit belastet sind. Ich meine, es gibt ja über Herrn Yücel hinaus noch andere Dinge, die wir in den letzten Wochen und Monaten beobachten konnten, und das lässt uns halt derzeit zurückhaltend sein, was Diskussionen über Wirtschaftshilfen angeht.

Frage: Zwei kurze Frage an Herrn Fischer zu der Stolperstrecke, die gestern der Bundesaußenminister in Israel hinter sich bringen musste: Hat sich diese Nötigung - man könnte auch Erpressung sagen, wie auch immer man es bezeichnen will -, also die Korrelation zwischen dem Gespräch mit zwei Nichtregierungsorganisationen und der Gelegenheit, den Ministerpräsidenten zu treffen, vorher abgezeichnet, sodass Sie anders hätten planen können, oder war das wirklich so überraschend, wie es in einigen Berichten herüberkam?

Herr Fischer, gibt es Regularien für Antrittsbesuche, die dem Reisenden dann möglicherweise im diplomatischen Bereich doch einen höheren Grad an Zurückhaltung auferlegen?

Fischer: Ich glaube, darüber haben die Kollegen, die auf der Reise waren, gestern ja auch schon die mitreisenden Journalisten gebrieft. Es hat sich in der Nacht von Sonntag auf Montag abgezeichnet, dass hier von israelischer Seite ein Konnex zwischen dem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten und dem Termin mit den Nichtregierungsorganisationen hergestellt wird. Es ist schon so, dass es davor - das ist ja auch kein Geheimnis - hier und da Signale dafür gegeben hat, dass das Treffen bei der israelischen Seite nicht auf so ganz große Gegenliebe stößt. Aber dass es diesen Konnex gibt, hat sich dann tatsächlich erst während der Reise abgezeichnet. Auch dann gab es noch vielfältige Gespräche hinter den Kulissen.

Dass es nicht zu diesem Gespräch gekommen ist, halten wir für sehr bedauerlich, und der Minister hat das ja auch zum Ausdruck gebracht. Das war letztlich überraschend, zumal er ja schon häufig in Israel gewesen ist, auch häufiger Herrn Netanjahu getroffen hat und, wie er selbst zum Ausdruck gebracht hat, ein durchaus sehr offenes Verhältnis zu ihm gepflegt hat.

Die zweite Frage war die Frage nach den Gepflogenheiten bei Antrittsbesuchen. Nein, festgelegte Regeln für Antrittsbesuche gibt es nicht. Man versucht, seinen Counterpart zu treffen. Das ist in Israel, weil das Amt des Außenministers ja derzeit in Personalunion von Herrn Netanjahu geführt wird, Herr Netanjahu. Aber es ist, wie der Minister es auch gestern gesagt hat und wie wir es gestern gesagt haben, ja durchaus üblich, dass so ein Programm mehrere Stationen umfasst, und dazu gehören auch immer wieder Gespräche mit der Zivilgesellschaft. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Antrittsreise durch das Baltikum und in die Ukraine, bei der der Minister auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft zusammengetroffen ist, oder auch an den Antrittsbesuch in Griechenland, bei dem er sozusagen im Rahmen der Gespräche zur Documenta durchaus eine Reihe sehr kritischer Geister und Künstler getroffen hat. Insofern ist es aus unserer Sicht gar nichts Ungewöhnliches, dass es diese Programmtermine gab.

Der Minister hat sich ja auch wirklich sehr viel Zeit für den Besuch genommen. Es ging ja nicht einfach nur um ein Treffen mit dem Außenminister, der dann wieder zurück fliegt, sondern er hat versucht, sich ein ganz umfassendes Bild zu verschaffen, indem er eine ganze Reihe von Gesprächen geführt hat, unter anderem auch mit ehemaligen Militärs, mit denen er sich über die Sicherheitslage Israels ausgetauscht hat. Insofern, glaube ich, ging es tatsächlich darum, sich ein ganz umfassendes Bild der aktuellen Lage zu verschaffen. Deshalb fanden wir es überraschend und durchaus sehr bedauerlich, dass eben ein Mosaikstein dafür, dieses umfassende Bild zu erhalten, letztlich fehlte, nämlich das Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten.

StS Seibert: Auch für die Bundeskanzlerin kann ich noch etwas hinzufügen: Auch die Bundeskanzlerin sieht es als bedauerlich an, dass es gestern nicht zu einem Treffen zwischen Außenminister Gabriel und Premierminister und Außenminister Netanjahu gekommen ist. Auch bei Auslandsreisen der Bundeskanzlerin stehen regelmäßig Begegnungen mit Nichtregierungsorganisationen, mit Vertretern der Zivilgesellschaft auf dem Reiseprogramm, und in einer Demokratie sollte es für ausländische Besucher ohne Probleme möglich sein, mit kritischen Vertretern der Zivilgesellschaft zu sprechen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, könnte es denn sein, dass man sich im Sinne der Augenhöhe beim nächsten Besuch welches Regierungsmitglieds aus Israel auch immer irritiert zeigen wird, wenn konkret der Wunsch geäußert wird, das American Jewish Committee oder die Deutsch-Israelische Gesellschaft zu besuchen, die ja nun wahrlich auch nicht mit dem klaren Bekenntnis beispielsweise zur Zwei-Staaten-Theorie der Bundesregierung übereinstimmen und insofern auch eine abweichende Nichtregierungsmeinung darstellen?

