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PRESSEKONFERENZ/1658: Regierungspressekonferenz vom 27. April 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 27. April 2018
Regierungspressekonferenz vom 27. April 2018

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Kabinettssitzung, Empfang des slowakischen Ministerpräsidenten, Festakt der Firma Merck anlässlich des 350-jährigen Unternehmensjubiläums, Empfang des geschäftsführenden Direktors des Europäischen Stabilitätsmechanismus), Verabschiedung eines Präsidialdekrets zur Registrierung von Wohn- beziehungsweise Landeigentum in Syrien, internationale Geberkonferenz für Syrien, innerkoreanisches Gipfeltreffen, Kuwait Airlines, mögliche Schuldenerleichterungen für Griechenland, unterschiedliche Importzölle für PKW in den USA und in Deutschland, Aufenthalt des früheren Leibwächter von Osama bin Laden in Deutschland, Umgang mit IS-Rückkehrern nach Deutschland, Einbestellung des deutschen Botschafters in der Türkei, Kredit an Air Berlin, Giftgaseinsatz in Syrien

Sprecher: SRS'in Demmer, Breul (AA), Baron (BMWi), Fehling (BMF), Neymanns (BMI), Simon (BMZ), Steffen (BMJV)


Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'IN DEMMER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Demmer: Zu den Terminen der Bundeskanzlerin:

Am Mittwoch tagt um 9.30 Uhr das Bundeskabinett wie immer unter der Leitung der Bundeskanzlerin.

Um 15 Uhr wird die Bundeskanzlerin den slowakischen Ministerpräsidenten Peter Pellegrini zu dessen Antrittsbesuch in Berlin begrüßen. Nach dem Empfang mit militärischen Ehren werden die Gespräche über die bilateralen Beziehungen, europapolitische Themen und außenpolitische Fragen gehen. Für 16.15 Uhr ist eine gemeinsame Pressekonferenz vorgesehen.

Am Donnerstag, 3. Mai, nimmt die Bundeskanzlerin am Festakt der Firma Merck anlässlich des 350-jährigen Unternehmensjubiläums teil. Sie hält dort gegen 11.30 Uhr eine Rede, in der sie die Bedeutung dieses Familienunternehmens und der Pharma- und Chemiebranche insgesamt für den Industrie- und Innovationsstandort Deutschland würdigen wird. Anschließend wird die Kanzlerin das neue "Merck Innovation Center" besuchen. Dort stellen Start-ups und hausinterne Innovationsteams ihre Projekte vor.

Ebenfalls am Donnerstag, 3. Mai, wird die Bundeskanzlerin den geschäftsführenden Direktor des Europäischen Stabilitätsmechanismus, Klaus Regling, zu einem Gespräch empfangen. Es handelt sich dabei um einen allgemeinen Austausch zu aktuellen Fragen der Eurozone.

Damit wäre ich auch schon durch.

Frage : Zu dem Termin mit Herrn Regling: Gibt es eine Vorgeschichte zu dem Termin? Ist möglicherweise geplant, konkreter über die Weitentwicklung des ESM zu sprechen und eine Linie festzulegen, oder wird das im Allgemeinen steckenbleiben?

SRS'in Demmer: Ich möchte den Gesprächen hier nicht vorgreifen. Stecken bleibt da hoffentlich gar nichts.

Ganz allgemein kann ich sagen: Eine starke und stabile Wirtschafts- und Währungsunion ist und bleibt natürlich ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, auch im Kontext der Debatte über die Zukunft der EU insgesamt.

Frage: An das Außenamt und an die Regierungssprecherin die Frage: Wir haben heute erfahren, dass das Regime Assad Flüchtlinge, also Menschen, die sich nicht mehr in Syrien befinden, enteignen will, was sicherlich eine weitere Hürde ist, dass diese Menschen in ihr Land zurückkehren können. Wir wüssten gerne, wie das Außenamt und die Regierungssprecherin darauf reagieren.

Haben Sie Schritte geplant? Wird irgendetwas auf internationaler Ebene unternommen?

SRS'in Demmer: Ich mache einmal den Anfang.

