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PRESSEKONFERENZ/1856: Regierungspressekonferenz vom 10. Mai 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 10. Mai 2019
Regierungspressekonferenz vom 10. Mai 2019

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Besuch der Junior Uni und Bürgerdialog in Wuppertal, 10. Petersberger Klimadialog, Festakt der Deutschlandstiftung Integration zu 70 Jahren Grundgesetz, Kabinettssitzung, 26. Deutscher Sparkassentag in Hamburg, -Andreas-Schockenhoff-Lecture in Ravensburg, Jahresversammlung und Feier des 65. Jubiläums des Verbandes deutscher Unternehmerinnen, Besuch des Museums für Naturkunde in Berlin, Reise nach Zagreb), geplantes Strukturhilfegesetz, Berichte über tschetschenische Clans in Deutschland, Einrichtung interner Meldestellen der katholischen Kirche zum Thema sexuellen Missbrauchs, Erdgasprobebohrungen der Türkei in der ausschließlichen Wirtschaftszone Zyperns, Finanzierung der geplanten Grundrente, Verwendung von Haushaltsüberschüssen in Griechenland, mögliche Gespräche zwischen den USA und dem Iran/Operationalisierung von Instex, Forderung des Bundesentwicklungsministers nach einem Plastiktütenverbot, Aussagen des thüringischen Ministerpräsidenten zur deutschen Nationalhymne, Grundsteuer

Sprecher: StS Seibert, Wagner (BMWi), Alter (BMI), Audretsch (BMFSFJ), Steffen (BMJV), Adebahr (AA), Haas (BMAS), Wogatzki (BMF), Haufe (BMU)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Einen schönen guten Tag auch von mir!

Mit den Terminen der Bundeskanzlerin geht es am Montag, dem 13. Mai, los: Die Bundeskanzlerin besucht Wuppertal, und sie wird dort ab 14 Uhr die Junior Uni besuchen. Die Junior Universität Wuppertal ist eine bundesweit wirklich einmalige Lehr- und Forschungseinrichtung für junge Menschen zwischen 4 Jahren und so etwa dem Abialter. Es gibt dort Kurse zum Experimentieren, zum Forschen - alles, was junge Menschen für das Lernen und für das Forschen begeistern kann.

Die Bundeskanzlerin wird einen Rundgang machen. Da werden ihr diverse Experimente und Arbeiten aus den verschiedenen MINT-Kursen - also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik - durch die Kinder und Jugendlichen im Alter von, wie gesagt, 4 bis 20 Jahren vorgestellt. Nach dem Rundgang wird ihr dann ein Experiment aus einem internationalen Jugendwettbewerb vorgestellt. Sie wird dabei begleitet vom Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens Armin Laschet sowie verschiedenen Unterstützern und Partnern dieser privaten Bildungsinitiative Junior Universität Wuppertal.

Im Anschluss - immer noch in Wuppertal - wird die Bundeskanzlerin einen Bürgerdialog zum Oberthema 70 Jahre Grundgesetz durchführen, und zwar mit Bürgern aus Wuppertal und Schwerin. Warum Wuppertal und Schwerin? - Weil die beiden Städte eine Städtepartnerschaft haben, und zwar seit 1987. Das war die erste Städtepartnerschaft zwischen einer westdeutschen Großstadt und einer ostdeutschen Partnerstadt in der damaligen DDR. Dieser Bürgerdialog beginnt um 15.30 Uhr in der sogenannten VillaMedia in Wuppertal.

Am Dienstag - wieder in Berlin - wird die Bundeskanzlerin gegen 10 Uhr beim 10. Petersberger Klimadialog eine Rede halten. Das findet hier im AXICA Kongresszentrum am Pariser Platz statt. Den Petersberger Klimadialog gibt es seit 2009; das ist eine Initiative der Bundeskanzlerin, und dieser Dialog findet jährlich statt. Er ist eine informelle Zusammenkunft zum internationalen Klimaschutz, an dem in diesem Jahr Vertreterinnen und Vertreter aus rund 35 Staaten teilnehmen. Das Motto ist: "Fulfilling the Promise of Paris", es soll also um Impulse für die weitere Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens gehen, und es soll um die Vorbereitung des Klimagipfels des UN-Generalsekretärs im September in New York sowie der 25. UN-Klimakonferenz im Dezember in Santiago de Chile gehen. Gemeinsame Gastgeber des Petersberger Klimadialogs sind unsere Bundesumweltministerin Svenja Schulze und ihre chilenische Umweltministerinkollegin Carolina Schmidt Zaldivar.