StS Seibert: Die Antwort darauf ist Nein. Ich will dem, was ich gerade gesagt habe und was ja im Grunde das Gleiche wie das ist, was der Kollege aus dem Auswärtigen Amt gesagt hat, noch einmal hinzufügen: All das ändert ja nichts an der überragenden Bedeutung unserer Beziehungen zu Israel.

Frage : Herr Fischer, können Sie vielleicht noch einmal ganz kurz die Motivation des Ministers dafür beschreiben, sich mit Breaking the Silence zu treffen? Die Bundesregierung vermeidet es ja seit Jahren und Jahrzehnten, in Israel von einer Besatzung zu sprechen, wenn es darum geht, was die Israelis in Palästina machen. Davon sprechen diese Organisationen ja. Gibt es da jetzt vielleicht einen Meinungswandel?

Mich würde interessieren, welche israelischen Friedens- und Menschenrechtsgruppen auch aus den Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert werden. Mit wie viel?

Fischer: Wie ich schon dargestellt habe, ging es dem Minister darum, sich ein umfassendes Bild über die Lage in Israel und in Palästina zu verschaffen. So hat dann auch der Besuch letztlich die ganze Bandbreite unserer bilateralen Beziehungen widergespiegelt. Ich meine, ich habe schon gesagt: Er hat ja den israelischen Staatspräsidenten Rivlin und Oppositionsführer Herzog getroffen. Er war am Holocaust-Gedenktag in Yad Vashem. Er hat Gespräche mit hochrangigen Religionsvertretern geführt, und das Treffen mit den ehemaligen Mitgliedern der israelischen Armee und aus dem Sicherheitsapparat hatte ich schon erwähnt. In diesem Zusammenhang hat er sich dann eben auch mit Vertretern der israelischen Zivilgesellschaft und bei dem palästinensischen Teil des Besuchs eben auch mit Vertretern der palästinensischen Zivilgesellschaft getroffen, die sich jeweils mit der Frage der Zwei-Staaten-Lösung und des Zusammenlebens zwischen Israelis und Palästinensern auseinandersetzen. Am Ende eines sehr langen Gesprächstags hat er dann gestern eben auch diese fünf israelischen Organisationen getroffen, die sich zumindest teilweise kritisch mit der israelischen Politik auseinanderset zen. Ich glaube, das ist etwas, das im bilateralen Verhältnis eigentlich etwas ganz Normales ist.

Was die Finanzierung angeht, so ist es so, dass wir friedenserhaltende Maßnahmen ja überall auf der Welt fördern, und das tun wir auch im Nahost-Konflikt. Es gibt da durchaus Organisationen, die wir fördern. Ich habe jetzt keine abschließende Liste dabei, aber in den vergangenen Jahren ist es durchaus so gewesen, dass einzelne der Organisationen, mit denen der Minister gestern zusammengetroffen ist, auch vonseiten des Auswärtigen Amts gefördert worden sind.

Zusatzfrage : Können Sie uns sagen, welche das sind?

Herr Gabriel hat ja, als er in den Jahren zuvor in Israel war, auch einmal vom Apartheidregime im Westjordanland gesprochen. Würde er das heute auch noch einmal sagen? Stellt er das auch aktuell fest? Es ist in den letzten Jahren ja nicht wirklich besser geworden.

Fischer: Ich glaube, Herr Gabriel hat sich sehr ausführlich zum Nahost-Friedensprozess geäußert. Er hat sehr deutlich gemacht, dass wir davon überzeugt sind, dass auf Dauer der Schlüssel für Sicherheit und Frieden zwischen Israelis und Palästinensern in einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung liegt und dass wir als Bundesregierung alles dafür tun, um diesen wirklich nicht einfachen Weg hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung zu unterstützen.

Was war noch einmal die andere Frage? Helfen Sie mir auf die Sprünge.

Zusatzfrage : Welche der Organisationen, die er gestern getroffen hat, werden vom AA finanziert?

Fischer: Die Organisationen werden nicht vom AA finanziert; das vielleicht schon einmal vorweg.

Es gibt eine Projektmittelförderung. Wenn ich mich nicht täusche, haben einzelne Organisationen wie "Breaking the Silence" oder "B'Tselem", die gestern auch in der Presse erwähnt wurden, immer wieder einmal Projektförderung erhalten, wobei das bei "B'Tselem" das letzte Mal, glaube ich, 2015 der Fall war.

Frage: In Israel bekommen alle Organisationen, die mehr als die Hälfte ihres Geldes aus dem Ausland erhalten, seit Juli letzten Jahres im Rahmen des Transparenzgesetzes schärfere Auflagen. Was ist die Einschätzung der Bundesregierung zu diesen russischen Verhältnissen in Israel?

Fischer: Dazu haben wir uns hier schon häufig genug geäußert. Das können Sie in den Protokollen der Bundespressekonferenz nachlesen.

Zusatzfrage: Wären Sie so freundlich, das am heutigen Tage aufgrund der aktuellen Situation noch einmal zu tun?

Fischer: Ich glaube, das muss ich nicht weiter erwähnen. Wir haben unsere Haltung dazu klargemacht, auch gegenüber der israelischen Seite. Das haben wir hier schon vertreten. Sie können das, wie gesagt, auch nachlesen.