Wir sind äußerst besorgt über die Verabschiedung des Präsidialdekrets zur Registrierung von Wohn- beziehungsweise Landeigentum in Syrien. Seit 2011 sind über 11 Millionen Syrer aus ihren Heimatorten vertrieben worden, davon sind fünf Millionen ins Ausland geflohen. Das syrische Regime und seine Verbündeten haben bewusst Oppositionsgebiete belagert, ausgehungert und bombardiert, um die Vertreibung der Zivilbevölkerung zu erzwingen.

Nun sollen die geflüchteten Menschen offenbar unter fadenscheinigem Vorwand enteignet und um Haus und Hof gebracht werden. Wir müssen davon ausgehen, dass damit die Verhältnisse vor Ort zu Gunsten des Regimes und seiner Unterstützer verändert werden sollen. Damit wird natürlich auch die Rückkehr der Flüchtlinge erschwert. Diesem Treiben des Regimes dürfen wir nicht tatenlos zusehen. Wir müssen uns gemeinsam mit unseren Partnern überlegen, wie wir ein solch zynisches Ansinnen verhindern können. Auch der VN-Sicherheitsrat müsste sich dieses Themas annehmen.

Breul: Ich kann ergänzen: Wir sind in ersten Gesprächen, haben das im Kreise der EU-Mitgliedstaaten bereits thematisiert und sind mit anderen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen im Gespräch, wo und in welchem Format wir dieses Thema aufbringen können. Natürlich gilt schon jetzt, dass wir die Unterstützer des Regimes dazu auffordern, ihren Einfluss auf das Regime geltend zu machen und die Umsetzung dieser Gesetze sozusagen schon im Vorfeld zu verhindern.

An diesem Thema sind wir dran und bleiben wir dran, weil wir das - Frau Demmer hat es gerade schon ausgeführt - mit großer Sorge sehen.

Frage: Frage an das Auswärtige Amt. Die Bundesrepublik Deutschland ist auf der jüngsten Syrien-Geberkonferenz einer der relevanten Geber im Lichte dieser Enteignungsbeschlüsse. War das ein falscher Schritt oder lässt sich das, was an Zusagen gemacht wurde, in irgendeiner Weise so einsetzen, dass es nicht Assad zugutekommt, wenn er auf der anderen Seite sozusagen seine geflüchteten Landsleute enteignet?

Breul: Dazu kann ich sagen, dass die Geberkonferenz von Dienstag und Mittwoch im Wesentlichen zum Ziel hatte, Zusagen für die humanitäre Hilfe einzusammeln. Wie Sie wissen, ist die humanitäre Hilfe politisch blind. Dabei geht es um die Linderung der Not der Menschen vor Ort.

Ich möchte betonen, dass es auch um Zusagen für die Nachbarländer in der Region ging. Das war also eine Geberkonferenz für Syrien und die umliegenden Länder, die in einem ganz erheblichen Maße Flüchtlinge aufgenommen haben und wo wir auch vor Ort humanitäre Hilfe leisten.

Einen Punkt hat die Europäische Union bei der Konferenz noch einmal unterstrichen, und Bundesaußenminister Maas hat das am Rande auch getan: Wenn wir über Wiederaufbauhilfe reden, dann können wir das nur tun, wenn wir auch einen politischen Prozess haben, wenn wir ein Momentum im politischen Prozess haben.

Von daher möchte ich Ihre Frage so beantworten: Nein, es war kein Fehler. Bei der Geberkonferenz geht es um humanitäre Hilfe, um die leidenden Menschen in Syrien und den Nachbarländern. Das ist die Hilfe, die wir leisten und auch weiter leisten wollen. Wir haben gleichzeitig klargemacht, dass es weitergehende Hilfe nur mit einem politischen Prozess geben kann.

Zusatzfrage: Wenn es zum Beispiel um den Wiederaufbau solcher Areale gehen sollte, die in diesem Prozess enteignet worden sind, hätten Sie dann die Möglichkeit zu sagen, dass dafür das Geld nicht zur Verfügung steht oder hätten Sie diese Möglichkeit dann nicht?

Breul: Das muss man sich im Einzelfall anschauen. Natürlich gibt es immer wieder Graubereiche, wenn man zum Beispiel Wasseraufbereitungsanlagen aufbaut usw. Unser Punkt ist klar: Einen echten Wiederaufbau und ein massives Engagement bezüglich des Wiederaufbaus, für den wir bereitstehen, kann es nur geben, wenn wir auch in einem politischen Prozess sind.