Am Dienstag um 11 Uhr nimmt die Bundeskanzlerin am Festakt der Deutschlandstiftung Integration zu 70 Jahren Grundgesetz im Allianz-Forum in Berlin teil. Es wird dort auch der sogenannte "Talisman" verliehen. Es gibt erst eine Ansprache durch den Vorsitzenden des Stiftungsrats der Deutschlandstiftung Integration, Bundespräsident a. D. Christian Wulff, und dann wird die Bundeskanzlerin die Festrede halten. Die Bundeskanzlerin ist seit 2008 Schirmherrin der Stiftung. Der Preis, der "Talisman", der in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen wird, geht im Übrigen an Margot Friedländer. Seit ihrer Rückkehr nach Deutschland ist sie eine der aktivsten Zeitzeuginnen des Holocaust. Die Laudatio auf sie wird Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer, halten.

Am Mittwoch um 9.30 Uhr, also zum üblichen Zeitpunkt, tagt das Bundeskabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin.

Danach wird die Bundeskanzlerin zum 26. Deutschen Sparkassentag in Hamburg reisen dort gegen 14.30 Uhr eine Rede halten. Der Deutsche Sparkassentag findet alle drei Jahre statt.

Am frühen Mittwochabend, gegen 18 Uhr, wird die Bundeskanzlerin dann in Ravensburg sein und dort im Waaghaus als Hauptrednerin der ersten Andreas-Schockenhoff-Lecture auftreten. Andreas Schockenhoff war von 1990 bis zu seinem Tod im Jahre 2014 Mitglied des Deutschen Bundestags. Er war ein Außen- und Sicherheitspolitiker, der weit über die Grenzen Deutschlands hinaus geschätzt war und einen Ruf als überzeugter Europäer hatte. Sein Engagement für die deutsch-französischen Freundschaft ist ebenso hervorzuheben wie sein Engagement für eine Verständigung mit Russland auf zivilgesellschaftlicher Ebene.

Diese Schockenhoff-Lecture bietet nun also in seiner Heimatstadt Ravensburg einen Rahmen für den Austausch zu grundsätzlichen außen- und sicherheitspolitischen Themen. Das Format richtet sich an Bürgerinnen und Bürger sowie an Personen des öffentlichen Lebens. Veranstalter ist der Bundestagsabgeordnete Axel Müller. Die Bundeskanzlerin wird im Anschluss an ihre Rede mit Schülerinnen und Schülern ein Podiumsgespräch führen.

Am Donnerstag, dem 16. Mai, nimmt die Kanzlerin um 14.30 Uhr hier in Berlin in der European School of Management and Technology an der Jahresversammlung und der Feier des 65. Jubiläums des Verbandes deutscher Unternehmerinnen, VdU, teil und hält dort eine Rede. Sie wird dort das langjährige Engagement des Unternehmerinnenverbandes für das Unternehmertum und natürlich für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in der Wirtschaft würdigen.

Immer noch am Donnerstag, und zwar zwischen 16 und 17.45 Uhr, wird die Bundeskanzlerin das Museum für Naturkunde in Berlin besuchen. Der Generaldirektor des Museums, Professor Johannes Vogel, hat sie zu diesem Besuch eingeladen. Es wird zunächst gemeinsam mit Schülern und Schülerinnen aus Partnerschulen dieses Museums eine Führung durch das Museum geben. Dabei sollen anhand ausgewählter Exponate Themen wie Artenvielfalt und die Bedeutung eines Museums überhaupt zur Wissensvermittlung und -erforschung verdeutlicht werden. Überwölbendes Thema dieses Besuchs ist sicherlich der Einfluss des Menschen auf das Leben, auf die Gestalt unseres Planeten - Stichwort Anthropozän. Nach der Führung wird die Bundeskanzlerin dann mit den Schülerinnen und Schülern eine Podiumsdiskussion über Fragen zu den Themen Natur, Gesellschaft, biologische Vielfalt und Klimaschutz.

Schließlich reist die Bundeskanzlerin am Samstag, dem 18. Mai, zu einem Besuch in die kroatische Hauptstadt Zagreb. Der Ministerpräsident Kroatiens, Herr Plenkovic, wird sie zu einem Gespräch in seinem Regierungssitz und einem anschließenden gemeinsamen Arbeitsessen treffen. Es wird auch Statements zur Presse geben, voraussichtlich gegen 16.15 Uhr.