Frage: Meine Frage passt sehr gut und schließt sich direkt an: Ich hätte gerne von Herrn Seibert und Herrn Fischer gewusst, ob der Vorfall gestern für Sie ein Indiz dafür ist, dass die israelische Regierung einen weniger liberalen Kurs steuert, weil es dafür ja verschiedene Indizien gibt. Das NGO-Gesetz ist erwähnt worden, jetzt die Sanktionierung eines NGO-Kontakts.

Dann hätte ich gerne gewusst, ob Sie es richtig finden, dass der Bundespräsident, der ja in Kürze nach Israel reist, auf jeden Fall die NGO "Breaking the Silence" besucht.

StS Seibert: Wir haben grundsätzlich dem Bundespräsidenten bei der Vorbereitung solcher Reisen von dieser Stelle aus keine Hinweise zu geben. Die beiden Präsidialämter stehen zur Vorbereitung des Besuchsprogramms in Kontakt, denn der Einladende im Falle unseres Bundespräsidenten ist ja der israelische Staatspräsident.

Zusatzfrage: Ist das ein Indiz dafür, dass die israelische Regierung einen weniger liberalen, Richtung autoritären Regierungsstil gehenden Weg eingeschlagen hat?

Fischer: Ich würde mir die Unterstellung in Ihrer Frage nicht zu eigen machen, dass sie einen autoritären Weg eingeschlagen hat. Aber sicherlich ist es so, dass sich der Spielraum für gewisse zivilgesellschaftliche Organisationen in Israel über die letzten Jahre verkleinert hat. Das ist etwas, was wir durchaus mit Sorge sehen und was wir hier, an anderen Orten und auch im Gespräch mit der israelischen Seite durchaus angesprochen haben.

Aber das alles - das ist mir auch noch wichtig- stellt ja gar nicht infrage, dass sich über die letzten 50 Jahre ganz enge und freundschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und Israel entwickelt haben, die letztlich weit über die bloße Zusammenarbeit von Regierungen hinausgehen, dass wir für diese enge Freundschaft sehr, sehr dankbar sind und wir diese nach der furchtbaren Tragödie der Schoah auch als eine Art Wunder betrachten. Das hat der Minister zum Ausdruck gebracht, als er sich gestern Abend noch einmal gegenüber der Presse geäußert und gesagt hat, dass sich sein Verhältnis zu Israel, das Verhältnis Deutschlands zu Israel durch dieses Nichtzustandekommen des Termins mit dem israelischen Ministerpräsidenten nicht ändern wird und dass wir weiterhin zwei Länder bleiben, die auf das Engste miteinander zusammenarbeiten.

Frage: Ich habe eine ganz praktische Frage, um wieder in die Niederungen der normalen Politik zurückzukommen: Was hat denn das jetzt für Konsequenzen? Das Treffen hat nicht stattgefunden und wir machen jetzt weiter wie bisher? Oder gibt es jetzt Gespräche, wie man dieses definitiv besondere und ganz enge Verhältnis nutzen kann, um trotzdem über so ein Thema zu sprechen, wie man das Verhalten von gestern irgendwie ausräumen kann? Was passiert jetzt als Nächstes?

Fischer: Das Verhältnis zwischen Deutschland und Israel ist sehr eng, und es ist auf allen Ebenen sehr eng. Ich habe ja vorhin schon dargestellt: Außenminister Gabriel hat den israelischen Ministerpräsidenten in der Vergangenheit häufig getroffen. Es gibt für mich auch keinen Anlass zu vermuten, dass das in der Zukunft nicht genauso sein wird. Dann wird sich im Rahmen so eines Gesprächs sicherlich auch noch einmal die Gelegenheit finden, über den gestrigen Tag zu sprechen. Ich glaube, das ist der richtige Weg, den wir hierbei begehen sollten.

Frage: Herr Fischer, möglicherweise Herr Seibert, hat es schon bei früheren Auslandsreisen deutscher Regierungsmitglieder ähnliche Konnexe oder auch Junktims gegeben oder ist das jetzt ein Präzedenzfall?

Fischer: Wenn Sie das auf Israel beziehen, ist zumindest mir davon nichts bekannt. Es hat auch immer wieder Begegnungen mit Organisationen gegeben, die der Minister gestern Abend getroffen hat - sowohl aus dem Bereich des Parlaments als auch aus dem Bereich der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Ich hätte es eigentlich durchaus auch über Israel hinaus gerne gewusst. Gab es solche Versuche, ein Junktim herzustellen, vorab zu sagen: "Wenn er die trifft, dann aber nicht den"?

Fischer: Ich glaube, es gehört bei der Vorbereitung von Reisen zum Geschäft, dass es immer einmal unterschiedliche Vorstellungen gibt, die in Übereinstimmung zu bringen sind. Mal klappt das besser, mal klappt das nicht so gut. Insofern kann ich das jetzt hier nicht an einem Einzelfall festmachen oder bestätigen, aber ich würde es auch nicht dementieren können.

Ja, ich glaube, es gibt immer einmal wieder Fragen, die geklärt werden, die möglicherweise nicht im beiderseitigen Einvernehmen geklärt werden können und die dann Rückwirkungen auf Reiseplanungen haben.

Frage: Herr Seibert, es gab gestern über den Tag ein emsiges Hin und Her, um den Termin möglicherweise doch noch zu retten. Ich wüsste gerne, ob das Kanzleramt in die Konsultationen eingebunden war und ob sich so die deutsche Position gestern gemeinsam entwickelt hat.