Frage : Herr Breul, können Sie sagen, ob Sie die verbliebenen syrischen Diplomaten in Deutschland in dieser Sache ins Auswärtige Amt zitiert haben?

Hat Deutschland schon einmal angefangen, in irgendeiner Weise die Kosten aufzulisten, die in Deutschland wegen dem, was Assad macht, angefallen sind, also die Kosten für die Flüchtlinge, damit man sie ihm später einmal in Rechnung stellen könnte?

Breul: Ehrlich gesagt, ist mir über solche Rechenspiele nichts bekannt. Ich betone es noch einmal: Unser Ziel ist, einen politischen Prozess hinzubekommen, damit das Leiden in Syrien ein Ende hat. Alles andere ist sekundär.

Was war Ihre erste Frage?

Zusatzfrage : Die Frage war, ob Sie die verbliebenen syrischen Diplomaten ins Auswärtige Amt zitiert haben. Die Botschaft hier gibt es ja noch.

Breul: Nein.

Frage: Sollte als Reaktion auf diese Enteignung Besitz des syrischen Regimes in Europa oder in Deutschland enteignet oder eingefroren werden?

Wissen Sie, ob das Regime solchen Besitz in Deutschland hat?

Breul: Die Antwort auf Ihre zweite Frage müsste ich Ihnen nachreichen. Das weiß ich nicht.

Zu Ihrer ersten Frage möchte ich auf das verweisen, was ich vorhin gesagt habe. Ich denke, wir wollen jetzt nicht schauen, wie man finanzielle Positionen gegeneinander aufrechnet, sondern uns geht es in erster Linie um den politischen Prozess. Was das Dekret angeht, ist es letztlich natürlich auch eine politische Frage, ob man den vielen Millionen Syrern, die im Ausland wohnen, die Rückkehrmöglichkeiten verbaut oder ihnen eine wirtschaftliche Perspektive für ihre Rückkehr nimmt. Dagegen stemmen wir uns mit all den Instrumenten, die wir haben.

Frage : Ich würde gern beim Auswärtigen Amt bleiben. Angesichts dessen, was man fast minütlich an Neuem von dem koreanischen Spitzentreffen hört, würde mich eine vorläufige Einschätzung dessen seitens der Bundesregierung interessieren.

Ist man schon so weit, dass man sagen kann, dass sich der jahrelange Konflikt zwischen den zwei Koreas auf ein Ende zubewegt?

Breul: Ich meine, die Gespräche laufen noch oder sind gerade eben zu Ende gegangen. Sie haben es vielleicht auch gesehen: Sie fanden in sehr kleinem Format statt. Darum werden wir jetzt genau analysieren, was dabei beredet wurde und was die Ergebnisse sind. Wir werden natürlich die Gesprächskanäle, die wir in Pjöngjang und in Seoul haben, nutzen, um zu erfahren, was passiert ist.

Grundsätzlich sind wir froh darüber, dass Nordkorea endlich die ausgestreckte Hand Südkoreas angenommen hat, nicht nur bildlich, sondern hoffentlich auch in der Sache. Wir begrüßen diesen Schritt der Annäherung. Die ernsthaften Bemühungen der südkoreanischen Seite sind unbestreitbar. Wir hoffen, dass Nordkorea mit der gleichen Ernsthaftigkeit auf dieses Dialogangebot eingeht.

Für eine genaue Ergebnisanalyse ist es, wie gesagt, noch ein bisschen zu früh.

Frage: Meine erste Frage: Kann Deutschland, nachdem es wegen seiner eigenen Wiedervereinigung lange Zeit gefragter Gesprächspartner war, beim koreanischen Prozess irgendetwas beschleunigen oder unterstützen?

Zweite Frage: Wird sich das Verhältnis zu Nordkorea jetzt vielleicht ändern?

