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PRESSEKONFERENZ/1506: Merkel und Macron beim 19. Deutsch-Französischen Ministerrat, 13.07.2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz in Paris - Donnerstag, 13. Juli 2017
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron beim 19. Deutsch-Französischen Ministerrat

- unkorrigiertes Protokoll -

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.)


Präsident MACRON: Frau Bundeskanzlerin, liebe Angela, meine Damen und Herren Minister, ich freue mich sehr, dass wir heute früh diesen deutsch-französischen Ministerrat haben abhalten können. Ich danke noch einmal der Bundeskanzlerin, dass sie sich entschlossen hat, diesen Rat wegen des Datums in Paris stattfinden zu lassen. Eigentlich war es vorgesehen, dass wir diesen Rat in Berlin abhalten. Ich freue mich daher sehr über diese Geste, ich bin sehr dankbar für diese Geste.

Wir haben heute Morgen gemeinsam eine Initiative des Deutsch-Französischen Jugendwerks mit deutscher und französischer Beteiligung besucht.

Wir haben außerdem einen Verteidigungs- und Sicherheitsrat abgehalten es war der erste seit Langem. Wir haben in diesem Zusammenhang viele Themen aus dem Bereich der Sicherheit, der Verteidigung und der Migration in der Tiefe behandelt.

Wir haben uns dann nach einem Tête-à-Tête noch einmal mit allen Ministern zusammengetan, deren Teams in den Ministerien seit Wochen zusammenarbeiten, um diesen gemeinsamen Ministerrat vorzubereiten. Danke schön dafür!

Ich denke, wir sehen hier eine Übereinstimmung unserer Einschätzungen angesichts der großen Risiken, angesichts der Agenden in Europa und auf der Welt, angesichts unserer Programme. Wir haben aber auch gezeigt, dass in den letzten Wochen eine Reihe von konkreten Initiativen auf den Weg gebracht worden sind bzw. wir solche Initiativen in den kommenden Wochen auf den Weg bringen, die wir heute zur Kenntnis genommen haben.

Mit der Kanzlerin haben wir eine gemeinsame Agenda für Europa, das schützt, für ein schützendes Europa. Bei unserem ersten Zusammentreffen in Berlin haben wir eine Agenda aufgestellt, die wir dann mit unseren Ministern umgesetzt haben. Wir haben das beim G20-Gipfel, dem Sie vorgesessen haben, weitergetrieben. Ich möchte mich noch einmal herzlich bedanken für die Aufnahme und möchte außerdem dem Bürgermeister von Hamburg noch einmal herzlich danken und auch unser Mitgefühl angesichts der schlimmen Attacken in seiner Stadt zum Ausdruck bringen.

Es geht also um ein Europa, das uns schützt. Wir haben gemeinsam mit den betroffenen Ministern, die in eine Richtung handeln, über die Entsenderichtlinie gesprochen. Wir wollen keinen unzureichenden Kompromiss, sondern wir wollen uns deutsch-französisch dafür einsetzen, dass wir eine Lösung erarbeiten, um die Dinge besser zu regeln, dieses Europa des Sozialen besser zu regeln, damit in allen Ländern für die gleiche Arbeit das gleiche Geld bezahlt wird.

Wir haben gemeinsame Auffassungen gesehen, was internationale und europäische Themen betrifft. Unsere Finanz- und Wirtschaftsminister haben die gleiche Sichtweise in Bezug auf einen gerechten, freien Handel: Reziprozität, Schutz unserer strategischen Interessen bei gleichzeitiger Öffnung unserer Grenzen, Kampf gegen den Protektionismus in all seinen Formen, aber auch Kampf gegen sämtliche Dumping-Tendenzen, die im internationalen Spiel heute zutage treten.

Ein Europa, das schützt, bedeutet auch, dass wir im Bereich der Migration Initiativen und Reformen umsetzen müssen. Die Regierung hat gestern einen sehr ambitionierten Plan vorgestellt, um zum einen Antworten in Bezug auf die Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu liefern. Ich möchte, dass Frankreich eine entschlossene und menschlichere Politik betreibt. Auf der anderen Seite möchten wir die Verwaltungsfristen bei der Asylbewerberbearbeitung reduzieren und effizienter sein. Wir haben darüber zusammen mit der Kanzlerin und Italien auch gestern schon gesprochen. Wir wollen gemeinsame Maßnahmen für die Prävention, damit die Migrationsgründe angegangen werden, damit wir effizienter und menschlicher werden.

Heute haben wir in einem deutsch-französischen Rat über die Integration gesprochen, und wir haben einen Integrationsrat ins Leben gerufen. Mein Vorgänger hat diesen Rat noch gewünscht, und wir setzen das heute um.

Ein Europa, das schützt: Das zeigt sich auch in unserer gemeinsamen Agenda, und das zeigt sich auch in den gemeinsamen Initiativen, die wir ergreifen sei es im Bereich der Verteidigung oder auch im Bereich der Entwicklung. Ich meine, dass dieses Thema durch die Arbeit, die unsere Verteidigungs- und unsere Außenminister im Vorhinein geleistet haben, gerade in unserem heutigen Rat ein besonderes Gewicht eingenommen hat.