StS Seibert: Ich kann nur sagen - ich denke, Sie haben es gemerkt -, dass die Haltung des Auswärtigen Amtes, die Haltung, die ich hier für die Bundeskanzlerin zu diesem Thema ausgedrückt habe, die gleiche ist.

Wir bedauern es, dass es zu diesem Treffen nicht kam. Wir sind der Meinung, dass es möglich sein muss - so wie es in der Vergangenheit oft möglich war - , in einem demokratischen Land die auch kritischen Nichtregierungsorganisationen zu treffen, ihnen zu begegnen und mit ihnen zu sprechen, ohne dass das solche Folgen hat.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage insofern, als ich danach gefragt hatte, ob gestern während der Konsultationen das Kanzleramt einbezogen wurde.

StS Seibert: Das Kanzleramt und das Auswärtige Amt beziehungsweise die Kanzlerin oder das Kanzleramt und der Außenminister waren, wie im Übrigen immer, regelmäßig im Kontakt.

Frage : Herr Fischer, können Sie uns die Liste nachreichen, welche Friedens- und Menschenrechtsorganisationen in Israel aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert werden?

Eine Lernfrage: Diese Organisationen fordern das Ende der Besatzung von Israel in den palästinensischen Gebieten. Die Bundesregierung fordert immer nur das Ende der Siedlungspolitik Israels. Fordert die Bundesregierung das Ende der Besatzung?

Fischer: Wir setzen uns für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Das erklärt ja sinnlogisch, dass wir uns dafür einsetzen, dass es zwei unabhängige Staaten, zwei demokratische Staaten gibt - Israel und Palästina -, die friedlich Seite an Seite leben. Dazu gehört natürlich auch, dass der palästinensische Staat auch in seiner Sicherheitspolitik so weit unabhängig ist, dass er die Möglichkeit hat, friedlich mit Israel Seite an Seite zu leben.

Zusatzfrage : Das heißt, die Besatzung sollte erst enden, wenn die zwei Staaten da sind und nicht schon vorher als Voraussetzung?

Fischer: Wir müssen ja immer von der Realität ausgehen. Die Realität ist derzeit, dass es einen Zustand zwischen Israel und Palästina gibt, der immer schwieriger wird und immer weiter weg von einer Zwei-Staaten-Lösung führt. Deshalb geht es jetzt für uns zunächst einmal darum, Spielräume zu eröffnen, um überhaupt wieder Gespräche über eine Zwei-Staaten-Lösung möglich zu machen. Am Ende dieser Gespräche werden sicherlich zwei unabhängige Staaten Israel und Palästina stehen.

Die Sicherheitsfragen sind sicherlich ein ganz wichtiger Teil dieser Gespräche. Die Frage des Abzugs des israelischen Militärs aus dem Westjordanland wird dort eine Rolle spielen; die Frage der Übernahme der Sicherheitsgewalt durch palästinensische Kräfte, wie das ja auch in der Vergangenheit der Fall war, wird dort eine Rolle spielen. Insofern ist das Ziel, das die Bundesregierung verfolgt, glaube ich, klar: zwei demokratische Staaten, die friedlich Seite an Seite nebeneinander leben.

Frage : Meine Frage richtet sich an den Sprecher des Verteidigungsministeriums. Es gibt Meldungen, dass Ihre Ministerin den Chef-Ausbilder des Heeres abgesetzt hat, weil er Verfehlungen bei der Ausbildung nicht schnell genug geahndet hat. Wie stellt sich diese ganze Angelegenheit aus Ihrer Sicht dar?

Es ist ja nicht der erste Fall dieser Art. Wie will die Ministerin sicherstellen, dass so etwas in Zukunft nicht vorkommt, heißt, dass Verfehlungen bei der Ausbildung unterbunden werden?

Nannt: Ich fange mit Ihrer ersten Frage an.

Im Zuge der Aufarbeitung der Vorkommnisse in Pfullendorf ist es so gewesen, dass wir umfassend in unseren Datenbestand geschaut und geprüft haben, wo es Vorkommnisse gab, wie diese bearbeitet worden sind und was in der Vergangenheit gelaufen ist. Wir haben unter anderem festgestellt, dass es in einer Teileinheit am Standort Sondershausen über einen längeren Zeitraum Mängel beim Führungsstil und beim Führungsverhalten gab. Sie sind mit der Art dessen, was damals in Pfullendorf gelaufen ist, nicht zu vergleichen, weisen aber dennoch ein gewisses ähnliches Muster auf.

Es hat auch hier wieder klare Verstöße gegen die innere Führung gegeben. Das sind Mängel im Bereich eines unangemessenen Ausdrucks, dass die Ausbildungsmethoden unangebracht waren oder dass es mangelndes Fürsorgeverhalten der Vorgesetzten gegeben hat. Es ist gegen die betroffenen Soldaten, die die Verursacher waren - das sind zwei Unteroffiziere -, gerichtliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Sie sind inzwischen nicht mehr in der Ausbildungsverantwortung. Auch fand über einen längeren Zeitraum eine unangemessene Ausbildung statt, was aber, wie gesagt, nicht mit den Vorkommnissen in Pfullendorf vergleichbar ist.