Breul: Zumindest für die zweite Frage müsste ich auf das verweisen, was ich gerade gesagt habe. Es ist noch zu früh, das zu beurteilen. Mein Kollege schrieb mir gerade, dass sie immer noch in den Gesprächen seien. Das Abendessen läuft gerade. Haben Sie also ein bisschen Geduld und lassen Sie uns gemeinsam mit unseren internationalen Partnern analysieren, was das Ergebnis des heutigen Treffens ist. Wie Sie wissen, stimmen wir uns innerhalb der EU in der Nordkoreapolitik aufs Engste ab.

Ansonsten gilt: Wir drängen uns nirgendwo auf. Wir stehen als Vermittler guter Dienste immer zur Verfügung. Wenn die Parteien das Gefühl haben, Deutschland könne einen sinnvollen Beitrag leisten, dann stehen wir gern zur Verfügung. Aber in erster Linie müssen natürlich die Parteien selbst miteinander reden. Dazu haben wir heute einen erfreulichen Auftakt gesehen. Den gilt es fortzusetzen. Darum sehe ich jetzt keine unmittelbare Rolle für uns.

Frage: Frau Baron und Frau Demmer, unterstützen Sie die Bemühungen von Verkehrsminister Scheuer und des Verkehrsministeriums, die Ausweitung der Flugrechte für Kuwait Airways, die am Dienstag beantragt wurden, aufgrund der Nichtbeförderung von Israelis zu verhindern?

SRS'in Demmer: Die Praxis von Kuwait Airways war hier ja schon öfter Thema. Ihr liegt das sogenannte Einheitsgesetz von 1964 zugrunde, das es kuwaitischen Unternehmen verbietet, Verträge mit israelischen Staatsangehörigen zu schließen. Ein Gesetz, das als Konsequenz zum Ausschluss israelischer Staatsbürger von der Beförderung im internationalen Luftverkehr führt, ist unverständlich und nicht hinnehmbar. Auch das haben wir hier schon mehrfach zum Ausdruck gebracht. Die Bundesregierung missbilligt dies und hat bereits Gespräche mit der kuwaitischen Seite geführt. Diese Gespräche werden fortgesetzt. Die Ergebnisse gilt es jetzt abzuwarten.

Baron: Ich kann dem nichts hinzufügen, auch weil die Zuständigkeiten dafür in anderen Häusern liegen.

Frage : Beim Eurogruppentreffen in Sofia stehen auch Schuldenerleichterungen für Griechenland auf dem Programm. Ist es richtig, dass die Bundesregierung Schuldenerleichterungen für Griechenland daran knüpft, dass dann weitere Kontrollen der Finanzen und auch des Reformprozesses folgen?

Fehling: Dazu kann ich für das BMF gern Stellung nehmen, und zwar insoweit, dass die Gespräche in Sofia heute Nachmittag beginnen werden und morgen noch fortgeführt werden. Minister Scholz wird im Anschluss eine Pressekonferenz geben. Deswegen bitte ich um Verständnis dafür, dass ich dazu heute noch nichts sagen kann. Die Fragen können Sie morgen an Herrn Scholz richten.

Frage: Eine Frage an das Finanz- oder das Wirtschaftsministerium: Der niedersächsische Ministerpräsident Weil hat heute Vormittag im Hinblick auf die unterschiedlich hohen Importzölle für PKW in den USA einerseits und in Deutschland und Europa andererseits erklärt, eine Senkung der Importzölle hier im Hinblick auf gleiche und faire Handelsbedingungen sei kein allzu fernliegender Gedanke. Das kann man doch als einen Wink mit dem Zaunpfahl ansehen.

Wird die Bundesregierung diesen Gedanken aufnehmen und über eine Senkung der Importzölle nachdenken?

Baron: Hierzu muss ich auf die Gespräche verweisen, die die Bundeskanzlerin, wie Sie wissen, in Washington mit der US-Regierung gerade führt. Dem können wir nicht vorgreifen. Das gebietet auch der Respekt vor den Gesprächspartnern vor Ort.

Zusatz: Das ist doch eine ganz andere Ebene. Bei den Gesprächen geht es, denke ich, darum, ob überhaupt Strafzölle zum Beispiel für Stahl und Aluminium erhoben werden. Die Frage der schon real existierenden Importzölle für PKW betrifft doch eine ganz andere Ebene. Herr Weil hat dazu im Grunde einen konkreten Vorschlag gemacht. Mich interessiert, ob sich die Ministerien darüber Gedanken machen, ob sie solche Pläne aufgreifen. Das ist eine andere Ebene.