Das ist das, was ich Ihnen für die kommende Woche vortragen kann.

Haufe: Der Petersberger Klimadialog ist gerade ja schon erwähnt worden. Er wird am kommenden Montag um 8 Uhr mit einer Pressekonferenz der Bundesumweltministerin und des Direktors des Schweizer Bundesamtes für Umwelt, Herrn Marc Chardonnens, beginnen. Dort wird es um das CO2-Steuermodell in der Schweiz gehen, aber natürlich insgesamt auch um die Tagesordnung des 10. Petersberger Klimadialogs, der dann am Montag um 8.30 Uhr offiziell mit Bundesumweltministerin Schulze und der chilenischen Umweltministerin Carolina Schmidt beginnt. Chile hat ja in diesem Jahr den Vorsitz der Weltklimakonferenz - deswegen die Präsenz der Ministerin aus Chile.

Frage: Vielleicht doch noch einmal zum Thema Kabinett: Gibt es eigentlich einen Termin für die Eckpunkte zum geplanten Strukturhilfegesetz des Wirtschaftsministers? Könnte das nächste Woche beziehungsweise noch im Mai dran sei, ist das geplant?

Wagner: Die Eckpunkte, die der Minister vorgelegt hat, sind derzeit noch in der Abstimmung. Ziel ist, sie zeitnah ins Kabinett zu bringen. Kabinettstermine werden, wie üblich, vom Bundespresseamt am Tag zuvor bekanntgegeben. Insoweit können wir nicht darüber Auskunft geben.

Frage: Können Sie denn bestätigen, dass das Helmstedter Revier nun auch finanziell berücksichtigt werden wird?

Wagner: Für das Helmstedter Revier gilt, was auch für die Steinkohlekraftwerksstandorte gilt, nämlich dass der Landkreis Helmstedt als früherer Standort der Braunkohlewirtschaft - das Kraftwerk Buschhaus ist ja 2016 als erstes Kraftwerk in die Sicherheitsbereitschaft überführt worden - ebenfalls Zugang zu den Maßnahmen der strukturpolitischen Unterstützung erhalten soll. Dazu laufen, wie erwähnt, auch die Abstimmungen und Gespräche innerhalb der Bundesregierung sowie natürlich auch mit den beteiligten Ländern, also auch dem Land Niedersachsen. Details können wir insoweit nicht bestätigen. Auch die Zahlen, die heute in der Presse kursieren, würden wir nicht bestätigen wollen.

Zusatzfrage: Wann werden denn die Gespräche darüber abgeschlossen sein?

Wagner: Wie gesagt, die laufen. Zum genauen Zeitplan kann ich Ihnen jetzt keine Auskunft geben.

Zusatzfrage: Es ist aber klar, dass es auch Geld geben wird?

Wagner: Derzeit wird gesprochen über strukturpolitische Unterstützung. Wie gesagt, zu Details zur Finanzierung etc. würden wir uns dann äußern, wenn die Gespräche abgeschlossen sind.

Frage: An das Innenministerium: Es gibt Berichte über ziemlich gefährliche kriminelle tschetschenische Clans in Deutschland. Mich würde interessieren, was die Bundesregierung unternimmt, um diesen Clans das Handwerk zu legen, so wie es zum Beispiel mit den arabischen Clans in Berlin gemacht wurde.

Ganz konkrete Frage: Wie oft werden denn tschetschenische Kriminelle abgeschoben? Wie viele sind zum Beispiel in diesem Jahr abgeschoben worden?

Alter: Ich muss Ihnen sagen, dass ich konkrete Zahlen sowohl zu den erfassten Straftaten dieser Bevölkerungsgruppen als auch zu den Abschiebungen nachreichen müsste; die entsprechenden Zahlen liegen mir hier nicht vor.

Ganz allgemein kann ich Ihnen sagen, dass die Sicherheitsbehörden unabhängig davon, aus welcher Richtung Kriminalität - insbesondere organisierte Kriminalität - verübt wird, sehr eng zusammenarbeiten und bestrebt sind, diese Strukturen konsequent nicht nur zu erkennen, sondern auch entsprechend strafverfolgend und präventiv zu bearbeiten. Ich kann Ihnen an dieser Stelle jetzt nicht konkret sagen, welche Maßnahmen gegen die von Ihnen angesprochene Gruppe ergriffen worden sind; das müsste ich im Zweifel konkret nachreichen.

