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PRESSEKONFERENZ/1861: Regierungspressekonferenz vom 22. Mai 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 22. Mai 2019
Regierungspressekonferenz vom 22. Mai 2019

Themen: Besuch des Präsidenten des Europäischen Rates in Berlin, Kabinettssitzung (Fortsetzung der deutschen Beteiligung an KFOR, Entwurf eines Forschungszulagengesetzes, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, Eckpunkte zur Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" für ein Strukturstärkungsgesetz, Entwurf eines Nationalen Luftreinhalteprogramms der Bundesrepublik Deutschland), Medienbericht über die angebliche Erteilung von Asyl für zwei Aktivisten aus Hongkong in Deutschland, Ankündigung des Erwerbs eines russischen Flugabwehrsystems durch die Türkei, Polizeieinsatz gegen eine irakische Rockerbande in NRW, Entwurf eines Berichts der Bundesregierung über Maßnahmen des Bundes zur Unterstützung von Ländern und Kommunen im Bereich der Flüchtlings- und Integrationskosten und die Mittelverwendung durch die Länder im Jahr 2018, geplante Reform der Grundsteuer/mögliche EU-Finanztransaktionssteuer, Abschiebungen, Verordnung über die Teilnahme von ElektroKleinstfahrzeugen am Straßenverkehr und zur Änderung weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, Grundrente, mögliche deutsche Beteiligung im Falle eines Krieges zwischen den USA und dem Iran, Ankündigung von US-Sanktionen gegen an Nord Stream 2 beteiligte europäische Unternehmen, gemeinsames Telefonat der Bundeskanzlerin und des französischen Präsidenten mit dem russischen Präsidenten

Sprecher: StS Seibert, Güttler (BMWi), Fichtner (BMU), Bürgelt (BMEL), Breul (AA), Alter (BMI), Kolberg (BMF), Strater (BMVI), Haas (BMAS)


Vorsitzende Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Schönen guten Tag auch von mir!

Bevor ich zum Kabinett komme, habe ich einen Termin nachzutragen: Morgen, am Donnerstag, wird die Bundeskanzlerin den Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, zu einem Abendessen empfangen. Das Treffen und das Gespräch dienen der Vorbereitung des informellen Europäischen Rates, der am kommenden Dienstag in Brüssel stattfinden wird. Das ist, wie bei so etwas üblich, nicht presseöffentlich.

Dann könnte ich jetzt kurz die Themen der Kabinettssitzung anreißen. Das Kabinett hatte heute einen reichhaltigen Arbeitsplan.

Es geht mit einem Beschluss über die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo los. Das ist die Nato-geführte internationale Sicherheitspräsenz, kurz KFOR. Vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung also wie gesagt heute die Fortsetzung beschlossen.

Bisher gilt eine Obergrenze von 800 Soldatinnen und Soldaten. Die wird in dem neuen Mandat künftig auf bis zu 400 Soldatinnen und Soldaten halbiert, wobei man sagen muss, dass die Zahl der jetzt in diesem Einsatz im Kosovo befindlichen deutschen Soldaten und Soldatinnen deutlich niedriger, nämlich zweistellig ist. Die Sicherheitslage im Kosovo ist überwiegend ruhig und stabil, aber es gibt ein Konflikt- und Eskalationspotenzial, vor allem im Norden des Landes. Diese abgesenkte Obergrenze gewährleistet aber doch unverändert, dass die Bundeswehr im Falle einer unerwarteten Verschlechterung schnell und flexibel reagieren könnte.

Zweites Thema: Nach jahrzehntelanger Diskussion wird es in Deutschland erstmals steuerliche Forschungsförderung geben. Das Kabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes, des sogenannten Forschungszulagengesetzes, beschlossen. Es geht um die Einführung einer steuerfreien Forschungs- und Entwicklungszulage mit Eckwerten; dazu werde ich gleich kommen.

Vielleicht noch ein bisschen zum Hintergrund: Deutschland gehört weltweit zu den Ländern, die am meisten für Forschung und Entwicklung ausgeben, sowohl staatlich als auch durch unsere Unternehmen. Das sichert die Grundlagen unseres Wohlstandes. Um die weiter zu sichern, ist auch dieser Beschluss gefasst worden.

Die Eckwerte der künftigen Zulage sind so, dass die Bemessungsgrundlage die Personalkosten für Forschung und Entwicklung sind, maximal 2 Millionen Euro pro Jahr. Der Fördersatz beträgt dann 25 Prozent dieser Bemessungsgrundlage. Die Maximalzulage pro Jahr beträgt dann also 500 000 Euro. Besonders bei den Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Kleinen und mittleren Unternehmen besteht erhebliches Steigerungspotenzial. Deswegen wird der Fokus auf diese Unternehmen gelegt, ohne größere Unternehmen auszuschließen. Diese Förderung soll 2020 starten. Wir wollen so auch dazu beitragen, den Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis 2025 auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Das ist immer das, was staatlich und seitens der Unternehmen geschieht.

Das nächste ist der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Naturschutzgesetzes. Es wird in das Bundesnaturschutzgesetz ein Paragraf 45a eingeführt, der Regelungen für den Umgang mit dem Wolf enthält. Der Wolf - das wissen Sie - hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland in manchen Regionen wieder ausgebreitet. Das ergibt jetzt die Notwendigkeit, zwischen den Anforderungen des Schutzes des Wolfs als streng geschützter Tierart auf der einen Seite und den Sorgen der Bevölkerung und den Interessen der Weidetierhalter auf der anderen Seite abzuwägen. Die Bundesregierung reagiert auf diese Herausforderungen, die mit der Ausbreitung des Wolfes verbunden sind. Wir wollen, indem wir die berechtigten Sorgen zum Beispiel aufseiten der Weidetierhalter und der Bevölkerung aufnehmen und angemessen darauf reagieren, auch dafür sorgen, dass der Wolf als streng geschützte Tierart dann auch von noch mehr Menschen akzeptiert wird.

Zur Weidetierhaltung ist zu sagen, dass sie einen ganz wichtigen Beitrag für den Naturschutz leistet. Wir wollen, dass auch in Gegenden, in denen sich der Wolf wieder angesiedelt hat, Weidetierhaltung möglich bleibt. Dafür tun wir einiges. Bund und Länder fördern den Herdenschutz. Aber da, wo diese Maßnahmen nicht ausreichen, muss eben schnell und rechtssicher auch das, was das Gesetz "Entnahme" nennt, möglich sein. "Entnahme" kann man mit "Abschuss von Wölfen" übersetzen. Deshalb soll insbesondere die Rechtssicherheit für die Erteilung von Ausnahmen wirksam erhöht werden. Man passt die Schadensschwelle an, ab der sozusagen eine Ausnahme zulässig ist, also auch für Fälle, in denen unklar ist, welcher Wolf konkret aus einer Rotte heraus Gefährdungen oder Schäden verursacht hat. Vorrang hat selbstverständlich immer der Schutz des Menschen.

Der Entwurf regelt auch die Verpflichtung der zuständigen Behörden, sogenannte Wolfshybride aus der Natur zu entnehmen beziehungsweise abzuschießen. Das sind Mischlinge aus Hund und Wolf, die äußerst problematisch für die Wildtierpopulation sind. Außerdem soll das Füttern von Wölfen verboten werden, damit sich die Tiere nicht an den Umgang mit den Menschen gewöhnen.

