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PRESSEKONFERENZ/1948: Regierungspressekonferenz vom 8. November 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 8. November 2019
Regierungspressekonferenz vom 8. November 2019

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Besuch des französischen Staatspräsidenten in Berlin, Nationaler Integrationspreis, Besuch des italienischen Ministerpräsidenten, Arbeitgebertag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Kabinettssitzung, Auftaktveranstaltung der SDG-Kampagne "EINEWELT - Unsere Zukunft", Empfang des Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, digitalpolitische Klausur des Bundeskabinetts), Besuch des italienischen Außenministers, Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalls, Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes, angestrebte Übernahme von OSRAM durch die ams AG, Grundsatzrede der Bundesverteidigungsministerin zur Sicherheitspolitik, Asylverfahren eines illegal nach Deutschland eingereisten Mitglieds des libanesischen Miri-Clans, Gesetz zur Entlastung der Angehörigen Pflegebedürftiger, Aufnahme von Bootsflüchtlingen

Sprecher: StS Seibert, Adebahr (AA), Baron (BMWi), Wogatzki (BMF), Fähnrich (BMVg), Grünewälder (BMI), Stoltenberg (BMAS)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Dem, was für dieses Wochenende schon bekannt gegeben wurde, habe ich noch einen Termin hinzuzufügen. Am Sonntagabend wird die Bundeskanzlerin um 19 Uhr in Schloss Bellevue an einem Abendessen mit Bundespräsident Steinmeier und dem französischen Präsidenten Macron teilnehmen. Außerdem sind Zeitzeugen des Mauerfalls eingeladen.

Am Montag, den 11. November, verleiht die Bundeskanzlerin zum dritten Mal den Nationalen Integrationspreis, und zwar in einer Feierstunde, die um 14 Uhr im Bundeskanzleramt beginnt.

Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass der Preisträger des Nationalen Integrationspreises 2019 das Projekt "IQ - Apotheker für die Zukunft" ist. IQ steht in diesem Fall nicht für das, wofür es sonst steht, sondern für Integration durch Qualifizierung. Es handelt sich um ein Projekt der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz. Die Entscheidung hat eine unabhängige Jury unter Vorsitz von Frank-Jürgen Weise getroffen.

Das Projekt - ich will es kurz skizzieren - unterstützt Pharmazeuten aus dem Ausland, ganz überwiegend Flüchtlinge, bei der Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen, sodass sie hier die Approbation erlangen können. Das zeigt, dass neu Zugewanderte mit guter Ausbildung auch bei uns in Deutschland hochwertige Arbeitsplätze erreichen können. Es zeigt auch, dass solche gelungene Integrationsarbeit für uns als Land und Gesellschaft einen hohen Wert hat.

Am Abend geht es dann nach Rom, wo die Bundeskanzlerin um 19.30 Uhr mit Ministerpräsidenten Conte zu einem Gespräch zusammentreffen wird. Im Vorfeld dieses Gesprächs gibt es eine gemeinsame Pressebegegnung.

Am Dienstag, den 12. November, nimmt sie am diesjährigen Arbeitgebertag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, hier in Berlin im Hotel Estrel teil und hält dort gegen 10.30 Uhr eine Rede.

Am Mittwoch, den 13. November, findet wie üblich um 9.30 Uhr die Tagung des Bundeskabinetts statt.

Am Donnerstag, den 14. November, nimmt die Bundeskanzlerin um 18 Uhr an der Auftaktveranstaltung der SDG-Kampagne "EINEWELT - Unsere Zukunft" teil. SDG, also Sustainable Development Goals, sind die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Es handelt sich um eine Veranstaltung des BMZ. Sie findet hier in Berlin im Futurium statt. Die Bundeskanzlerin wird eine Rede halten.

Das Ziel dieser Kampagne ist es, Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammenbringen, um dann in folgenden zahlreichen regionalen Veranstaltungen für die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu werben. An der Auftaktveranstaltung nehmen auch Entwicklungsminister Müller sowie verschiedene prominente SDG-Botschafter teil.

Am Freitag, den 15. November, kommt der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Félix Antoine Tshisekedi, zu Besuch. Er wird von Bundeskanzlerin Merkel um 12 Uhr mit militärischen Ehren empfangen. Im Anschluss an das Gespräch gibt es eine gemeinsame Pressekonferenz.