Zusatzfrage: Ich würde darum bitten und vielleicht gleich eine Nachfrage stellen: Wie gestaltet sich denn - wenn die überhaupt existiert - eine Zusammenarbeit mit der russischen Polizei oder anderen russischen Diensten in dieser Frage?

Alter: Wie gesagt, wie das konkret in dieser Frage abläuft, dazu liegen mir hier keine Informationen vor. Sie können aber davon ausgehen, dass die deutschen Sicherheitsbehörden mit den relevanten Partnern im In- und Ausland in Kontakt stehen, soweit das in der Sache geboten ist.

Frage: Ich habe eine Frage zur gestrigen Anordnung des Papstes, interne Meldestellen der katholischen Kirche zum Thema sexuellen Missbrauchs einzurichten.

Dazu würde ich zum einen gern eine Bewertung des Bundesfamilienministeriums hören. Wie bewerten Sie den Erlass?

Die zweite Frage geht an das Justizministerium. Die Justizministerin hat sich gestern dazu geäußert. Ich habe das als eine eher kritische Äußerung verstanden, weil sie gesagt hat, interne Hinweise reichten nicht aus, jeder Fall müsse angezeigt werden. Solch eine Anzeigepflicht bei sexuellem Missbrauch gibt es aber nicht. Ist das so zu verstehen, dass die Justizministerin beziehungsweise die Bundesregierung gesetzliche Änderungen in dem Sinne planen?

Audretsch: Die Bundesfamilienministerin hat immer wieder deutlich gemacht, dass es Aufgabe der Kirche ist, vollumfassend aufzuarbeiten, und dass es gleichzeitig schwer zu ertragen ist, wenn Menschen in der Kirche nach wie vor in Amt und Würden sind, die in der Vergangenheit Missbrauch begangen haben. Das kann so nicht bleiben. Dabei braucht es Klarheit und Transparenz und letztlich auch entsprechende Konsequenzen.

Dass die katholische Kirche das angeht und dass sich auch der Papst darum bemüht, ist auf der einen Seite natürlich ein grundsätzlich guter Schritt. Gleichzeitig unterstützen wir auch das sehr, was die Justizministerin gesagt hat, dass nämlich die Frage des sexuellen Kindesmissbrauchs nichts ist, was innerhalb einer Organisation geklärt werden kann. Es gibt die Pflicht, einen Beitrag zu leisten, aber gleichzeitig ist völlig klar, dass das letztlich auch eine Frage ist, die im deutschen Justizwesen und auch vor Gerichten zu klären ist.

Steffen: Das Zitat, wonach es keine interne Angelegenheit der katholischen Kirche ist, ist Ihnen bekannt, wie ich Ihrer Einlassung entnehmen kann. Insofern würde ich die Bewertung, die Sie vornehmen, an diesem Punkt durchaus teilen. Es ist richtig, die Kirche muss jede Straftat anzeigen, damit die Staatsanwaltschaften ermitteln können. In Deutschland gibt es auch schon Bistümer, die mit Staatsanwaltschaften eng zusammenarbeiten. Unter anderem Essen, Münster und Freiburg tun dies.

Ich denke, Sie zielen auf die Frage ab, ob die Staatsanwaltschaften auf die Akten zugreifen können. Einige Bistümer geben diese nur sehr gezielt heraus oder legen es sozusagen nicht völlig offen. Dazu hat sich die Ministerin vor einigen Monaten klar geäußert und gesagt, dass die Strafprozessordnung keine kirchlichen Geheimarchive kenne.

Zusatzfrage: Nein, dann ist das ein Missverständnis. Der Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich hat sich in der Diskussion damals bewusst gegen eine Anzeigepflicht entschieden, auch zum Schutz oder Recht der Opfer, sich nicht in den Verfahren, wie sie nun einmal sind, vor ein Gericht stellen zu müssen. Wenn die Justizministerin sagt, die Kirche müsse anzeigen, dann entspricht das eigentlich nicht der deutschen Rechtslage, so wie ich es verstehe.

Das heißt, sollen die Kirchen anders agieren, als es das Recht eigentlich vorsieht, oder sieht die Ministerin eine Verschärfung dieser Rechtslage vor?

Steffen: Wenn es für Sie okay ist, würde ich diesen Punkt nachtragen wollen.