Baron: Sie wissen, dass es in den vergangenen Wochen viele Vorschläge von vielen Seiten gab - aus der Industrie, von den Wirtschaftsinstituten und von verschiedenen Stimmen, die sich auch heute geäußert haben -, was alles man zum Gesprächsgegenstand machen könnte oder was in diesem Kontext, der schon bei den US-Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte beginnt, debattiert werden müsste. Insofern muss ich leider noch einmal wiederholen und darauf verweisen, dass wir den laufenden Gesprächen in den USA nicht vorgreifen können.

Frage: Herr Neymanns, können Sie uns sagen, wann die AG Status tagt, um den Fall des früheren Leibwächters von Osama bin Laden zu besprechen, ob der Termin feststeht, wann das sein wird, und wer teilnimmt?

Dann eine Frage an Herrn Breul: Welche Möglichkeiten sieht das Auswärtige Amt, von Tunesien möglicherweise eine Zusicherung zu bekommen, dass man den Herrn dort nicht foltert?

Eine Frage an das Entwicklungsministerium: Können Sie sich vorstellen, falls in Tunesien keine Kooperationsbereitschaft vorliegt, Entwicklungsgelder zu kürzen?

Neymanns: Ich hatte dazu ja auch am Mittwoch kurz gesprochen. Inhaltlich kann ich meiner Stellungnahme vom Mittwoch nichts mehr hinzufügen.

Nur zwei Punkte:

Ich habe einen kleinen Fehler gemacht. Die AG Status ist nicht im BMI angesiedelt, sondern im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum GTAZ.

Meine Verwunderung über die Schlagzeile eines "Krisengipfels" anlässlich von Sitzungen von Arbeitsgruppen habe ich gestern schon zum Ausdruck gebracht.

Zusatz: Das war aber keine Antwort.

Neymanns: Ich habe mit der Aussage begonnen, dass ich der Antwort von Mittwoch nichts hinzufügen kann.

Breul: Ich kann im Prinzip nur sagen, dass wir als Auswärtiges Amt in dieser AG mitarbeiten und uns dort einbringen. Dazu gehören natürlich auch Gespräche mit dem möglicherweise aufnehmenden Staat, auch über mögliche Zusicherungen. Aber über Einzelheiten und Einzelfälle kann ich von dieser Bühne aus keine Auskunft geben.

Simon: Ich kann dazu konkret auch nichts ergänzen. Nur so viel: Der Minister hat seine Position ja häufig klar gemacht, dass Rückkehr dadurch gefördert wird, dass wir Rückkehrer reintegrieren, und nicht dadurch, dass wir durch die Kürzung von Entwicklungsprogrammen, die unmittelbar der Bevölkerung zugutekommen, neue Fluchtgründe schaffen.

Frage : Zu einem verwandten Thema: Ich würde mir gerne noch einmal - das war hier in der BPK schon öfter ein Thema - den Umgang mit IS-Rückkehrern aus dem Irak erläutern lassen. Es geht ja im Moment um zwei oder drei Fälle, die durch die Medien gehen, zwei Frauen mit Kindern. Gelten solche Rückkehrer, die in Verdacht stehen, Mitglieder des IS gewesen zu sein, in Deutschland zwangsläufig als Gefährder und werden somit erst einmal beobachtet? Sind Ermittlungen in solchen Fällen im Hinblick auf eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung obligatorisch? Wie verhält es sich damit?

Neymanns: Ganz grundsätzlich ist es so, dass das nicht pauschal über einen Kamm zu scheren ist. Deswegen kann ich Ihnen darauf nur ganz grundsätzliche und generelle Antworten geben. Wenn also eine Person aus einem Kampfgebiet zurückkehrt, dann gibt es ja unterschiedliche Situationen. Es kann ein Haftbefehl vorliegen, es können Ermittlungen laufen etc., es können auch einfach nur irgendwelche Erkenntnisse vorliegen. Insofern sind die Handlungswege, die danach folgen, unterschiedlich.