Zu dem, was wir bereits machen: Sie finden heute - das ist aber wirklich Zufall - auf unserer Seite eine Studie von Professor Pfeiffer. Das heißt, wir holen uns jetzt externe Expertise. Es geht dabei darum, wie das Lagebild innerhalb der Truppe ist. Wir haben festgestellt, dass unser Meldewesen nicht ausreichend funktioniert und wir deswegen noch einmal nachsteuern müssen. Professor Pfeiffer ist der ehemalige Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts in Niedersachsen. Er wird im Rahmen einer bundesweiten Studie schauen, wie quasi Roheitsdelikte wie Mobbing, sexuelle Übergriffe in der Bundeswehr ablaufen. Er hat dafür ein Team und kooperiert auch mit der Universität in Göttingen. Diese Studie wird im Juni starten und läuft wahrscheinlich über einen Zeitraum von 18 bis 24 Monaten.

Fakt ist, dass Verstöße gegen die innere Führung in der Bundeswehr keinen Platz haben. Wenn man Verstöße feststellt - es geht um einen Bereich von über 250 000 Mitarbeitern -, ist es wichtig, dass man dem konsequent nachgeht. Und dem gehen wir konsequent nach.

So weit zu Ihren Fragen.

Frage : Herr Fischer, die US-Regierung hat jetzt eingeräumt, dass seit Ende Februar 80 Drohnenangriffe im Jemen stattgefunden haben. Das sind mittlerweile 1,5 Drohnenangriffe pro Tag. Die Bundesregierung hat all diese Einzelfälle auf dem Schirm, weil sie sich für die völkerrechtliche Einschätzung interessiert, da Ramstein für diese Drohnenangriffe als Relaisstation unerlässlich ist. Können Sie uns sagen, ob Sie diesbezüglich nachforschen und wie die völkerrechtliche Einschätzung dieser Drohnenangriffe, die mehr und mehr unter Herrn Trump zunehmen, ist?

Fischer: Wenn Sie die Drohnenangriffe im Jemen ansprechen, wäre zum Beispiel die erste völkerrechtliche Vorfrage, die zu klären wäre, ob die jemenitische Regierung in diesem Bereich zum Beispiel nicht mit den amerikanischen Streitkräften zusammenarbeitet. Da gibt es durchaus den einen oder anderen Hinweis. Insofern stellt sich möglicherweise die Frage nach den völkerrechtlichen Konsequenzen, die Sie gestellt haben, gar nicht in dieser Form.

Zusatz : Ob sie sich stellt oder nicht - ich habe sie gestellt. Sie sollten ja wissen, ob Sie Hinweise haben, ob die jemenitische Regierung irgendetwas macht. Das sollten Sie herausfinden. Es ist Ihre Pflicht als Bundesregierung - - -

Fischer: Wenn ich einmal ausreden dürfte, wäre ich dankbar dafür.- Danke!

Folgendes: Sie kennen die Position der Bundesregierung in dieser Frage. Es ist so: Um die Völkerrechtsmäßigkeit von solchen Dingen beurteilen zu können, müssen Sie die genauen Umstände kennen. Eine dieser Fragen ist zum Beispiel: Wie steht denn die Regierung zu diesen Angriffen? Es gibt durchaus Hinweise darauf, dass es eine Zusammenarbeit zwischen den Amerikanern und der jemenitischen Seite gibt.

Im Übrigen wissen Sie auch, dass wir aufgrund der dortigen sehr schwierigen Situation und des Konflikts, der dort herrscht, über keine Botschaft im Jemen verfügen, was es uns im Einzelfall sehr, sehr schwierig macht, einzelne Angriffe aufzuklären. Insofern kann ich Ihnen leider an dieser Stelle nicht mehr Auskunft geben, als ich das getan habe und auch in den vergangenen Bundespressekonferenzen schon getan habe.

Zusatzfrage : Hat das Auswärtige Amt einen einzigen US-Drohnenangriff in den letzten Monaten aufgeklärt?

Fischer: Ich glaube, ich habe zu diesem Thema alles gesagt, was ich sagen kann.

Frage: Die Bundesregierung hat im Jemen 105 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zugesagt. Gleichzeitig setzt die Bundesregierung die Aufrüstung autokratischer Regime in dieser Region fort, unter anderem Saudi-Arabien, was ja die Militärkoalition im Jemen-Krieg anführt. Millionen Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. Die Frage lautet: Was entgegnen Sie dem Vorwurf der Doppelmoral?

Fischer: Dass es keine Doppelmoral gibt. Wir setzen uns für eine Beendigung des Konflikts ein, und zwar auf allen Ebenen. Wir rufen die Konfliktparteien eindringlich zu einem sofortigen Waffenstillstand, zur uneingeschränkten Sicherstellung des humanitären Zugangs und zur unmittelbaren Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Ich glaube, es gibt auf beiden Seiten derzeit eine gewisse Zurückhaltung oder einen möglicherweise nicht sehr stark ausgeprägten Willen zur Kooperation mit dem UN-Vermittler. Das muss sich ändern. Hier müssen im Sinne der Menschen im Jemen endlich wieder Schritte aufeinander zu gegangen werden. Hier muss der UN-unterstützte Prozess auch von beiden Seiten mitgetragen werden, um endlich zu einer Lösung zu kommen.