Frage: Ich habe eine Frage an den Regierungssprecher und vielleicht an das Auswärtige Amt. Seit vergangenem Freitag unternimmt die Türkei Erdgasprobebohrungen in der ausschließlichen Wirtschaftszone Zyperns. Von Brüssel, Paris, Washington, Moskau, Athen, Israel und Ägypten gab es Kritik daran. Mir ist bis jetzt keine Reaktion der Bundesregierung bekannt. Der zyprische Präsident Nikos Anastasiadis soll gestern den informellen EU-Rat über den letzten Stand der Dinge informiert haben. Dazu habe ich zwei Fragen.

Erstens: Stellen für Berlin die Probebohrungen und Aktivitäten der Türkei eine Verletzung des internationalen Rechts dar?

Zweitens: Wie stehen die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Tatsächlich hat das Thema bei dem informellen Europäischen Rat in Sibiu in Rumänien gestern eine gewisse Rolle gespielt, weil der zyprische Präsident seine Besorgnis über die türkischen Aktivitäten gegenüber seinen Kollegen aus den anderen Mitgliedsstaaten zum Ausdruck gebracht hat. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Pressekonferenz in Sibiu auch darüber berichtet. Sie hat darüber berichtet, dass Präsident Anastasiadis die anderen Mitglieder des Europäischen Rates gebeten habe, sofern sie Kontakte und Gespräche mit der Türkei hätten, Zyperns Interessen in dieser Sache zu vertreten. Sie hat für Deutschland gesagt: "Das werden wir auch tun." Insofern hat es gestern eine Rolle gespielt.

Adebahr: Die Hohe Repräsentantin Frau Mogherini hat schon am 4. Mai ihre große Besorgnis über die Ankündigung der Türkei, innerhalb der exklusiven Wirtschaftszone Zyperns Bohrungen durchzuführen, ausgedrückt. Dem können wir uns natürlich nur anschließen. Wir erwarten von der Türkei, dass sie die ausschließliche Wirtschaftszone Zyperns respektiert und dass eine Eskalation in diesem Bereich vermieden wird.

Zur genauen rechtlichen Lage würde ich gern etwas nachreichen. Ich denke, Zypern ist Mitglied des Seerechtsübereinkommens, die Türkei aber nicht. Insofern stellen sich schwierige völkerrechtliche Fragen in der Abgrenzung im Nordbereich. Aber eine genauere Antwort dazu kann ich Ihnen gern eventuell noch nachreichen.

Zusatzfrage: Die EU-Außenbeauftragte Frau Mogherini ging einen Schritt weiter. Sie hat Zypern auch die Solidarität der EU zugesichert. Bis jetzt hat die zyprische Regierung auch eine Festnahme der Besatzung des türkischen Schiffes nicht ausgeschlossen. Wie weit kann die Solidarität der EU bei dieser Geschichte gehen?

Adebahr: Das ist eine sehr hypothetische Was-wäre-wenn-Frage für einen speziellen Fall, den Sie sich gerade ausdenken. Hoffentlich kommt es ja nicht zu einer weiteren Eskalation. Denn wir appellieren an alle Seiten, die Wirtschaftszone Zyperns zu respektieren. Das ist, denke ich, im Moment der Stand.

Natürlich hat Frau Mogherini die Solidarität der EU mit dem Mitgliedsland Zypern in der Frage der Nutzung seiner ausschließlichen Wirtschaftszone ausgedrückt.

Zusatzfrage: Erwarten oder befürchten Sie negative Auswirkungen dieser Eskalation auf die Versuche, das Zypernproblem zu lösen, oder auf die Verhandlungen und die Perspektive der Türkei, irgendwann einmal in die EU aufgenommen zu werden?

Adebahr: Im Moment konzentrieren wir uns darauf, dass es zu keiner Eskalation dort kommt und dass eine gute und richtige Lösung gefunden wird. Das ist, denke ich, das, was man im Moment dazu sagen kann.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesarbeitsministerium. Es gibt Medienberichte über neue Überlegungen, die Grundrente doch nicht, wie geplant, aus Steuern zu finanzieren, sondern aus diversen - so will ich es einmal sagen - kreativ gefundenen Beitragsquellen. Sie haben dies gestern dementiert. Aber mich würde interessieren, ob in Ihrem Haus ausgeschlossen wird, das aus Beiträgen zu finanzieren, oder ob Sie einfach nur sagen: Wir sind noch nicht so weit.