Wir sind übereingekommen, dass wir eine Reihe von Dingen gemeinsam vorantreiben wollen. Zum Beispiel haben wir eine deutsch-französische Strategie, um im Zusammenhang mit der ständigen strukturierten Zusammenarbeit mehr zu tun. Deshalb werden unsere Verteidigungsminister heute Nachmittag gemeinsam mit einigen ihrer Kollegen und auch mit der europäischen Beauftragten für Außenpolitik Federica Mogherini, die gerade noch bei uns zugegen war, miteinander über diese Themen sprechen. Es geht bei dieser strukturierten gemeinsamen Zusammenarbeit darum, die Länder zusammenzubringen, die guten Willens sind und bereit sind, Finanzmittel bereitzustellen, es geht darum, gemeinsame Kriterien und Finanzierungsmodalitäten für den europäischen Verteidigungsfonds festzulegen, es geht um eine Reihe von Initiativen, um Studien und Programme im Militärbereich, auf die wir uns verpflichten, es geht um einen langfristigen Ansatz mit Blick auf die Industrie, es geht um Programme, die wir auflegen wollen, es geht um das zukünftige Artillerie- und Panzersystem, Drohnen, Hubschrauber, die zukünftigen Technologien gerade im Bereich des Digitalen. Das sind ganz konkrete Initiativen, in die wir gemeinsam investieren wollen, in denen wir gemeinsam forschen wollen, gemeinsam einkaufen wollen und eine echte Koordinierung in Bezug auf den Export und die Exportpolitik haben wollen.

Ein dritter wichtiger Punkt bei diesem Themenkomplex ist die Allianz für den Sahel. Vor einigen Wochen war ich im Sahel, nachdem wir uns lange über das Thema ausgelassen haben. Ich bin nach Bamako gereist und habe diese Initiative dort angekündigt. Unsere Minister haben die Allianz für den Sahel gerade unterschrieben, um die Entwicklung dieser Länder voranzutreiben; denn dort spielt sich für uns ein Teil der Zukunft ab. Gemeinsam mit der Bundeskanzlerin möchten wir effizient und rasch handeln, indem wir direkte Projekte finanzieren, indem wir unsere Finanzmittel gemeinsam nutzen und indem wir ein entschlossenes Vorgehen für Gesundheit, Ausbildung und demokratische Stabilität unter anderem in den Sahelländern unterstützen. Das ist also eine Doppelstrategie, die wir fahren wollen: Sicherheit auf der einen Seite und Entwicklung auf der anderen Seite. In dieser Komplementarität kann die Europäische Union in der Region effizient handeln. Das ist nicht nur eine Art und Weise, wie wir unsere Bürger schützen, vielmehr können wir damit auch Flüchtlingsströmen, die unsere Region sehr stark destabilisieren, präventiv entgegentreten.

Außerdem haben wir uns mit dem Kampf gegen den Terrorismus, Grenzkontrollen und der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen unseren Innenministern beschäftigt. Die beiden Innenminister haben die Zusammenarbeit noch einmal bekräftigt. Die Stärkung von Frontex ist ein Thema, so wie auch die Initiativen im Bereich der Cyberkriminalität, die wir in den kommenden Wochen mit einer europäischen Agenda, die wir uns auf die Fahnen geschrieben haben, verstärken wollen.

Ein zweites großes Thema nach diesem Europa, das schützt, ist ein Europa, das vorankommt, ein Europa, das ambitioniert ist. Zu diesem Thema haben wir gemeinsam mit unseren Ministern eine Reihe von Initiativen ins Leben gerufen. Zum einen wollen wir Forschung und Finanzierung im Bereich der Nano- und der Mikroelektronik gemeinsam betreiben. Mit einem digitalen Fonds zwischen KfW und BPI können Initiativen und Start-ups, also Digitalunternehmen auf beiden Seiten der Grenzen finanziert werden. Es gibt ein Konvergenzprojekt in Bezug auf die Unternehmensbesteuerung. Unsere Wirtschafts- und Finanzminister erarbeiten eine Strategie, um einen Rechtsrahmen zu geben, der noch stabiler und noch fester ist, und außerdem eine Roadmap für Initiativen bis Ende des Jahres, damit die Integration der Eurozone und Europas vorankommt.

Unsere Minister haben uns über die Arbeiten, die gemeinsam geleistet worden sind, berichtet, zum Beispiel was Finanzierung, Regulierung oder auch kollektive Organisation angeht, um unsere Gesellschaften auf das digitale Zeitalter vorzubereiten. Wir werden uns mit der Bundeskanzlerin Ende August noch einmal treffen, um den Europäischen Rat in Tallin vorzubereiten, auf dem es in der Tat um die Digitalisierung gehen wird. Wir wollen eine gemeinsame Sichtweise auf die Autorenrechte und die Finanzierung bzw. die Regulierung der Finanzierung in diesem Bereich vorbereiten, denn auch hier geht es um ein deutsch-französisches Projekt.

Ich freue mich auch, dass unsere Arbeitsminister die Sozialpartner an einen Tisch gebracht haben, um heute unter anderem über die Herausforderungen der Digitalisierung zu sprechen. Diese Herausforderungen müssen uns dazu bringen, dass wir uns anpassen, dass wir Reformen durchführen, um die Rechte aller Beteiligten in einem Universum, das sich in großer Änderung befindet, sicherzustellen.