Gibt es einen Haftbefehl, wird der im Regelfall vollstreckt. Grundsätzlich ist es so, dass die Personen, die zurückkehren, in der Obhut der jeweiligen Landespolizei sind und dann eine sogenannte Gefährderansprache vorgenommen wird. Die Polizei ergreift dann auf Basis dieser Ansprache und der vorliegenden Erkenntnisse entsprechende Maßnahmen. Sie können sich vorstellen, dass ich die hier nicht im Detail ausführen kann. Das kann von einer Meldepflicht bis zu einer 24-7- also einer Rund-um-die-Uhr-Observation gehen. Das ist dabei das grundsätzliche Verfahren.

Zusatzfrage : Zur Frage nach der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung: Gibt es da keine Zwangsläufigkeit, dass, wenn es Indizien dafür gibt, dass der Betreffende Mitglied des IS war, daraus direkt solche Ermittlungen folgen?

Neymanns: Das ist eine strafrechtliche Bewertung. Dafür würde ich kurz abgeben, wenn ich darf.

Steffen: Immer gerne! - Nein, dafür muss man sich wirklich den Einzelfall ansehen, und in Teilen ist dann ja auch die Generalbundesanwaltschaft beteiligt. Das ist also, wie gesagt, absolut einzelfallabhängig.

Breul: Ich weiß nicht, ob noch etwas offen war. Ich kann vielleicht nur allgemein ergänzen, dass wir - damit meine ich die Botschaften im Ausland - Deutsche unterstützen und konsularischen Beistand und Betreuung bieten. Das richtet sich alles nach dem Konsulargesetz. Das erfolgt unabhängig von Tatvorwürfen oder auch Inhaftierungsgründen, wenn es sich um Gefangene handelt.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Die türkische Regierung hat den deutschen Botschafter einbestellt. Das tut sie in den letzten Jahren mit hoher Schlagzahl. Wissen Sie, wozu? Stimmt es, dass es sich um angebliche Aktivitäten der PYD in Deutschland handelt? Sehen Sie darin eine Verschärfung des zuletzt etwas entspannter scheinenden Verhältnisses - es ist vor Kurzem wieder ein deutscher Staatsbürger verhaftet worden, und Frau Tolus Aufenthaltsbeschränkung wurde nicht aufgehoben -, oder ist das "business as usual"?

Breul: Ich weiß nicht, "business as usual" ist ein komischer Begriff. Darunter verstehen wahrscheinlich unterschiedliche Leute auch etwas Unterschiedliches. Aber lassen Sie es mich vielleicht so sagen: Unser Gesandter der deutschen Botschaft in Ankara war heute für ein einstündiges Gespräch in freundliche Atmosphäre im türkischen Außenministerium. Dafür gab es sozusagen keine besonderen Umstände oder besondere Gründe, über die man sich eventuell besondere Sorgen machen könnte. Das Thema, das von türkischer Seite angesprochen wurde, war in der Tat der Umgang einiger europäischer Staaten mit möglichen PKK-Anhängern oder auch führenden Köpfen der PKK. Weiter ins Detail möchte ich nicht gehen; das war ein vertrauliches Gespräch. Aber aus unserer Sicht gibt es jetzt keinen Grund, das besonders hoch zu hängen.

Zusatzfrage: Aber wenn ich es richtig sehe, ist das Instrument der Einbestellung eines Botschafters im diplomatischen Verkehr doch ein relativ scharfes. Jetzt hängen Sie es ein bisschen herunter. Wie bewerten Sie die Tatsache dieser relativ häufigen Einbestellungen? Ich glaube, es gab mehr als 20 in den letzten zwei oder zweieinhalb Jahren.

Breul: Dass das deutsch-türkische Verhältnis in den letzten zwölf oder 24 Monaten nicht konfliktfrei war, liegt, glaube ich, auf der Hand. Das kann man auch daraus ablesen, wie oft wir uns hier über die Türkei unterhalten haben. Daher gab es auch erhöhten Gesprächsbedarf; das will ich nicht verhehlen. Aber ich finde, man darf diese reine Zahl jetzt nicht irgendwie zum Anlass nehmen, sich darüber Sorgen zu machen, dass wir auf dem Weg, auf dem wir sind, nicht weiter fortschreiten könnten. Das ist unser Ziel. Natürlich gibt es da noch Schwierigkeiten, die aus dem Weg zu räumen sind, und Dinge, die zu bereden sind - sowohl von unserer als auch, wie Sie jetzt sehen, von türkischer Seite -, aber diesen Weg wollen wir weiter fortsetzen.

