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PRESSEKONFERENZ/1590: Regierungspressekonferenz vom 12. Januar 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 12. Januar 2018
Regierungspressekonferenz vom 12. Januar 2017

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Antrittsbesuch des österreichischen Bundeskanzlers, Trauerstaatsakt für den verstorbenen ehemaligen Bundespräsidenten Jenninger, Besuch der geschäftsführenden Direktorin des IWF), bewaffneter Konflikt im Jemen, Haltung der Bundesregierung zu den Sanktionen gegenüber Russland, Nord Stream 2, Vorratsdatenspeicherung

Sprecher: StS Seibert, Adebahr (AA), Steffen (BMJV)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Auch von mir einen schönen guten Tag! - Einige Termine der Bundeskanzlerin für die kommende Woche habe ich Ihnen anzukündigen.

Am kommenden Mittwoch, den 17. Januar, wird der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zu seinem Antrittsbesuch in Berlin freudig erwartet. Die Bundeskanzlerin empfängt ihn um 12 Uhr mit militärischen Ehren am Bundeskanzleramt. Daran schließen sich ein Arbeitsmittagessen und danach eine gemeinsame Pressebegegnung an.

Am Donnerstag, den 18. Januar, wird die Bundeskanzlerin im Deutschen Bundestag von 11 bis 12 Uhr am Trauerstaatsakt für den verstorbenen ehemaligen Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger teilnehmen. Wenn Sie erfahren wollen, wie dieser Trauerstaatsakt genau abläuft, dann bitte ich Sie, sich an den Bundestag zu wenden, der ihn durchführt.

Am Freitag wird die Bundeskanzlerin im Kanzleramt mit der geschäftsführenden Direktorin des IWF, Christine Lagarde, zu einem Meinungsaustausch zum Mittagessen zusammentreffen.

Frage: Da ich Korrespondent aus Österreich bin, möchte ich wissen, wie die Chemie zwischen der Bundeskanzlerin und dem neuen Bundeskanzler Kurz ist. Bisher war es ja nicht unbedingt die beste. Auch sachlich gab es große Differenzen in der Flüchtlingspolitik.

StS Seibert: Zunächst einmal steht ja fest, dass Österreich und Deutschland Partner, Freunde, Nachbarn auf ganz besonders hohem Niveau sind, sowohl politisch als auch im Verhältnis der Bevölkerungen zueinander. Das prägt natürlich auch den Umgang miteinander.

Die Begegnungen, die die Bundeskanzlerin bisher mit Bundeskanzler Kurz hatte, waren nicht so, wie Sie es beschreiben, sondern es waren freundliche und interessante Begegnungen. Dieser Besuch ist nun sein offizieller Antrittsbesuch. Sie sieht ihm mit Freude entgegen.

Die Zusammenarbeit ist wichtig. Es ist wichtig, dass wir für große europäische Herausforderungen auch europäische Antworten finden, und die Migration ist eine große, gemeinsame europäische Herausforderung. Deutschland und Österreich haben dabei ihren Teil zu spielen.

Frage: Hat Deutschland irgendeine Sensibilität gegenüber der FPÖ?

StS Seibert: Ich habe hier nach der Wahl in Österreich gesagt, dass es sich von selbst versteht, dass wie im Verhältnis zu allen anderen Ländern auch unsere Zusammenarbeit mit der österreichischen Regierung natürlich auf der Basis der Werte stattfinden wird, die in Europa gelten und die wir uns hier in Deutschland als konstitutiv für unser politisches Leben gegeben haben. Das wäre meine Antwort dazu.

Frage : Frau Adebahr, ich wüsste gern, wer alles aus Sicht der Bundesregierung eine am Krieg im Jemen beteiligte Partei ist. Welche Länder sind daran beteiligt?

Adebahr: Ich denke, wir haben hier schon mehrfach ausgeführt, dass es sich aus völkerrechtlicher Sicht bei dem Konflikt im Jemen nicht um einen Krieg, sondern um einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt handelt. In diesem Sinne kann ich die Frage, die Sie stellen, so nicht beantworten, weil es sich um einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt handelt.