Wir wollen ein gemeinsames Europa für die Lehrlinge. Wir haben es uns als Ziel gesetzt, bis Ende des Jahres die ersten Umsetzungen im Bereich Erasmus+ bzw. Erasmus Pro zu haben. Wir haben darüber heute Morgen beim Deutsch-Französischen Jugendwerk gesprochen, also im Rahmen einer Initiative, die sowohl mir als auch der Kanzlerin am Herzen liegt.

Ich möchte noch einmal die Bedeutung der Kultur, der Hochschulausbildung und der Bildung im Allgemeinen betonen. Wir haben heute Morgen während des Ministerrates lange darüber gesprochen zunächst einmal, weil wir uns ganz klar für eine sehr schnelle Umsetzung dieses Erasmus Pro und des gegenseitigen Sprachenlernens ausgesprochen haben. Wir haben in Frankreich im neuen Schuljahr 1200 neue Schulklassen eröffnet, in denen die Schüler und Schülerinnen Deutsch als Fremdsprache lernen werden. Damit wird heute eine Zahl erreicht, die in unseren Collèges, also in den Mittelschulen, bisher noch nie erreicht worden ist 50 Prozent mehr. Außerdem soll das auf Grundlage einer Entscheidung, die unsere beiden Minister gefällt haben, auch in den Grundschulklassen gefördert werden.

Es gibt auch eine Reihe von Maßnahmen im Bereich der Forschung und der Hochschulen, zum Beispiel bei der Künstlichen Intelligenz oder auch bei der Zusammenarbeit im Hochschulwesen gerade in den Bereichen Klima und digitaler Wandel. Das sind Projekte, die wir uns wünschen, damit wir bessere Forscher ausbilden.

Nun zum Thema Kultur: Auch da gab es eine Reihe von Initiativen, es wurden Thesen ausgetauscht, und wir haben heute Morgen eine Reihe von kulturpolitischen Themen angesprochen, gerade im Bereich der Digitalisierung mit dem Willen, dass wir eine deutsch-französische Agenda haben, um unser gemeinsames Modell zu bewahrten. Dabei geht es um den Schutz der Autoren, den Schutz der künstlerischen Aktivitäten oder auch den Kampf gegen die Kommerzialisierung von allem und jedem; denn diese könnte zu einem großen Verlust führen. Wir hängen beide an der Kreativität und an der kulturellen Exzellenz. Deswegen haben wir eine gemeinsame Agenda für eine stärkere Koordinierung auf diesem Gebiet vereinbart, um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden.

Schließlich noch zum Klima: Auch hier haben wir eine gemeinsame ambitionierte Agenda. Die Bundeskanzlerin wird im November dieses Jahres in Bonn die neue COP, die COP23, unter der Präsidentschaft von Fidschi aufnehmen, und ich werde selbst nach Bonn reisen, um dort die Initiativen zu unterstützen, die im Kampf gegen die Klimaerwärmung ergriffen werden. Am 12. Dezember wird in Paris dann schließlich eine Folgekonferenz zum Pariser Abkommen stattfinden, die sich im Rahmen des Pariser Abkommens auf die Finanzierung konzentrieren wird. Wir werden gemeinsam an der Vorbereitung dieser Agenda arbeiten. Die Minister haben über Initiativen mit den Kollegen oder auch gemeinsame Entscheidungen berichtet, die bereits in Bezug auf die Konvergenz der Regelungen getroffen worden sind. Wir wissen, dass wir in Europa eine sehr ambitionierte Agenda im Bereich des Klimas haben, und wir werden gemeinsam daran arbeiten, dass das Thema der Standards, der Normen, der Regulierungen, der Besteuerung des Kohlenstoffs gemeinsam besprochen wird und wir dann zu konkreten Ergebnissen kommen.

Meine Damen und Herren, das war jetzt in einigen Worten die Zusammenfassung dieses Ministerrates. Sie sehen, dieser Ministerrat war sehr dicht, und er zeigt, wie stark unsere Zusammenarbeit ist und wie notwendig sie auch ist. Sie wird morgen noch notwendiger als heute sein, denn all die Herausforderungen, die ich angesprochen habe, sind grenzüberschreitende Herausforderungen, es sind weltweite Herausforderungen, die voraussetzen, dass Frankreich und Deutschland eng zusammenstehen.

Genau in diesem Geiste kann ich mit der Bundeskanzlerin sagen: Wir wollen zusammenarbeiten, das ist unser Wunsch. Ich danke der Bundeskanzlerin und ihrer Regierung noch einmal dafür, dass sie nach Paris gekommen sind. Nochmals danke schön, dass Sie uns letzte Woche als Gastgeberin beim erfolgreichen G20-Gipfel beherbergt haben.

Danke schön!

Bundeskanzlerin MERKEL: Danke schön! Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Emmanuel, liebe Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und Frankreich, meine Damen und Herren, wir sind sehr gerne heute als Teile der Bundesregierung hierhergekommen. Das ist so etwas wie ein kleiner vorfristiger Gruß zum morgigen Nationalfeiertag in Paris.

Wir haben, glaube ich, kurz nachdem die neue Regierung hier ins Amt gekommen ist gezeigt, dass wir mit neuem Elan bereit sind, die deutsch-französische Zusammenarbeit zu aktivieren.