Denn eines haben wir dort in den letzten Monaten, so glaube ich, deutlich gesehen: dass es keine militärische Lösung dieses Konflikts geben wird, sondern dass es letztlich nur auf politischem Weg möglich sein wird, zu einer Befriedung des Jemen zu kommen. Diejenigen, die darunter leiden, sind eben die Menschen im Jemen. Denen versuchen wir unter anderem dadurch beizustehen, dass wir die humanitäre Hilfe, die wir für den Jemen bereitstellen, noch einmal erhöht haben. In der Tat hat die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Frau Kofler, gestern noch einmal 55 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und 50 Millionen Euro aus dem Bereich des BMZ für Entwicklungszusammenarbeit zusagen können, die den Menschen im Jemen zugutekommt und deren wirklich schwierige Situation verbessern helfen soll.

Zusatzfrage: Der Vorwurf der Doppelmoral speist sich daraus, dass beispielsweise die 105 Millionen Euro im Gegensatz zu den Einnahmen aus Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien schlichtweg marginal sind. Das empfinden viele Menschen als eine gehörige Portion Doppelmoral und daher diese Formulierung.

Fischer: Ich kann mit Ihrer Unterstellung, ehrlich gesagt, nichts anfangen. Ich glaube, wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir uns für ein friedliches Ende des Konflikts im Jemen einsetzen und die Konfliktparteien dazu aufrufen, mit dem UN-Vermittler zusammenzuarbeiten. Vor wenigen Wochen hat sich Außenminister Gabriel mit ihm getroffen und darüber beraten, wie man vielleicht Wege finden kann, dass dieser Friedensprozess wieder in Gang kommt. Es ist das Ziel und die Haltung der Bundesregierung, dass wir uns dafür einsetzen, dass dieser wirklich tragische Konflikt so bald wie möglich auf politischem Weg beendet wird.

Frage : Ich habe eine Frage zur schnöden Innenpolitik an Herrn Seibert. Wir haben gestern erfahren, dass es Anfang September - ich glaube, am 3. September - zu einem TV-Duell zwischen der Bundeskanzlerin und Herrn Schulz kommen wird. Man konnte vonseiten der Fernsehsender erfahren, dass Herr Schulz und auch die Fernsehsender gerne zwei solcher Duelle hätten, die Kanzlerin aber offenbar nur zu einem bereit ist. Können Sie einmal erklären, warum nicht auch zwei Duelle möglich sind, und zwar insbesondere vor dem Hintergrund, dass Herr Schulz ein ganz neuer und frischer Kandidat ist und die Zuschauer ihn bestimmt gerne noch in einer zweiten Runde erlebt hätten?

StS Seibert: Zunächst einmal grundsätzlich: Es war immer klar, dass die Bundeskanzlerin, wie auch vor früheren Bundestagswahlen, gerne für ein sogenanntes TV-Duell mit dem SPD-Kanzlerkandidaten bereitsteht. Das hat sich im Interesse der Bürger bewährt. Der 3. September ist auch ein guter Termin dafür.

Nun haben wir heute auch die Presseberichte zur Kenntnis genommen. Seit einiger Zeit ist zwischen den Vertretern von Herrn Schulz und der Bundeskanzlerin sowie der vier Sender ein Gespräch verabredet. Auch das ist übrigens wie in den vergangenen Jahren. Bei dem Gespräch in einigen Wochen wird man sich dann über die Gestaltung der Sendung unterhalten und entscheiden. Ein Duell hat sich bewährt.

Zusatzfrage : Heißt das, dass auch über die Details, die man jetzt lesen kann - ich meine, es war von zweimal 45 Minuten die Rede -, schon entschieden sind, oder ist das noch Teil der Verhandlungen?

StS Seibert: Sie nennen es Verhandlungen. Ich würde sagen, es ist das bewährte Verfahren, dass man mit den Vertretern der Sender und den Vertretern beider Kandidaten rechtzeitig vor einem solchen TV-Duell zusammenkommt, über die Gestaltung der Veranstaltung spricht und sich einigt. Das ist der normale Vorgang. Genau auf den steuern wir zu.

Fest steht: Es gibt ein Duell. Der 3. September ist ein guter Termin.

Frage: Eine Frage an das Justizministerium: Frau Krüger, es gibt heftige Kritik aus der CSU in die Richtung, dass Herr Maaß die Einigung aus dem Koalitionsgipfel beim Thema der Einbruchsdelikte verschleppe. Man hatte sich ja geeinigt, aber es gibt noch keinen Referentenentwurf. Können Sie dazu etwas sagen?

Krüger: Diese Kritik kann ich natürlich nicht kommentieren. Allgemein kann ich Ihnen sagen: Wir haben auch gelesen, dass dieses Thema heute angeblich nicht im Kabinett erschienen ist. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Es stand auch nicht auf der Tagesordnung der heutigen Kabinettssitzung. Die Tagesordnung wird bekanntlich Montagabend in der Runde der Staatssekretäre festgelegt. Das Vorhaben stand nicht darauf.

Die Koalition ist sich einig - das kann ich Ihnen sagen -, den Beschluss des Koalitionsausschusses von Ende März in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Wir arbeiten innerhalb der Bundesregierung intensiv und konstruktiv an der Umsetzung.

Zusatzfrage : Wann ist voraussichtlich mit einem Referentenentwurf zu rechnen?

Krüger: Einen Referentenentwurf gibt es ja schon. Wir sind in der Ressortabstimmung. Es gibt noch keinen Regierungsentwurf, der ja dann vorliegt, wenn sich das Kabinett damit befasst.