Zusatzfrage : Dann erlauben Sie mir eine Nachfrage. Denn ich stelle die Frage natürlich aus aktuellem Anlass. Im Sondierungspapier steht nämlich, dass die Bundesregierung ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigt, solange diese am Jemenkrieg beteiligt sind. Deshalb wüsste ich natürlich gern: Wer könnte das aus Ihrer Sicht denn sein?

Adebahr: Ich kommentiere mögliche Papiere, die im politischen Raum gerade verabschiedet sind, hier und jetzt als Sprecherin für das Auswärtige Amt natürlich nicht.

Zusatzfrage : Heißt das, dass Sie mir nicht sagen können, welche Länder aus Sicht des Auswärtigen Amtes am Jemenkrieg beteiligt sind, weil Sie das als innerstaatlichen Konflikt sehen?

Adebahr: Ich habe zur völkerrechtlichen Einordnung dieses Konfliktes - Sie wiederholen das Wort "Jemenkrieg" jetzt wieder - gesagt, wie die völkerrechtliche Einordnung aus Sicht des Auswärtigen Amtes ist. Dass dies ein Konflikt ist, in dem verschiedene Partner der Region eine Involvierung haben, haben wir hier auch schon breit diskutiert.

Ansonsten möchte ich im Zusammenhang mit möglichen politischen Papieren, die hier gerade aufscheinen, keine Kommentierung abgeben.

Zusatzfrage : Herr Seibert, dieses "unverzüglich" kommt ja von Ihrer Chefin. Ich weiß jetzt noch nicht, wie ich das zu interpretieren habe. Können Sie mir dabei weiterhelfen?

StS Seibert: Sie nehmen Bezug auf ein Papier, das die Sondierungspartner heute Nacht erarbeitet haben und das von den Sprechern der Ministerien und der geschäftsführenden Bundesregierung hier sicherlich nicht kommentiert werden kann.

Frage : Herr Seibert, ich muss Sie noch einmal mit einer langweiligen Frage langweilen, und zwar der Frage, ob es Differenzen zwischen der Kanzlerin und ihrem Außenminister in Sachen der Sanktionen gegenüber Russland gibt.

Ich stelle diese Frage deswegen, weil der Außenminister am Mittwochabend dieser Woche sehr deutlich für eine schrittweise Aufhebung der Sanktionen im Falle einer Einigung auf eine Blauhelm-Mission im Donbass plädiert hat. Gibt es Unterschiede in der Herangehensweise an diese Frage zwischen dem Kanzleramt und dem Auswärtigen Amt?

StS Seibert: Zunächst einmal muss ich ja feststellen, dass eine solche Blauhelm-Mission bisher noch nicht besteht. Sie kann dann sinnvoll sein, wenn sie dazu beitragen kann, die Situation gerade auch für die Menschen in der Ostukraine zu verbessern, und wenn sie dabei hilft, den Frieden wieder Einzug halten zu lassen. In diesem Sinne werden wir uns zu diesem Thema verhalten und dazu auch an Gesprächen teilnehmen. Alles Weitere ist jetzt hier für mich kein Thema. Die Haltung der Bundesregierung, die im Übrigen auch die europäische Haltung ist, ist bekannt, und sie ist ja auch auf europäischer Ebene bekräftigt worden.

Zusatz : Meine Frage bezog sich auf die mögliche etappenweise oder schrittweise Aufhebung der Sanktionen im Zuge des Fortschritts des Minsker Prozesses.

StS Seibert: Nun wollen wir erst einmal Fortschritte sehen, und an diesen Fortschritten wird intensiv gearbeitet. Es hat einen kleinen Schritt vor Weihnachten gegeben, aber wir wissen alle, dass eine Grundlage für weiteren Fortschritt, nämlich ein wirklich funktionierender Waffenstillstand, noch nicht erreicht ist. Es gibt dort jeden Tag unzählige Verletzungen der Waffenruhe, und daran ist zu arbeiten. Das ist jetzt das Entscheidende.

Frage: Es gibt einen offenen Brief von NABU und WWF an die bundesdeutsche Politik sowie auch an Frau Merkel, in dem gefordert wird, Nord Stream 2 zu stoppen, unter anderem mit dem Hinweis darauf, dass dieses Projekt einen Keil zwischen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union treibe, was die Solidarität angeht. Mich interessiert, wie die Bundesregierung darauf reagiert, ob sie das zur Kenntnis genommen hat und welche Reaktionen darauf kommen werden.