Wir haben heute Morgen in der Tat mit einem praktischen Projekt des Deutsch-Französischen Jugendwerks begonnen, und es waren auch sehr viele Jugendliche mit Migrationshintergrund dabei. Ich glaube, das hat uns gezeigt, wie wichtig unsere Arbeit ist. Sie ist ja kein Selbstzweck, sondern sie ist letztlich ein Zweck, um Menschen Wohlstand, Arbeitsplätze, gute Ausbildung und natürlich auch Sicherheit in Zeiten, in denen in der Welt vieles in Unordnung ist, zu garantieren. Ich glaube, gerade die Konzentration unserer Arbeit auf Menschen, die nicht von Haus aus schon alle Chancen haben, sondern die auch staatliche Unterstützung brauchen, ist ein wichtiger Punkt in unserer Kooperation. Ich möchte dem Deutsch-Französischen Jugendwerk hier ganz herzlich danken.

Der ganze Ministerrat war in das Grundverständnis eingebettet, dass Deutschland und Frankreich mit ihrer gemeinsamen Arbeit die Europäische Union stärken wollen. Wir wissen, dass wir angesichts vieler Entwicklungen in unserer Nachbarschaft auch die Geschicke Europas selbst mehr in die Hand nehmen müssen, dass wir erfolgreich sein müssen und dass wir unseren Menschen sowohl Schutz als auch Sicherheit als auch Fortkommen und Entwicklung bieten müssen. Das hat uns hier geleitet.

Das Interessante bei dem deutsch-französischen Sicherheits- und Verteidigungsrat war, dass wir ihn zum ersten Mal in einem neuen Format durchgeführt haben. Es waren natürlich die Außen- und Verteidigungsminister dabei, aber es waren auch die Innen- und Entwicklungsminister dabei. Das heißt, wir haben einen Gesamtsicherheitsansatz.

Der spiegelt sich dann auch exemplarisch in der G5-Sahelzoneninitiative wider, die wir eben unterschrieben haben. Die ist im Übrigen auch sehr symbolisch und damit auch unseren Leitgedanken folgend, dass wir das in Europa einbetten, dass wir das nicht exklusiv machen, sondern dass das in die europäische Thematik eingebettet ist. Für uns von der deutschen Seite ist dieses Engagement in Afrika etwas Neues. Wir haben uns viele Jahre lang nicht so in Afrika engagiert. Aber gerade auch durch die Tatsache, dass wir merken, dass, wenn sich Afrika wirtschaftlich nicht gut entwickelt, wir in Europa auch sehr viele Probleme mit dem Wunsch nach Migration bzw. nach Wirtschaftsmigration haben wir wissen, dass der Klimawandel dort sehr stark ist , haben wir, Deutschland und Frankreich, jetzt doch sehr vieles gemeinsam gemacht, und das spiegelt sich exemplarisch in dieser G5-Sahelzoneninitiative wider, für die ich sehr danken möchte.

Wir haben dann noch einmal darauf verwiesen, dass Deutschland und Frankreich in den letzten Monaten sehr stark die gemeinsame europäische Verteidigungspolitik vorangebracht haben. Wir können heute sagen: Wir haben einen europäischen Verteidigungsfonds. Wir werden hier von deutscher und französischer Seite sehr intensiv Projekte benennen Projekte für die Forschung, Projekte für die Fähigkeiten, die wir bereitstellen wollen, und gegebenenfalls später dann eben auch Einsätze, die geleistet werden. Das Ganze ist natürlich eingebettet und verbunden mit der gesamten strukturierten Zusammenarbeit. Das, was wir heute an gemeinsamen Entwicklungen auch von Ausrüstung, von Geräten und von militärischen Dingen vereinbart haben, ist etwas, das, glaube ich, Europa wirklich nach vorne bringen kann. Gemeinsame Entwicklung, Kompatibilität der Systeme, bessere und gemeinsame Verwendung - das müssen die Schritte sein, mit denen wir unsere Sicherheit dann auch besser gewährleisten können.

Der Entwicklungsaspekt ist also auch ein Aspekt der Sicherheit, genauso die innere Sicherheit. Unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten nach den terroristischen Bedrohungen auch in unseren Ländern, dass wir für ihre Sicherheit einstehen und dass Europa sozusagen auch einen dahingehenden Schutz bietet, dass wir sagen können: Wir tun alles, um die Bürgerinnen und Bürger vor terroristischen Gefahren zu schützen. Da haben wir es mit großer Geschwindigkeit unsere Innenminister haben sehr stark daran gearbeitet geschafft, jetzt ein europäisches Einreise- und Ausreiseregister auf die Beine zu stellen. Das Projekt gibt es theoretisch seit zehn Jahren. Es ist jetzt in den letzten Monaten dahingehend realisiert worden, dass wir die gesetzliche Grundlage geschaffen haben, und nun müssen wir das natürlich auch umsetzen. Wir haben manchmal in Europa sehr schnell einen Schritt nach vorne gemacht, was zum Beispiel die Freizügigkeit im gesamten Schengen-Raum angeht, haben uns aber nicht damit auseinandergesetzt: Wie schützen wir denn nun die Grenzen? Wie bekommen wir auch Kontrolle? - Das wird jetzt nachgeholt, und Deutschland und Frankreich spielen dabei eine ganz herausragende Rolle.