Haas: Ich muss leider genauso langweilig bleiben, wie ich gestern war. Wir werden, wie angekündigt, zeitnah einen solide gerechneten Vorschlag vorlegen. Derzeit laufen Gespräche mit dem Bundesfinanzministerium, die aber noch nicht abgeschlossen sind. Dementsprechend kann ich das nicht weiter kommentieren.

Zusatzfrage: Schließen Sie also nicht aus, dass es aus Beitragsmitteln finanziert werden könnte?

Haas: Ich kann an dieser Stelle überhaupt nichts ausschließen, weil die Gespräche laufen. Aber genauso wenig wie ich es ausschließe, kann ich es bestätigen. Es laufen Gespräche, und wir werden zeitnah einen Vorschlag vorlegen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, welche Priorität hat die Grundrente für die Kanzlerin als Projekt, sodass sie bereit wäre, vielleicht auch völlig andere Finanzierungsschritte dorthin zu gehen?

StS Seibert: Die Grundrente ist ein wichtiges Thema im Koalitionsvertrag, und sie bleibt auch ein wichtiges Thema. Wie diese Grundrente auszugestalten und wie sie zu finanzieren ist - da kann ich mich der Kollegin nur anschließen -, ist der Gegenstand der Gespräche, die weiterlaufen und über die wir jetzt im Detail nicht berichten.

Frage: Griechenland hat angekündigt, die Überschüsse für weitere Ausgabemaßnahmen nutzen zu wollen. Wie schätzen Sie im Finanzministerium das ein? Steht das im Einklang mit der Vereinbarung?

Wogatzki: Die Griechenland betreffenden Fragen werden auf EU-Ebene zunächst von der Kommission beleuchtet und danach den Finanzministern vorgelegt. Dem werde ich hier nicht vorgreifen.

Frage: Frau Adebahr, der US-amerikanische Präsident hat sich heute zu Gesprächen mit Teheran bereit erklärt. Gibt es schon eine Reaktion dazu?

Die EU beziehungsweise die Bundesregierung hat das zweimonatige Ultimatum der Iraner abgelehnt. Wie viel Zeit brauchen Sie, um Instex operativ zu machen? Momentan sind ja überhaupt keine Geschäfte möglich. Laufen auch Gespräche mit dem Iran, um zu sehen, ob man Instex möglichst schnell operativ machen kann?

Adebahr: Ich ziehe Ihre zweite Frage vor. Wir arbeiten - das war auch am Mittwoch hier schon Thema - mit Hochdruck daran, Instex weiter aufzubauen. Wir betreten mit dem Instrument Neuland. Das heißt, es ist ein Instrument, das wir erschaffen und designen müssen. Das ist kompliziert. Wir sind aber mit Hochdruck dabei, Instex zu operationalisieren. Ja, natürlich stehen wir mit der iranischen Seite auch in einem Austausch dazu. Denn Instex braucht eine Spiegelstruktur auf iranischer Seite, das sogenannte Special Trade and Finance Institute, das auf iranischer Seite aufgebaut wird und aufgebaut werden muss und das insbesondere sicherstellt, dass beide Institutionen den finanztechnischen Anforderungen internationaler Seite und den Sorgfaltspflichten genügen, gerade im Bereich der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Dazu sind wir mit der iranischen Seite im Gespräch.

Ich denke, dazu, wie unsere Haltung zum JCPOA ist, haben wir hier am Mittwoch ausgeführt. Die drei Außenminister haben sich gestern mit der EU in einer gemeinsamen Erklärung geäußert. Das ist unser Stand. Das JCPOA ist unser Maßstab, und wir wollen daran arbeiten, dass es erhalten bleibt, weil es ein wichtiges Abkommen ist und den Iran daran hindern soll, die Nuklearwaffe zu bekommen. Das ist der Rahmen, in dem wir, solange und soweit der Iran seine Verpflichtungen daraus vollständig erfüllt, unseren Anteil auch ohne Abstriche erfüllen wollen. Das ist, denke ich, unsere Linie.

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat gestern in Sibiu auch auf dieses Thema kurz Bezug genommen und noch einmal daran erinnert, dass es unsere Überzeugung ist, dass nicht nur wir ein starkes Interesse am Erhalt des JCPOA haben, sondern dass auch der Iran selbst dieses Interesse hat. Sie hat gesagt, mit dem Bekenntnis zu einer diplomatischen Lösung habe der Iran auch eine Chance, der Welt zu zeigen und deutlich zu machen, dass ihm an friedlichen Lösungen liege. Das hat sie noch einmal in Erinnerung gerufen.