Das nächste Thema betrifft eine wichtige energiepolitische Maßnahme. Es geht um Eckpunkte zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung". Das war die Kommission, die sich mit der Zukunft der Kohle, dem Kohleabbau, dem Ausstieg aus dem Kohleabbau und der Zukunft der davon betroffenen Regionen befasst hat. Es geht jetzt hierbei um die strukturpolitischen Empfehlungen dieser Kommission. Die energiepolitischen Empfehlungen, die die Kommission gemacht hat, werden dann im zweiten Halbjahr dieses Jahres in einem separaten Gesetzentwurf vorgelegt werden.

Das Bundeskabinett hat also ein "Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen" beschlossen. Das soll Strukturbrüche in den betroffenen Regionen vermeiden. Es soll Perspektiven für neue Wertschöpfung und neue Beschäftigung entwickeln. Die Ansatzpunkte für diesen regionalen Strukturwandel sind Innovation, Digitalisierung, konsequente und nachhaltige Weiterentwicklung der industriellen Wertschöpfungsketten, die es schon gibt, sowie Entwicklung der kulturellen Anziehungspunkte.

Das ist ein Mantelgesetz, das aus zwei Teilen besteht. Der erste Teil regelt durch das neue "Investitionsgesetz Kohleregionen" Finanzhilfen für die betroffenen Gebiete. Das soll über Artikel 104b des Grundgesetzes bereitgestellt werden. Es geht um Investitionen mit einem Gesamtumfang von bis zu 14 Milliarden Euro bis 2038. Dabei leisten die Länder den Eigenanteil, der dafür durch das Grundgesetz vorgeschrieben ist.

Neben den direkten Finanzhilfen gibt es dann weitere Maßnahmen des Bundes, die der Bund sozusagen in seiner eigenen Zuständigkeit fördert: Vorhaben zum Ausbau der Infrastruktur des Schienen- und Straßenverkehr, die Ansiedelung und Verstärkung von Forschungseinrichtungen, Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung, die umfassende Erweiterung von Förderprogrammen sowie energiepolitische Unterstützungsaktivitäten. Dabei wird sich der Bund an einem Finanzvolumen von bis zu 26 Milliarden Euro - wiederum bis 2038 - orientieren.

Zum Schluss, letzter Punkt der Kabinettssitzung, ging es um den Entwurf eines Nationalen Luftreinhalteprogramms der Bundesrepublik Deutschland. Es geht dabei - logisch - um saubere Luft, was ja auch für die Bundesregierung ein Thema mit sehr hohem Stellenwert ist. Alle EU-Mitgliedstaaten müssen der Europäischen Kommission ihre nationalen Luftreinhalteprogramme vorlegen. Das sieht die EU-Richtlinie über die Reduktion der nationalen Emissionen von Luftschadstoffen vor. Darin müssen sie darlegen, wie sie die Ziele dieser Richtlinie erreichen wollen. Es geht um Ziele ab 2020 und ab 2030 sowie um Zwischenziele ab 2025.

Wir alle wissen: Der Ausstoß von Schadstoffen muss gemindert werden, um die Luftqualität national und europaweit zu verbessern. Dafür reichen nationale Maßnahmen nicht aus, weil Schadstoffe an Grenzen nicht haltmachen. Sie können über weite Entfernungen transportiert werden. Deswegen haben die EU und die Parteien der Genfer Luftreinhaltekonvention eben nationale Emissionsminderungen für verschiedene Stoffe festgelegt. Das sind Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, flüchtige organische Kohlenwasserstoffe außer Methan, Ammoniak und primärer Feinstaub.

Die Nachricht für Deutschland ist, dass die Minderungen ab dem Jahr 2020 in Deutschland - jedenfalls gemäß den Projektionen, die wir jetzt haben - ohne weitere Maßnahmen eingehalten werden. Für das Jahr 2030 sind dann weitere Maßnahmen in Betracht zu ziehen, um die Ziele zu erreichen. Dabei geht es zum Beispiel - jetzt kommen wir wieder zu dem Thema des Kohleausstiegs zurück - um folgende Maßnahmen: die schrittweise Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung gemäß den Empfehlungen der Kommission, die das ja bis 2038 empfiehlt, Klimaschutzmaßnahmen des "Aktionsprogramms Klimaschutz 2020" oder auch des "Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz" sowie das ganze Maßnahmenpaket Straßenverkehr, also Umweltprämie und Software-Update für Pkw, Hardware-Nachrüstung für Busse, Förderung Umweltverbund, Fortschreibung der CO2-Grenzwerte für Pkw. - So viel aus dem Kabinett.

Frage : Es gab im Zusammenhang mit den Strukturhilfen für die Kohle - die Frage geht an Herrn Seibert oder an das Wirtschaftsministerium - auch Sorgen vonseiten südlicher Länder wie Bayern und Baden-Württemberg um die Versorgungssicherheit. Mir ist jetzt noch nicht ganz klar, ob dieses Thema heute auch im Kabinett mitberaten wurde beziehungsweise ob sich das sogar in den Eckpunkten wiederfindet. Ich habe es darin nicht gefunden. Aber die Frage ist zum Beispiel die nach Gaskraftwerken.

StS Seibert: Ich würde jetzt gerne auch dem zuständigen Ministerium den Vortritt lassen. Ich will nur noch einmal darauf hinweisen, dass ich gesagt habe: Der energiepolitische Teil der Empfehlungen der Kommission wird in der zweiten Jahreshälfte Thema eines separaten Gesetzentwurfs werden, und in den gehört vermutlich das hinein, was Sie sagen. Aber vielleicht übernimmt das Bundeswirtschaftsministerium die weitere Beantwortung.

Güttler: Dem habe ich jetzt nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich hätte eine Frage an das Umweltministerium: Wie stehen Sie zu der Idee, für den Klimaschutz auch CO2 im Boden zu speichern, also zu CCS?

Fichtner: Das hat keinen direkten Bezug zum Strukturwandelstärkungsgesetz. Ich antworte gerne darauf, aber die Frage ist, wann.

Vorsitzende Wefers: Jetzt!

Fichtner: Die Ministerin hat sich am Samstag im RND-Interview dazu geäußert. Das kann ich kurz zitieren. Darin ging es um die Frage, ob man eine Debatte darüber brauche. Ihre Antwort war: Diese Debatte muss sein. Es gab gegen die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid lange Widerstand, weil sie die längere Verstromung von Kohle ermöglichen sollte. Das war damals. Mit dem Kohleausstieg hat sich dieser Einwand nun erledigt.

Wichtig ist aber, dass es hier nur um unvermeidbare Restemissionen in den Jahren vor 2050 geht, also sozusagen auf der letzten Meile vor der Klimaneutralität. Es geht nicht um Themen, die jetzt kurzfristig anstehen, sondern tatsächlich um die späten 40er-Jahre. Das Grundprinzip ist: Vorrang hat immer die Minderung. Es ist immer besser, CO2 erst gar nicht in die Atmosphäre zu entlassen, als es aufwendig wieder herauszufiltern und im Boden zu speichern.

Zusatzfrage: Aber grundsätzlich können Sie sich das vorstellen?

Fichtner: Ja, so, wie ich es gerade gesagt habe. Unter sehr, sehr strengen Bedingungen gehört das zu einer ehrlichen Debatte dazu.