Ich will nicht alles wiederholen, was Emmanuel Macron über die Kooperationsbereiche gesagt hat. Mir ist sehr wichtig, dass wir die Kooperation gerade im gesamten Bereich des Digitalen sei es in der Verwaltung, sei es bei den Start-ups, sei es bei der Veränderung des Arbeitsrechts voranbringen. Das entscheidet über die Frage, ob wir die Arbeitsplätze der Zukunft haben werden oder ob wir sie nicht haben werden. Hier gibt es eine Vielzahl von Projekten, die wir umsetzen müssen und hinsichtlich der noch sehr viel Arbeit zu leisten ist.

Ich möchte den Schwerpunkt auch noch einmal auf das Thema Klima legen. Wir haben es in Hamburg geschafft, dass sich außer den Vereinigten Staaten von Amerika alle G20-Länder zu dem Pariser Abkommen und dazu bekannt haben, dass es irreversibel ist. Diese Irreversibilität muss nun natürlich auch gerade von der europäischen Seite sowie von Deutschland und Frankreich dargestellt werden, und deshalb wird es hier auch eine enge Zusammenarbeit bei der Vertragsstaatenkonferenz in Bonn geben, die genauso wie der zweite Jahrestag des Pariser Abkommens von den Fidschi-Inseln das ist geradezu exemplarisch geleitet werden wird und bei der dann gerade auch Fragen der Finanzierung von großer Wichtigkeit sein werden.

Ich möchte mich bei Frankreich dafür bedanken, dass die Initiative zum Erlernen der deutschen Sprache jetzt noch einmal wieder aufgenommen wurde. Der Beauftragte für die deutsch-französische Kooperation, Olaf Scholz, hat hier noch einmal für die deutschen Bundesländer gesagt: Auch wir werden alles tun, um die Französischkenntnisse zu verbessern. Denn die Mobilität von jungen Menschen ist wichtig, aber wenn man sich nicht verstehen kann, ist das auch nicht schön. Die Kultur eines Landes lernt man natürlich besser kennen, wenn man seine Sprache kennt. Dann erschließt sich das in ganz anderer Weise.

Die kulturelle Zusammenarbeit ist naturgemäß intensiv und wichtig und breit angelegt; darüber haben wir auch gesprochen, ebenso über die Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit der Digitalisierung ergeben.

Es gibt also eine Vielzahl von Leuchtturmprojekten. Jedes Ressort kann solche aufweisen. Ich glaube, es gibt auch eine gute Gewährleistung dessen, dass wir hier auch wirklich Ergebnisse erreichen werden.

Über die Zusammenarbeit der Finanzminister und Wirtschaftsminister habe ich jetzt noch gar nicht ausführlich gesprochen. Hier stehen viele Projekte auf der Tagesordnung. Eines will ich nennen, nämlich zum Beispiel die Frage, wie wir zwischen Deutschland und Frankreich vielleicht eine gemeinsame Unternehmenssteuerreform in Angriff nehmen können. Das ist nicht einfach. Das ist ziemlich kompliziert. Aber das wäre ein Unterfangen, das den Binnenmarkt noch einmal stärken könnte. Insofern Dank an alle und vor allen Dingen Dank an die Gastgeber hier in Frankreich. Herzlichen Dank, Emmanuel!

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Herr Präsident, Paris ist wieder Paris. Sie wollen jetzt sogar gemeinsame Kampfflugzeuge bauen; so jedenfalls steht es nach der Absichtserklärung zu erwarten. Das hört sich nach einer kleinen Revolution an. Deutschland setzte bislang auf Eurofighter und Tornado, Frankreich auf Rafale. Können Sie uns Näheres erläutern? Wie ist das zustande gekommen? Wie ist der Zeitplan? Wird Dassault beteiligt werden? Ist das ein französisches Zugeständnis?

MACRON: Unser Wunsch ist ich habe ja schon daran erinnert , dass wir eine neue Generation von Kampfflugzeugen haben werden, und zwar gemeinsame Kampfflugzeuge, nicht die derzeitige Generation, die Sie angesprochen haben, hinter der verschiedene Unternehmen stehen. Einige Unternehmen sind europäisch, das andere Unternehmen ist eher national ausgerichtet. Es geht vielmehr darum, eine neue Generation von Flugzeugen zu haben, hinsichtlich der Europa tatsächlich ein gemeinsames Projekt hat und innovativ ist. Warum? Weil das sehr große Projekte, sehr umfangreiche Projekte für unsere Staaten, für unsere Regierungen und für unsere Streitkräfte sind, die dann auch exportiert werden müssen.

Heute haben wir bei sehr großen Projekten zu viele Standards, zu viele Normen auf europäischer Ebene sowie teilweise eine intraeuropäische Konkurrenz. Wenn wir uns einmal die Standards für Flugzeuge ansehen, was den Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich oder zwischen Europa und Amerika angeht, dann beträgt dieses Verhältnis eins zu fünf. Wir müssen die Dinge also vereinfachen, um effizienter zu sein. Das Ziel einer neuen Generation dieses Flugzeugs ist es, dass wir gemeinsam R&D durchführen, also Forschung und Entwicklung, also Gemeinsames entwickeln und es dann eine gemeinsame Nutzung in unseren beiden Streitkräften gibt. Dann können wir entsprechend unserer Einsatzgrundsätze und unsere Einsatzdoktrinen, die unterschiedlich sind, eine Koordinierung innerhalb unserer Einsätze und eine Koordinierung in Bezug auf die Exportpolitik durchführen.