Frage : Ich habe noch eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Wann wird es denn von Ihrer Seite eine Abschlussbilanz finanzieller Art zum Kredit an Air Berlin und dem, was am Steuerzahler hängen bleibt, geben? Gibt es möglicherweise zum jetzigen Zeitpunkt schon einmal so etwas wie eine Zwischenbilanz, eine Vorausschau darauf, ob man schon mit dieser oder jener Wahrscheinlichkeit sagen kann, ob noch etwas zu kriegen ist?

Baron: Vielen Dank! - Das gibt es aktuell nicht. Es gilt immer noch das, was wir in den Antworten auf die letzten parlamentarischen Anfragen zu dem Thema gesagt haben. Das ist ein laufendes Insolvenzverfahren. Das kann auch noch sehr lange dauern. Somit können wir jetzt auch sozusagen keine Zwischenbilanz ziehen, sondern das Insolvenzverfahren läuft und dauert an.

Zusatzfrage : Könnten Sie noch einmal den aktuellen Betrag nennen, der zurückgeflossen ist, beziehungsweise den, der noch offen ist?

Baron: Ja. Dafür müssten Sie mir kurz eine Sekunde geben; das müsste ich noch einmal heraussuchen. Wir haben, wie gesagt, in den letzten parlamentarischen Anfragen dazu Stellung genommen. Ich suche die Zahl eben noch einmal heraus.

Frage: Noch eine Frage an das Auswärtige Amt im Hinblick auf Syrien: Haben Sie einen Überblick darüber, wann die OVCW mit Untersuchungsergebnissen herüberkommen könnte? Wissen Sie, ob über die Bodenproben hinaus - das haben wir mitverfolgt - weitere Proben von den Inspektoren gesammelt werden konnten, etwa Gewebeproben von Leichen, die es ja offenbar gegeben hat?

Zweitens: Wie bewerten Sie die Aussagen von, sage ich einmal, syrischen Beteiligten oder Augenzeugen aus dem unterirdischen Krankenhaus, die offenbar die Position belegen sollten, dass es keinen Giftgaseinsatz gegeben habe und dass das von den Weißhelmen gefakt worden sei?

Breul: Zur ersten Frage: Unserer Kenntnis nach konnte die Fact-Finding-Mission am vergangenen Samstag einen der zwei Orten in Duma, um den es hier geht, aufsuchen und Proben entnehmen, am Mittwoch dann am zweiten Ort. Der nächste Schritt ist, dass das Fact-Finding-Team nach Den Haag zurückkehren wird und die Analysen dann entsprechend an Referenzlabore geschickt werden. Bis der Bericht der OVCW vorliegen wird, können noch bis zu drei Wochen vergehen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Was wir von dieser gestrigen russischen Inszenierung in Den Haag halten, haben wir gemeinsam mit 17 anderen Vertragsstaaten in einer Erklärung zum Ausdruck gebracht. Ich möchte betonen, weil das sozusagen Teil der Inszenierung war: Das war keine Veranstaltung der OVCW. Das fand in deren Räumlichkeiten statt. Der Generaldirektor der OVCW hatte Russland ja aufgefordert, auf diese Veranstaltung zu verzichten.

Wie Sie wissen, findet jetzt auch eine Befragung von Zeugen durch die Fact-Finding Mission statt, die ja genau in dieser Sache ermittelt. Wenn Russland und das syrische Regime Zeugen ausfindig machen, dann sollten diese von der Fact-Finding-Mission beraten werden. Die kann durch ihre Expertise und Erfahrung die Authentizität der Aussagen am besten beurteilen.

Baron: Ich wollte noch kurz etwas zu Air Berlin nachreichen: Bislang sind 61 Millionen Euro zurückgeflossen. Das ist immer noch der Stand, den wir auf die parlamentarischen Anfragen hin mitgeteilt haben. Die letzte parlamentarische Anfrage ist die Anfrage der Grünen in der Drucksache 19/1532. Aber es sind 61 Millionen Euro.

Freitag, 27. April 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 27. April 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/04/2018-04-27-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2018

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