Frage: Ich verstehe es richtig, dass bis 2038 in der Summe 40 Milliarden Euro bezahlt werden oder zur Verfügung stehen - einmal 14 Milliarden Euro, einmal 26 Milliarden Euro - und die Länderanteile oder regionalen Anteile kommen dann hinzu. Ist das richtig? Sind das in der Höhe dann etwa 10 Prozent, wie so häufig, oder gibt es da eine andere Marge?

Güttler: Die genannte Gesamtsumme bezieht sich auf die Mittel des Bundes. Etwaige Kofinanzierungen durch die Länder würden sich hinzuaddieren.

Zusatzfrage : Hinsichtlich der Kofinanzierung - wie so häufig bei solchen Programmen; wir wissen das ja aus der Bildungspolitik; da sind es 10 Prozent - durch die Länder: Ist das eine ähnliche Marge, oder muss das noch ausgehandelt werden? Kann das variieren? Wie viel kommt also zu den 40 Milliarden Euro des Bundes hinzu?

Güttler: Die Kofinanzierung richtet sich ja - das hat Herr Seibert schon gesagt - nach den Artikeln 104b und 104c des Grundgesetzes. Wir rechnen aber ungefähr mit etwa 10 Prozent. Das hat der Minister heute auch schon so gesagt.

Frage : Der Kohleausstieg muss ja eigentlich bis 2030 geschafft werden. Angenommen, in den nächsten Jahren entscheidet die nächste Bundesregierung, dass man früher aussteigen muss, würden die 40 Milliarden Euro in der Zeit, in der der Kohleausstieg geschafft werden muss, dann trotzdem fließen, oder ist das auf die Zeit bis 2038 ausgelegt, oder ist man flexibel, wenn die nächste Bundesregierung sagt "Wir steigen schon 2029 aus", sodass bis 2029 die komplette Summe fließen wird?

Güttler: Die Eckpunkte, die heute verabschiedet wurden, gehen davon aus, dass der Bund bis Ende 2038 40 Milliarden Euro zur Verfügung stellen wird. Das sind ja bislang Eckpunkte. Es ist geplant, den Gesetzentwurf schnell anzufügen. Der wird dann natürlich fix regeln, was passiert.

Zuruf : Beantwortet nicht meine Frage!

Güttler: Ich kann dem an dieser Stelle jetzt leider nichts Weiteres hinzufügen.

Zusatzfrage : Dann würde ich gerne noch wissen, ob diese Mittel an bestimmte Umweltschutzbedingungen geknüpft sind, sodass dieses Geld immer in - keine Ahnung - erneuerbare Energie oder Klimaschutz gesteckt werden muss, oder ob da - - -

Güttler: Für die Finanzierungshilfen des Bundes, die ja im Umfang von 40 Milliarden Euro geplant sind, wird es festgelegte Kriterien und Bedingungen geben. Zum - - -

Zuruf : Welche sind das?

Güttler: Hinsichtlich des Weiteren kann ich Sie hier auf die Eckpunkte verweisen. Alles, was noch nicht im Einzelnen in den Eckpunkten geregelt ist, wird dann der folgende Gesetzentwurf regeln.

Fichtner: Die Bundesumweltministerin begrüßt diesen Gesetzentwurf sehr. Es ist in der Tat ein wichtiger Punkt, dass das, was für den Strukturwandel getan wird, natürlich auch der nachhaltigen Entwicklung dient. Um vielleicht einige Beispiele zu nennen: Zu den Zulieferungen des BMU zu den in den Eckpunkten enthaltenen Projekten gehört zum Beispiel ein Kompetenzzentrum für die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien, das wir in Cottbus ansiedeln wollen. Dabei geht es also gerade darum, dass auch die Industrie - das ist der Punkt, den wir eben hatten - klimaneutral werden kann. Wir wollen, dass die Lausitz die Region wird, in der das Wissen darüber, wie so etwas funktionieren kann, gebündelt wird. Das ist ein Beispiel dafür, wie man Strukturwandel, neue Jobs, aber eben auch nachhaltige Entwicklung zusammenbringen kann. Andere Beispiele sind eine Teststrecke für elektrische Nutzfahrzeuge. Die kann man auch in der Lausitz errichten. Wieder ein anderes Beispiel ist "Power-to-X", also wie man aus Ökostrom, aus Strom aus Wind und Sonne, hinterher Treib- und Brennstoff machen kann. So etwas könnte dort alles erforscht werden. Dazu gehören diese und viele andere Projekt aus den Eckpunkten.

Zusatzfrage : Ich würde gerne wissen, ob dieses Geld nur für Projekte gedacht ist, die nachhaltig sind oder für Klimaschutz sind, oder ob das auch Projekte sind, die nachhaltig sind, weil das ja sonst herausgeschmissenes Geld wäre.

Fichtner: Das kann ich jetzt nicht für alle Projekte beantworten, aber unsere Beispiele habe ich genannt.

Zusatzfrage : Frau Güttler, können Sie das beantworten?

Vorsitzende Wefers: Das hatten Sie doch schon gefragt, oder? - Frau Güttler, können Sie dazu noch etwas beitragen?

Güttler: Nein, ich könnte das nur noch einmal wiederholen.

Vorsitzende Wefers: Nein, das brauchen wir jetzt nicht; das kostet nur Zeit.

Frage: Frau Klöckner hat sich ja zu dem Kompromiss geäußert, der heute durch das Kabinett ging. Da stellt sich für mich ein bisschen die Frage, wieso sie diesen Kompromiss zur Entnahme von Wölfen eigentlich wieder infrage stellt. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf, wenn man diese Pressemitteilung liest.

Bürgelt: Frau Klöckner stellt das nicht grundsätzlich infrage, sondern sie hat sich im Gegenteil ja auch so geäußert, dass sie froh darüber ist, dass man nun eine Einigung mit dem Bundesumweltministerium gefunden hat, die eben zu mehr Rechtssicherheit hinsichtlich der Entnahme von Wölfen führt. Sie hat dann heute im Kabinett als Ergänzung lediglich auch noch einmal klargemacht, dass sie gerne darüber hinausgegangen wäre und dass sie es eben als notwendig ansieht, die Möglichkeiten im Rahmen der FFH-Richtlinie voll auszuschöpfen.

Zusatzfrage: Wird sie denn Anstrengungen unternehmen, um einen neuen Kompromiss zu finden oder das Gesetz dann innerhalb absehbarer Zeit zu verschärfen?

Bürgelt: Jetzt haben wir ja erst einmal den Beschluss von heute. Darüber, wie gesagt, freut sie sich sehr. Sie hat ihre Position deutlich gemacht, und die steht heute erst einmal.

Frage : Herr Seibert, Sie hatten von Sorgen der Bevölkerung gesprochen. Können Sie uns die einmal nennen?

StS Seibert: Gehen Sie in die Regionen, in denen sich der Wolf wieder angesiedelt hat, und Sie werden das in der öffentlichen Diskussion und in den Medien dieser Region immer wieder vorfinden.

Zusatz : Ich komme ja auch aus solchen Regionen. Ich kenne diese Sorgen.

StS Seibert: Ich weiß nicht, woher Sie kommen, aber dann kennen Sie sie ja. Dann ist es ja umso besser!