Ich stelle fest: Das ist eine tief greifende Revolution. Ich bestätige das. Aber wir haben keine Angst vor Revolutionen, wenn es langfristig angelegte und friedliche Revolutionen sind.

MERKEL: Ich kann das bestätigen. Es ist auch gesagt worden, dass dazu bis Mitte 2018 eine Roadmap entwickelt werden soll, also ein Zeitplan. Ich kann das insgesamt nur begrüßen.

Ich will aber darauf hinweisen, dass es eine Vielzahl von solchen gemeinsamen Projekten gibt. Eines ist auch die Euro-Drohne, die wir von deutscher und französischer Seite sehr stark nach vorne bringen wollen. Ich glaube, auch das ist angesichts der modernen Formen der militärischen Einsätze von allergrößter Wichtigkeit, wie es solche Gemeinsamkeiten genauso im Satellitenbereich oder auch im Bereich des Heeres gibt. Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten bei der digitalen Kooperation, die sich dann weiter auf die Innenminister auswirkt, nämlich auf die ganze Frage der Cybersicherheit. Hier haben wir uns also sozusagen eigentlich auch den gesamten Raum angeschaut und die gemeinsamen Projekte identifiziert.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, heute Morgen hat Herr Macron in einem Interview für die deutsche und französische Presse die Eurozone angesprochen. Er sagte, dass die Schwierigkeiten der Eurozone dazu beigetragen hätten, dass die deutsche Wettbewerbsfähigkeit gesteigert worden sei. Sind Sie denn mit dieser Diagnose einverstanden? Emmanuel Macron hat sich gewünscht, dass Deutschland dieses Missfunktionieren durch stärkere private und öffentliche Investitionen ausgleicht. Sind Sie dazu bereit, dies zu tun? Letzte Frage: Sind Sie mit den in Frankreich begonnenen Reformen zufrieden?

MACRON: Sie haben ja ein Interview angesprochen, das die Bundeskanzlerin und die Regierung gelesen haben. Ich möchte sagen, dass das nur ein Teilzitat war, und es könnte missverständlich sein. In dem Interview, das hier angesprochen worden ist Sie korrigieren mich bitte, lieber Freund, wenn ich mich irre , habe ich gesagt: Vor allem ist der Erfolg Deutschlands auf die Reformen von vor 15 Jahren zurückzuführen, die wir noch nicht durchgeführt haben. Das schlechte Funktionieren des Euroraums wird aber erläutert, weil wir die Dinge nicht verzerren wollen. Wir haben natürlich von mehr öffentlichen und privaten Investitionen gesprochen. Wenn Deutschland dazu beitragen kann, ist das eine wunderbare Sache. Ich werde aber niemandem Lektionen erteilen wollen. Da manchmal durchaus der Geschmack der Polemik festzustellen ist, möchte ich doch noch einmal auf das ganze Interview abstellen.

MERKEL: Erstens sind wir uns einig, dass wir die Eurozone stabilisieren müssen und dass wir sie auch weiterentwickeln müssen. Wir wissen ja letztlich, dass Stillstand in Europa immer nah am Rückschritt ist. Insofern bedarf es einer Dynamik, und dazu gehört für mich die wirtschaftliche Konvergenz der Mitgliedstaaten der Eurozone genauso wie Instrumente, die uns auch unabhängiger machen. Deshalb halte ich zum Beispiel das Projekt, den ESM auch in Richtung der Funktionen weiterzuentwickeln, die wir heute global vom IWF kennen, für ein sehr gutes Projekt. Wir haben inzwischen ganz andere Voraussetzungen als die, die wir hatten, als die Griechenland-Krise zum ersten Mal auftrat.

Zweitens habe ich den Wortlaut des Interviews jetzt nicht hundertprozentig im Kopf. Sollte darin stehen, dass es Deutschland ein bisschen genützt hat, dass andere Länder schwächer waren, möchte ich für die deutsche Seite sagen: Wir haben das äußerste Interesse daran, dass alle Länder in der Eurozone und in der Europäischen Union stark sind. Deshalb verfolgen wir die französischen Reformen mit größter Aufmerksamkeit, ohne uns irgendwie einzumischen, aber mit dem festen Wunsch, dass Frankreich daraus auch wirklich stärker hervorgeht, dass mehr Arbeitsplätze entstehen und dass die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Schutzfunktion besser gewährleistet sind.

Drittens: Ja, wir haben im Augenblick den Spielraum auch für zusätzliche Investitionen. Hier muss man zwischen den Privaten, die Emmanuel Macron genannt hat, und den Öffentlichen unterscheiden. Bei den Öffentlichen haben wir die schwierige Situation, dass wir im Augenblick zu langsame Planungsprozesse haben und dass wir im Grunde Geld haben, aber dieses Geld nicht an jeder Stelle ausgeben können. Da müssen wir uns jetzt für die nächsten Jahre sehr überlegen, wie wir schneller planen können; denn Projekte und Notwendigkeiten, zu investieren, haben wir an allen Ecken und Enden. Unsere Infrastruktur ist nicht so, dass sie nicht mehr Investitionen vertragen könnte. Wir haben die digitale Infrastruktur auszubauen, haben Kindergärten auszubauen und Schulen auszubauen. Im Augenblick haben wir ziemlich viel materielle Mittel, aber das muss umgesetzt werden.