StS Seibert: Der Umgang mit offenen Briefen ist bekannt. Ich weiß nicht, ob er Ihnen bekannt ist, aber er ist jedenfalls immer der gleiche, ganz unabhängig davon, wer einen solchen offenen Brief schreibt. Dieser offene Brief wird dann nicht vom Bundeskanzleramt in der Öffentlichkeit beantwortet. Das ist die grundsätzliche Herangehensweise.

In der Sachfrage Nord Stream haben wir hier zahlreiche Male die Grundüberzeugungen der Bundesregierung dargelegt.

Frage: Ich wollte fragen, ob die Bundesregierung, die Bundeskanzlerin beziehungsweise der Außenminister an dem Standpunkt festhalten, dass Nord Stream ein rein ökonomisches Projekt sei.

StS Seibert: Ich fange einmal an: Es ist weiterhin die Überzeugung der Bundesregierung, dass die Erweiterung der Gaspipeline Nord Stream eine unternehmerische Entscheidung der beteiligten Gesellschaften ist. Selbstverständlich gelten für diese Entscheidungen hinsichtlich eines solchen Pipelineprojekts nationale, europäische und internationale Rechtsvorschriften, und deren Einhaltung ist sicherzustellen. Das ist die Grundhaltung der Bundesregierung.

Natürlich kann auch eine unternehmerische Entscheidung Auswirkungen beispielsweise auf Staaten in der Region haben. Deswegen haben wir zum Beispiel immer sehr klar gesagt, dass es im Interesse Deutschlands und auch anderer Mitgliedstaaten ist, dass die Ukraine auch weiterhin als Transitland für russisches Gas eine Rolle spielen kann, und dass es wichtig ist, dass beispielsweise Herr Sefcovic im Namen der Europäischen Kommission gemeinsam mit Russland und der Ukraine dafür eine Lösung sucht.

Frage : Frau Adebahr, ich war auch dabei, als Herr Gabriel im Ost-Ausschuss über dieses Thema gesprochen hat. Er meinte, die Politik sollte sich nicht in die unternehmerischen Entscheidungen der Gaskonzerne einmischen. Gleichzeitig hat er aber das Thema des Transits des Gases durch die Ukraine angeschnitten. Wie passt das denn zusammen? Wenn der Gasmarkt jetzt rein wirtschaftlich gesehen werden soll, warum sollte dann gleichzeitig der ukrainische Transit bestehen bleiben, wenn es keinen wirtschaftlichen Bedarf dafür geben soll?

Adebahr: Ich kann nur sagen, dass der Bundesaußenminister in seiner Ansicht, was dieses Projekt angeht, mit dem von Herrn Seibert gerade Dargelegten übereinstimmt. So ist es, und ich glaube, mehr gibt es dazu hier jetzt nicht zu sagen.

Zusatzfrage : Warum soll der ukrainische Transit denn bestehen bleiben?

Adebahr: Das ist eine Frage, zu der ich in Hinsicht auf die Frage, wie die Bundesregierung Nord Stream 2 bewertet, von hier aus nichts Weiteres ausführen kann und möchte. Herr Seibert hat, glaube ich, alles zu diesem Projekt und der Haltung dazu gesagt.

Frage : Ich glaube, Frau Steffen weiß schon, was auf sie zukommt. - Es steht noch eine Stellungnahme der Bundesregierung gegenüber dem Bundesverfassungsgericht zum Thema Vorratsdatenspeicherung unter besonderer Berücksichtigung des EuGH-Urteils von vor einem Jahr aus. Da würde ich natürlich gerne erstens wissen, wie weit Sie sind, und zweitens, zu welcher Bewertung Sie denn gegebenenfalls gekommen sind, falls Sie die denn bereits abgeschlossen haben.

Steffen: Herr Kollege, wie Sie wissen, sind Klagen hinsichtlich des Gesetzes über die Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Mit Blick auf das laufende Verfahren kann ich mich hierzu also nicht äußern. Unsere Prüfung dauert immer noch an.

Freitag, 12. Januar 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 12. Januar 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/01/2018-01-12-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2018

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