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INNEN/3938: Rainer Brüderle zu aktuellen politischen Themen


Presservice der Liberalen / F.D.P. Bundestagsfraktion - 26.06.2012

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen:



BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Erster Themenkomplex ist die Einigung zum Fiskalpakt: Es ist ein gutes Signal, dass das größte Mitgliedsland der Europäischen Union klare Entscheidungen treffen konnte und wir die Einigung in Bundesrat und Bundestag auch mit den Oppositionsparteien geschafft haben. Das Bundesverfassungsgericht wird noch seine Prüfung vornehmen. Das ist nicht nur legitim, sondern völlig normal. Und dass der Bundespräsident seine Entscheidung danach trifft, ist auch völlig normal. In den Verhandlungen zwischen Bundestag und Bundesrat hat man etwas gefunden, was für beide Seiten vertretbar ist. Entscheidend war die Handlungsfähigkeit und dass wir einen vernünftigen Kurs fortsetzen können. Wenn Gabriel und Trittin regieren würden, dann hätten wir schon längst Eurobonds oder eine Bankenunion oder Schuldenfonds. Genau das wollen wir nicht.

Euro: Spanien und Zypern haben Anträge auf Finanzhilfen gestellt. Das ist im Kern zu begrüßen, weil es auch bedeutet, dass sie jetzt ernsthaft an die Lösung von Problemen rangehen. In beiden Ländern geht es um Bankenprobleme. In Spanien ausgelöst durch eine Immobilienblase. In Zypern ist es die Auswirkung, u.a. der griechischen Bankenkrise. Das sind ja enge Verflechtungen. Entscheidend ist, dass man nicht nachlässt und dass die Länder, die mit ihren Reformen gut vorankommen, beispielsweise Irland oder Portugal, diese Reformanstrengungen fortsetzen. Wir haben keine Zeit, um lange Luft zu holen. Diese Reformprozesse müssen konsequent fortgesetzt werden, deshalb muss man schnell überzeugende Regelungen treffen.


Zu Sondersitzungen des Parlaments:

Wir Liberale waren immer engagiert für die Parlamentsbeteiligung. Die FDP-Bundestagsfraktion ist jederzeit bereit, notwendig werdende Sondersitzungen durchzuführen.


Zum Rederecht:

Wir haben für Freitag bei uns noch keine endgültige Entscheidung getroffen, wer für die Faktion sprechen wird. Wir werden das aber so machen, dass wir auch eine abweichende Meinung mit einbeziehen werden.

Aktuell wird über die Luftverkehrsabgabe diskutiert. Es wird ein Gutachten über die Auswirkungen vorgelegt werden. Das war damals bei der Einführung so vereinbart, um zu sehen, ob die Erwartungen erfüllt oder Effekte zu registrieren sind, die wir so nicht wollten. Ich sage völlig klar: Wenn diese Regelung Arbeitsplätze kostet, Wettbewerbsnachteile bringt oder volkswirtschaftliche Schäden dabei entstehen, dann muss es nochmal auf den Prüfstand kommen. Das war auch Sinn des Evaluierens.

Nächstes Thema, das anstehen wird, ist die Praxisgebühr. Die Landesgesundheitsminister werden sich ja am Mittwoch damit beschäftigen. Nach Ankündigungen werden 10 von 16 Bundesländern für eine Abschaffung der Praxisgebühr plädieren. Das spricht einem Liberalen aus dem Herzen, denn wir wollen die Beitragszahler entlasten. Die Krankenkassen sind keine Sparkassen. Wenn sie so prall gefüllt sind wie jetzt, muss man auch den Einzahlenden einen Anteil daran zurückgeben. Das gilt für die Krankenkassen genauso wie für den Gesundheitsfonds. Am unbürokratischsten wäre eine Abschaffung der Praxisgebühr. Das muss in der Koalition diskutiert werden. Das wir entlasten wollen, darüber sind wir uns einig.

Frage: Rechnen Sie damit, dass die Zwei-Drittel-Mehrheit zum ESM und Fiskalpakt zustande kommt?

BRÜDERLE: Ich rechne damit, dass im Bundestag ebenso wie im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit klar zustande kommt, weil alle sich der Brisanz der Situation bewusst sind. Deutschland muss ein Signal setzen. Da ist Feuer auf den Finanzmärkten. Wenn eine große Volkswirtschaft wie Deutschland, die allein von der Größe und der Bedeutung, eine gewisse Führungsfunktion mit zu übernehmen hat, die Kraft dazu nicht hätte, das wäre ein fatales Signal. Deshalb bin ich mir sicher, dass wir eine Mehrheit finden. Ich sehe das positiv. Ich spekuliere nicht über Negatives, ich rede über Positives. Zwei-Drittel-Mehrheit: Ja!


Frage zur Integration in Europa

BRÜDERLE: Wir beklagen eher, dass die Vorgängerregierungen, sowohl Rot-Grün als auch die Große Koalition, die Fortentwicklung der Europäischen Union quasi begleitend zu der Währungsunion nicht vorangetrieben haben. Natürlich muss Europa demokratischer werden und die Rechte des Europäischen Parlaments müssen gestärkt sowie der Europäische Rat zu einer Art zweite Kammer entwickelt werden. Die EU-Bürokratie muss stärker einer parlamentarischen Kontrolle, meines Erachtens des Europäischen Parlaments, unterworfen werden. Entscheidend ist, dass wir die Bürger mitnehmen bei dieser Entwicklung. Wir sehen ja, wir haben etwas Einmaliges in der Weltgeschichte gemacht, eine Wirtschafts- und Währungsunion, keine politische Union. Es wird keine Übertragung der Vereinigten Staaten von Amerika auf Europa sein. Aber klar ist, dass wir eine stärkere Integration brauchen, um eine größere Kohärenz in der Fiskalpolitik zu erreichen. Der Fiskalpakt ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, aber das wird nicht allein genügen. Es sind weitere Schritte und Maßnahmen notwendig.

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Quelle:
Presseservice der Liberalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2012