Das Zweite ist, und das ist etwas, das wir beide besprechen müssen: Wie bekommen wir in Europa eigentlich private Investitionen angelockt? Das kann man ja nicht befehlen, sondern man muss ein Umfeld schaffen interessante steuerliche Rahmenbedingungen, einen vernünftigen Abbau von Bürokratie , um dann zu sagen: Es wird investiert. Wir werden zum Beispiel darüber herrscht jetzt nach langer Zeit doch auch ziemlich viel Übereinstimmung sagen: Der Mittelstand möchte eine steuerliche Förderung der Forschung haben. Man kann ihm Zuschüsse geben. Das ist ihm alles zu kompliziert. Er braucht steuerliche Anreize. - Wir könnten auch sehr viel im Bereich der Gebäudesanierung tun, um Wärmedämmung und Ähnliches zu machen. Das steht also immer auf der Tagesordnung. Deshalb empfinde ich das als eine Bestätigung dessen, was wir auf den Weg gebracht haben. Aber ich denke, wir können in den nächsten Monaten auch immer wieder voneinander lernen; das macht die deutsch-französische Zusammenarbeit auch aus.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Monsieur le Président, Sie sind bei der Neugründung Europas schon weit vorangekommen, was die Verteidigungspolitik angeht. Bei der Eurozone lassen Sie sich etwas mehr Zeit, auch mit Rücksicht auf den deutschen Wahlkampf, wie man annehmen darf. Meine Frage: Warum eigentlich? Warum machen Sie es nicht einfach wie Emanuel Macron und gewinnen das nächste Mandat mit einem dezidiert proeuropäischen Wahlkampf?

Daran angehängt die Frage: Da Sie gerade den ESM, die Weiterentwicklung zu einem möglichen europäischen Währungsfonds erwähnt haben, wie weit stimmen Sie schon überein? 2018 müssten Sie mit Ihren Plänen für die Vertiefung der Eurozone ja wahrscheinlich fertig sein. Geht die Übereinstimmung auch so weit, dass man ein gemeinsames Budget für die Eurozone will, einen gemeinsamen Minister, eine neue parlamentarische Versammlung?

MERKEL: Erst einmal denke ich, dass wir in Deutschland einen sehr proeuropäischen Wahlkampf führen. Die gute Seite ist, dass das Thema "für Europa" bei den großen Parteien gar kein Thema der Auseinandersetzung ist, sondern es geht darum, wie man Europa besser macht. Aber das alles ist von den allermeisten von einem sehr positiven europäischen Grundkurs getragen.

Zweitens. Wir werden uns in einem sehr ambitionierten Zeitplan auch mit der Eurozone beschäftigen. Aber Sie kennen die Verfassungsrechtsprechung in Deutschland. Wir brauchen dazu ein Parlament, wir brauchen ein Mandat. Dieses Mandat für die Weiterentwicklung kann man sich nach den Wahlen holen. Aber das kann ich nicht im luftleeren Raum machen. Frankreich hat ein neu gewähltes Parlament. Wir brauchen für solche qualitativen Schritte die Einbindung. Wir werden das aber nicht verbummeln. Noch in diesem Jahr wird es weitere Schritte dazu geben. Aber es kann jetzt nicht einfach aus dem luftleeren Raum gemacht werden.

Ich persönlich habe immer gesagt: Es kommt auf das Wie an. Ich habe nichts gegen ein Eurozonenbudget. Ich habe schon 2012 ein kleineres Eurozonenbudget vorgeschlagen und bin damals das muss ich einfach so sagen grandios gescheitert. Aber ich bin sehr froh, wenn der Gedanke wieder aufgebracht wird.

Über einen europäischen Finanzminister kann man reden. Wir haben schon lange über die Wirtschaftsregierung und darüber, wie wir das machen, geredet. Ich denke, wir müssen uns auch die Methodik der Intensität der Zusammenarbeit in Europa noch einmal überlegen, um Projekte schneller fertigzubekommen. Wir haben in Krisen immer gezeigt, dass wir etwas schnell können. Wenn keine Krise ist, dann geht es wieder langsam. Aber zum Beispiel die digitale Herausforderung lässt es nicht zu, dass wir jahrelang nichts tun. Deshalb werden wir Sie da, denke ich, noch sehr überraschen. Ein bisschen muss ja nach dem ersten Deutsch-Französischen Ministerrat auch noch übrigbleiben.

MACRON: Ich bestätige, dass ich im Wahlkampf ganz klare Verpflichtungen in Bezug auf Europa, auf eine Neugründung, die notwendig ist, eingegangen bin, nicht nur eine wirtschaftliche und soziale Neugründung, sondern eine politische Neugründung, die wir brauchen. Mit der Bundeskanzlerin habe ich darüber gesprochen. Denn wir haben einen ständigen Austausch über diese strategischen Themen.

Man muss aber auch das demokratische Leben in unseren Ländern respektieren. Es steht völlig außer Frage, dass das etwas ist, das hinterher umgesetzt werden wird, sobald die deutschen Wahlen vorbei sind. Aber ich denke, dass wir beide einig sind, wenn wir sagen: Es ist notwendig und an der Zeit, dass sich Europa ändert für uns und für das europäische Projekt.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, der amerikanische Präsident Donald Trump wird heute und morgen in Paris empfangen. Meinen Sie, dass das zu viel der Ehre für einen Präsidenten ist, mit dem Sie recht kühle Beziehungen haben?