Zusatzfrage: Frau Adebahr, meine Frage war, ob es eine Reaktion zur Gesprächsbereitschaft des US-amerikanischen Präsidenten gibt, ob Sie das überhaupt ernst nehmen.

Adebahr: Ich habe dazu geantwortet, dass das JCPOA, zu dem die Amerikaner die Haltung haben, die sie haben, unser Maßstab ist, an dem wir jetzt weiterarbeiten und den wir für erhaltenswert ansehen.

Zusatzfrage: Aber die Amerikaner sind nicht im JCPOA. Dennoch haben sie die Bereitschaft erklärt, mit dem Iran zu verhandeln. Darum geht es konkret. Wird es direkte Gespräche zwischen den USA und dem Iran geben?

Adebahr: Das ist eine Frage, die dann der Iran beantworten müsste, wenn er darauf eingehen will.

Wir sind mit Iran im Rahmen des JCPOA im Gespräch und in den Mechanismen, die das JCPOA bietet. Wir sind mit Iran natürlich auch in einem weitergehenden Dialog zu regionalen Fragen und anderen Themen. Das habe ich gerade ausgeführt. Das war hier auch schon öfter Thema.

Zuruf: Das war nicht meine Frage.

Frage: Ich hätte genau die gleiche Frage gehabt, ob es eine Bewertung zu diesem Gesprächsangebot gibt. Ich höre jetzt daran, dass Sie das in der Sache für irrelevant halten.

Adebahr: Ich habe das nicht bewertet. Das wäre dann auch an der iranischen Seite, das zu tun. Ich habe gesagt, was unser Maßstab ist. Natürlich ist es gut, wenn man miteinander spricht. Wir sprechen mit dem Iran in verschiedenen Foren. Wir sprechen über Regionalfragen mit dem Iran. Wir wollen das JCPOA erhalten und werden auch ein diplomatisches Fenster mit dem Iran, das sich in der nächsten Zeit bieten sollte, nutzen.

Zusatzfrage: Eine weitere Frage, die ich dazu hatte, war, inwieweit denn die Bemühungen der Europäer gehen, Russland und China dort mit ins Boot zu holen.

Adebahr: Wir sind mit unseren russischen und chinesischen Kollegen in einem intensiven Austausch dazu. Denn es ist richtig, wie Sie sagen: Nicht nur wir, sondern auch die russische Seite und die chinesische Seite sind weiterhin Vertragspartner des JCPOA. Entsprechend sind wir in den Gremien des JCPOA, wie zum Beispiel der Joint Commission, gemeinsam. Wir waren auch in den letzten Tagen im Austausch mit den Kollegen aus beiden Ländern zu Fragen des JCPOA.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesumweltministerium, und zwar wollte ich wissen, was Sie von einem generellen Plastiktütenverbot halten. Das hat ja Herr Müller gerade noch einmal ins Gespräch gebracht. Halten Sie das für einen sinnvollen Vorstoß oder sind Sie der Meinung, dass die bisherigen Regelungen auf freiwilliger Basis, die ja Ihr Haus angestrengt hatte, ausreichend sind?

Haufe: Die Bundesumweltministerin ist durchaus verwundert über diesen Vorschlag. Denn wir haben ja eine Regelung für Plastiktüten. Der Rückgang in Deutschland ist erheblich. Wir haben jetzt 60 Prozent weniger Plastiktütenverbrauch.

Aber das viel Entscheidendere ist für uns, dass es hierbei im Grunde genommen um Peanuts geht. Plastiktüten machen weniger als ein Prozent des Plastikverpackungsaufkommens aus. Das kann nicht die Stellschraube sein, an der wir drehen, um tatsächlich etwas gegen das sehr hohe Aufkommen von unnötigen Plastikverpackungen zu tun. Deshalb wird die Bundesumweltministerin ja einen Vorschlag im Rahmen der europäischen Richtlinie für "single-use plastics" machen, Einwegartikel aus Kunststoffe zu verbieten. Wir haben mit dem Verpackungsgesetz die Recyclingquoten verdoppelt. Denn es muss darum gehen, dass Plastik bei uns als Wertstoff regelmäßig und in besserer Qualität recycelt wird. Sie wird eine weitreichende Vereinbarung mit dem Handel vorlegen, in der es darum geht, wirklich einen beträchtlichen Rückgang von Plastikverpackungen zu vereinbaren. Also es geht ja darum, dass möglichst im Obst- und Gemüsebereich gar keine Kunststoffverpackungen mehr vorkommen. Das ist jedenfalls im Gespräch. Dazu werden wir uns nach der Sommerpause äußern und die entsprechenden Maßnahmen vorlegen.