Also: In Kürze. Wie gesagt, wir arbeiten intensiv daran. Ich gehe davon aus, dass sich das Kabinett in einer der nächsten Kabinettssitzungen damit befassen wird.

Frage : Herr Seibert, stellt sich die Bundeskanzlerin hinter die Forderungen der Umweltministerin, dass die Stickoxidemissionen von Diesel-Pkw dringend gesenkt werden müssen und dass die Automobilindustrie dazu stärker als bisher in die Pflicht genommen werden müsste?

StS Seibert: Ich werde Ihnen eine Antwort dazu nachreichen müssen.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert zur Reise der Bundeskanzlerin nach Saudi-Arabien: Gibt es schon etwas wie eine Tagesordnung? Steht fest, ob sie sich auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft treffen wird?

Können Sie vielleicht noch einmal sagen, wie wichtig Saudi-Arabien für Deutschland ist, gerade auch für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus?

StS Seibert: Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir heute noch kein konkretes Programm ankündigen können. Daran wird natürlich noch gearbeitet. Wir haben am Freitag nach der Regierungspressekonferenz ein Briefing zu diesem Thema. Dann werden wir sehr viel mehr Programmdetails öffentlich machen können.

Ich will nur grundsätzlich sagen: Diese Reise ist im Wesentlichen durch die Tatsache begründet, dass Deutschland in diesem Jahr die G20-Präsidentschaft innehat und Saudi-Arabien ein wichtiger G20-Partner ist, im Übrigen ein wichtiger Akteur in der Region, ein ganz wichtiger Ansprechpartner - wir hatten gerade schon das Thema Jemen - bei allen Bemühungen um Konfliktbeilegung, ob es der Jemen, ob es Syrien oder auch das etwas weiter entfernte Libyen ist. Es ist auch ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen den Terror.

Ich denke, ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass diese Gesprächsinhalte auch vorkommen werden. Aber in den Gesprächen, die die Bundeskanzlerin führen wird, geht es, denke ich, auch um die innere, die gesellschaftliche Entwicklung Saudi-Arabiens. Mehr könnte ich an dieser Stelle nicht sagen, auch nicht zu der Frage, ob es über das Gespräch mit dem König oder dem Kronprinzen hinaus noch weitere Programmpunkte gibt. Dazu muss ich Sie wirklich bitten, noch ein bisschen Geduld zu haben.

Zusatzfrage: Sie hatten den Jemen selber schon angesprochen. Wird die Bundeskanzlerin darauf drängen, diesen blutigen Konflikt, der ja im Moment auch zu einer humanitären Hungerkatastrophe führt, möglichst schnell zu beenden? Was wird sie dazu fordern?

StS Seibert: Ich denke, das ist in dem, was Herr Fischer gerade für das Auswärtige Amt gesagt hat, schon ganz klar geworden. Wir sind schon besorgt angesichts der katastrophalen menschlichen Situation, die dort Millionen von Menschen betrifft, und des schwierigen Zugangs zu diesen Menschen. Wir möchten auch keine weitere militärische Eskalation sehen. Die Bundeskanzlerin wird, denke ich, klarmachen, dass Waffenstillstand und Rückkehr zum politischen Prozess wichtige Forderungen sind.

Aber ich möchte Sie trotzdem bitten, dass wir noch bis Freitag abwarten, um darüber vielleicht genauer sprechen zu können.

Frage : Herr Seibert, mich würde das Thema Frankreich interessieren. Ihr Tweet und auch die Äußerungen anderer Regierungsmitglieder haben ja für Aufsehen gesorgt, weil Sie Herrn Macron schon vor der Stichwahl zwischen Frau Le Pen und Herrn Macron alles, alles, alles, alles, alles Gute gewünscht haben.

StS Seibert: Sie haben eine interessante Art und Weise zu zitieren.

Zusatz : Ich habe das gar nicht zitiert. Sie haben gesagt: "Alles Gute für die nächsten zwei Wochen."

StS Seibert: Dann habe ich mich verhört. Ich habe es bei Ihnen vier Mal gehört. Aber gut.

Zusatz : Warum haben Sie das gemacht? Warum treiben Sie dadurch Frau Le Pen die Wähler zu?

StS Seibert: Erstens ist dies ja, wenn ich mich recht erinnere, in der vergangenen Regierungspressekonferenz etwa 30 Minuten lang besprochen worden. Deswegen - - -

Zuruf : Da waren Sie nicht da.

StS Seibert: Richtig. Aber wenn Herr Streiter hier sitzt, ist er der zuständige Sprecher der Bundesregierung und sein Wort so wie meines. Er hat sich dazu geäußert. Ich habe dem nichts hinzuzufügen, möchte aber gern die Behauptung, die Sie da aufstellen, zurückweisen.

Zusatzfrage : Welche?

Vors. Maier: Sie haben sie doch gerade aufgestellt!

StS Seibert: Sie lesen sie dann im Protokoll nach. Die gerade von Ihnen aufgestellte Behauptung.

Zusatz : Ich stelle mehrere Behauptungen auf, aber - - -

StS Seibert: Das stimmt, normalerweise mehrere. - Die der Wählerzuführung.