Herr Präsident, meinen Sie, dass es einen Unterschied zwischen Ihnen und Frau Merkel in Bezug auf diesen unvorhersehbaren amerikanischen Präsidenten gibt?

MERKEL: Erstens hatten wir den amerikanischen Präsidenten Donald Trump gerade zu Gast in Hamburg beim G20-Gipfel. Dort haben wir Gemeinsamkeiten gefunden, zum Beispiel im Kampf gegen den Terrorismus und in anderen Fragen der G20-Agenda. Aber wir haben auch klare Unterschiede benennen müssen, zum Beispiel bedauerlicherweise den Unterschied in der Einschätzung, ob wir das Klimarahmenabkommen von Paris brauchen oder nicht. Diese Unterschiede haben wir nicht übertüncht. Trotzdem sind Sprechfähigkeit und Kontakt natürlich wichtig.

Auf der anderen Seite sind wir alle uns darin einig, dass wir in Sicherheitsfragen eine enge Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika brauchen bei allen Meinungsunterschieden. Ich denke, die historische Bedeutung des morgigen Tages, das Jubiläum, ist auch ein Anlass, zu sagen: So wie damals bestimmte Dinge stattfanden, sind wir auch in der Welt des 21. Jahrhunderts aufeinander angewiesen. Auch Europa allein kann die Sicherheit, zum Beispiel den Kampf gegen den Terrorismus, nicht gewinnen. Nicht umsonst sind wir Mitglieder der NATO.

Auf der anderen Seite haben wir verstanden, dass auch in den Vereinigten Staaten von Amerika die Frage gestellt wird: Was haben die Bürgerinnen und Bürger hier von der Globalisierung? Deshalb habe ich gesagt: Wir müssen unsere Geschicke mehr in unsere eigene Hand nehmen. Wir können uns nicht einfach darauf verlassen, dass uns schon immer jemand hilft. Das war auch der Gegenstand unseres heutigen Ministerrates. Aber das schließt nicht aus, dass man miteinander spricht.

MACRON: Die Bundeskanzlerin hat in wunderbarer Weise auf Ihre Frage geantwortet. Es gibt keinen Meinungsunterschied zwischen Frankreich und Deutschland in der Frage, wie wir Präsident Trump zu behandeln haben. Ich habe Präsident Trump eingeladen. Es erstaunt mich, dass das zu so viel Protest und Debatten führt; denn es ist immerhin der hundertste Jahrestag, dass die amerikanischen Streitkräfte an unserer Seite in den ersten weltweiten Konflikt eingetreten sind.

Man darf nie vergessen, dass die Geschichte über uns hinausgeht. Die Charaktere oder Temperamente der einen oder anderen, die auch unsere Charaktere sind, die wir erleben, darf uns das andere nicht vergessen lassen, die Vereinigten Staaten. Deswegen müssen wir die Bande erneuern. Deswegen habe ich den Präsidenten zum 14. Juli eingeladen. Die Truppen werden gemeinsam mit unseren Truppen auf den Champs-Élysée sein. Wir sind Akteure einer Geschichte, die über uns hinauswächst. Wir haben eine Welt mit gemeinsamen Kämpfen und gemeinsamen Werten, die aber unterschiedlich gestaltet ist. Wir dürfen diese Unterschiede und auch die Gemeinsamkeiten nie vergessen.

Ich möchte noch einmal bestätigen, dass meine Philosophie ist: Auch wenn wir einen Dissens haben, müssen wir reden. Gerade wenn wir einen Dissens haben, müssen wir reden. Ich habe mit Präsident Trump einen starken Dissens. Er ist klar, er ist bekannt. Ich habe das ausgesprochen. Mit der Bundeskanzlerin habe ich das angesprochen. Es ist das Klima. Ich habe ihm gesagt, zunächst einmal in Arbeitssitzungen und dann öffentlich, dass wir hier einen Dissens haben. Wir sind auch in internationalen Organisationen aufeinandergestoßen. Er weiß es, ich weiß es. Ich hoffe, dass er irgendwann wieder auf uns zukommen kann. Denn es ist ein gemeinsames Thema. Die Vereinigten Staaten können auf dieses Thema gar nicht verzichten. Ich denke, die großen Städte, die Bundesstaaten und die Zivilgesellschaft in Amerika wissen das. Sie unterstützen das Pariser Abkommen und gehen in genau diese Richtung. Ich hoffe, dass wir ihn überzeugen können.

Aber darüber hinaus sind die Vereinigten Staaten von Amerika auf zahlreichen Gebieten ein strategischer Partner für Frankreich und Europa: im Kampf gegen den Terrorismus, für unsere kollektive Sicherheit oder auch in den gemeinsamen Einsatzgebieten, in denen unsere Streitkräfte gemeinsam vorgehen, in verschiedenen diplomatischen Anstrengungen, die wir gemeinsam durchführen.

Das heißt, es ist notwendig und völlig klar, dass wir einen regelmäßigen Austausch mit Präsident Trump haben müssen. Aus all diesen Gründen wird er heute Nachmittag und morgen in Paris sein. Danke schön.

Donnerstag, 13. Juli 2017

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Emmanuel Macron
beim 19. Deutsch-Französischen Ministerrat in Paris am 13. Juli 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/07/2017-07-13-pk-merkel-marcon-paris.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juli 2017

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