Ganz entscheidend für uns - es geht ja hier sicherlich auch aus Sicht des Ministers um das Thema Entwicklungsländer - sind die Verhandlungen heute in Genf im Rahmen des Baseler Abkommens. Dort wird eine Erschwerung von Exporten mit Plastikabfällen verhandelt. Deutschland setzt sich maßgeblich mit der Europäischen Union dafür ein, dass alle möglichen Plastikabfälle, die nicht offensichtlich recyclingfähig sind, nicht mehr exportiert werden dürfen. Das ist unser Ziel. Unsere Zollbehörden sollen solche Plastikabfälle stoppen können. Das sehen wir als einen wesentlichen Beitrag, um tatsächlich etwas gegen Plastik zu tun. Plastiktüten sind ein Randphänomen.

Zusatzfrage: Ihrer Verwunderung entnehme ich, dass der Vorstoß von Herrn Müller mit Ihrem Hause nicht abgesprochen war?

Haufe: Das Bundesumweltministerium hat für die Bundesregierung längst eine Vereinbarung getroffen, wie mit Plastiktüten umzugehen ist. Die Ministerin hat einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, wie das weitere Verfahren ist, um das Plastikverpackungsaufkommen zu reduzieren. Das ist die Maßgabe.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert. Der thüringische Ministerpräsident Ramelow hat erklärt, dass viele Ostdeutsche ein Problem mit der Nationalhymne hätten. Teilt denn die Bundeskanzlerin als Frau, die ja auch aus dem Osten kommt, dieses Unbehagen? Gibt es möglicherweise in der Bundesregierung Überlegungen, an den Text der Hymne heranzugehen?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin findet unsere Nationalhymne sehr schön, in Musik und Text.

Vorsitzender Feldhoff: Es gibt eine Nachlieferung des
Bundesjustizministeriums.

Steffen (zur Einrichtung interner Meldestellen der katholischen Kirche bei sexuellem Missbrauch): In der Tat sind Staatsanwaltschaften dazu verpflichtet, bei jedem Anhaltspunkt strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten. Sie sind allerdings - da haben Sie Recht, auch darauf angewiesen, dass Taten angezeigt werden. Eine strafbewehrte allgemeine Anzeigepflicht für diese Taten besteht in der Tat nicht.

Wir sehen hier allerdings die moralische Verpflichtung der Kirche, mit den Staatsanwaltschaften zusammenzuarbeiten.

Frage: Ich hätte noch eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Es geht um das Thema Grundsteuer. Da gibt es ja heute noch ein Expertengespräch. Mich würde einmal interessieren, was Sie sich davon erhoffen und ob es etwas Genaues zum Zeitplan gibt, wie es da weitergeht.

Wogatzki: Die Ausgangslage ist uns ja allen klar. Die Grundsteuer entfällt, wenn bis Jahresende keine Reform auf den Weg gebracht ist. Das bedeutet einen Verlust für die Kommunen von 14 Milliarden Euro jährlich. Deshalb ist es das Interesse des Bundesfinanzministers, eine verfassungsgerechtere Form auf den Weg zu bringen.

Er hat die Ressorts inzwischen beteiligt. Die Ressortabstimmung ist eingeleitet. Bereits vorher hat er angekündigt, dass diese Veranstaltung, die heute stattfindet, stattfinden wird, in der alle verfassungsrechtlichen Fragen rund um die Grundsteuer erörtert und hoffentlich geklärt werden sollen. Wie es weitergeht, hängt sicherlich vom Ausgang des heutigen Gesprächs ab.

Den Diskussionen kann ich hier nicht vorgreifen. Klar ist aber, dass ein gewisser Zeitdruck besteht, da wir das Gesetz bis zum Jahresende auf den Weg gebracht haben müssen.

Freitag, 10. Mai 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 10. Mai 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-10-mai-2019-1609746
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2019

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