Zusatzfrage : Aber es müssen ja berechtigte Sorgen sein, die die Bundesregierung angehen will. Welche Sorgen sind denn berechtigt? Es gibt ja eine Menge unberechtigter Sorgen.

StS Seibert: Das sagen Sie! Es gibt zunächst einmal Sorgen in der - - -

Zuruf : Welche?

StS Seibert: Es gibt Sorgen um die Sicherheit in der Bevölkerung, es gibt Sorgen um die Möglichkeit, Weidetierhaltung in Regionen zu betreiben, in denen es Wölfe gibt, und es gibt den Punkt, dass der Wolf eine geschützte Tierart ist. Das ist miteinander in einen Ausgleich zu bringen. So geht so etwas in einer Demokratie. Dies ist der Versuch, genau diese Werte miteinander in einen Ausgleich zu bringen. Wir haben entsprechende Beschlüsse gefasst, von denen wir glauben, dass sie in der Lage sind, Sorgen zu nehmen oder zu verringern und dennoch klarzumachen, dass wir die Ansiedlung des Wolfes beziehungsweise die Neuansiedlung des Wolfes insgesamt natürlich nicht infrage stellen wollen.

Zusatzfrage : Welchen Anteil an diesem Kompromiss hatte denn die Kanzlerin?

StS Seibert: Das ist ein Beschluss des Kabinetts. Die Bundeskanzlerin steht der Bundesregierung vor. Das könnten Sie jetzt in Bezug auf jeden dieser Punkte, die wir hier vortragen, fragen.

Frage: Ein inhaltlicher Punkt, der vor allem von Umweltverbänden kritisch angemerkt wird, ist ja ein Prinzip, das im Gegensatz zu heutigen Situation steht, in der sozusagen nur ein als Reißwolf identifizierter Wolf geschossen werden darf. Sie haben jetzt vorgetragen, dass in Zukunft in bestimmten Fällen eben auch ein Rudel so lange Stück für Stück dezimiert werden darf, bis nichts gerissen werden kann, weil kein Wolf mehr da ist. Das ist ja, würde ich einmal sagen, ein bisschen eine Umkehr des Beweislastprinzips. Welches sind die Kriterien dafür, dass man sagt "Im Zweifelsfall können wir jetzt auch so vorgehen, dass wir so lange einzelne Tiere aus einem Rudel entnehmen, bis sichergestellt ist, dass kein Riss mehr stattfindet"?

Fichtner: Das kann ich gerne beantworten. Wenn wir von Rudeln sprechen, dann sprechen wir von irgendeiner Zahl zwischen drei und acht Wölfen. Das weiß man nie so genau, weil die Sterblichkeit von Jungtieren sehr hoch ist.

Zu Ihrer Frage: Es geht um den wichtigen Interessenausgleich zwischen den Weidetierhaltern, die sich berechtigte Sorgen machen - wir machen uns auch berechtigte Sorgen um die Weidetierhaltung; die ist ganz wichtig -, und dem Artenschutz auf der anderen Seite. Da muss man sich immer überlegen: Wie viel kann man den Weidetierhaltern und den Schäfern zumuten? Wir muten ihnen zum Beispiel zu, dass sie ihre Herden einzäunen. Es gibt 1,20 Meter hohe Zäune. Das Grundprinzip ist: Abgeschossen werden darf überhaupt nur dann, wenn ein Wolf diese Schutzzäune mehrfach überwunden hat. Wenn jetzt ein Wolfsriss stattfindet - das ist dann für viele Schäfer tatsächlich auch ein schwerer Schlag - und das zum wiederholten Male stattgefunden hat, dann kann abgeschossen werden. Das ist die Regelung. Dann ist es in der Praxis allerdings manchmal schwer, herauszufinden, ob man jetzt den richtigen Wolf abgeschossen hat. Ist es dann dem Schäfer wirklich zuzumuten, dass es immer weitere Risse gibt, ohne dass man einschreitet? - Da ist unsere Abwägung, dass wir sagen: Im Zweifel ist es dann in Ordnung, dass auch andere Tiere aus dem Rudel abgeschossen werden.

Bürgelt: Ich würde noch kurz ergänzen, dass es hierbei letzten Endes auch um eine Rechtssicherheit der Jäger geht.

Was vor allem sehr wichtig und zu beachten ist: Um den Herdenschutz zu gewährleisten, ist das nicht nur eine Frage dessen, ob der Wolf, der gerissen hat, möglicherweise abgeschossen wird, sondern zur Vergrämung eines Rudels kann es auch helfen, wenn überhaupt ein Wolf aus dem Rudel abgeschossen wurde, weil der Wolf dann merkt - ich will es jetzt einmal wirklich sehr einfach auszudrücken - "Wir sind hier unerwünscht, wir müssen dieses Gebiet verlassen". Dabei kann dieser Abschuss ohne den DNA-Nachweis schon helfen.

Zusatz: Diese Logik - ich spitze das jetzt zu - kann dann aber auch dazu führen, dass man die Vergrämung am Ende dadurch sicherstellt, dass das Rudel am Ende nicht mehr existiert, weil alle abgeschossen worden sind.

Bürgelt: Was ist jetzt die Frage?

Zusatzfrage: Das wäre ja durchaus gegen die Intention gerichtet, die Herr Seibert ja auch als Teil des Kompromisses vorgetragen hat. Wie gewährleisten Sie, dass es nicht zu dieser, könnte man sagen, Logikumdrehung kommt?

Fichtner: Das Beste, das einem Revier und einem Weidetierhalter passieren kann, ist ein Rudel, das keine Schafe frisst, sondern sich tatsächlich mit den Wildschweinen und den Rehen begnügt. Das erreicht man dann, wenn der Wolf die Erfahrung macht, dass er besser nicht an den elektrisch aufgeladenen Zaun kommt und sich dann einfach von den Schafen fernhält. Ein Problem gibt es, wenn da eine Instabilität hineinkommt. Wenn neue Wölfe in das Revier kommen oder was auch immer passiert, dann gibt es eine Instabilität. Ansonsten sind Wölfe sehr, sehr schlaue Tiere. Die können sich auch gegenseitig im Rudel beibringen, wie man Herdenschutzzäune überwindet. Auch das ist noch einmal ein Argument dafür, dass man dann im Rahmen der Zumutbarkeit zur Not auch einmal ein ganzes Rudel abschießt, allerdings auch dann immer nur mit Einzelgenehmigungen. Man braucht dann also für jeden Abschuss eine neue Genehmigung der zuständigen Landesbehörde.

Bürgelt: Genau das ist für mich - das möchte ich betonen - auch der Punkt, nämlich dass es wirklich um eine sukzessive Entnahme beziehungsweise einen Abschuss dieser Wölfe geht, also dass man jetzt nicht der Reihe nach vorgeht und sagt "Ein Wolf, zwei Wolf, drei Wolf", sondern dass es wirklich in jedem Fall eine Einzelentscheidung des Landes und der zuständigen Behörden vor Ort ist, wann einzelne Wölfe entnommen werden können.

Frage : Mich würde einmal interessieren, was denn jetzt konkret für den Herdenschutz beschlossen wurde. Es kommt ja immer auf beide Seiten an. Wenn es darum geht, dass die Nutztiere auch geschützt werden, gibt es immer wieder Mängel bei den Haltern. Können Sie uns das sagen?

Vom BMEL würde ich gerne wissen, warum Sie sich immer noch einer Weideprämie verweigern. Die gibt es ja in den allermeisten EU-Staaten. Das würde den Schäfern nach eigener Aussage am allermeisten helfen. Der Wolf ist da ja das geringste Problem.

Fichtner: In der Tat sagen die Schäfer, dass der Wolf nicht ihr größtes Problem ist, sondern tatsächlich eher die Finanzierung. Wir haben uns in Brüssel dafür eingesetzt, dass man Kosten zu 100 Prozent erstatten kann. Aber da gibt es jetzt eine Rechtslage. Ansonsten ist für Agrarförderung das BMEL zuständig.

Bürgelt: Genau, auch hier werden die Maßnahmen zum Herdenschutz über die Länder gefördert, beispielsweise Elektrozäune usw. usf.

Was die Weideschutzprämie angeht: Das müsste ich nachliefern.

Zusatzfrage : Herr Seibert, die Bundeswehr engagiert sich jetzt seit 20 Jahren im Kosovo. Gibt es mittlerweile ein Szenario dafür, wann dort Ruhe im Sinne dessen herrschen wird, dass die Nato und damit die Bundeswehr abzieht?

StS Seibert: Als die internationale Präsenz im Kosovo begonnen hat, waren dort bis zu 50 000 Soldatinnen und Soldaten. Heute ist die Gesamtzahl, wenn ich mich recht erinnere - der Kollege möge mich korrigieren -, auf 3500 gesunken. Wir haben unser Kontingent noch ein weiteres Mal auf bis zu 400 Soldaten und Soldatinnen reduziert. Das allein zeigt Ihnen doch schon, dass auch durch die Anwesenheit der KFOR-Truppen eine erhebliche Stabilisierung möglich geworden ist. Trotzdem lautet die Analyse, dass es noch ein Eskalationspotenzial gibt und dass es noch ein Konfliktpotenzial gibt. Deswegen ist diese reduzierte Präsenz, und zwar insgesamt reduziert - sowohl international als auch, was den deutschen Anteil betrifft -, das Richtige.

Zusatzfrage : Herr Breul, gibt es intern eine Aufarbeitung der Kosovopolitik der letzten 20 Jahre, also dessen, was man vielleicht falsch gemacht hat, sodass es heute immer noch, wie Herr Seibert sagt, zu Konflikten kommen kann und kommt?

Breul: Sie können sicher sein, dass wir unsere Politik grundsätzlich immer hinterfragen, überprüfen und an den Gegebenheiten ausrichten. Sie werden auch dafür Verständnis haben, dass man natürlich mit den Gegebenheiten vor Ort arbeiten muss. Es kommt vor allem auf die Akteure vor Ort an. Die müssen Frieden wollen. Die müssen vor allem eine Normalisierung der Verhältnisse haben wollen. Das ist nämlich genau das Schlüsselwort im Normalisierungsdialog zwischen dem Kosovo und Serbien. Darauf, diesen weiter voranzutreiben, kommt es an. Es kommt darauf an, dass am Ende ein Abkommen zwischen beiden steht, das umfassend ist und in beiden Ländern politisch tragfähig ist. Darauf arbeiten wir hin. Das ist unser Ziel. Daran richten wir unsere Instrumente aus, wie Herr Seibert richtig gesagt hat. Bis dahin und aktuell sind wir der Meinung, dass die deutsche Truppenpräsenz nach wie vor einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung leistet.

Frage : Herr Seibert, können Sie noch einmal erläutern, mit welcher Erwartung die Kanzlerin jetzt eigentlich nach dem Gespräch mit Herrn Tusk zu diesem Termin in Brüssel fahren wird und ob sie sich schon irgendwelche Sprachregelungen dafür überlegt hat, wenn ihr wieder der Wunsch angetragen werden sollte, dass sie doch bitte die Nachfolgerin von Herrn Tusk werden möge?

StS Seibert: Zum zweiten Teil Ihrer Frage muss ich wirklich sagen: Dazu - auch auf Ihre zuletzt gestellten Fragen hin - ist doch nun alles, aber auch wirklich alles gesagt! Deswegen habe ich dem nun auch nichts mehr hinzuzufügen.

Zum ersten Teil der Frage: Die Bundeskanzlerin wird morgen den Präsidenten des Europäischen Rates treffen, um diesen informellen Europäischen Rat am Dienstag vorzubereiten. Das Entscheidende ist, dass am Sonntag beziehungsweise in manchen Ländern bis Sonntag die europäischen Bürger und Bürgerinnen zur Wahl gegangen sein werden und wir dann ein Ergebnis haben werden. Auf der Basis dieses Ergebnisses werden die Staats- und Regierungschefs zusammenkommen, es auswerten und ihr Vorgehen hinsichtlich dessen besprechen, wie sie ihre Rolle im Zusammenspiel der Institutionen, die ja eine wichtige Rolle ist, hinsichtlich des Vorschlags eines Kandidaten für die Präsidentschaft der Europäischen Kommission, der dann im Europäischen Parlament gewählt werden muss, ausfüllen wollen.

Zusatz : Mir ist noch nicht ganz klar, was die Kanzlerin denn morgen eigentlich mit Herrn Tusk besprechen kann, wenn das Wahlergebnis doch noch gar nicht klar ist. Sie sagen, dann werde etwas auf Basis dieses Ergebnisses besprochen werden.

StS Seibert: Richtig, genau!

Zusatz : Dann kann man doch vorher im Grunde genommen noch gar nichts klären.

StS Seibert: Ich habe ja auch nicht gesagt, dass etwas geklärt wird. Es wird etwas besprochen werden. Machen Sie sich gar keine Sorgen; ich glaube, dass Arbeitsabendessen wird gefüllt sein.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesinnenministerium. Es gibt einen Bericht der "Financial Times", wonach zwei Aktivisten aus Hongkong in Deutschland Asyl erhalten haben. Können Sie das bestätigen? Können Sie auch ein bisschen etwas zu den Gründen dieser Entscheidung erläutern?

An das Auswärtige Amt: Können Sie uns etwas zur Menschenrechtslage in Hongkong und zu deren Entwicklung erzählen?

Alter: Ich kann Ihnen - dem Grundsatz folgend, dass wir in dieser Regierungspressekonferenz über Einzelfälle aus der behördlichen Praxis nicht sprechen - natürlich keine Informationen zu den individuellen Fällen geben, die hier in diesem Medienbericht Erwähnung finden.

Ich kann Ihnen statistische Angaben zu Asylantragstellern aus China einschließlich Hongkongs machen. Aber ich bitte um Verständnis dafür, dass ich zu den Einzelfällen keine Auskünfte geben kann.

Zusatzfrage: Können Sie uns einfach nur die Angaben zu Hongkong machen? Ich denke, das ist in dem Zusammenhang spannender.

Alter: Wir hatten in den drei Jahren 2017 bis 2019 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge insgesamt drei Asylanträge von Asylsuchenden aus Hongkong, zwei Fälle 2017 und einen Fall 2018.

Zusatzfrage: Wie wurden sie beschieden?

Alter: Im Jahr 2018 haben zwei Antragsteller aus Hongkong in Deutschland Schutz nach 3 Abs. 1 Asylgesetz erhalten.

Breul: Es wird Sie nicht überraschen - ich glaube, wir hatten das auch in dieser Runde schon einmal -, dass wir unterstrichen haben, dass uns die Lage der Menschenrechte in China mit großer Sorge erfüllt. Seit Jahren beobachten wir eine Verschlechterung in vielen Bereichen. Wir sehen zum Beispiel mit Sorge, dass die individuellen Freiheitsrechte genauso wie die Entfaltungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft Stück für Stück beschnitten werden. Ebenso macht uns die Situation von Menschenrechtsaktivisten und Menschenrechtsanwälten große Sorge. In Prozessen dort werden regelmäßig rechtsstaatliche Grundsätze und einschlägige VN-Übereinkommen nicht adäquat beachtet.

Zusatz: Ich hatte zu Hongkong gefragt, nicht zu China insgesamt.

Breul: Dann habe ich Ihre Frage falsch verstanden. Eine Antwort müsste ich Ihnen gegebenenfalls nachreichen.

Zusatzfrage: Herr Seibert, Erdogan hat vor ein paar Tagen bestätigt, dass er das Raketenabwehrsystem S-400 aus Russland kaufen will. Zugleich hat er auch gesagt, man wolle gemeinsam mit Russland das Nachfolgesystem S-500 produzieren.

Die Türkei ist ein Nato-Partner. Damit kommt ein russisches System in die Nato. Wie verhält sich die Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Die Bundesregierung verfolgt das sehr aufmerksam. Tatsächlich ist die Absicht der türkischen Regierung, ein russisches Flugabwehrsystem anzuschaffen, in der Allianz seit geraumer Zeit ein fortlaufendes und auch kontrovers diskutiertes Thema. Für die Nato ist es sehr wichtig, dass ihre Streitkräfte Interoperabilität aufweisen. Das ist von großer Bedeutung. Deswegen stellen sich, wenn ein Partner ein russisches System anschafft, schwierige Fragen, die in den zuständigen Nato-Gremien intensiv diskutiert werden.

Hinzu kommt, dass wegen der US-Sanktionsgesetzgebung gegen Russland die Einführung dieses Systems in der Türkei entsprechende Sanktionen der USA auslösen könnte. Auch dies kann eigentlich weder im wohlverstandenen Interesse der Türkei noch der Nato sein.

Vor diesem Hintergrund würde es die Bundesregierung begrüßen, wenn die Türkei ihre Entscheidung mit Blick auf ihre Stellung im transatlantischen Bündnis erneut überprüfen würde.

Frage: Heute Morgen gab es einen Einsatz gegen eine irakische Rockerbande in Nordrhein-Westfalen. Ist das ein regionales Ereignis, oder ist darin zum Beispiel auch das BKA oder sogar der BND involviert?

Alter: Nach meiner Kenntnis ist das BKA dort nicht einbezogen gewesen. Es ist ein Einsatz der örtlichen zuständigen Polizei.

Frage: Wurde der Jahresbericht zu den Flüchtlingskosten heute im Kabinett behandelt?

StS Seibert: Ich muss schauen, ob er unter den sogenannten TOP-1-Themen, also denen, die ohne Aussprache behandelt werden, war. - Ja: Der Entwurf eines Berichts der Bundesregierung über Maßnahmen des Bundes zur Unterstützung von Ländern und Kommunen im Bereich der Flüchtlings- und Integrationskosten und die Mittelverwendung durch die Länder im Jahr 2018 wurde vom Kabinett so gebilligt.

Zusatzfrage: Es wurde ja ein großer Anstieg der Kosten vermeldet, auch weil vieles neu hineingerechnet wurde. Warum hat man die Statistik so verändert? Das ist vielleicht eine Frage an das BMF.

Kolberg: Da wurde keine Statistik verändert. Dieser Bericht erfolgt jährlich an den Bundestag. Der Bundestag hat im November 2015 darum gebeten, dass jährlich eine Berichterstattung erfolgt. Dem kommt die Bundesregierung mit dem Bericht, der heute im Kabinett war, nach.

In dem Bericht steht, dass der Bund die Länder und Kommunen im Jahr 2018 mit rund 7,5 Milliarden Euro im Bereich der Integrationskosten unterstützt hat und dass der Bund im Jahr 2018 darüber hinaus weitere Ausgaben in Höhe von rund 15,5 Milliarden Euro hatte, von denen 7,9 Milliarden Euro unter anderem für die Bekämpfung von Fluchtursachen vorgesehen sind.

Zusatzfrage: In den Medienberichten ist es am Wochenende ja durchaus sehr plakativ als Rekordanstieg bei Flüchtlingskosten formuliert worden, obwohl es ja durchaus - Sie haben es gerade erwähnt - um Fluchtursachenbekämpfung geht. Ist das zielführend?

Kolberg: Ich werde hier die Medienberichterstattung nicht kommentieren.

Der Bericht ist bei uns online verfügbar wie auch alle Vorberichte. Wir gehen transparent mit diesen Ausgaben um. In dem Bericht wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass einige Ausgaben schwer zuzuordnen sind. Zum Beispiel geht es auch um die Verbesserung der Kinderbetreuung. Dabei geht es um 870 Millionen Euro im Jahr 2018 für Maßnahmen, die zum Teil auch im Rahmen der Sitzungen und Treffen zum Thema der Flüchtlingspolitik getroffen wurden. Diese werden dazugerechnet. Man kann sich sicherlich darüber austauschen, inwiefern sie dazugerechnet oder nicht dazugerechnet werden sollten. Das alles ist in dem Bericht ganz transparent vermerkt, und die Kosten sind dort ganz penibel aufgeführt.

Frage: Das Thema der Grundsteuer war heute nicht im Kabinett. Können wir damit rechnen, dass es nächste Woche im Kabinett sein wird, und wenn nicht, wann dann?

Kolberg: Wir kündigen Kabinettstermine grundsätzlich nicht an, sondern Herr Seibert trägt zu den Themen vor, wenn sie im Kabinett waren.

Die Gespräche zu diesem Thema laufen, und wir sind zuversichtlich, dass wir zeitnah zu einem Abschluss kommen.

Frage: Mir geht es um den Abschiebeflug nach Kabul, der heute Nacht oder schon gestern Abend stattgefunden hat. Es gibt unterschiedliche Meldungen, dass es 26 Asylbewerber gewesen sein sollen. Aus Bayern heißt es, es seien 24. Können Sie uns die korrekte Zahl nennen? Waren das alles Männer? Waren das alles Asylbewerber oder Asylbewerberinnen, die Straftaten begangen haben, die strafauffällig wurden, die eine Verurteilung hatten, oder gab es auch quasi strafunauffällige Asylbewerber, also Unschuldige?

Alter: Ich versuche Ihre Reihenfolge einzuhalten. - Es handelt sich um 24 erwachsene Männer, die abgeschoben worden sind. Zu den Einzelfällen haben uns die Länder keine Informationen übermittelt. Wir wissen, dass bei 14 Personen Informationen darüber vorliegen, dass bei diesen Personen rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen vorliegen, allerdings in einem relativ breiten Spektrum, was die dahinterliegenden Straftaten angeht. Einzelerkenntnisse dazu haben wir nicht.

Zusatzfrage : Was ist mit den anderen zehn?

Alter: Bei den anderen zehn haben wir keine Informationen darüber, ob strafrechtliche Verurteilungen vorliegen.

Zusatzfrage : Warum werden sie dann abgeschoben?

Alter: Sie werden abgeschoben, weil sie ausreisepflichtig sind. Man muss nicht zwangsläufig eine Straftat in Deutschland begehen, um vollziehbar ausreisepflichtig zu werden.

Frage: Im vergangenen Jahr ist ein solcher Abschiebeflug einmal von einem Gremium des Europarats begleitet worden, dem CPT. Ich glaube, das heißt Ausschuss zur Verhütung von Folter und Misshandlung. Dieser Ausschuss hatte bei dem Flug Missstände festgestellt.

Waren solche Beobachter auch dieses Mal wieder dabei?

Was wurde aus den Missständen, die im vergangenen Jahr festgestellt wurden? Können Sie dazu etwas sagen?

Alter: Ja, gern. Nach den mir vorliegenden Informationen war auf diesem Flug keine Beobachtung durch den CPT gegeben.

Zu dem Vorfall, den Sie angesprochen haben, kann ich Ihnen sagen: Diese Informationen gehen aus dem Bericht des Ausschusses hervor, den wir natürlich umgehend geprüft haben. Auch die Bundespolizei hat diese Vorgänge intern nachbereitet. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass die Schilderungen, die aus dem Bericht hervorgehen, von uns nicht nachvollzogen werden können.

Zusatzfrage: Es gibt Kritik, dass zunehmend Begleitpersonal auf den Flügen eingesetzt werde, das den besonderen Aufgaben, die dabei entstehen, nicht hinreichend gewachsen sei, weil nicht ausgebildet. Sie kennen diese Kritik. Akzeptieren Sie sie? Gibt es eine spezielle Schulung des Personals? Wie gewährleisten Sie, dass sie ihren Aufgaben gewachsen sind?

Alter: Es gibt eine Zusatzqualifizierung für Polizeivollzugsbeamte, die dann als sogenannter Personenbegleiter Luft eingesetzt werden. Alle Mitarbeiter werden auf diese Weise qualifiziert, bevor sie auf Abschiebungsflügen oder auf Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg unmittelbar mit Rückzuführenden zu tun haben. Das ist auch hier wieder der Fall gewesen.

Man muss aber Folgendes unterscheiden: In einem solchen Flugzeug kann es grundsätzlich auch Aufgaben geben, die nicht unmittelbar mit Rückzuführenden zu tun haben, beispielsweise wenn es darum geht, eine Cockpittür abzusichern. Dies kann im Einzelfall auch einmal dazu führen, dass man sagt: Das kann ein voll ausgebildeter Polizeivollzugsbeamter machen, der aber dann im Flugzeug selbst nicht unmittelbar mit dem Rückzuführenden in Kontakt kommt.

Das heißt also, die Aussage ist klar: Wer Rückzuführende bei Abschiebungen auf dem Luftweg betreut, verfügt über die entsprechende Qualifizierung.

Frage : Sie können also nicht nachvollziehen, dass der CPT von Misshandlungen auf dem Abschiebeflug schreibt, wenn zum Beispiel Personen von den Beamten die Genitalien gequetscht oder Techniken mit atembehindernder Wirkung angewandt wurden. Ist das alles normal, oder bestreiten Sie das, was dort beschrieben wird, oder ist das für Sie einfach keine Misshandlung?

Alter: Es ist nicht normal, wenn Menschen in einer Weise behandelt werden, dass sie nicht mehr atmen können. Auch wenn Genitalien bewusst und zielgerichtet gequetscht werden, dann ist das aus Sicht des BMI eine Form der Behandlung, die nicht zulässig ist und auch nicht den rechtsstaatlichen Kriterien entspricht.

Man muss aber die Situation, die dem ganzen Sachverhalt zugrunde liegt schon auch vor Augen haben. Bei dem Abschiebungsflug, der begleitet wurde, hat es massivste Widerstandshandlungen des Betroffenen gegeben, die dazu führten, dass die Person erst von sechs Personenbegleitern Luft in dem Flugzeug sozusagen unter Kontrolle gebracht werden konnte. Wenn man in einem beengten Raum die Situation beobachtet, kann es aus der Ferne auch zu unterschiedlichen Wahrnehmungen kommen.

Wir haben diesen Vorfall zum Anlass genommen - ich wiederhole es -, den Sachverhalt zu prüfen, weil ein solches Verhalten nicht akzeptabel gewesen wäre, und kommen zu dem Ergebnis, dass es weder eine Behandlung gegeben hat, die die Atmung eingeschränkt hätte - es war auch ein Arzt an Bord; die betroffene Person wurde unmittelbar untersucht, und es konnten keine Hinweise auf Atembehinderungen festgestellt werden -, noch eine Situation, in der gezielt, bewusst oder beabsichtigt in der beschriebenen Weise Genitalien gequetscht worden wären. Das ist kein zulässiges Zwangsmittel.

Frage: Ich habe eine Frage zu einem Thema im Kabinett, das Sie nicht genannt haben, Herr Seibert, und zwar zur Verordnung zur Zulassung von Elektrotretrollern. Sie ist offenbar heute im Kabinett durchgegangen.

Ab wann kann man diese Gefährte zulassen, und wovon hängt dieses Datum, das ja vielleicht noch nicht ganz klar ist, ab?

StS Seibert: Das Inkrafttreten der Verordnung, die das Kabinett heute beschlossen hat und die im Bundesgesetzblatt verkündet werden soll, ist für den 15. Juni 2019 vorgesehen.

Vorsitzende Wefers: Möchte das Verkehrsministerium ergänzen?

Strater: Ich habe dazu nichts zu ergänzen. Wir müssen die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt abwarten. Darin wird das genaue Datum genannt. Aber wir haben auch immer gesagt, dass es im Juni kommen soll. Dieser Termin wird jetzt angestrebt. Wenn er wirklich feststeht, kommunizieren wir ihn auch.

Zusatzfrage: Heißt das, dass man, wenn es so kommt, wie es Herr Seibert eben dargestellt hat, ab dem 16. Juni seinen E-Scooter zulassen könnte?

Strater: Genau. Wenn Sie einen E-Scooter haben, der den Kriterien entspricht, die der Bundesrat beschlossen hat - das ist ja heute mit den Maßgaben, die der Bundesrat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen hat, noch einmal durch das Kabinett gegangen -, dann können Sie dann losfahren.

Frage : Eine Frage zum Thema Grundrente an das Finanzministerium und in dem Zusammenhang zur Finanztransaktionssteuer, die ja zur Finanzierung der Grundrente herangezogen werden soll: Mein Stand im Zusammenhang mit dem Begriff der Finanztransaktionssteuer war bisher, dass die Steuer in Europa bleibt. Mir ist jetzt neu, dass sich ein Land eine Summe herausziehen kann.

Ist das neu, oder bin ich einfach nur auf dem falschen Stand?

Könnten Sie, Herr Kolberg, sagen, wie der Beratungsstand beim Thema der Finanztransaktionssteuer ist? Ich meine, es war beim letzten ECOFIN Thema. Da hieß es, es solle im Sommer weitere Schritte geben. Wie sehen diese aus?

Kolberg: Weil das Thema Grundrente federführend beim Arbeitsministerium geführt wird, vielleicht erst einmal das Arbeitsministerium einführend zum Entwurf überhaupt, weil wir das Thema ja noch nicht hatten.

Haas: Ohne Frage ist es schwer zu antworten. - Wir haben gestern Abend gemeinsam mit dem Finanzministerium den Referentenentwurf zur Grundrente vorgestellt, in dem wir die Eckpunkte, die Minister Heil im Februar vorgestellt hat, aufgegriffen und ausgeführt und das Gesamtkonzept der Grundrente auf ein solides Finanzkonzept gestellt haben, das aufwachsend überwiegend aus Steuermitteln finanziert werden wird.

Dabei wird die Finanztransaktionssteuer ins Spiel kommen. Deswegen kann an dieser Stelle der Kollege fortsetzen.

Kolberg: Wie gesagt, haben beide Minister ein solides Konzept für die Finanzierung vorgestellt. Das wird jetzt im Einzelnen auch mit den anderen Ressorts besprochen, wie es bei Gesetzgebungsverfahren üblich ist.

Die Arbeiten zur Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene, die Sie eben erwähnten, laufen. Der Minister hat in der Pressekonferenz beim letzten ECOFIN betont, dass es Fortschritte gebe und dass man das beim nächsten Treffen der Finanzminister im Juni auf die Tagesordnung setzen werde.

Zusatzfrage : Offen ist noch die Frage nach der Entnahme aus der Finanztransaktionssteuer. Geht das? Ist es die Hälfte, 500 Millionen?

Kolberg: Darüber, wie die Aufteilung ist, muss eben gesprochen werden. Es war immer klar, dass ein Teil in ein mögliches Eurozonenbudget, über das im Moment ebenfalls verhandelt wird, fließen soll. Dann bliebe den nationalen Staaten ein weiterer Teil zur Verwendung. Dazu haben wir zusammen mit dem Arbeitsministerium einen Vorschlag gemacht.

Zusatzfrage : Ein zweiter Teil der Grundrente soll aus der Hotelsteuer, der sogenannten "Mövenpick-Steuer" finanziert werden. Es gibt andere Bereiche, die auch unterschiedlich besteuert werden. Haben Sie diese auch geprüft? Wie sind Sie auf die - so nenne ich sie einmal - Hotelsteuer gekommen?

Kolberg: Der Minister hat gestern zusammen mit Herrn Heil das Konzept und den Vorschlag erläutert. Darauf kann ich verweisen. Mehr habe ich dazu im Moment nicht beizutragen.

Wir haben wie bei jedem Gesetzgebungsverfahren jetzt natürlich eine interne Abstimmung mit den anderen Ressorts und werden dabei für unsere Vorschläge werben.

StS Seibert: Vielleicht darf ich für die Bundesregierung insgesamt noch einmal sagen, dass die Grundrente für die Bundesregierung ein wichtiges sozialpolitisches Thema ist. Deswegen hat sie sich das schon im Koalitionsvertrag als ein Mittel, um die Lebensleistung von Menschen zu honorieren und Altersarmut zu bekämpfen, vorgenommen.

Nun ist innerhalb der Bundesregierung zu klären, wie man das umsetzt, wobei natürlich der Koalitionsvertrag für alle Partner die Grundlage der Debatte ist. In diesem Koalitionsvertrag ist eine Bedürftigkeitsprüfung vorgesehen. Jetzt hat der Sozialminister einen Vorschlag vorgelegt. Wie das ausgestaltet werden soll, für welchen Kreis von Beziehern man so etwas einrichtet, wie man es finanziert, das alles wird innerhalb der Bundesregierung zu klären sein. Da in diesem Vorschlag vom Koalitionsvertrag abgewichen wird, muss man natürlich erst recht reden. Diesen notwendigen Gesprächen werde ich hier nicht vorgreifen, und ich werde auch keine Zwischenstände geben.

Haas: Vielleicht darf ich dazu noch etwas ergänzen. Man müsste, denke ich, ausführen, dass wir an dieser Stelle im Koalitionsvertrag insoweit vielleicht einen logischen Bruch haben, als der Koalitionsvertrag vorsieht, dass die Grundrente über die Deutsche Rentenversicherung ausgezahlt wird, die jedoch keine Bedürftigkeitsprüfung kennt. Das heißt, man kann zwar sagen, dass wir in Teilen vom Koalitionsvertrag abgewichen sind, dies aber erzwungenermaßen, weil wir den logischen Spagat nicht auflösen konnten.

Frage: Herr Seibert, war das heute auch schon Thema im Kabinett, auch wenn es vielleicht kein offizieller Tagesordnungspunkt war? Es gab ja die Schlagzeilen, sodass man vielleicht annehmen könnte, dass darüber gesprochen wurde.

StS Seibert: Es war nicht Thema in der Kabinettssitzung, nicht als Tagesordnungspunkt mit Aussprache und auch nicht unter den TOP-1-Punkten. Es ist Thema der notwendigen zu führenden Gespräche innerhalb der Koalition.

Frage : Herr Seibert, die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat sich gegen eine deutsche Beteiligung an einem Iran-Krieg ausgesprochen. Wie steht die Bundesregierung auch zur Nutzung der US-Basen für einen möglichen Angriff auf den Iran?

StS Seibert: Ich denke, wir haben hier immer wieder klargemacht, dass wir natürlich überhaupt keine militärische Eskalation sehen wollen, sondern dass wir versuchen, mit unseren politischen und diplomatischen Möglichkeiten dazu beizutragen, dass es nicht dazu kommt.

Zusatzfrage : Wenn es dennoch zu einem Krieg kommt, wie positioniert sich die Bundesregierung? Wird sie die USA militärisch unterstützen oder nicht?

StS Seibert: Über solche hypothetischen Fragen eines Ereignisses, dessen Eintreten wir uns nicht wünschen, werde ich mit Ihnen hier nicht spekulieren. Es tut mir leid.

Frage: Der amerikanische Energieminister hat Sanktionen gegen die an Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen in Europa angekündigt. Vielleicht können das Wirtschaftsministerium oder Herr Seibert dazu Stellung beziehen. Wintershall und Uniper wären die betroffenen deutschen Unternehmen.

Güttler: Wir haben diese Äußerungen zur Kenntnis genommen, kommentieren diese aber nicht. Grundsätzlich gilt, dass wir Sanktionen mit extraterritorialen Wirkungen ablehnen.

Frage: Herr Seibert, hat in dem Gespräch der Kanzlerin mit Herrn Putin und Herrn Macron über die Situation in der Ukraine die Frage des Dialogs zwischen Herrn Selensky und Herrn Putin eine Rolle gespielt? Selensky hatte am Montag, wie ich glaube, eine Art von Verhandlungsangebot oder Dialogangebot gemacht, das von Putin zurückgewiesen wurde. Hat das in dem Dreiergespräch eine Rolle gespielt?

StS Seibert: Was das Gespräch betrifft, verweise ich auf die Pressemitteilung, die wir herausgegeben haben. Ansonsten würde ich das jetzt wie immer als vertraulich behandeln.

Sie haben völlig Recht, dass der neue ukrainische Staatspräsident Selensky seine Dialogbereitschaft gegenüber Russland erklärt hat. Eine ebensolche ernsthafte Dialogbereitschaft erwarten wir auch und gerade vom russischen Präsidenten Putin als einem der Unterzeichner des Minsker Abkommens.

Mittwoch, 22. Mai 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 22. Mai 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-22-mai-2019-1614088
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2019

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