Es ist die erste Begegnung mit Präsident Tshisekedi. Er wurde Ende 2018 gewählt und hat erste Schritte zu einem Reform- und Öffnungsprozess seines Landes eingeleitet. In dem Gespräch wird es um die aktuelle politische Lage und Entwicklung in der Demokratischen Republik Kongo und in der Region gehen. Sie wissen, dass die weltweit größte UN-Friedens- und - Stabilisierungsmission MONUSCO dort aktiv ist und einen wichtigen Beitrag für Stabilität und Sicherheit im Ostkongo leistet. Leider wird sicherlich auch der Ebolaausbruch im Ostkongo Thema sein müssen.

Am Sonntag und Montag, also am 17. und 18. November, gibt es eine digitalpolitische Klausur des Bundeskabinetts, wie es sie schon im November 2018 gab. Damals traf man sich im Hasso-Plattner-Institut in Potsdam; dieses Mal trifft man sich im Gästehaus der Bundesregierung auf Schloss Meseberg. Im Rahmen dieser Klausur wird auch eine reguläre Kabinettssitzung stattfinden.

Themen sind die Gesamtstrategie Mobilfunk und der Stand der Digitalisierung in Deutschland, der ja künftig mit einem interaktiven Dashboard dargestellt werden soll. Am Montag geht es unter anderem um die Themen Kryptowährungen, Deepfakes, also gefälschte Videos, und die Datenstrategie. Zu diesen Themen sind auch externe Gäste und Fachleute eingeladen.

Am Montag um 14 Uhr findet die angesprochene Kabinettsitzung statt.

Im Anschluss daran wird die Klausur mit dem Thema #AfricaRising fortgesetzt. Dabei wird sich das Kabinett mit der aufkommenden und vielleicht vielen hier gar nicht bekannten afrikanischen Digitalwirtschaft und Start-up-Szene befassen. Man spricht von Silicon Savannah. 2018 ist über eine halbe Milliarde Dollar in afrikanische Tech-Start-ups geflossen. Das ist nur ein Bruchteil dessen, was in Europa an Jungunternehmer geht, aber es hat sich zum Beispiel gegenüber dem Vorjahr um über 50 Prozent gesteigert.

Was muss Europa über diese afrikanische Digitalisierung wissen? Was kann es von ihr lernen? Wie muss sich damit auch unser Afrikabild verändern? Das werden die Themen sein.

Gegen 16.15 Uhr treten die Bundeskanzlerin und Vizekanzler Scholz vor die Presse.

Adebahr: Ich möchte Ihnen gern ankündigen, dass morgen, am Samstag, Außenminister Maas seinen neuen italienischen Amtskollegen Luigi di Maio zu dessen Antrittsbesuch im Auswärtigen Amt empfängt.

Warum an einem Samstag? - Weil es sich in die Feierlichkeiten zum Mauerfall einreiht. In diesem Zusammenhang hat die Stadt Berlin in enger Zusammenarbeit mit uns Außenminister der Europäischen Union und der Alliierten eingeladen. 20 Außenminister oder deren Vertreter werden kommen. Darüber freuen wir uns sehr. Der Bundesaußenminister gibt für seine Kolleginnen und Kollegen auch einen Empfang in einem persönlichen Rahmen. Danach wird man gemeinsam an der großen Feierlichkeit der Stadt Berlin am Brandenburger Tor teilnehmen und auch dort eine große internationale Präsenz und Unterstützung an diesem schönen Abend haben.

Frage: Können Sie ein paar Einzelheiten zu dem Besuch des französischen Staatspräsidenten sagen?

StS Seibert: Nein, dazu kann ich Ihnen keine weiteren Einzelheiten bekanntgeben. Der französische Präsident ist im Schloss Bellevue zu Gast, also beim Bundespräsidenten. Die Bundeskanzlerin wird an diesem Abendessen teilnehmen. Aber über das weitere Programm des Bundespräsidenten mit dem französischen Präsidenten müsste Ihnen das Bundespräsidialamt Auskunft geben.

Frage: Meine Frage betrifft die Einladung von Außenministern zu den Feierlichkeiten zum Mauerfall, die Sie, Frau Adebahr, erwähnt haben. Wir wissen, dass der russische Außenminister nicht teilnimmt. Aber gab es eine Einladung an Herrn Lawrow, sich an diesen Feierlichkeiten zu beteiligen?

Adebahr: Es gab eine Einladung, und die russische Seite wird mit einem Repräsentanten vertreten sein.

Frage: Frau Baron, welche Folgen für den Bau der Pipeline Nord Stream 2 kann die Tatsache haben, dass die Änderung des Energiewirtschaftgesetzes heute Nacht nicht verabschiedet wurde?

In diesem Zusammenhang noch eine Frage: Welche Bedeutung hat die Tatsache, dass einer der vier Punkte, nämlich der Punkt mit dem Stichtag 23. Mai 2019, aus den Forderungen sozusagen in die Präambel des entsprechenden Artikels gewandert ist?

Baron: Vielen Dank für die Frage. Sie nehmen Bezug auf den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur Umsetzung der EU-Gasmarktrichtlinie. Dieser Gesetzentwurf befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Die Zeitpläne im parlamentarischen Verfahren bestimmt das Parlament.

Wir sind vom Parlament darüber informiert worden und haben zur Kenntnis genommen, dass die Beschlussfassung dort gestern nicht erfolgen konnte, dass aber die nächstmögliche Terminierung erfolgt. Damit gehen wir davon aus, dass der weitere Zeitplan eingehalten werden kann. Aber Näheres müssten Sie, wie gesagt, beim Parlament erfragen.

Wir als Bundesregierung haben den Gesetzentwurf bereits im August mit der Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Gasmarktrichtlinie eingebracht. Ab diesem Zeitpunkt befindet er sich im parlamentarischen Verfahren, und das Parlament bestimmt die Zeitpläne.

Zusatzfrage: Ich verstehe, dass Sie zu der Frage nach den Änderungen, die die Fraktionen vorgeschlagen haben, nicht antworten. Aber eine allgemeine Frage: Würde es die Bundesregierung begrüßen, wenn Gazprom einen Teil der Pipeline, sozusagen die letzten zwölf Meilen, an einen unabhängigen Betreiber verkaufen würde, was ja die ganze Problematik eliminieren und die EU vollkommen zufriedenstellen würde?

Baron: Das möchte ich nicht kommentieren. Ich möchte dazu nur darauf verweisen, dass wir im Kabinett die Eins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie vorgeschlagen haben und dass die Bundesnetzagentur verschiedene Möglichkeiten für Bestandsschutzregelungen zur Verfügung stellt, dass also Zertifizierungen und Ausnahmegenehmigungen möglich sind.

Welche Regelung auch immer dann ausgesucht wird, ist Sache der Unternehmen. Daher möchte ich das nicht kommentieren.

Frage: Die FAZ berichtet, dass die BaFin letztendlich durch Verstreichen einer Frist die OSRAM-Übernahme genehmigt habe und dass es eine Gesetzeslücke gebe, wonach weder genehmigt noch verboten werden könne, wenn innerhalb der Sperrfrist für eine Wiederauflage eines Angebots eine Art Tochtergesellschaft dieses Angebot mache.

Soll diese Lücke jetzt geschlossen werden?

Wogatzki: Vielen Dank für Ihre Frage. Grundsätzlich betrifft Ihre Frage erst einmal das operative Geschäft.

Bezüglich einer Gesetzeslücke prüfen wir immer wieder, ob ein Gesetz einer Nachbesserung bedarf. Das gilt ganz generell.

Frage: Meine Frage richtet sich an den Regierungssprecher, vielleicht auch an das Auswärtige Amt. Gestern hat Frau Kramp-Karrenbauer eine beachtliche Rede gehalten. War sie im Vorfeld abgestimmt oder abgesprochen?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich gestern zu dem Inhalt dieser Rede geäußert und gesagt, dass das eine beachtliche Rede ist. Sie hat sie eine wirklich wichtige Standortbestimmung über das, was die Ministerin vorhat, und darüber, welche Vorstellungen sie hat, genannt. Es entspricht ja auch der Aufgabe einer Ministerin, ihre Vorstellung in solchen Grundsatzreden vorzutragen.

Zu den einzelnen Punkten, die genannt wurden, hat die Kanzlerin gestern Stellung genommen und alles gesagt.

Zusatzfrage: Die Ministerin hat ganz klar gesagt, dass sie mehr militärisches Engagement der Deutschen in Aussicht stellen möchte und das 2-Prozent-Ziel zumindest ab dem Jahre 2031 einhalten will.

Ist denn dazu schon irgendetwas in der Vorbereitung? Wie läuft das an? Was passiert jetzt? Vielleicht kann auch das Verteidigungsministerium etwas dazu sagen.

Fähnrich: Zum einen hat sie diese Grundsatzrede - die Kanzlerin hat das als eine Standortbestimmung bewertet - ja nicht im luftleeren Raum gehalten, sondern diese Rede ist in zahlreiche Debatten eingebettet, die in den letzten Wochen, Monaten und Jahren geführt wurden. Sie bedeutet auch keinen generellen Kurswechsel, sondern basiert auf dem Weißbuch der Bundesregierung, das übrigens abgestimmt ist. Das basiert auf dem Fähigkeitsprofil der Bundeswehr, das einen zeitlichen Horizont bis zum Jahr 2031 hat. Warum? - Weil dabei die Zusammenarbeit und auch die Synchronisation mit der Nato und den Fähigkeiten, die wir in diesem Bündnis brauchen, abgebildet sind. Es wurde eine Zielmarke für das gesetzt, was wir erreichen wollen.

Sie sprach auch nicht davon, wie es in einigen Berichterstattungen hieß, dass die Bundesministerin mehr Einsätze möchte. Sie hat nur gesagt, dass man bereit sein müsse, bei zukünftigen Einsätzen oder auch bei der Verbesserung von Einsätzen das gesamte Spektrum anzubieten. Das heißt aber nicht, dass wir eine aktuelle Debatte über jetzige Mandate hätten.

Zusatz: Es ist ja schon ein zumindest etwas anderer Rahmen, wenn Sie ganz klar sagt: Wir wollen ab dem Jahre 2031 die 2-Prozent-Marke einhalten. Wenn ich mich recht erinnere, wurde das von Herrn Scholz anders gesehen.

Fähnrich: Es gibt ein ganz klares Bekenntnis der Bundesregierung, was wir auch immer jährlich der Nato gegenüber anmelden, dass sie sich zu diesem 2-Prozent-Ziel - darüber hatten wir auch auf dieser Bank, meine ich, zahlreiche Debatten - bekennt. Das haben sie gerade im Oktober dieses Jahres wieder getan. In welchen Schritten wir uns dem annähern, wurde auch oft diskutiert. Auch die 1,5 Prozent sind hinterlegt.

Wichtig ist doch: Wir wissen, dass die Ausrüstung und die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr besser werden müssen. Dazu braucht es das Personal, aber auch Material, und das muss gut und verlässlich und auf dem modernsten Stand sein. Dafür braucht es eine finanzielle Untermauerung, und diese haben wir danach angelegt, wie man sie am besten erreichen kann. Man kann sie nicht erreichen, indem man Finanzsprünge macht, sondern das muss im Rahmen einer Geraden erfolgen, an die sich auch der Planungszyklus nicht nur für uns, sondern auch für die Industrie anpasst.

Vorsitzender Feldhoff: Wollen Sie etwas ergänzen, Frau Adebahr?

Adebahr: Ich würde auf das verweisen, was der Bundesaußenminister gestern in der Pressekonferenz mit Herrn Pompeo gesagt hat, nämlich dass das Vorschläge und Themen sind, die wir teilweise in der Bundesregierung eben schon lange diskutieren und die zum Teil auch schon in den Koalitionsverhandlungen diskutiert wurden, und dass es natürlich so ist. Dass uns die Diskussion, wie sich Deutschland in der Welt engagiert und welche Verantwortung wir auf welche Weise übernehmen, noch weiter begleiten wird, ist ganz klar. Der Bundesaußenminister hat gestern auch noch einmal dargelegt, wo die deutsche Außenpolitik im Moment ganz besonders aktiv ist: in der Ukraine, in Libyen, im Sahel, in Afghanistan - das sind alles Handlungsfelder. Das können Sie gern auch noch einmal nachlesen.

Zusatzfrage: Kannte der Außenminister die Rede vorher?

Adebahr: Ich glaube, der Außenminister hat gestern so geantwortet, wie er das machen wollte.

Frage: An das BMI: Was ist der Stand der Dinge im Asylverfahren Miri? Gibt es schon eine Entscheidung beziehungsweise wann erwarten Sie die?

Noch eine Wissensfrage: Herr Miri beruft sich als Asylgrund anscheinend auf eine drohende Familienfehde, eine drohende Blutrache. Würde das denn für einen Schutz oder zumindest für eine Duldung ausreichen?

Grünewälder: Ich kann Ihnen mitteilen, dass nach meiner Kenntnis der Bescheid im Laufe des Tages zugestellt werden soll. Der Bundesinnenminister wird sich zu dem gesamten Themenkomplex heute im Bundestag äußern. Die Entscheidung wird vom BAMF in eigener Zuständigkeit getroffen, und dabei werden alle erforderlichen Umstände gewürdigt. Dazu zählt auch der von Ihnen genannte Umstand. Allgemein kann ich dazu nichts sagen, weil es immer auf den Einzelfall ankommt.

Zusatzfrage: Wäre so eine Familienfehde prinzipiell ein Asylgrund oder Duldungsgrund?

Grünewälder: Das hängt vom Einzelfall ab und wird vom BAMF in eigener Zuständigkeit entschieden; das kann man so allgemein nicht sagen. Grundsätzlich ist das Asylrecht ein Recht, das die Verfolgung durch Staaten betrifft.

Zusatzfrage: Ich würde gerne noch auf die Ausführungen Ihres Kollegen vom Mittwoch zu dem neuen Haftgrund, der wohl in Ihren Ministerien geprüft wird, nachhaken. Wenn ich das Aufenthaltsgesetz richtig gelesen habe, ist eine Abschiebung immer mit einer Einreisesperre oder einem Aufenthaltsverbot verbunden. Wäre eine Wiedereinreise dann nicht immer ein Haftgrund? Wo ist denn da nach Ansicht des Ministers die gesetzliche Lücke?

Grünewälder: Der Vorschlag des Ministers bezieht sich auf 62 des Aufenthaltsgesetzes, in dem ein neuer Haftgrund eingeführt werden soll, der in dieser Form bisher noch nicht besteht.

Zusatzfrage: Können Sie das konkretisieren?

Grünewälder: Das wird jetzt Gegenstand von Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung sein. Unser Haus arbeitet an einem solchen Vorschlag, es ist aber zu früh, um hier jetzt konkrete Einzelheiten mitzuteilen. Es geht jedenfalls um einen neuen Haftgrund im Rahmen von 62 des Aufenthaltsgesetzes.

Zusatzfrage: Können Sie mir kurz den 62 sagen, bevor ich jetzt nachlese und dann noch einmal nachfrage?

Grünewälder: Ich kann Ihnen den jetzt nicht aus dem Kopf wiedergeben, aber das finden Sie sofort an jeder Stelle im Internet - 62 des Aufenthaltsgesetzes. Da sehen Sie, welche Haftgründe bisher bestehen, und es soll ein neuer Haftgrund eingeführt werden, der es erlaubt, in solchen Konstellationen eine Abschiebehaft anzuordnen. Das ist jetzt noch nicht möglich.

Zusatzfrage: Aber Herr Miri sitzt doch in Abschiebehaft?

Grünewälder: Ja, bis zu einem gewissen Zeitpunkt. Dieser neue Haftgrund soll eben eine längerfristige Abschiebehaft bis zum Ende eines Verfahrens ermöglichen.

Zusatzfrage: Miris Aufenthalt in der Abschiebehaft ist befristet?

Grünewälder: Das ist im Moment befristet und wird dann jeweils nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls verlängert. Es gibt bisher aber noch keinen Haftgrund, der es erlaubt, jemanden bei einer Wiedereinreise bis zum Ende des Folgeverfahrens in Haft zu nehmen.

Frage: An das BMAS zum Gesetz zur Entlastung der Angehörigen Pflegebedürftiger, das verabschiedet worden ist: Was genau ist mit der Einkommensgrenze von 100 000 Euro brutto gemeint? Ist das der Jahresbruttoverdienst, so wie er auf dem Gehaltszettel steht, oder ist das das steuerpflichtige Einkommen, also inklusive weiterer Einnahmen?

Stoltenberg: Vielen Dank. - Bevor ich Ihnen da jetzt etwas Falsches sage, möchte ich die Antwort gerne nachreichen.

Zusatzfrage: Wahrscheinlich gilt das dann auch für die zweite Frage, die ist nämlich noch detailreicher: Wie wird bei Freiberuflern mit schwankendem Einkommen verfahren, die mal über und mal unter der Grenze liegen? Müssen die jedes Jahr neu behandelt werden, und zählt dann der Jahresumsatz oder das Ergebnis?

Stoltenberg: Auch hier bitte ich um Verständnis: Ich reiche Ihnen die Antwort nach.

Frage: Noch einmal an das BMI: Anscheinend legen deutsche Sicherheitsbehörden immer häufiger Einspruch gegen die Aufnahme von Bootsflüchtlingen ein, und die Sicherheitskontrollen und -befragungen werden wohl auch von deutschen Beamten vor Ort in Malta und Italien durchgeführt. Wie viele dieser Kontrollen wurden bisher in Malta und Italien von Beamten des BfV oder der Bundespolizei durchgeführt? In wie vielen Fällen wurden diese Anträge negativ beschieden, und warum?

Grünewälder: Die Sicherheitsbefragungen sind integraler Bestandteil des Aufnahmeverfahrens. Sie sind eine wichtige Möglichkeit, deutsche Sicherheitsinteressen bereits frühzeitig zur Geltung zu bringen. Die Befragungen erfolgen durch die dafür zuständigen Behörden im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse und in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Behörden vor Ort. Abgelehnt werden jegliche Kandidaten, die ein Sicherheitsrisiko in Deutschland darstellen können.

Bislang - zum Stand 25. Oktober 2019 - haben Vertreter der Bundespolizei und des Bundesamtes für Verfassungsschutz insgesamt 647 Sicherheitsbefragungen auf Malta und in Italien durchgeführt. In 57 Fällen wurden Sicherheitsbedenken mitgeteilt, das heißt, diese Personen stellen ein Sicherheitsrisiko in Deutschland dar. Konkrete Einzelheiten kann ich Ihnen dazu nicht mitteilen. Es liegt allerdings eine aktuelle Antwort auf eine parlamentarische Anfrage vor, in der Einzelheiten mitgeteilt werden, was zum Beispiel Staatsangehörigkeiten angeht.

Zusatzfrage: Können Sie mir noch sagen, ob die Beamten dort dauerhaft vor Ort sind oder immer individuell hinreisen, und wie viele das sind?

Grünewälder: Zur Anzahl der Polizeibeamten und Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz kann ich Ihnen hier keine Auskünfte geben. Auch zu der Dauer kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Es wird allerdings so sein, dass sich dort abgewechselt wird.

Frage (zu den Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalls): Ich möchte noch einmal zum Anfang der Pressekonferenz zurückkommen. Frau Adebahr, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie Herrn Lawrow eingeladen haben, aber ein anderer kommt? Wissen Sie schon, wer kommt?

Adebahr: Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Wir haben eine breite Einladung an ganz viele Länder gesandt - beziehungsweise das hat die Stadt Berlin gemacht -, mit der Bitte, diesen Tag mit uns zu begehen. Ich kann Ihnen im Moment aus dem Hut nicht sagen, wer da für die russische Seite kommen wird.

Zusatzfrage: Das heißt, es gab keine persönliche Einladung an Herrn Lawrow?

Adebahr: Die Einladungen sind von der Stadt Berlin verschickt worden, der Außenminister hat mit Herrn Lawrow in den letzten Wochen aber mehrfach telefoniert. Ich kann Ihnen hier nicht ausklamüsern, wie das genau erfolgt ist.

Freitag, 8. November 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 8. November 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-08-november-2019-1690210
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2019

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