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EUROPA/1404: FDP-Präsidiumsbeschluß - Griechenland - Wirtschaftsreformen statt Schuldendebatte


fdk - freie demokratische korrespondenz 67/2015 - 2. Februar 2015

Beschluss des FDP-Präsidiums: Griechenland - Wirtschaftsreformen statt Schuldendebatte



Berlin. Das Präsidium der Freien Demokratischen Partei hat auf seiner Sitzung am 02. Februar 2015 beschlossen:


Griechenland - Wirtschaftsreformen statt Schuldendebatte

Die Freien Demokraten stehen für einen stabilen Euro, solide Staatsfinanzen und den sorgsamen Umgang mit Steuergeldern. Für uns ist klar: Die Europäische Währungsunion kann nur als Stabilitätsunion bestehen. Dabei muss jeder Mitgliedstaat jeweils für sich genommen die Stabilitätserfordernisse erfüllen. Die Sanierung der öffentlichen Finanzen und Strukturreformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind Voraussetzung für den Erfolg. Das gilt auch für Griechenland.

Die außerordentlich hohen Sparanstrengungen der letzten griechischen Regierung verdienen unseren Respekt. Wir verschließen auch nicht die Augen vor den damit verbundenen Härten für die Bevölkerung. Andererseits sind die marktwirtschaftlichen Reformen der griechischen Realwirtschaft noch lange nicht ausreichend, da die Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten sie immer wieder verschleppt hat. Wachstum durch realwirtschaftliche Wertschöpfung ist jedoch der einzig erfolgversprechende Weg aus der Krise. Es ist wichtiger als fiskalische Daten, die letztlich nur abgeleiteter Ausdruck der realen Leistungsfähigkeit sind.

1. Wir erinnern den neuen griechischen Premierminister Alexis Tsipras und seine Regierung daran, dass die EU und die Euro-Länder mit Griechenland geltende Verträge haben, die Hilfe gegen Reformen vorsehen. Die FDP steht zu diesen Verträgen. Aber Verträge sind einzuhalten, und zwar von beiden Seiten. Solidarität wird überfordert, wenn Reformbereitschaft unterfordert wird.

2. Die ersten Maßnahmen der Tsipras-Regierung weisen in die falsche Richtung. Statt Privatisierungen zu stoppen, muss die Regierung die begonnenen marktwirtschaftlichen Wirtschaftsreformen verstärken und konsequent durchsetzen. Der öffentliche Sektor in Griechenland ist nach wie vor aufgebläht und erschwert mit seiner Bürokratie das Leben von Unternehmen. Griechenland muss durch grundlegende Strukturreformen, Öffnung der Arbeitsmärkte, Einführung eines gerechten Steuersystems mit einer funktionierenden Steuerverwaltung, Liberalisierung des Dienstleistungsmarkts (von Bahnhofsgepäckträgern bis zu Architekten) und konsequente Privatisierung der notorisch ineffizienten öffentlichen Betriebe die Chancen für nachhaltiges Wachstum durch gesteigerte Wertschöpfung erhöhen.

3. Einen Schuldenschnitt lehnen wir ab. Er ist fiskalisch nicht erforderlich und wäre politisch gefährlich. Die Schuldenquote Griechenlands ist zwar hoch, die Struktur der Schuldenlast gewährleistet jedoch noch für lange Zeit die Schuldentragfähigkeit. Finanziell brächte ein Schuldenschnitt Griechenland zudem keine Erleichterung. Nach einem "Haircut" müsste Athen sich am Markt zu höheren Zinsen finanzieren als derzeit im Rahmen des Hilfsprogramms. Politisch wäre ein Schuldenschnitt für Griechenland den Bürgern in Irland, Spanien und Portugal nicht zu vermitteln, die zum Teil schmerzhafte Strukturreformen konsequent umgesetzt haben. Dass die AfD und die Linke diese Forderung unterstützen, zeigt einmal mehr, dass sie nicht zu Ende denken, denn ein Schuldenschnitt für Griechenland wäre nichts anderes als die politische Einladung an andere Krisenländer, ähnliche Forderungen zu erheben. Zugleich müssten solide wirtschaftende Länder wie Estland und die Slowakei - beide wohlgemerkt ärmer als Griechenland - für griechische Versäumnisse zahlen; das ist nicht zumutbar. Auch der deutsche Steuerzahler würde bei einem Schuldenschnitt von beispielsweise 40 Prozent mit ca. 21 Milliarden Euro belastet.

4. Sollte die Regierung in Athen die geschlossenen Verträge aufkündigen, dann schlägt sie ihren Partnern die Tür zur griechischen Euro-Mitgliedschaft zu - nicht umgekehrt. Dann führt kein Weg an einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone vorbei. Die Eurozone ist dabei auch dank der zum Teil heftig debattierten Beschlüsse, die die FDP in ihrer Regierungszeit mitgetragen hat, erheblich stabiler geworden. Dank ESM, Bankenunion und einer starken Zentralbank ist Europa für Erpressungsversuche weit weniger anfällig ist als noch 2010 oder 2012. Mit Fiskalpakt und dem verschärften Stabilitäts- und Wachstumspakt sind zudem die Leitplanken für solides Wirtschaften in Europa verstärkt worden, an denen sich auch die neue griechische Regierung zu orientieren hat.

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Quelle:
fdk - freie demokratische korrespondenz
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Herausgeber: FDP-Bundespartei, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2015


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