Frage: Noch einmal zu G20: Herr Seibert, es ist mir entgangen. Ich habe viel zu dem gestrigen Ereignis gehört und gelesen. Welchen konkreten Erkenntnisgewinn hat die Bundeskanzlerin in dem Treffen dieser zahlreichen jungen und mittelalterlichen Frauen aus den G20-Ländern gewonnen, was man nicht hätte in einer Videokonferenz auch als Bestätigung erfahren können, nämlich die Beteuerung der Gleichheit etc.? Gibt es irgendeine Stelle, an der unsere Regierungschefin nun klüger ist?

StS Seibert: Um kurz den Feministen heraushängen zu lassen: Ich muss mich wirklich fragen, ob Sie die Frage nach "jungen und mittelalterlichen" Menschen gestellt hätten, wenn es ein Treffen von überwiegend Männern gewesen wäre.

Zuruf: Ja.

StS Seibert: Das lasse ich jetzt einmal weg. Es ist auch schade, dass Sie es gestern verpasst haben. Der W20-Gipfel ist übrigens noch nicht vorbei. Sie könnten heute noch dort hingehen. Es ist eine zweitägige Veranstaltung. Die Bundeskanzlerin wird heute am Nachmittag noch einmal dort sein.

Klar ist erst einmal, dass Vertreterinnen aus aller Welt sehr begrüßt haben, welchen Stellenwert Frauenthemen, die ja auch Menschenrechtsthemen, Wirtschaftsthemen, Themen für uns alle sind, in diesem zivilgesellschaftlichen Dialog vor dem G20-Gipfel eingenommen haben, und dass sehr begrüßt wurde, welchen Stellenwert auch die Bundeskanzlerin persönlich dem beimisst.

Ich habe die neunzigminütige Podiumsdiskussion - ich spreche jetzt nur für mich - als sehr lehrreich empfunden. Es waren richtungsweisende Beiträge aller Teilnehmerinnen in aller Unterschiedlichkeit ihrer Standpunkte. Ich rate Ihnen wirklich - das soll nicht überheblich klingen -, nachzulesen, was die kenianische Unternehmerin gesagt hat, was Frau Lagarde gesagt hat, was Frau Trump gesagt hat, die kanadische Außenministerin und Frau Leibinger-Kammüller. Das war ein hochkarätig besetztes und hoch interessantes neunzigminütiges Podium.

Sicherlich ist einer der wichtigsten inhaltlichen Punkte, den die Bundeskanzlerin am Abend auch noch einmal aufgegriffen hat, eben der Gedanke eines Fonds, mit dem man weltweit Frauen die Möglichkeit geben will, stärker unternehmerisch oder überhaupt erstmals unternehmerisch tätig zu werden und an Kredite zu kommen. Diese Idee wurde von dem Dialogforum gestern sehr positiv aufgenommen, und wir bringen sie jetzt in den G20-Prozess intensiv ein.

Zusatzfrage: Man kann manche Dinge ja nicht oft genug sagen. Aber stimmen Sie mir zu, dass die vertretenen Länder glücklicherweise - das sage ich ausdrücklich subjektiv - diese Dinge schon vorher bekräftigt hatten, die dort noch einmal beteuert wurden?

StS Seibert: Ich denke nicht, dass alles schon vielfach gesagt worden war, was man gestern hörte. Die kanadische Außenministerin hat sehr klug gesagt: Man braucht für alles, was man sich vornimmt, eben auch Akteure und Aktivisten. - Gestern sind eine ganze Menge Aktivisten im Raum gewesen, die in der Lage sind, diese Themen in ihre Gesellschaften, in ihre Regierungen und in die Prozesse, an denen sie politisch beteiligt sind, hineinzutragen.

Frage : Herr Seibert, auch noch Nachlese zu gestern: In den US-Medien hat es ein bisschen für Aufregung gesorgt, dass es bei einer Äußerung Ivanka Trumps - da variieren die Interpretationen - lautes Stöhnen bis hin zu Buhrufen gegeben habe, als sie ihren Vater gegen den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit verteidigt hat.

Wie hat die Kanzlerin das eigentlich erlebt? Ich hatte in dem Tweet, den Sie nachher von dem Deutsche-Bank-Empfang getwittert hatten, nur gesehen, dass sie so ein bisschen süffisant gesagt hat, na ja, sie bedankt sich jetzt ausdrücklich dafür, dass Frau Trump es gewagt habe, hierherzukommen, und sie nehme ja auch ein paar Ideen mit. Wie hat sie das erlebt? Hat sie das eigentlich als Kritik an Frau Trump oder ihrem Vater erfahren? Sieht sie das als legitime Meinungsäußerung der deutschen Öffentlichkeit an, wenn offenbar nicht jeder Herrn Trump für einen Frauenfreund hält?

StS Seibert: Gestern war aber Frau Trump da. Ich denke, wer die neunzigminütige Podiumsdiskussion erlebt hat, der wird auch erlebt haben, dass sie sehr interessante Beiträge zu dieser Diskussion gemacht hat. Das hat die Bundeskanzlerin in ihrem Dank gestern auch noch einmal ausgesprochen und in diesen Dank auch den Dank für die Initiative für einen Fonds für Unternehmerinnen eingeschlossen. Das ist sicherlich einer der wichtigsten Punkte. Das ist eine von amerikanischer Seite hineingetragene Initiative, die gestern großen Beifall gefunden hat und hoffentlich noch ein langes Leben haben wird.

Mittwoch, 26. April 2017

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 26. April 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/04/2017-04-26-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang